Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe in dieser Legislaturperiode bereits mehrere Reden hier im Landtag gehalten. Doch die heutige Rede zum Thema Kinderbetreuung ist schon etwas Besonderes für mich, nämlich insofern, als ich meine Rede dreimal verändern musste. Denn in den letzten Tagen gab es eine Reihe von Vorschlägen aus der Koalition zur Entlastung der Eltern bei den Betreuungskosten in den Kitas.
Welche Dynamik unser Antrag auslöste und welche Lebhaftigkeit in die Diskussion um die Elternbeiträge in unserem Bundesland gekommen ist, konnten wir in den letzten Tagen hören und lesen. Ich habe mich dabei gefragt: Wie wäre man denn mit dem Problem der Elternbeiträge umgegangen, wenn meine Fraktion den vorliegenden Antrag nicht eingebracht hätte?
Eigentlich könnte ich meine Rede für die Aktuelle Debatte im Februar 2015 noch einmal hervorholen und hier halten. Bereits damals hatte meine Fraktion auf die steigenden Elterngebühren im Land aufmerksam gemacht. Ich erinnere mich sehr gut daran, dass die Koalition diese Situation explizit nur auf die Landkreise Wittenberg und MansfeldSüdharz bezogen wissen wollte.
Spätestens heute müssen auch die Koalitionäre anerkennen, dass die Gebührensteigerungen nicht regionalabhängig sind, sondern flächendeckend im Land Einzug gehalten haben. Die Gründe dafür möchte ich hier nur noch einmal kurz anreißen.
schränkt nach wie vor den Gestaltungsspielraum der Gemeinden ein. Ursachen sind aus unserer Sicht die sogenannte 50:50-Regelung, nach der sich die Gemeinden und die Eltern das verbleibende Defizit teilen sollen, und, nicht zu vergessen, die generellen Kürzungen bei den Finanzzuweisungen an die Gemeinden. Dies hat bereits dazu geführt, dass durch eine Kommunalaufsicht eine Ersatzvornahme zur Beitragsgestaltung einer Stadt vorgenommen wurde.
Zweitens. Das neue Instrument der Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsvereinbarungen zeigt erstmals die tatsächlichen Kosten der Kinderbetreuung auf. Den Einrichtungsträgern kann man daraus im Grunde keinen Vorwurf machen. Denn sie müssen im Rahmen der Gespräche mit den Jugendämtern prospektive Entgelte vereinbaren, also die Preissteigerungen und Tarifanpassungen von morgen schon jetzt einpreisen.
Daneben werden auch Inhalte vereinbart, die das Gesetz entweder gar nicht oder nur sehr vage formuliert. Genannt seien zum Beispiel Abschreibungskosten, Hausmeisterdienste, Verwaltungskosten oder die feste Anzahl von Freistellungsstunden für die Kita-Leitung.
Ein Rahmenvertrag auf der Landesebene fehlt derzeit noch immer, sodass für die Landkreise eine Orientierung bei den Verhandlungen fehlt. Viele Landkreise haben sich mittlerweile selbst geholfen und für sich Förderrichtlinien erarbeitet, die als Rahmen bei den Verhandlungen genutzt werden.
Dadurch ist natürlich ein bunter Flickenteppich im Lande entstanden. Das, was in einem Landkreis anerkannt wird, kann durchaus in einem anderen Landkreis abgelehnt werden. Für freie Träger, die mehrere Einrichtungen in unterschiedlichen Landkreisen betreiben, kann dies schon zu einer größeren Herausforderung werden.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Alle diese Probleme, die wir derzeit im Finanzierungsbereich der Kinderbetreuung haben, sind hausgemacht.
Warum sage ich das? - Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass unser Finanzierungsmodell im KiFöG von Mecklenburg-Vorpommern abgeschrieben wurde, hätte man sich parallel dazu auch die zweite Effektestudie anschauen sollen. Mit dieser wurde im Jahr 2009 die Kita-Finanzierung in Mecklenburg-Vorpommern evaluiert.
Ich möchte nur einige wenige Ergebnisse der Studie benennen, die auch die Autorin Frau MönchKalina in der Anhörung zu unserem KiFöG benannte.
Erstens. Der Start in dieses Finanzierungssystem sollte erst nach der Vorlage eines Landesrahmenvertrages erfolgen.
Zweitens. Die Erarbeitung von Kalkulationsgrundlagen, das heißt, wie kalkuliert wird, wie ein Leistungsentgelt berechnet wird und welche Kostenfaktoren einfließen können, sollte vorher erfolgen.
Drittens. Solange die Kindertagesförderung nicht beitragsfrei angeboten wird, sollten die Elternbeiträge von den Leistungsentgelten abgekoppelt werden.
Viertens. Der Einzug der Finanzierungsanteile von Land, Gemeinden und Eltern sollte durch die Jugendämter erfolgen, damit die Leistungsentgelte durch das Jugendamt an die Träger ausgereicht werden können.
Mecklenburg-Vorpommern hatte - das ist in der Studie nachzulesen - die gleichen Probleme, die wir jetzt auch haben. Das ist logisch, da wir ja abgeschrieben haben. Nach dem Jahr 2005 schossen auch in Mecklenburg-Vorpommern die Elternbeiträge durch die Decke.
Was mir beim Lesen der Studie nachhaltig in Erinnerung blieb, ist ein eigenartiger Effekt, der daraufhin eintrat. Die Gemeinden in MecklenburgVorpommern waren nämlich bestrebt, ihre Kosten und auch die der Eltern nicht in die Höhe schießen zu lassen. Deshalb wurden in den Entgeltvereinbarungen immer weniger Leistungen verhandelt. Das heißt, die Qualität in den Einrichtungen sank.
Dies, meine Damen und Herren, darf sich bei uns nicht wiederholen. Denn man muss bekannte Fehler ja nicht zweimal machen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun komme ich zu den Alternativanträgen. Beide bedürfen genau wie unser Antrag zur Umsetzung einer Gesetzesänderung und einer Sondersitzung des Landtages.
Geschmunzelt habe ich dennoch über den Alternativantrag der Koalition. Liebe Koalitionäre! Auch die Opposition kann gute Anträge stellen. Ein Beweis ist Ihr Antrag von heute, der unser Antrag vom 19. September 2015 war. Hätten Sie unserem
Ich vermute aber, dass Ihnen unser Anliegen im Oktober 2015 egal war. Nun müssen Sie handeln, um nicht sozusagen als Blender dazustehen. Ich male mir gar nicht aus, was mit unserem Antrag passiert wäre, hätten wir keine bevorstehende Landtagswahl.
DIE LINKE war die einzige Fraktion, die sich in diesem Jahr kontinuierlich und aktiv mit Initiativen zu den Elternbeiträgen einbrachte.
Ich erinnere erstens an die Aktuelle Debatte zum Thema „Die Entwicklung der Elternbeiträge im Bereich des Kinderförderungsgesetzes“ in der
85. Landtagssitzung am 27. Februar 2015. Zweitens hatten wir in der 88. Landtagssitzung am 23. April den Antrag „Kita-Statistik des Statistischen Landesamtes erweitern“ eingebracht. Drittens wurde von uns in der 96. Landtagssitzung am 19. September 2015 der Antrag „Betreuungsgeld zur Senkung der Elternbeiträge und für KitaQualität nutzen“ vorgelegt. Viertens findet heute auf unseren Antrag hin die aktuelle Debatte zum Thema „Kommunale Belastungen in der Kinderbetreuung mit Betreuungsgeldmitteln zeitnah dämpfen“ statt.
Nicht zu vergessen sind die Anträge im letzten Jahr. Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, falls jetzt noch jemand denkt, dass wir hier einen vorgezogenen Wahlkampf führen wollen - das ist hier fehl am Platze.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Antrag hat anscheinend dafür gesorgt, dass sich nun tatsächlich etwas bewegt, und das freut uns. Dies zeigen die vorliegenden Alternativanträge. Inhaltlich, denke ich, wollen wir alle eines gemeinsam, nämlich die Entlastung der Kommunen und somit der Eltern.
Unser Antrag nimmt daneben noch Bezug auf die Herausforderungen, vor denen die Jugendämter und die Träger stehen, was die Bereitstellung von Kita-Plätzen für geflüchtete Kinder anbelangt. Deshalb müssen wir noch einmal an das Gesetz herangehen, um die Mittel aus dem Betreuungsgeld auch einsetzen zu können.
Meine Fraktion wird daher eine Sondersitzung beantragen und eine Änderung des KiFöG einbringen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin Hohmann, für die Einbringung. - Jetzt spricht für die Landesregierung Minister Herr Bischoff. Bitte schön, Herr Minister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist ein Thema, das uns sehr häufig erreicht und beschäftigt.
Frau Hohmann, in Ihrem Antrag habe ich gelesen, dass es um das Betreuungsgeld geht und darum, wofür man es verwendet. Sie haben Ihren ganzen Vortrag dazu verwendet, um über Elternbeitragserhöhungen zu sprechen. Insofern liege ich jetzt völlig falsch mit meinem Redebeitrag.
Ich will nur sagen, ich habe nicht ganz verstanden, was Sie wiederholt haben. Denn die Elternbeiträge waren in Sachsen-Anhalt schon immer unterschiedlich hoch. Wenn das KiFöG dafür verantwortlich wäre - das habe ich auch heute in der Zeitung deutlich gemacht -, dann wären sie überall gleichmäßig gestiegen. Auch das ist nicht der Fall. Es gibt nach wie vor Gemeinden, in denen sie nicht gestiegen sind. Das muss man wenigstens einmal erklären.
Sie müssen doch - darüber habe ich schon einmal mit Ihnen geredet; Sie hatten Ihre Bedenken geäußert und gesagt, das werde wohl so sein - wenigstens zugeben, dass die 50%-Regelung damals, als sie im Landtag debattiert worden ist, inhaltlich von allen Fraktionen damit begründet worden ist, dass man nicht wollte, dass die Elternbeiträge steigen. Das war die Absicht. Wenigstens das muss man anerkennen.
Dass Sie es anders gesehen und befürchtet haben, das kann sein. Aber zumindest war das nicht die Absicht der regierungstragenden Fraktionen und es war auch nicht fahrlässig gehandelt.