Protokoll der Sitzung vom 29.01.2016

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN - Minister Herr Bullerjahn: Na ja, ich kann nur hoffen, dass …. - Minister Herr Stahlknecht: Dazu fällt mir nichts mehr ein! - Zuruf von der CDU: Gott, oh Gott! - Unruhe bei der CDU)

Frau Professor, setzen Sie bitte Ihre Rede fort.

Ja, das werde ich jetzt gern versuchen.

Sie haben das zu verantworten, was Sie gesagt haben.

Das verantworte ich auch sehr gern.

(Minister Herr Bullerjahn: Nach den Wah- len!)

Wir müssen die Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen und über Lösungen sprechen und dürfen nicht weitere Ängste schüren.

Ich sage Ihnen auch sehr deutlich: Wer angesichts der Menschen, die vor Krieg, Mord und Terror zu uns fliehen, nur die Probleme betont und dabei die Chancen verkennt, der hat einen falschen Blick auf die Situation, in der wir uns im Moment befinden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Die überwiegend jungen Menschen stellen ein großes Potenzial für unser Land dar. Unsere Bevölkerungszahl sinkt und wir werden älter. Viele Betriebe hoffen, dass sie mit den Geflüchteten ihren Fachkräftebedarf decken können. Wir brauchen nicht Debatten über vermeintlich einfache Lösungen, wie Obergrenzen oder Grenzschließungen, sondern wir müssen sagen, wie Integration in unserem Land gelingen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Integration der Geflüchteten ist eine riesige Herausforderung für die Kitas, die Schulen, die Jobcenter, die Arbeitsagenturen und die Betriebe.

Es wird nicht alles glatt laufen. Auch das muss man klar benennen.

Ich sage aber auch sehr deutlich: Das ist die größte gesellschaftliche Herausforderung seit der friedlichen Revolution. Wir dürfen doch jetzt nicht vor der Herausforderung zurückschrecken. Wir müssen jetzt die Weichen richtig stellen und den Menschen im Land erklären, wie wir die Integration der Geflüchteten schaffen wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Hierfür müssen wir in Kitas, in Schulen und in Hochschulen investieren. Das kommt dann allen Menschen in unserem Land zugute; weil der wichtigste Rohstoff in Sachsen-Anhalt die Köpfe der Menschen in diesem Land sind, Menschen, die in Sachsen-Anhalt geboren wurden, Menschen, die aus anderen Bundesländern oder anderen europäischen Staaten oder aus Drittstaaten zu uns kommen oder auch - das möchte ich deutlich unterstreichen - Menschen, die als Geflüchtete in unser Bundesland kommen.

Wir können in den kommenden Jahren nicht nur vielen Menschen Schutz bieten, sondern für viele auch dauerhaft ein neues Zuhause werden und gemeinsam mit ihnen das Land Sachsen-Anhalt voranbringen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um die Frage: In welchem Land wollen wir in Zukunft leben?

(Zuruf von der CDU)

Wollen wir uns hinter Grenzen einigeln und mit einem „Weiter-so“ wie bisher die Zukunft verspielen? Oder wollen wir ein weltoffenes SachsenAnhalt sein, ein Sachsen-Anhalt, das mit Mut und klaren demokratischen Werten in die Zukunft blickt und die Chance ergreift?

Die bündnisgrüne Antwort ist klar: Wir stehen für Demokratie und Weltoffenheit. Wir Bündnisgrüne setzen dem Abschottungsdenken eine weltoffene Gesellschaft entgegen. Wir stehen für Freiheit statt Grenzen. Wir stehen für gelebte Demokratie statt Diktatur. Wir wollen Brücken bauen, statt uns einzumauern. Wir wollen die Chancen der Einwanderung für Sachsen-Anhalt nutzen, statt Ängste zu schüren. Aber dazu, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir das Vertrauen der Bürger und Bürgerinnen in die Politik wieder zurückgewinnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank für die Einbringung. - Wir kommen zum Beitrag der Landesregierung. Herr Staatsminister Robra hat das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Demokratie braucht Vertrauen“ - dieser Aussage, Frau Professor Dalbert, unter die Sie und Ihre Fraktion die Aktuelle Debatte stellen, kann ich wie die gesamte Landesregierung nur zustimmen.

Vor gut 20 Jahren habe ich die Festschrift für Walter Remmers - die im Übrigen auch hier in der Bibliothek ist - unter den Titel „Vertrauen in den Rechtsstaat“ gestellt. Das hatte damals gute und besondere Gründe, ist aber auch heute noch wichtig.

Aber auch Vertrauen und Demokratie sind ein Thema, das uns immer wieder beschäftigen sollte. Vertrauen allein reicht jedoch nicht. Deshalb will ich ergänzen: Demokratie braucht vor allem Mitwirkung.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Demokratie lebt davon, dass sich Menschen Tag für Tag für sie engagieren, ihre Mitwirkungsrechte wahrnehmen und sich für unser Land stark machen. Demokratie braucht aber auch Motivation. Die Menschen im Land müssen spüren, dass es sich lohnt, sich im und für das Land Sachsen-Anhalt und unsere freiheitliche-demokratische Grundordnung zu engagieren und dass das auch Anerkennung findet.

Damit sind wir an einem wunden Punkt Ihres Antrages, Frau Professor Dalbert. Wenn ich mir die wirklich oberflächliche Begründung durchlese und das zur Kenntnis nehmen, was Sie eben hier gesagt haben, dann ist mir wirklich schleierhaft, wie Sie Vertrauen schaffen und Mitwirkung erreichen wollen, indem Sie die Menschen demotivieren;

(Beifall bei der CDU - Herr Borgwardt, CDU: Genauso ist es!)

denn schwärzer und demotivierender, vor allem realitätsferner,

(Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

kann man das Bild Sachsen-Anhalts kaum zeichnen.

(Herr Borgwardt, CDU: So ist es!)

Indem Sie ein trostloses Land beschreiben, das am Abgrund steht, verspielen Sie Glaubwürdigkeit und Vertrauen, statt für dessen Stärkung zu sorgen.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE)

Sie erklären pauschal viele Indikatoren für schlecht, machen sich aber nicht einmal im Ansatz die Mühe, die Gründe zu analysieren, sondern erklären

mal eben einfach die Landesregierung als dafür verantwortlich. Das ist zu billig.

(Zuruf von Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE)

So monieren Sie das niedrige Wachstum des Bruttoinlandsprodukts. Dabei verdrängen Sie zum Beispiel, dass mit der Photovoltaik einer unserer wichtigsten Wirtschaftszweige weggebrochen ist und dass unser Bruttoinlandsprodukt, wie in keinem anderen Bundesland, stark von den Umsätzen der chemischen Industrie geprägt ist. Wegen sinkender Ölpreise fallen Verkaufs- und Einkaufspreise. Das schlägt sich natürlich negativ in den Umsätzen nieder und wirkt sich massiv auf unser Bruttoinlandsprodukt aus; laut NordLB allein dies mit ungefähr einem Prozentpunkt.

Das heißt aber nicht, dass es um unsere Wirtschaft schlechter steht als in anderen Ostländern und dass sich die Menschen in der Wirtschaft nicht ausreichend mühen. In den vergangenen fünf Jahren ist nicht nur die Wirtschaftsleistung in Sachsen-Anhalt gestiegen, auch die Steuereinnahmen, die Löhne und die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nahmen deutlich zu. Dafür haben wir Arbeitnehmern, Unternehmern, den gestern zu Recht gepriesenen freien Berufen und vielen anderen zu danken.

(Beifall bei der CDU)

Wer wie die GRÜNEN behauptet, die Arbeitslosigkeit sei ausschließlich demografiebedingt gesunken, verspielt das Vertrauen - tut mir leid, das so zu sagen - in seine arbeitsmarktpolitische Kompetenz.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE)

Natürlich hat die wirtschaftliche Entwicklung dazu beigetragen. Im Oktober 2015 waren in SachsenAnhalt 15 000 Menschen mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt als vor fünf Jahren. Da findet die Wertschöpfung statt.

(Zuruf von der CDU: Genau!)

Mit 9,9 % lag die Arbeitslosenquote im Dezember 2015 und erst recht die verdeckte Unterbeschäftigung auf dem niedrigsten Wert in diesem Monat seit Beginn der 90er-Jahre. Hunderttausende haben seitdem neue Arbeitsplätze gefunden, sich in neue Aufgabenfelder eingearbeitet und leisten jeden Tag einen konstruktiven Beitrag zur Entwicklung unseres Landes. Freuen doch auch Sie sich einmal darüber, statt immer nur das Haar in der Suppe zu suchen.

(Beifall bei der CDU)

Noch etwas anderes macht Mut: In dieser Legislaturperiode haben wir generationengerecht, nachhaltig erstmals keine neuen Schulden gemacht

und sogar mit der Tilgung von Altschulden begonnen.