sen, weil dieser erst beschlossen oder abgelehnt werden kann, wenn über das gesamte Gesetz abgestimmt worden ist.
Wenn jetzt niemand eine Rücküberweisung beantragt - das sehe ich im Moment nicht -, würde ich Ihnen den Vorschlag machen - so vermessen bin ich einmal -, dass wir das gesamte Gesetz heute nicht beschließen.
Gut. Dann stimmen wir jetzt darüber ab, dass wir heute keinen Beschluss zu dem Gesetzentwurf und zu dem Entschließungsantrag fassen; dann steht es automatisch im Dezember wieder auf der Tagesordnung. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen, die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit verfahren wir so.
Entwurf eines Zweiten Gesetzes über die Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen im Land Sachsen-Anhalt
Einbringer für die Landesregierung ist der Minister für Wissenschaft und Wirtschaft. Herr Minister Möllring, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf der Landesregierung soll die novellierte Berufsanerkennungsrichtlinie der Europäischen Union in Sachsen-Anhalt umgesetzt werden. Ich hätte mir auch gewünscht, Ihnen den Gesetzentwurf früher vorzulegen. Wir sind hier allerdings nicht säumige Ausreißer; auch in anderen Ländern werden erst in diesen Tagen entsprechende Gesetzentwürfe in die Landtage eingebracht, parallel heute in der
Hamburger Bürgerschaft, in Rheinland-Pfalz erst im Dezember, obwohl dort auch im März 2016 die Landtagswahl stattfindet. Aber das ist wie in der Schule: Wenn man sagt, der andere hat auch eine Vier, ist das keine Entschuldigung dafür, dass man etwas später gekommen ist.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt im Bundesrat. Also auch dort ist das noch nicht sehr weit fortgeschritten. Wir haben auch nicht auf Zeit gearbeitet; denn die EU-Durchführungsverordnung zur geänderten EU-Richtlinie ist erst im Spätsommer 2015 veröffentlicht worden. Ohne diese zu kennen, hätte der Gesetzentwurf nicht korrekt sein können.
Wie bereits bei dem Gesetz zur Verbesserung der Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen in Sachsen-Anhalt legen wir auch dieses Mal ein Artikelgesetz vor.
Die wesentlichen umzusetzenden Änderungen betreffen die Einführung eines Europäischen Berufsausweises, zunächst für fünf ausgewählte Berufe - Krankenpfleger, Apotheker, Physiotherapeut, Bergführer und Immobilienmakler -, außerdem die Einführung eines Vorwarnmechanismus, wenn die Berufsausübung untersagt oder eingeschränkt wurde, oder bei Täuschungsversuchen in Verfahren zur Anerkennung von Berufsqualifikationen in anderen Bundesländern, die Erlaubnis, einen reglementierten Beruf teilweise auszuüben, die Verpflichtung zur elektronischen Bereitstellung aktuell zu haltender Informationen über Berufsqualifikationsanerkennungsverfahren und die Eröffnung der Möglichkeit einer elektronischen Verfahrensführung.
Die Umsetzung muss im gesamten Berufsrecht des Landes erfolgen. Dabei nimmt das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz eine besondere Stellung ein. In ihm sollen die Anerkennungsverfahren rechtsvereinfachend grundsätzlich geregelt werden. In einem weiteren Berufsfachgesetz müssten dann nur noch die berufsspezifischen Details behandelt werden.
Zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtslage im Berufsrecht in Deutschland - wir haben schließlich 16 Bundesländer - ist es notwendig, einheitliche Rechtsansprüche und Verfahren zu fixieren. Dies haben die Ministerpräsidenten bereits auf ihrer gemeinsamen Konferenz am 15. Dezember 2010 auf Initiative Sachsen-Anhalts beschlossen. Das ist, wie sich gezeigt hat, eine große Aufgabe für den Bund und die 16 Bundesländer. Deshalb hat die von Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt geleitete Arbeitsgruppe „Koordinierende Ressorts“ wieder einen Mustergesetzentwurf erarbeitet. Der
Der Gesetzentwurf soll in erster Linie die Anerkennung und Mobilität der Fachkräfte im europäischen Binnenmarkt fördern und sichern. Er soll und kann jedoch auch den Menschen helfen, die in der derzeitigen Flüchtlingssituation ihre im Ausland erworbene Qualifikation angemessen in den deutschen Arbeitsmarkt einbringen wollen. Schließlich können entsprechende Anerkennungsanträge unabhängig von der Staatsbürgerschaft, dem Aufenthaltsstatus in Deutschland und dem Herkunftsstaat der Qualifikation bzw. der Berufserfahrung gestellt werden.
Insbesondere durch die neu vorgesehenen Instrumente der Verfahrensführung, die Unterstützung durch den einheitlichen Ansprechpartner und die Nutzung elektronischer Kommunikationsmöglichkeiten, also das sogenannte E-Government, wird der Verwaltungsaufwand reduziert und werden die Verfahren beschleunigt. Ich wäre dankbar, wenn der Landtag diesem Gesetz zustimmen würde. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke für die Einbringung, Herr Minister. - Es ist eine Fünfminutendebatte vorgesehen. Als erste Debattenrednerin spricht Frau Görke für die Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ein längst überfälliger Schritt, die Anpassung an EU-Richtlinien zur Anerkennung der im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen, soll nun gegangen werden. Das erkenne ich uneingeschränkt an. Nichtsdestotrotz kann ich Ihnen, Herr Minister, die Kritik an den zeitlichen Abläufen, die Sie eben ein wenig geschönt dargestellt haben, nicht ersparen.
Mir ist durchaus bewusst, dass Sie auf Druck der EU bis zum Januar 2016 eine parlamentarische Entscheidung zu den Änderungen herbeiführen müssen. Aber das Wissen um die zu erbringende Leistung ist keinesfalls neu, sondern das war Ihnen schon bei der Einbringung des ersten Gesetzes im Juli 2014 bekannt. Umso verwunderlicher ist es, dass sich das Parlament nun - man kann wohl sagen: auf den letzten Drücker - in der Novembersitzung mit der ersten Lesung befassen soll.
Ich könnte natürlich positiv anmerken, dass diesem Vorgehen eine gewisse Konsequenz innewohnt; denn bereits bei der Umsetzung des ersten
Als wirklich ärgerlich bei dieser Verfahrensweise empfinde ich allerdings die verkürzten Anhörungsverfahren. Es mangelt an fachlich fundierten Hinweisen wichtiger, kompetenter Partner; dafür bleibt nun schlicht keine Zeit mehr.
Sachsen-Anhalt kann sich gar kein Zurückbleiben bei den Anerkennungsverfahren leisten, denn sowohl die Kammern, Verbände und Betriebe als auch die Agentur klagen über einen Fachkräftemangel. Das gilt übrigens auch bei den reglementierten Berufen. Es gibt mehrere Beispiele, bei denen die Verfahrensdauer unseres Landes dazu führte, dass die Antragsteller in andere Bundesländer gegangen sind, in denen die Bearbeitung schneller und zielgerichteter geführt wurde. Eine Kollegin berichtete davon im Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft. Neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen muss auch die Umsetzung durch ausreichendes und qualifiziertes Personal sichergestellt werden,
Große Einigkeit, Herr Minister, herrscht sicherlich bei der Einführung des Europäischen Berufsausweises. Diese elektronische Datenbank und die Möglichkeit, den Antrag bereits im Herkunftsland stellen zu können, vereinfachen die Verfahren, aber es sollte auch auf die anderen Berufsgruppen ausgeweitet werden.
Für begrüßenswert hält meine Fraktion auch die Ausweitung der Möglichkeiten einer Anerkennung unabhängig von der Staatsangehörigkeit und vom Aufenthaltsstatus. Das ist progressiv und notwendig, aber allein die Anerkennung nützt uns noch nichts, wenn es nicht eine Angleichung der Bleibeperspektiven gibt. Nach erfolgreicher Anerkennung muss also auch sichergestellt werden, dass die Menschen tatsächlich in ihrem Beruf arbeiten können.
Die Erwerbstätigkeit in Sachsen-Anhalt sollte e i n e Möglichkeit sein, die wir begrüßen und unterstützen, aber die Arbeitnehmer müssen frei in der Wahl ihres Arbeitsortes sein, und vor allem muss die Möglichkeit bestehen, die in der Heimat erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen einzubringen. Dies ist natürlich eine Forderung an die Bundesgesetzgebung, das ist mir auch bewusst; aber sie wird unsere Landesinteressen immer wieder tangieren, deshalb muss dies auch Eingang in die Überlegungen finden.
Darf dann die teilanerkannte Sozialtherapeutin nur Gespräche führen und nicht mehr analysieren? Darf die Apothekerin dann nur Cremes verkaufen? Wie soll das gehen?
Die Befürchtungen hinsichtlich beruflicher, aber auch tariflicher Unterschiede innerhalb der Berufsgruppen müssen wir ernst nehmen. Es darf uns keineswegs passieren, dass wir eine ZweiklassenArbeitnehmerschaft etablieren. Das Ziel sollte eine vollständige Berufsanerkennung sein,
sonst bleibt die hehre Absicht, endlich Schluss damit zu machen, dass hochqualifizierte Menschen in unser Land kommen und als Billiglohnkräfte missbraucht werden, schlicht eine Forderung auf dem Papier.
Wie soll beispielsweise in unterschiedlichen Ländern eine völlige Gleichwertigkeit der Ausbildung nachgewiesen werden, wenn doch die Ausbildungssysteme erheblich voneinander abweichen? Die Möglichkeiten der weiteren Qualifizierung entpuppen sich bei genauem Betrachten als völlig neue Ausbildung. Die Tendenz, dass die Antragsteller allein wegen der hohen Kosten auf ein Verfahren verzichten, ist bundesweit leider schon erkennbar.
Sie sehen, wir können dem Gesetzentwurf sehr viel Positives abgewinnen, aber wir werden ihn keinesfalls nur durchwinken. Hierzu besteht erheblicher Klärungsbedarf. An diesem Prozess wollen wir in gewohnter Weise in intensiver Beratung in den Ausschüssen konstruktiv mitwirken. Eine durch den GBD erstellte Synopse wäre dabei sehr hilfreich. - Vielen Dank.