Protokoll der Sitzung vom 11.12.2015

Es gibt einen Landtagsbeschluss „Betreuungsgeld zur Senkung der Elternbeiträge und für Kita-Qualität nutzen“ in der Drs. 6/4490. Die Kollegin der LINKEN hat darauf hingewiesen. Dieser fordert explizit in Einigkeit des ganzen Hohen Hauses, dass die Mittel des Betreuungsgeldes zur Senkung der Elternbeiträge einzusetzen sind.

Damit hat der Landtag - so der normale Werdegang, außerhalb von Wahlkämpfen, sage ich einmal dazu - seinen Teil getan, und wir warten alle gespannt auf die Beschlussrealisierung, die nach Artikel 39 unserer Geschäftsordnung spätestens am 21. Dezember dieses Jahres vorzuliegen hat.

Nun hat DIE LINKE einen erneuten Antrag gestellt. Das hat mich überrascht, weil es mehrfach zu Protokoll gegeben worden ist, dass Ihre Fraktion dieser Landesregierung nicht einmal mehr die Gründung einer Arbeitsgruppe zutraut. Jetzt soll sie die Kita-Beiträge irgendwie auf die Reihe bringen. Das finde ich schon ein großes Anliegen. Aber gut, das kann man machen.

(Herr Wagner, DIE LINKE: Das funktioniert auch!)

Man kann sich auch in diesem Anliegen gestützt fühlen, weil die Spitzenkandidatin der SPD in der Tat in dieser Woche per Pressemitteilung gesagt hat: 190 €, da muss der Deckel liegen. Das Kindergeld - es sei mir gestattet, das zu erwähnen - liegt im Moment bei 188 €.

Man kann noch mehr Hoffnung entfachen - leider tun das die Eltern auch; ich werde gleich sagen, warum „leider“ -, indem der CDU-Parteivorsitzende Webel darauf reagiert hat mit einer Pressemitteilung, dass er zur rechtlichen Absicherung dieses

Projektes „Senkung der Elternbeiträge“ eine Sondersitzung des Landtages favorisiert.

Hier sind wir genau bei des Pudels Kern. Will man nämlich tatsächlich und ganz schnell spürbare Effekte für die Eltern produzieren, muss man einen Nachtragshaushalt vorlegen und das KiFöG ändern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In diesem Hohen Haus gilt das Zweilesungsprinzip. Wir sind grundsätzlich froh, dass unsere Forderung, die Deckelung der Elternbeiträge vorzunehmen, jetzt ernsthaft diskutiert und wahrscheinlich, vielleicht, unter Umständen, eventuell auch übernommen wird.

Aber wie - da wäre ich sehr gespannt - will man das auf die Schnelle seriös kalkulieren? Es ist erwähnt worden, ich will es der Vollständigkeit halber noch einmal sagen: Niemand in diesem Land weiß, wie hoch überall die Elternbeiträge sind. Niemand weiß genau, wie viel Geld in diesem System ist. Die Statistik dazu existiert schlicht und ergreifend nicht. Ich frage mich: Wie soll darauf seriös ein Nachtragshaushalt gegründet werden?

Unser Ziel muss doch sein, über die Kommunen die Eltern zu entlasten. Damit komme ich zu unserem Alternativantrag. Dabei geht es - um das klarzumachen; denn das wird hier immer wieder vermischt - tatsächlich um die Mittel aus dem Betreuungsgeld von der Bundesebene.

Wir halten das Verfahren der LINKEN für zu kompliziert. Wir schlagen vor, die Gelder an die Kommunen zu geben entsprechend der Anzahl der Einrichtungen, aufgrund inhaltlicher Arbeit.

Das Landesverfassungsgericht hat völlig zu Recht kritisiert, dass die Mehrkosten, die durch die Umsetzung des Bildungsprogramms „Bildung: elementar“ entstehen, weder kalkuliert wurden vom Land noch finanziert werden.

Wir halten es für angemessen, dies aufzunehmen, die flächendeckende Verteilung der Gelder aus dem Betreuungsgeld vorzunehmen. Das sind immerhin - eine große Summe - 60 Millionen €, genauer gesagt 58,8 Millionen €, verteilt auf drei Jahre. Das ist mitnichten eine Summe, mit der man im Land flächendeckend die Elternbeiträge deckeln oder herunterrechnen kann.

Das ist wirklich das, was im Kern steht. Wir dürfen den Eltern keine falschen Hoffnungen machen. Wir müssen sicherstellen, dass die Eltern letztendlich davon profitieren.

Die Kommunen haben es auch verdient, aber in diesem Fall geht es hauptsächlich um die Eltern. Wenn wir das nicht erreichen, haben wir nicht nur unser Ziel nicht erreicht, sondern wir haben bei den Eltern zusätzlichen Frust, zusätzlichen Unmut,

zusätzliche Politikverdrossenheit produziert. Das halte ich auch für gefährlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nach aktueller Gesetzeslage kann man nur an die Gemeinden appellieren, so wie es das Innenministerium mit diesem Runderlass getan hat. Man kann nur appellieren. Es gibt keine gesetzliche Grundlage. Wer etwas anderes behauptet, der lügt schlicht und ergreifend. Man kann die Kommunen nicht zwingen, die Elternbeiträge zu senken. Sie sind im Gegenteil gezwungen, das Gesetz umzusetzen, in dem steht, mindestens 50 %.

Deswegen bleibt in der Tat nur, dass CDU und SPD ihre vollmundig in der Presse vorgetragenen Versprechungen aus dem großen Adventskino in das reale Leben übernehmen, was sie mit der heute vorliegenden Beschlussempfehlung nicht getan haben.

Meine Fraktion hält eine Sondersitzung dieses Hohen Hauses ebenfalls für notwendig, wenn man tatsächlich über das Betreuungsgeld hinaus etwas für die Elternbeiträge tun will. Wir sind sehr gespannt, wie die entsprechenden Vorschläge der Großen Koalition umgesetzt werden. Wir stehen bereit. Wir haben einen Vorschlag gemacht. Man könnte zumindest die freiwerdenden Gelder aus dem Betreuungsgeld kurzfristig umsetzen, um ein Zeichen zu setzen. Man müsste dann versprechen, dass man im zweiten Halbjahr 2016 ein überarbeitetes KiFöG, das seriöse neue Berechnungen für die Elternbeiträge enthält, vorlegt. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke, Kollegin Lüddemann. - Für die SPD spricht jetzt die Abgeordnete Frau Grimm-Benne. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich war immer der Auffassung, auch wenn Sie meinen, dass das ein wenig naiv von mir ist, dass das Hohe Haus insgesamt mit dem Kinderförderungsgesetz und den Qualitätsstandards, die dort verankert worden sind, etwas für den Bereich frühkindliche Bildung für die Kinder in unserem Land, für eine chancengerechte frühkindliche Bildung für die Kinder in unserem Land geleistet hat. Damit ist ein Meilenstein geschaffen worden. Mit vielen Vorschriften im Kinderförderungsgesetz haben wir die Eltern und ihre Kinder ertüchtigt, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen.

Wir alle hier im Hohen Haus haben über die wichtige Entscheidung geredet, Personal, Erzieherinnen in diesem Land für ihre gute Arbeit auch gut

zu bezahlen. Zudem hatten wir, um die frühkindliche Bildung zu verbessern, insbesondere im Programm „Bildung: elementar“ Qualitätsstandards festgelegt und den Betreuungsschlüssel verbessert. Ich glaube, darin waren wir uns alle einig.

Dann ging der Streit darüber los, wie das Land bzw. die Kommunen das finanzieren sollen. Es ist richtig, dass wir heute darüber debattieren; denn es besteht jetzt Handlungsbedarf. Denn viele Kommunen planen, ab dem Jahr 2016 für die Elternbeiträge die im Gesetz vorgesehene Höchstgrenze von 50 % der nicht gedeckten Kosten auszuschöpfen. Gründe hierfür sind insbesondere die schwierige Finanzlage vieler Kommunen, aber auch der Tarifabschluss - das ist heute noch nicht angesprochen worden - für die kommunal beschäftigten Erzieherinnen; denn dieser muss auch abgefedert werden.

Ich habe heute sehr viel darüber gehört, wie viele Millionen Euro wir im KiFöG dafür vorgesehen haben. Ich habe aber von niemandem etwas darüber gehört, wie das im Finanzausgleichsgesetz abgebildet wird. Ich habe mir die Mühe gemacht, im Innenministerium und im Finanzministerium zu erfragen, wie viel Geld für die Kommunen denn tatsächlich für die Kinderbetreuung im Haushalt bzw. im FAG veranschlagt ist. Darüber müsste sich eigentlich auch die Tariferhöhung abbilden. Ich habe es nicht herausbekommen.

Der Erlass des Ministeriums hilft uns jetzt, Zeit zu gewinnen. Damit sagt man denjenigen - so deute ich den Erlass -, die in den Gemeinde- und Stadträten tätig sind, dass sie diese 50 % nicht ausschöpfen müssen und dies auch keine Auflage der Kommunalaufsicht mehr ist. Vielmehr sollen sie den grundlegenden Gedanken des Kinderförderungsgesetzes und den Sozialstaatsgedanken berücksichtigen.

Ich bin im Übrigen anders als Sie nicht der Auffassung, dass eine Sondersitzung durchgeführt werden muss, um einen Nachtragshaushalt zu verabschieden und dieses Vorhaben kostendeckend durch den Landtag zu bringen.

Ich will auf einen Punkt eingehen, auf den Sie alle warten. Wir als SPD-Fraktion haben verstanden - ich bin im Land rauf und runter gefahren -, dass wir die Pauschalen im Land anpassen müssen, weil die Pauschalen nicht alles abbilden, was mit Blick auf die Qualität der Betreuung und der frühkindlichen Bildung benötigt wird. Wir brauchen aber - an dieser Stelle stehe ich genauso hilflos hier wie Sie - eine Mitwirkung der Kommunen, um die Zahlen zu ermitteln.

(Zustimmung von Frau Lüddemann, GRÜNE)

Solange unsere beiden großen Städte Magdeburg und Halle nicht eine einzige Vereinbarung ge

schlossen haben, kann man auch nicht ermitteln, für welche Leistung was gezahlt werden muss. Es gibt im Augenblick ganz viele Landkreise, die noch dabei sind.

Wir als Land wären bereit, unsere Aufgabe zu erfüllen, um ein Miteinander zu erreichen, aber dann müssten die Kommunen auch sagen, was es tatsächlich kostet. Diese große Bitte habe ich immer wieder an die Kommunen gerichtet.

Ich möchte fragen, was denn so verkehrt daran ist, wenn meine Landes- und Fraktionsvorsitzende sagt, dass diese prozentuale Steigerung nicht zum Erfolg führt, weil für die Eltern nicht mehr zu kalkulieren ist, in welcher Höhe Elternbeiträge auf sie zukommen? Denn wenn wir die Qualität im Kinderförderungsgesetz immer weiter erhöhen wollen, dann sind die Eltern immer wieder dazu gezwungen, für die Qualität mehr zu zahlen. Sie haben damals 40 % vorgeschlagen.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Ja!)

Was heute 40 % im Krippenbereich bedeuten können, weiß niemand. Dies kann auch zu unheimlich hohen Kosten führen. Familienpolitisch ist die Forderung, den Elternbeitrag bei 190 € zu deckeln, richtig. Darin ist die Erhöhung des Kindergeldes ab dem Jahr 2016 einkalkuliert. Das ist eine politische Forderung. Wenn wir uns darin alle einig sind, dann muss das Geld folgen.

Kollegin!

Ich weiß, ich habe meine Redezeit überschritten. Ich bitte, das zu entschuldigen. - Ich bitte Sie aus den genannten Gründen, unserem Alternativantrag zuzustimmen, weil den Zahlungen, die dort in Aussicht gestellt worden sind, noch nicht die Zahlen zugrunde gelegt worden sind, die man in einen Haushalt gießen kann. Vielmehr dienen sie lediglich als Orientierung. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt der Fraktionsvorsitzende Herr Gallert.

Werter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Kollegen aus der Ministerriege! Wir können uns jetzt lange darüber streiten, woher Defizite kommen, warum Elternbeiträge erhöht werden oder auch nicht. Das Interessante ist, dass wir uns über alle Fraktionen hinweg an einer Stelle einig sind: Wir wollen das Betreuungsgeld, das wir jetzt erhalten, nutzen, um bei den Elternbeiträgen

zumindest eine kostendämpfende Wirkung zu erreichen.

Alle Fraktionen haben jeweils einen Antrag gestellt, in dem das steht.

(Herr Schröder, CDU: So ist es!)

Das Problem besteht darin, dass wir in allen drei Anträgen einen Weg gewählt haben, der nicht mehr möglich ist, und zwar aus den folgenden Gründen: Der Finanzminister hat mir gesagt und er hat völlig Recht - das sagt mir auch Kay Barthel -, ihr könnt nicht einfach beschließen, dass 30 Millionen €, die pro Jahr zur Verfügung stehen, gefälligst in das System fließen sollen; dafür benötigt ihr eine gesetzliche Grundlage.

Nun hätte man sagen können, diese Grundlage hätte die Landesregierung nach dem letzten Beschluss schon vorlegen können.

(Frau Lüddemann, GRÜNE: Genau!)

Das wussten aber alle Fraktionen, als sie einen solchen Antrag gestellt haben. Die Landesregierung hat einen solchen Gesetzentwurf nicht vorgelegt. Jetzt stellt sich die Frage, wie kommen wir aus der Kalamität heraus.