Protokoll der Sitzung vom 12.11.2015

(Zustimmung bei der CDU)

Wir treten in eine Fünfminutendebatte ein. Als erste Debattenrednerin spricht Frau Schindler für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich war jetzt ein wenig überrascht, dass der Tagesordnungspunkt vorgezogen worden ist. Aber das Thema dieses Antrages ist uns insgesamt nicht fremd, sodass ich dazu reden kann.

Als ich den Antrag gelesen habe, habe ich ihn eigentlich als einen Antrag verstanden - natürlich unter verschiedenen, auch grundsätzlichen Gesichtspunkten -, der das Anliegen hat, Mittel und Wege zu finden, um die Situation in SachsenAnhalt bei der Unterbringung von Flüchtlingen zu verbessern und einen Beitrag zu leisten, die schwierige Aufgabe, die wir dabei haben, zu lösen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Frau Quade, Sie haben aber dann eine politische Grundsatzdiskussion zum Verhalten zu Flüchtlingen eröffnet. Natürlich kann man diese teilweise nicht von der Frage trennen: Wie halten wir es mit der Aufnahme und der Unterbringung von Flüchtlingen? - Zu dieser Grundsatzdiskussion möchte ich heute hier keine Ausführungen machen. Vielmehr konzentriere mich auf den vorliegenden Antrag.

Punkt 1 Ihres Antrages bezieht sich ausdrücklich auf die Unterbringung in der Erstaufnahme. Dort ist es derzeit schon so, dass ankommende Flüchtlinge ein höheres Schutzrecht haben.

Der Minister hat bereits ausgeführt, dass wir im Land auch geduldete ausreisepflichtige Asylbewerber haben, die auch nach unserer Meinung abgeschoben werden können - natürlich muss vorher eine Einzelfallprüfung unter der Maßgabe der gesetzlichen Vorgaben erfolgen -, um Kapazitäten zu schaffen und die Landkreise, Städte und Gemeinden zu entlasten.

Wir bekennen uns ausdrücklich dazu - das habe ich in verschiedenen Redebeiträgen hier bereits dargelegt -, dass eine menschenwürdige Unterbringung erfolgen soll. Das steht auch unter dem Gesichtspunkt, dass wir die Unterbringung in Zelten nur als Übergangslösung bzw. als Notunterbringung ansehen. Darüber wird seit Wochen und Monaten diskutiert. Natürlich gibt es Bemühungen, die Unterbringung in Zelten abzuschaffen. Dass dies bisher nicht gelungen ist, bedauern auch wir. Wir hätten uns gewünscht, dass es eher passiert.

Nach der letzten Schätzung sind noch immer 239 Personen in Zelten untergebracht. Wir werden wöchentlich - dafür bin ich dem Ministerium für Inneres und Sport dankbar -, auch als Mitglieder des Innenausschusses, über die neuesten Zahlen und über die zur Verfügung stehenden Kapazitäten informiert. Wöchentlich erhalten wir die Statistiken zur Unterbringung der Flüchtlinge in

Sachsen-Anhalt. Wir werden jeweils auf den aktuellen Stand der Zahlen gebracht. Dies ist nicht immer selbstverständlich. Aus diesen Statistiken gehen diese Zahlen hervor.

Daraus kann man auch Schlussfolgerungen dahin gehend ziehen, welche Bemühungen im Hinblick auf die Schaffung von Kapazitäten unternommen werden. Dass es in dem einen oder anderen Fall nicht so geklappt hat oder nicht so klappt, wie wir es uns vorgestellt haben, wird an den Statistiken deutlich.

Wir haben eben die schwierige Situation zu verzeichnen - dies ist auch auf der Bundesebene bekannt geworden -, dass Zugänge bzw. Abgänge in Größenordnungen nicht immer überall registriert werden und nicht überall nachvollziehbar sind. Wenn in einer Unterkunft von einem Tag auf den anderen 100 Zugänge und am nächsten Tag 50 Abgänge zu verzeichnen sind, dann führt das zu Diskussionen. Es muss geprüft werden, wie wir dem zukünftig gerecht werden.

Sie stellen in Ihrem Antrag die Quotierung der Verteilung auf die Landkreise infrage bzw. schlagen Sie an dieser Stelle eine Abweichung vor. Ich weiß, dass die Voraussetzungen in den Landkreisen unterschiedlich sind. Allerdings empfände ich dies - der Minister hat es ebenfalls gesagt - als einen unsolidarischen Akt. Ich glaube, in den Landkreisen wird dieser Schlüssel bzw. die Quotierung akzeptiert; denn somit verteilt sich die Belastung auf alle gleich.

(Zustimmung von Minister Herrn Stahl- knecht)

Es ist gesagt worden, dass sich die Landkreise bemühten, Unterkunftsmöglichkeiten zu schaffen. Daneben gibt es aber Gemeinden, die sich zwar nicht verweigern, aber die sich letzten Endes zurücklehnen und sagen, das sei nicht ihre Aufgabe. Ich habe von Bürgermeisterinnen schon gehört, es sei nicht ihre Aufgabe, Flüchtlinge unterzubringen. Vielmehr sei dies die Aufgabe des Landkreises und dieser solle sich Gedanken machen.

(Frau Quade, DIE LINKE: Danke, Frau Schindler!)

- Ich weiß es und ich habe auch die Namen der entsprechenden Personen. Ich kann Sie Ihnen nennen. Das wird Ihnen vielleicht nicht sehr gut gefallen.

Ich weiß, dass es eine schwierige Situation ist und dass die Kommunikation zwischen den Partnern verbessert werden muss. Darin stimme ich Ihnen zu. Alles, was möglich ist, soll an dieser Stelle getan werden.

In Bezug auf die Einsetzung eines zeitweiligen Ausschusses - Sie haben bereits gesagt, dass dies sehr kurzfristig wäre - sehe ich nicht, dass wir

dieses Verfahren so beschleunigen können, dass wir die Arbeit noch in Gang bringen und so weit voranbringen, wie Sie es sich wünschen.

Ich war Mitglied des zeitweiligen Ausschusses Vernässung. Wir haben drei Monate gebraucht, um die Arbeitsstruktur zu erreichen, die wir haben wollten.

(Frau von Angern, DIE LINKE: Das hängt doch von uns ab!)

Ich glaube, es ist dem Thema nicht angemessen, dass wir dieses Verfahren auch noch in Gang setzen. Wir haben dieses Thema auf der Tagesordnung jeder Sitzung des Innenausschusses. Wir haben gerade mit den Obleuten zusammengesessen. Am 25. und 26. November 2015 führt der Innenausschuss eine Klausurtagung durch. Auf der entsprechenden Tagesordnung stehen drei Punkte, die sich mit der Erstunterbringung, der Unterbringung von Flüchtlingen und der Finanzierung der Unterbringung von Flüchtlingen beschäftigen. Dieser Antrag passt auch gut dazu. Deshalb werden wir ihn in den Innenausschuss überweisen.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr, Frau Schindler. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Herr Herbst.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin ein großer Freund davon, zu wissen, was on the ground, wie man sagt, los ist, vor Ort zu gehen, wie viele andere von Ihnen auch.

Ich war zum letzten Mal am vorletzten Wochenende in der ZASt Halberstadt. Wenn ich den Zustand in der ZASt mit dem vergleiche, was ich dort in den letzten Monaten gesehen habe, dann muss ich ganz ehrlich sagen, dass dort eine ganze Menge geleistet worden ist. Der Zustand ist ein ganz, ganz anderer, als das noch vor drei oder vier Monaten der Fall war.

(Zustimmung bei der CDU und von Minister Herrn Stahlknecht)

Das muss man trotz aller Schwierigkeiten und Probleme, die es gibt, einfach einmal anerkennen.

(Zustimmung bei der CDU und von Minister Herrn Stahlknecht)

Das, was dort, gerade neben den Zeltcamps, in kürzester Zeit an festen Baustrukturen geschaffen wird, muss man anerkennen. Man kann allerdings durchaus beklagen, dass das erst jetzt geschieht. Wir haben an dieser Stelle immer wieder kritisiert, dass beispielsweise die Sanierung der oberen Geschosse des Blocks B nicht von vornherein im

Haushalt vorgesehen war. Damit haben wir bzw. damit hat die Landesregierung - das muss man klar sagen - viel zu lange gewartet. Dies haben wir alles an dieser Stelle kritisiert.

Aber damit, jetzt daherzukommen und sich derart kleinteilig an den Gegebenheiten in der Erstaufnahme und teilweise auch an der Unterbringung in den Kreisen abzuarbeiten, haben auch wir GRÜNE - an den Punkten werden wir uns dann abarbeiten - unsere Probleme bzw. sehen wir das alles nicht wirklich als notwendig an, was Sie in den Antrag geschrieben haben.

Wir denken - ich glaube, es ist die gesellschaftliche Herausforderung, der wir uns als Parlament stellen müssen -, dass wir bei dem Thema Einwanderung nach Deutschland, nach Sachsen-Anhalt eine klare Linie haben müssen, dass wir die Bevölkerung bei diesem Thema mitnehmen müssen, damit die Stimmung nicht weiter kippt. Mitnehmen heißt nicht, dass wir an dieser Stelle irgendwelche Zugeständnisse machen.

Herr Innenminister, ich sage ganz ehrlich, dass Sie relativ häufig - ich möchte es einmal so sagen - ein Nutztier durch das Dorf treiben, zuletzt wieder mit Ihrer Idee, plötzlich Geldkarten für Geflüchtete einzuführen.

(Minister Herr Stahlknecht: Das macht Ba- den-Württemberg!)

Oder dass Sie sich, Herr Innenminister, zu diesen teilweise überhaupt nicht ernstzunehmenden Vorschlägen des Bundesinnenministers äußern und darauf eingehen - das sind Vorschläge, die manchmal eine Halbwertszeit von nicht einmal einem Wochenende haben -, das ist in der Tat schwierig.

Diesbezüglich würden wir uns mehr wünschen, dass wir jetzt in dieser Zeit gemeinsam bei diesem Thema Haltung zeigen, standhaft bleiben, Rückgrat beweisen und weiter daran arbeiten, damit unserer Bevölkerung klar wird, dass in der Einwanderung gerade für unser Bundesland riesige Chancen liegen, meine Damen und Herren. Dies würden wir uns in der Tat wünschen. Keine Kompromisse, keine Begrenzungsdebatten; das ist einfach überhaupt nicht angezeigt. Jetzt ist wirklich Haltung gefragt.

Zur ZASt. Ich habe bereits gesagt, dass wir glauben, dass wir dort im Moment auf dem richtigen Weg sind. In Bezug auf die Zelte - mit Blick auf diesen Punkt werden wir Ihrem Antrag nachher zustimmen - muss man ganz deutlich sagen, dass es Unterschiede gibt. Die Bundeswehrzelte haben einen ganz anderen Standard als die Zelte des DRK.

Herr Gallert, Sie haben richtigerweise auch auf das DRK hingewiesen, das in der Tat solche Äußerun

gen gemacht hat. Aber die Bundeswehrzelte haben einen ganz anderen Standard. Das ist zwar nicht die optimale Unterbringungsform; darin sind wir uns, glaube ich, alle einig. Aber wer in Masar-e Scharif, wo auch tiefe Temperaturen erreicht werden können, einige Zeit lang in Zelten untergebracht werden kann, der kann dies, wenn es sein muss, auch hier. Man muss so ehrlich sein, das auch hier einmal zu sagen.

(Zustimmung bei der CDU und von Minister Herrn Stahlknecht)

Meine Damen und Herren! Von einer Abweichung der Unterbringungsquoten in den Landkreisen halten wir nichts.

(Zustimmung von Minister Herrn Stahl- knecht)

Es ist doch gerade jetzt in dieser Situation notwendig, dass die Kommunen eine gewisse Planungssicherheit bekommen und dass nicht weiter Oberbürgermeister und andere Leute irrlichternd herumlaufen und irgendwelchen Quatsch, auch unzutreffende Dinge über die Unterbringungssituation in ihren Kreisen erzählen. Dazu müssen die Quoten aber wirklich zuverlässig sein, damit sie wissen, worauf sie sich einstellen müssen; denn sie müssen, wenn eine hohe Quote eine Herausforderung darstellt, eben auch die Bedingungen schaffen.

Ich möchte daran erinnern, dass wir noch immer einen viel zu hohen Wohnungsleerstand haben. Ich glaube, wir sind uns darin einig, dass wir die Leute besser in Wohnungen und auch in anderen Wohnformen unterbringen können. Es gibt keinen Landkreis, in dem die Kapazitäten wirklich ausgereizt sind, meine Damen und Herren.

Zu dem Punkt der Schutzräume. Das sehen wir ähnlich wie Sie. Das ist in der Tat eine Herausforderung, die wir auch an dieser Stelle häufig angesprochen haben. Diesem Punkt 5 Ihres Antrages werden wir nachher auch zustimmen. Sie haben ja eine Einzelabstimmung beantragt.

(Zuruf von Herrn Borgwardt, CDU)

Zu Punkt 6 des Antrages. Auch wir halten es nicht notwendig, zu diesem Zeitpunkt einen Ausschuss einzurichten, in dem wir die Leute, die bereits am Limit arbeiten, sozusagen noch einmal in einem extra Gremium binden, um zu den gleichen Themen zu sprechen, die der Arbeitsalltag dieser Arbeitsgremien sind, die sich also längst damit beschäftigen. Zu diesem Punkt werden wir uns deswegen nachher der Stimme enthalten.

Meine Damen und Herren! Sie sehen, uns ist das ein wenig zu kleinteilig. Das heißt nicht, dass es im Moment im Kleinteiligen nicht auch Probleme gibt. Aber wir würden sehr gern den Blick auf das große Ganze richten, auch im Hinblick auf die Thema