Protokoll der Sitzung vom 20.01.2012

Ich möchte an dieser Stelle aber auch ganz gerne eine bestimmte Wertung abgeben. Frau Frederking, ich glaube, Sie haben eine schwärmerische Sympathie für die Leguminosen entwickelt. Hier und da ist auch ein bisschen Kritik und die Beachtung weiterer Zusammenhänge angebracht.

Lieber Herr Krause, bei Ihnen schimmert immer wieder ein bisschen die Sehnsucht nach Produktionsvorgaben und nach einer abgeschotteten Welt durch. Davon haben Sie sich leider auch in diesem Punkt noch nicht ganz lösen können. Ich möchte Ihnen das in dieser Offenheit sagen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der SPD - Zurufe von der LINKEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eiweißfuttermittel sind erforderlich, um Schweine und Geflügel zu füttern. Soja ist nun einmal - das sagen auch die, die sich wissenschaftlich mit Fragen der Futtermittel beschäftigen - dafür das optimale Futtermittel. Bei den jetzigen Preis-Kosten-Verhältnissen ist Soja außerdem das günstigste Futtermittel. Andererseits ist völlig richtig: Der stärkere Anbau von Leguminosen wäre aus Fruchtfolgegründen bzw. Bodenfruchtbarkeitsaspekten wünschenswert.

Aber, meine Damen und Herren - jetzt möchte ich einen Aspekt nennen, den ich eigentlich gar nicht mehr erwähnen wollte, weil ich dazu schon öffentlich Stellung bezogen habe -: Ich glaube, es wäre auch gut - das sage ich jetzt insbesondere an die Adresse der GRÜNEN -, wenn der Forschungsstandort Deutschland so aufgestellt wäre, dass eine Firma wie BASF nicht eine wesentliche Forschung aus Deutschland und Sachsen-Anhalt abzieht.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und von der Regierungsbank)

Ich bedauere sehr, dass wir ein Meinungsklima in Deutschland haben, in dem ein renommierter Konzern es wegen der Akzeptanzprobleme offenbar nicht mehr als sinnvoll ansieht, in unserem Staat Forschung zu betreiben.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und von der Regierungsbank - Zuruf von Herrn Strie- gel, GRÜNE)

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir aber auch - Frau Frederking hat französische Wissenschaftler zitiert -, dass ich im Hinblick auf die Beurteilung der Ausdehnung des Leguminosenanbaus in der EU auf Ausführungen deutscher Wissenschaftler zurückgreife.

Die Humboldt-Universität hat einen Forschungsauftrag mit der Fragestellung bearbeitet: Was passiert und wie ist es zu bewerten, wenn auf 10 % der Ackerfläche der EU Leguminosen angebaut werden? - Das Ergebnis ist Folgendes: Unsere Agrarhandelsbilanz wird verschlechtert, die Flä

chenbilanz wird verschlechtert und der globale Wettbewerb um knappe Flächen wird verschärft.

Das können wir auch nicht wollen, wenn wir den Leguminosenanbau ausdehnen, meine Damen und Herren. Insofern, meine ich, sollten wir auch diese Studie in den zu erwartenden Ausschussdiskussionen einer sorgfältigen Betrachtung unterziehen.

Woran liegt es, dass diese Studie zu diesem Ergebnis gekommen ist? - Das liegt ganz einfach daran, dass die EU geeigneter ist für den Anbau von Getreide und Ölsaaten und Nord- und Südamerika für den Anbau von Soja geeigneter sind. So einfach ist letztlich die Antwort.

Wir müssen, meine Damen und Herren, auch davor warnen, dass spezifische Programme Heilsbringer sind, unabhängig von der Tatsache, dass die EU-Kommission ganz eindeutig auf deutsche Nachfrage geantwortet hat, dass Programme nicht notifizierungsfähig sind, die sich mit der einseitigen Förderung des Leguminosenanbaus außerhalb des ökologischen Anbaus befassen.

Wir müssen, wenn wir hierbei mehr erreichen wollen - in der Zielsetzung sind wir da, glaube ich, gar nicht unterschiedlich -, im Zuge der zu diskutierenden Agrarreform an die Rahmenbedingungen heran und mit der EU darüber sprechen, mit welchen Anreizsystemen sie dieses implementieren möchte.

Darüber hinaus möchte ich erwähnen, dass wir an diesem Thema arbeiten. In unserer Landesanstalt für Landwirtschaft arbeiten wir an Versuchen mit verschiedenen Leguminosenarten. Wir führen Anbauversuche durch. Wir führen Fütterungsversuche durch. Insofern wird das, was von uns verlangt wird, schon in der täglichen Arbeit der LLFG geleistet.

Ich freue mich auf eine Diskussion im Ausschuss, die wir mit fachlicher Substanz, wie es im Agrarausschuss üblich ist, führen werden. Ich sage auch deutlich, dass ich den Antrag der Regierungsfraktionen für die geeignetere Grundlage für eine gute Diskussion im Fachausschuss halte. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und von der Regierungsbank)

Herr Minister, beantworten Sie eine Anfrage des Kollegen Gallert?

Gerne.

Sie können nachher entscheiden, ob es eine Intervention oder eine Frage ist.

Die Meldung ist veranlasst worden durch Ihre Bemerkung, dass mein Fraktionskollege Krause offensichtlich immer noch oder wie auch immer der staatlichen Regulierung besonders zugeneigt ist und man dies auch hierbei wieder merken würde. Ich sage es einmal so, Herr Aeikens: Sie sind Landwirtschaftsminister. Sie haben in keinem Bereich der Wirtschaft dermaßen durchstrukturierte staatliche Vorgaben zu erfüllen wie in diesem Bereich.

(Beifall bei der LINKEN)

Seien Sie doch ehrlich: So ein bisschen hängen Sie dem auch an. Ansonsten müssten Sie jeden morgen mit einer Depression zur Arbeit gehen. Es wird Sie doch aber niemand gezwungen haben, Minister für diesen Bereich zu werden, oder, Herr Aeikens?

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN - Zu- rufe von Herrn Czeke, DIE LINKE, und von Herrn Gallert, DIE LINKE)

Lieber Herr Gallert, ich gehe jeden morgen fröhlich und ohne Depressionen zur Arbeit; das sei vorausgeschickt.

(Heiterkeit)

Zweitens bin ich nicht nur Landwirtschaftsminister, sondern auch Umweltminister.

(Zuruf von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Drittens haben Sie auch hierbei noch nicht den neuen Trend der Zeit erkannt.

Ach so.

Die EU ist dabei, die Landwirtschaft in die Marktwirtschaft zu entlassen. Das hat sie in den meisten Produktionsbereichen getan.

Die EU-Milchquote wird weiter fallen. Die EUZuckerquote steht zur Disposition. Das heißt also, wir sind hier auf dem Weg in die Marktwirtschaft. Das ist der Landwirtschaft in Deutschland, insbesondere auch der Landwirtschaft in SachsenAnhalt, bisher gut bekommen.

Nun muss ich leider insgesamt konstatieren, Herr Gallert: Das, was ich auf Ihren Fraktionskollegen

Herrn Krause bezogen habe, muss ich aufgrund dieser Analyse auch auf Sie beziehen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der SPD - Zuruf von Herrn Czeke, DIE LIN- KE)

Er hat sein Leben lang nicht in der Marktwirtschaft gearbeitet, der Kollege.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe heute festgestellt, dass ich in meinem DDR-Agrotechnikerunterricht besser aufgepasst habe, als ich geglaubt habe. Ich fand vieles wieder.

(Heiterkeit)

Ich wollte Ihnen mit diesem Satz Gelegenheit geben, sich zu Wort zu melden. Das tun Sie aber alle nicht; denn der Minister hat mit seinem Redebeitrag die Debatte eigentlich neu eröffnet. Da sich also niemand meldet, kommen wir jetzt zur Abstimmung. Ich habe ausschließlich Anträge auf Überweisung in den Fachausschuss gehört.

Wir stimmen jetzt darüber ab, ob die beiden Anträge

(Frau Brakebusch, CDU: Einzeln abstim- men! - Herr Gallert, DIE LINKE: Nein! - Frau Brakebusch, CDU: Sicher! - Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Nein! - Frau Brakebusch, CDU: Natürlich!)

in den Fachausschuss, den der Minister verkürzend immer „Agrarausschuss“ nennt, überwiesen werden.

(Frau Brakebusch, CDU: Das geht doch gar nicht!)

Wenn das eine Mehrheit findet, dann werden diese Anträge überwiesen. Wenn das keine Mehrheit findet, wird zunächst über den Änderungsantrag und danach gegebenenfalls über den Antrag in der geänderten Fassung abgestimmt.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Genau!)

So ähnlich machten wir es gestern schon einmal. Heute machen wir es wieder so, weil es nach meiner Überzeugung der Geschäftsordnung entspricht.

Ich frage jetzt: Wer ist für die Überweisung der beiden Anträge in den Ausschuss? - Das sind die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit sind die Anträge nicht in den Ausschuss überwiesen worden.

Wir stimmen jetzt über den Änderungsantrag in der Drs. 6/745 ab. Wer stimmt diesem Änderungsantrag zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen. - Wer stimmt dagegen? - Das sind die Fraktion BÜND

NIS 90/DIE GRÜNEN und ein Abgeordneter der LINKEN. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Mehrheit bei der LINKEN. Damit ist der Änderungsantrag angenommen worden.