Protokoll der Sitzung vom 10.12.2015

Herr Meister hat gefragt, wie wir uns verhalten haben. Es ist generell in einer Koalition so, die Regierungsvertreter können in den Bundesratsausschüssen so abstimmen, wie ihre Gesinnung, ihre Einstellung ist. Das gilt für die CDU und das gilt auch für andere Koalitionen.

Wenn es nachher im Plenum des Bundesrats ist, dann bereden wir es tatsächlich. Dann ist klar, manchmal sind wir uns nicht einig, dann gibt es eine Enthaltung. Das ist in Koalitionen jeglicher Art so, egal welche Farbe es ist. Manchmal gibt es eine Zwischenlösung und manchmal gibt es eine Erklärung dazu. Manchmal redet man im Bundesrat, und es gibt auch Dinge, bei denen wir gemeinsam im Bundesrat aufgetreten sind, bei denen es andere Koalitionen anders gemacht haben. Das kennt der Ministerpräsident zur Genüge. Ich bin froh, dass es so ist.

(Ministerpräsident Herr Dr. Haseloff: Wo die LINKEN drin sind, ist es immer ganz schwie- rig!)

- Ja, genau. - Manchmal hat man das Glück - das wird man in anderen Koalitionen auch mitkriegen -, dass man einen Antrag hat, der versenkt worden ist - damit haben Sie Recht -, und die Bayern haben erklärt, sie würden ihn nicht noch einmal hochholen. Dann haben wir gesagt, dann muss man sich damit auch nicht auseinandersetzen. Dann hat man Glück. Ich denke, das ist manchmal auch gut. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.

(Zuruf von Ministerpräsident Herrn Dr. Ha- seloff)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Ich schaue in die Runde: Wer wünscht, die Debatte fortzusetzen. - Niemand. Meine Damen und Herren, damit kommen wir zum Abstimmungsverfahren.

Wir stimmen über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales in Drs. 6/4629 ab. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei der Koalition. Wer ist dagegen? - DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer enthält sich der Stimme? - Niemand. Damit ist der Beschlussempfehlung zugestimmt worden. Wir können den Tagesordnungspunkt 20 verlassen.

Meine Damen und Herren! Ich begrüße jetzt erst einmal ganz herzlich auf der Tribüne Damen und Herren der Arbeitsgruppe Controlling der Städtischen Werke Magdeburg. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Dann haben wir erfreulicherweise eine große Gruppe von Schülerinnen und Schülern aus Osterburg, vom Gymnasium Osterburg. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf:

Beratung

a) Bundesfernstraßengesellschaft stoppen

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/4622

b) Bewährte Struktur der Bundesauftragsver

waltung beibehalten

Antrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/4623

Einbringer zu a) ist der Abgeordnete Herr Hoffmann. Danach folgt zu b) Frau Schiergott. Herr Hoffmann, Sie haben das Wort.

Hier stehen schon 1.52 drauf.

(Herr Hoffmann, DIE LINKE, weist auf die Redezeitanzeige am Rednerpult)

Schriftführerin Frau Hampel:

Sobald es losgeht, geht‘s los.

Okay. Gut.

Schlagen wir zu.

Ja. Ich schlage jetzt erst einmal zu. - Herr Präsident!

Jawohl.

Meine Damen und Herren! Zu später Stunde noch einmal eine Herausforderung.

(Unruhe - Herr Hövelmann, SPD: Es ist 16 Uhr! - Herr Miesterfeldt, SPD: Sie sind aber kein Nachtmensch!)

- Nein, nein. Ich versuche, es ein bisschen locker zu machen. Mit Makarenko: Ich achte Sie, indem ich Sie fordere.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN - Herr Scheurell, CDU: Mit Makarenko haben wir nichts zu tun!)

Aber zur Sache. Die Bundesregierung lässt keinen Zweifel daran, dass sie eine Bundesfernstraßengesellschaft gründen möchte, was die Abkehr von der bisherigen Auftragsverwaltung für die Bundesländer bedeuten würde.

Zu befürchten ist, dass es ähnlich wie bei der Einigung über die Regionalisierungsmittel zu einer sachfremden Verquickung kommen kann, bei der der Bund die Länder motiviert.

(Herr Hoffmann, DIE LINKE, reibt Daumen und Zeigefinger der rechten Hand)

Dass er diese Gründung vorhat, sagt zumindest das BMVI, also Herr Dobrindt, recht deutlich. Im Detail liegen BMWI, BMVI und BMF - Sie kennen die Kürzel; ich muss es hier nicht ausführen - zwar noch deutlich auseinander, aber das Ziel der Gründung einer solchen Gesellschaft teilen alle drei beteiligten Ministerien und Minister.

Selbst wenn diese Gesellschaft zu 100 % im öffentlichen Besitz wäre, wäre das Ziel dennoch mehr private Beteiligung an Bau, Unterhalt und vor allem Finanzierung der Straßeninfrastruktur. Ich nenne das Stichwort ÖPP. Letzteres hat bei den laufenden ÖPP-Projekten im Fernstraßenbau zu erheblichen Mehrkosten gegenüber der konventionellen Beschaffungsvariante geführt, siehe Stellungnahmen der Rechnungshöfe, sodass die vom Bund angedachte Fernstraßengesellschaft schon aus fiskalischer Perspektive höchst kritisch zu sehen ist. Strittig zwischen den Ministerien ist wohl hauptsächlich die Frage, wie und in welchem Umfang privates Kapital beteiligt werden soll.

Die Länderverkehrsminister halten bis jetzt dagegen und haben eine Kommission unter dem früheren Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig eingesetzt - „Bodewig II“ als Stichwort. Ich habe am Freitag an einer Unterhaltung mit Herrn Bodewig teilgenommen. Es war ausgesprochen informativ.

Die Ergebnisse sollen bei einer Sonderverkehrsministerkonferenz im Februar 2016 präsentiert werden. Bis dahin, so der Beschluss der Verkehrsministerkonferenz im Oktober, solle der Bund seine Pläne zurückstellen. Sogar die CSU spricht sich in einem Antrag im Bayerischen Landtag gegen eine solche Gesellschaft aus, vermutlich aber weil Bayern vom bisherigen System am meisten profitiert hat, indem es am Jahresende die in den anderen Ländern nicht verbrauchten Mittel abgegriffen hat. Statt einer solchen Gesellschaft sollte man

sich lieber zu der bestehenden Auftragsverwaltung bekennen und diese reformieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Konzept des Bundes soll nun in die BundLänder Finanzbeziehungen eingespeist werden - ein Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“ nennt das „Straßenkampf“; nachzulesen am 5. Dezember dieses Jahres -, was unter dem Druck des kürzlich erfolgten Vorschlags der Länder für eine Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen wohl den Handlungsdruck auf die drei beteiligten Ministerien erhöht.

Zu diesem Antrag, den unsere Bundestagsfraktion gestellt hat, nämlich sich gegen die Gründung einer solchen Gesellschaft zu stellen, hat der Verkehrsausschuss des Bundestages am 11. November dieses Jahres bereits eine Anhörung beschlossen. Diese wird aber erst nach Vorliegen der Ergebnisse der Bodewig-II-Kommission durchgeführt werden, was angesichts der darin vorgesehenen umfassenden Analyse und Darstellung von wohl bisher drei verschiedenen Szenarien durchaus auch Sinn macht, vor allen Dingen aus fachlicher Sicht - politisch natürlich weniger, wenn sich Bund und Länder zuvor schon geeinigt haben sollten.

Die Bundesregierung macht nun aber auch nach Ansicht vieler Fachverbände den zweiten Schritt vor dem ersten. Statt wie die Länder eine gründliche Problemanalyse vorzunehmen, hat sich der Bund auf die Gründung einer Infrastrukturgesellschaft zur Bewirtschaftung der Bundesfernstraßen und Bundesautobahnen festgelegt.

Die ressortübergreifende Planung dient dem Ziel, privates Kapital für den Straßenbau zu mobilisieren und institutionellen Kapitalanlegern sichere Anlagemöglichkeiten mit höheren Renditen zu verschaffen, als sie in der derzeitigen Niedrigzinsphase möglich sind.

(Herr Lange, DIE LINKE: Genau!)

Die Planungen für eine Bundesfernstraßengesellschaft reihen sich damit in die geplante Privatisierungswelle ein - blödes Wort; ich weiß, Herr Schröder -, die mit der sogenannten Fratzscher-Kommission im Auftrag des Bundesministers für Wirtschaft und Energie Sigmar Gabriel vorbereitet wurde.

(Herr Schröder, CDU: Der Reflex funktioniert immer!)

- Ja, ja. - Darüber hinaus scheint die Umgehung der Schuldenbremse eine Motivation für die Gründung einer solchen Bundesfernstraßengesellschaft zu sein. Effizienzvorteile für die Bereitstellung der Straßenverkehrsinfrastruktur, die nicht auch durch Reformen der Auftragsverwaltung und der Bundesverkehrswegeplanung erzielt werden könnten, sind jedoch nicht erkennbar.

Mit der Bildung einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft sind die öffentlichen Straßenbauverwaltungen der Länder in ihrer Existenz bedroht. Wenn die Bundesfernstraßen wegbrechen, dann ist eine effiziente Bewirtschaftung der Landesstraßen über alle Dienststellen und Landesteile nicht mehr gegeben. Folglich droht ein massiver Personalabbau. In dem Gespräch wurden Zahlen genannt. Ich sage einmal pauschal, mehr als Hälfte der insgesamt 30 000 Arbeitsplätze in diesen Verwaltungen der Länder sind dann bedroht.

Insbesondere im Straßenunterhaltungsdienst mit derzeit durch Tarifvertrag gut abgesicherten und bezahlten Arbeitsplätzen sind Ausgliederungen und Lohndumping zu befürchten. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die funktionierenden Strukturen der Landesstraßenbauverwaltungen zerschlagen werden sollen.

Laut dem Vorschlag der Fratzscher-Kommission muss es Ziel öffentlicher Investitionen sein, eine Infrastruktur so günstig wie möglich für die Gesellschaft bereitzustellen. Dies beinhaltet drei Elemente: Finanzierungskosten, Effizienz und Risiken. Wichtig ist deshalb die Prüfung, mit welcher Beschaffungsvariante diese Ziele erreicht werden können. Das klingt erst einmal gut. Die Frage ist ja der Vergleich zwischen konventionell - Planung, Bau, Betrieb und Finanzierung durch die öffentliche Hand - versus öffentliche-private Partnerschaften, ÖPP - private Investoren finanzieren und haften für Risiken.