Den Schaden haben die beiden Männer vor Ort und den Schaden haben wir alle. Es ist eine Beschädigung der Demokratie und des Rechtsstaates. Die Stärke des Rechtsstaates zeigt sich an dem Schutz, den er seinen Schwächsten erweist.
Frau Kollegin, es gibt inzwischen zwei Anfragen. - Zunächst der Abgeordnete Herr Harms und dann die Abgeordnete Frau von Angern.
Frau Fraktionsvorsitzende, in welcher Weise werden Sie diesen unpassenden Vergleich zum 9. November aus der Welt schaffen, um die Gesprächsgrundlage unter Demokraten wiederherzustellen?
Zunächst darf ich Sie grammatikalisch korrigieren: Ich habe keinen Vergleich angestellt, sondern ich habe auf die historische Bedeutung des 9. November hingewiesen. Dies habe ich im Zusammenhang mit Ausführungen über freiheitsabschnürende Diktaturen im letzten Jahrtausend getan.
Sie werden mir sicherlich darin Recht geben, dass die Reichspogromnacht ein Beispiel dafür ist, wie freiheitsabschnürende Diktaturen die Geschichte unseres Landes im letzten Jahrhundert geprägt haben.
Herr Präsident, gestatten Sie, dass ich erkläre, dass ich der Frau Professorin in dieser Angelegenheit nicht Recht gebe. Sie hatte unterstellt, dass ich ihr gewiss Recht geben würde. Ich möchte erklären, dass ich das nicht tue.
Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Dalbert, bevor ich noch einmal auf den Beschluss des Landtages eingehe, möchte ich mit Blick auf Ihre Ausführungen einige Bemerkungen vorausschicken. Sie wissen, dass ich Sie als Kollegin schätze.
Die erste Bemerkung, die ich mir, nach dem, was Sie vorgetragen haben, nicht ersparen kann: Der wütenden Menge, die vor Ort skandiert hat: Die müssen weg!, gehören Menschen ganz verschiedener sozialer Schichten, Berufsstände und auch parteipolitischer Orientierungen an.
Die zweite Feststellung lautet: Ja, Herr von Bismarck gehört der CDU an wie ungefähr weitere 600 000 Menschen.
Einige von ihnen kenne ich, bei weitem nicht alle. Ich nehme für mich in Anspruch, dass ich froh bin, dieser Partei anzugehören, weil sie ihren Wert nicht daran bemisst, sich für das persönliche Fehlverhalten Einzelner in Haftung nehmen zu lassen, sondern daran, wie sie es als politische Wertegemeinschaft versteht, mit dem persönlichen Fehlverhalten Einzelner umzugehen.
Der Grund, weshalb ich um eine Intervention bat, ist der, dass ich in meiner Rede eindringlich dafür geworben habe, nicht hinter die Entschließung zurückzufallen.
Sie haben erläutert, dass Sie Ihre Meinung geändert haben. Ich möchte trotzdem noch einmal klarstellen: Ein Teil der Entschließung, und zwar das Ende des zweiten Absatzes, lautet - ich zitiere -:
„Der grundrechtlich geschützte Freiheitsanspruch der Betroffenen lässt sich aufgrund der aktuell zugespitzten Situation der
zeit nur schwer realisieren. Daher muss die Politik um gesetzliche und rechtsstaatliche Lösungen ringen.“
Vor dem Hintergrund dieser Entschließung, die die Suche nach Lösungen befürwortet und begrüßt, heute in Bezug auf die konkrete Situation der beiden Betroffenen in Insel davon zu reden, dass Vertreibung keine Lösung sei, was es auch für künftige Fälle gewiss nicht sein kann, stellt ein Zurückfallen hinter den Text der Entschließung dar.
Es gibt jetzt noch zwei Wortmeldungen - die nach meiner Wertung auf eine Zwischenintervention im Sinne der Geschäftsordnung hinauslaufen - von zwei Fraktionsvorsitzenden, die ohnehin jederzeit das Recht haben, das Wort zu ergreifen. Zunächst spricht der Fraktionsvorsitzende Herr Gallert und anschließend die Fraktionsvorsitzende Frau Professor Dr. Dalbert.
Herr Schröder, ich hatte schon während Ihrer Rede daran gedacht, Sie auf einen Fehler hinzuweisen, den Sie nun glücklicherweise anhand des Zitats selbst korrigieren mussten. Sie haben in Ihrer Rede gesagt, dass in dieser Entschließung stehen würde, dass der Verbleib der beiden ehemaligen Häftlinge in Insel unmöglich wäre.
- Das haben Sie in Ihrer Rede gesagt. - Sie mussten sich eben selbst korrigieren; denn in der Entschließung steht, dass der Rechtsanspruch der beiden Personen zurzeit nur schwer zu verwirklichen ist.
Jetzt ist die entscheidende Frage, Herr Schröder: Was ist die Schlussfolgerung daraus? Knicken wir vor der Schwierigkeit ein oder nehmen wir sie als Herausforderung an?
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich ziehe meine Wortmeldung zurück, da ich ganz ähnlich wie Herr Gallert argumentiert hätte.
Herr Kollege Gallert hat mich falsch zitiert. Ich habe in meiner Rede vorgetragen: Das von den beiden Betroffenen in Sachsen-Anhalt gesuchte Leben ohne Vergangenheit, ein Leben auf dem Land mit Arbeitsstätte, Ruhe und sozialen Kontakten - ein solches Leben wird es in Insel wohl nicht mehr geben können.
Dann habe ich davon gesprochen, dass die beiden Betroffenen das ähnlich sehen. Ich betone, dass dies das Zitat war.