Protokoll der Sitzung vom 20.01.2012

In diesem Sinne freue ich mich auf die Diskussion im Ausschuss. Wir stimmen auch der Überweisung beider Anträge, des Antrags der Fraktion BÜND

NIS 90/DIE GRÜNEN und des Änderungsantrags der Koalition, in den Ausschuss zu.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Krause. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Kollege Herr Daldrup. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kurz vor Mittag, kurz vor dem Ende ein Ernährungsthema, ein wichtiges Thema, glaube ich auch, und ein Thema, das uns schon bewegt, das man aber so, wie es die GRÜNEN gemacht haben, sicherlich nicht aufgreifen kann.

Jawohl, Eiweißpflanzen sind wichtige Pflanzen, sind gute Pflanzen, sind Pflanzen, die in der Fruchtfolge der Landwirte eine wichtige Rolle spielen können und die auch zur Biodiversität, zur Auflockerung der Fruchtfolge beitragen können. Aber daraus herzuleiten, wie Sie es gemacht haben, die Förderung deshalb zu organisieren, weil es in anderen Ländern, insbesondere in Brasilien, unmenschliche Verfahren gibt und die Umwelt zerstört wird, ist eine Diskussion von gestern.

Wer sich in Brasilien umgesehen hat, der weiß, dass Brasilien nicht mehr das Brasilien von vor 20 Jahren ist, sondern eine ausgesprochen restriktive Umweltgesetzgebung hat, dass Brasilien nicht mehr so ist, dass es nur Arme und Reiche gibt, sondern der Wohlstand in diesem Land sehr wohl steigt. Er steigt nicht nur deshalb, weil Brasilien Exporteur von Industrieprodukten ist, sondern auch deshalb, weil Brasilien auch Exporteur von Agrarprodukten ist. Insofern ist das eine falsche Herleitung.

Ich frage Sie: Wenn Sie die Förderung von Leguminosen in dieser Form wollen, dann könnten wir auch darüber diskutieren, ob Sie mit mir gehen, wenn ich sage: Wir bauen den Eiweißpflanzenanteil und den Sojapflanzenanteil in Deutschland deutlich aus, auch mit biotechnologischen Methoden, die Sie an anderer Stelle hier und da immer wieder ablehnen. Die Züchtung verspräche eigentlich den schnellsten Erfolg, in Europa mehr Eiweiß zu produzieren, also die Forcierung des Sojaanbaus in Europa.

(Herr Erdmenger, GRÜNE: Das ist der fal- sche Weg!)

Gehen Sie dann auch noch mit, wenn wir das so organisieren und so argumentieren, wie Sie das getan haben?

Sie haben in Ihrem Antrag einen falschen Bezug, nämlich den Bezug zur Landespolitik. Eiweißanbau ist klassischerweise eine Frage, die europäisch gelöst und geregelt werden muss. Deswegen glaube

ich, dass wir schon darauf achten könnten bzw. auch die Forderung aufmachen müssten, in den nächsten Förderperioden das Augenmerk mehr auf diese Fragen zu lenken.

Ich kann mir durchaus auch vorstellen, dass es in Europa eine Eiweißpflanzenproduktion gibt, die sich damit beschäftigt, wie wir das in Kompensationsmaßnahmen und andere Maßnahmen einbauen, die in der zweiten Säule verankert sind. Da kann ich mir gute Modelle vorstellen, insbesondere wenn es um den Luzerneanbau und die Luzerneproduktion geht.

Luzerne ist in den Milchviehbetrieben auch Sachsen-Anhalts wieder eine durchaus beachtete Pflanze. Wenn ich es richtig sehe, gibt es zunehmend Milchviehlandwirte, die sich wieder der Luzerne widmen. Ich halte das für gut, weil sie unter anderem auch ein Lebensraum für den vielgescholtenen Hamster in Sachsen-Anhalt ist, der bei jeder Maßnahme, die wir ansonsten in diesem Land treffen, offensichtlich gefährdet ist. Auch da könnten wir durchaus sehr interessante Modelle organisieren, die dem entgegenwirken.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass der Antrag im Ausschuss richtig behandelt wird, wir dort eine interessante Diskussion dazu führen werden und die Landesregierung am Ende auch darlegen wird, dass sie ein Konzept und eine Idee dazu hat, wie wir den Eiweißpflanzenanbau in Sachsen-Anhalt wieder etwas mehr fördern können. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Daldrup. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Frederking noch einmal das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Der Vorschlag des Änderungsantrages, den einheimischen Eiweißpflanzenanbau bei der gemeinsamen EU-Agrarpolitik zu verankern, ist richtig. Auch in der EU ist man sich einig, dass mit einer Stärkung des Eiweißpflanzenanbaus auf die neuen Herausforderungen reagiert werden kann. Dazu zählen der Klimawandel, der Verlust der Artenvielfalt und auch das Thema Wasserbelastung.

Gerade deshalb ist es wichtig, dass auch jetzt schon große Anstrengungen unternommen werden, damit Züchtung, Anbau, Verarbeitung und Handel von einheimischen Eiweißpflanzen schnell auf die Beine kommen. Für all diese Stufen brauchen wir eine kritische Masse an Eiweißpflanzen. Sonst lohnen sich entsprechende Aktivitäten nicht.

Herr Barth, Sie haben gesagt, man möge einen Blick in die Archive werfen. Selbstverständlich

kann auch vorhandenes Wissen genutzt werden, auch das Wissen aus DDR-Zeiten - das soll sogar so sein -, also das Wissen der DDR aus der Forschung, die Ergebnisse und frühere Erfahrungen.

(Herr Czeke, DIE LINKE: Genau! Das ist doch gut! - Zuruf von Herrn Gallert, DIE LIN- KE)

- Ja, weil Herr Barth das so erwähnt hatte.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Ja ,ja!)

Deshalb bin ich darauf jetzt noch einmal eingegangen.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Gab es überhaupt Wissen zu DDR-Zeiten? Das ist doch die Frage! - Zurufe von Herrn Leimbach, CDU, und von Herrn Gallert, DIE LINKE - Herr Leimbach, CDU: Ach!)

Wir müssen eben alles tun, damit dieses Wissen, das ja vorhanden ist, auch in die Praxis kommt. Dass das zurzeit nicht angewandt wird, haben wir hinreichend gehört. Darin waren wir uns auch einig.

Die Menschen in der EU haben nicht nur den Wunsch nach gentechnikfreien Lebensmitteln, sondern sie wollen auch zunehmend keine gentechnischen Veränderungen im Tierfutter. Diese Anforderungen erfüllen die Leguminosen.

(Zuruf von Herrn Daldrup, CDU)

Und, Herr Daldrup, wenn Sie auf GVO-Soja in der EU reflektieren,

(Zuruf: Ach!)

dann muss ich Ihnen ganz klar sagen: Das löst keine Probleme. Das ist ein Trugschluss.

Die gentechnisch veränderten Pflanzen verursachen eine Menge Probleme - ich habe es eingangs gesagt -, beispielsweise beim Einsatz von Pestiziden wie Roundup. Es gibt schon einige Unkräuter, die gegen dieses Mittel resistent geworden sind. In solchen Fällen muss immer mehr von dem Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. In der Folge werden die Rückstände des Pflanzenschutzmittels auf den Pflanzen mehr und die Bodenbelastungen immer höher.

(Herr Daldrup, CDU: Das ist nur die halbe Wahrheit! - Zuruf von Frau Brakebusch, CDU)

Es gibt zahlreiche Untersuchungen, die das wirklich nachweisen. Sie weisen sogar nach, dass sich das auf die Fruchtbarkeit des Menschen auswirkt und dass man beobachtet hat, dass auch Fehlgeburten auf die Anwendung dieses Mittels zurückzuführen sind. Das sind Erkenntnisse aus den Erzeugerländern. Dazu gibt es Studien.

(Herr Leimbach, CDU: Das kann man doch nicht einfach so behaupten!)

- Nein, das ist nachzulesen.

(Herr Leimbach, CDU: Ja! Genau! - Zuruf von Herrn Daldrup, CDU)

Herr Daldrup, wenn Sie sagen, die Bedingungen in Brasilien haben sich in den letzten 20 Jahren gebessert, dann muss ich sagen: Das ist mitnichten so.

(Herr Daldrup, CDU: Doch!)

Die sozialen Unterschiede sind gravierend. Es gibt zum Beispiel die Landlosen. Die Landlosen werden sogar systematisch umgebracht, wenn sie aufbegehren und wenn sie ihre Rechte einfordern.

Brasilien ist von unglaublichen Ungerechtigkeiten geprägt. Die Umweltmaßnahmen, die Brasilien vorgeschrieben hat, greifen in der Praxis nicht. Ich habe vorhin auch schon erwähnt: Die Rodung des Regenwaldes hat im letzten Jahr und in dem Jahr davor wirklich Höhepunkte erreicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Wir können einfach nicht länger zusehen, wie aufgrund unseres Fleischkonsums in den Soja-Erzeugerländern nicht genug Fläche für die dortige Bevölkerung bleibt und diese deshalb weiter Regenwald abholzt. Deswegen ist ein schnelles Handeln angezeigt.

Es wäre wirklich gut, wenn die Ansätze beider Anträge zusammengebracht und im Ausschuss diskutiert würden. So könnte der Landesregierung ein vernünftiger Auftrag gegeben werden, damit diese ein sinnvolles Paket zur Stärkung des einheimischen Eiweißpflanzenanbaus schnüren kann. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Frederking. - Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Dr. Aeikens. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landtag beschäftigt sich mit dem Eiweißpflanzenanbau in Sachsen-Anhalt. Das ist - zugegebenermaßen - ein sehr spezielles Thema. Dennoch freut es mich, dass der Plenarsaal voll und das Interesse an dieser Thematik ungebrochen ist.

(Heiterkeit und Beifall bei allen Fraktionen)

Ich habe den Ausführungen der Fachkollegen aus den Fraktionen sehr interessiert zugehört und kann mich auf einige wenige Anmerkungen beschränken.

Ich möchte an dieser Stelle aber auch ganz gerne eine bestimmte Wertung abgeben. Frau Frederking, ich glaube, Sie haben eine schwärmerische Sympathie für die Leguminosen entwickelt. Hier und da ist auch ein bisschen Kritik und die Beachtung weiterer Zusammenhänge angebracht.