Genau das war der Grund: Wir waren uns darin überhaupt noch nicht einig. Deswegen ist dieses Agrarstrukturgesetz in dieser Legislaturperiode nicht beschlossen worden. Wir waren uns mit den Verbänden einig; auch diese hatten diesbezüglich große Bedenken. Deswegen habe ich vorhin gesagt, dass es im nächsten Jahr kommen muss. Aber dazu müssen noch Absprachen dazu getroffen werden, was die Verbände wollen und was wir wollen. Ich denke, dazu wird es in der nächsten Legislaturperiode kommen.
Vielen Dank. Dann haben wir noch genug zu tun. - Meine Damen und Herren! Ich sehe keinen Wunsch, die Debatte fortzuführen. Wir sind damit
am Ende der Aussprache zur Regierungserklärung angelangt. Beschlüsse werden nicht gefasst. Damit können wir den Tagesordnungspunkt verlassen.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, will ich Gäste im Hause begrüßen. Es sind Schülerinnen und Schüler der Liv-Ullmann-Schule in Wernigerode sowie Schülerinnen und Schüler aus Weißenfels und aus Zeitz, die auf Einladung der Landeszentrale für politische Bildung im Landtag sind. Herzlich willkommen!
Es ist eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion und für die Landesregierung vereinbart. Die Redner sprechen in der folgenden Reihenfolge: GRÜNE, SPD, DIE LINKE, CDU.
Zunächst hat für die Antragstellerin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Frau Professor Dalbert das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir leben in einer Zeit, in der die Bürgerinnen und Bürger zunehmend das Vertrauen in die Politik verlieren. Das gesellschaftliche Klima und die Entwicklung unseres Landes sind aber besonders vom Vertrauen der Menschen in die Politik abhängig.
Zehn Jahre schwarz-rote Koalition in Sachsen-Anhalt haben leider viel dieses Vertrauens verspielt. Zehn Jahre schwarz-rote Koalition haben das Land zum Teil an den Rand seiner Funktionsfähigkeit geführt. Sie hat das Land durch Kürzungen, durch ihren Tanz um die schwarze Null systematisch ausgezehrt.
Nehmen wir die Polizei. Wir haben zu wenig Polizistinnen und Polizisten. Das pfeifen die Spatzen vom Dach. Schuld ist der massive Personalabbau bei der Polizei durch die Landesregierung. Ergebnis: Die Aufklärungsquote bei der Polizei in Sachsen-Anhalt ist in einem Jahr von 57 % auf 54 % gesunken. In dieser Legislaturperiode stiegen die Interventionszeiten der Polizei um 31 %. Das heißt, die Bürger müssen ca. 25 Minuten warten, bis ein Polizist vor Ort ist.
Das ist eine Folge der Polizeistrukturreform, mit der Personal aus der Kriminalpolizei abgezogen wurde, um das Modell der Streifenbereiche zu realisieren, was wiederum den Mangel der Polizisten in der Fläche reparieren soll.
Auch bei den Gerichten wartet man lange. In zehn Jahren hat die Verfahrensdauer bei den Sozialgerichten um fünf Monate zugenommen. Das heißt, ein Hartz-IV-Empfänger muss derzeit durchschnittlich 19 Monate auf eine Entscheidung warten. Damit fühlen sich viele Bürgerinnen und Bürger zu Recht um ihr Recht gebracht.
Das muss ein Ende haben. Die Zahl der Polizistinnen und Polizisten kann nicht nach Kassenlage, sondern muss nach der anstehenden Aufgabe bestimmt werden.
Die Gerichte müssen so ausgestattet werden, dass sie in angemessener Zeit die Verfahren zu Ende bringen können. Bürgerinnen und Bürger, die kein Vertrauen mehr in die Polizei, die öffentliche Sicherheit und die Gerichtsbarkeit haben, verlieren ihr Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Staates.
Das Gleiche gilt auch für die Bildung. Auch hier können wir uns keine Abstriche leisten; denn Bildung entscheidet über Teilhabe oder Ausschluss, über sozialen Zusammenhalt und Wettbewerbsfähigkeit.
Wir alle wissen, dass die Unterrichtsversorgung in unserem Land weit entfernt ist von dem, wie Schule funktionieren soll. Ich will nur ein Beispiel nennen: Im Vergleich zum vorletzten Schuljahr hat der Totalunterrichtsausfall im letzten Schuljahr bereits um 26 % zugenommen. Die Hälfte unserer Lehrerinnen und Lehrer wird in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand gehen. Das heißt, wir werden Jahre brauchen, bis wir zu einer vernünftigen Unterrichtsversorgung zurückkommen können.
Ich möchte an dieser Stelle feststellen: Wir reden hierbei über die Probleme bei der Unterrichtsversorgung, die nichts, aber auch gar nichts mit den Flüchtlingskindern zu tun haben, die zu uns kommen. Das ist ein Versagen der Landesregierung.
Über die Probleme bezüglich der Bescheide für die alten Abwasseranschlüsse haben wir gestern ausführlich debattiert. Am Ende bleibt die Frage, ob die, die geglaubt haben, dass die Gesetze gelten, und brav gezahlt haben, die Dummen sind.
Das alles ist schlechte Politik, die sich direkt im Alltag vieler Menschen in unserem Land niederschlägt und damit das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Demokratie schwächt. Der Ein
druck verdichtet sich bei vielen Menschen: „Die da oben, denen sind wir egal“ oder auch „Die da oben, die können es eben nicht.“
Genau das bereitet den Nährboden für die rechten Demokratiefeinde, die mit den vermeintlich einfachen Lösungen, Rechte, die nun die Überlastungssituation bei der Polizei, den Gerichten oder im Blick auf den Unterrichtsausfall nutzen, um Ängste und Ressentiments in der Bevölkerung zu schüren oder gar die Geflüchteten für die Situation verantwortlich zu machen.
Deswegen sage ich Ihnen ganz klar: Wer den Staat bis an den Rand der Funktionsfähigkeit ausblutet, der schwächt die Demokratie und bereitet am Ende den Weg für die neuen Nazis.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN - Minister Herr Bullerjahn: Was? - Herr Schröder, CDU: Das ist unglaublich!)
(Minister Herr Bullerjahn: Was soll denn das jetzt? - Herr Schröder, CDU: Haben Sie sich diesen Satz genau überlegt?)
(Minister Herr Bullerjahn: Das ist unglaub- lich, was Sie hier sagen! Wissen Sie, was Sie gerade gesagt haben?)
(Minister Herr Bullerjahn: Was Sie gesagt haben, ist schlimm! Es ist so schlimm, was Sie gesagt haben! - Minister Herr Stahl- knecht: Sie unterstellen, dass wir, wie wir hier sitzen, den Weg für die Nazis bereiten! - Weitere Zurufe von der CDU - Unruhe)
(Minister Herr Bullerjahn: Wenn das Ihre Meinung ist, ist das schlimm genug! - Minis- ter Herr Stahlknecht: Das ist unerhört!)
Deswegen bereitet das am Ende den Weg für die neuen Nazis. Selbstverständlich stehe ich zu diesem Satz.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN - Minister Herr Bullerjahn: Na ja, ich kann nur hoffen, dass …. - Minister Herr Stahlknecht: Dazu fällt mir nichts mehr ein! - Zuruf von der CDU: Gott, oh Gott! - Unruhe bei der CDU)