Protokoll der Sitzung vom 22.03.2012

Ich freue mich, dass die Landesregierung im Jahr 2010 der wechselvollen Geschichte der Besoldung der Sekundarschullehrer ein positives Ende bereitet hat, dass sie anerkannt hat, dass Sekundarschullehrer und -lehrerinnen nach der Besoldungsgruppe A 13 zu besolden sind,

(Frau Niestädt, SPD: Das war der Gesetz- geber!)

dass sie auch den Weg dafür geebnet hat, die Gehälter der Sekundarschullehrer und -lehrerinnen, die nach der Besoldungsgruppe A 12 besoldet werden, schrittweise auf die Besoldungsgruppe A 13 anzuheben, und dass

(Zurufe)

hierfür Mittel im Haushalt vorgesehen sind. Dies ist in der Tat zu loben, ohne Wenn und Aber.

Es ist eine wechselvolle Geschichte. Viele hier im Hause haben sie live miterlebt, weil sie schon lange diesem Parlament angehören. Dennoch ein paar Worte zu dieser wechselvollen Geschichte:

Nach der Wende wurden die Sekundarschullehrer und -lehrerinnen, die ihre Ausbildung in der DDR erworben hatten, in die Besoldungsgruppe A 13 eingestuft und die, die nach der Wende studiert hatten, in die Besoldungsgruppe A 12. Im Jahr 2010 wurde der Beschluss gefasst, alle in die Besoldungsgruppe A 13 einzustufen.

Aber - es gibt ein Aber, sonst hätte ich jetzt hier nicht stehen müssen und hätte keinen Antrag stellen müssen - es gibt eine Lücke; es gibt eine Ausnahme. Es gibt eine Fußnote im Landesbesoldungsgesetz, die diese Ausnahme charakterisiert. Das betrifft die Lehrer und Lehrerinnen, die als Sekundarschullehrer und -lehrerinnen anerkannt sind, die ihre Ausbildung in der DDR genossen haben, die aber nur ein Fach studiert haben und demzufolge auch nur ein Fach unterrichten. Das sind häufig beispielsweise die Fächer Musik oder Sport.

Dabei ist die Frage: Ist es zu rechtfertigen, dass diese vermutlich heute noch ungefähr 150 Lehrer und Lehrerinnen von der Möglichkeit, sich um die Einstufung in die Besoldungsgruppe A 13 zu bewerben, ausgeschlossen werden? - Wir meinen, es ist nicht zu rechtfertigen.

Die Anzahl der studierten Fächer ist sachfremd, wenn es um die Feststellung einer Besoldung geht. Ein abgeschlossenes Studium ist ein abgeschlossenes Studium oder eine abgeschlossene Ausbildung ist eine abgeschlossene Ausbildung, unabhängig davon, wie sich das Studium oder die Ausbildung zusammensetzt.

Auch die Tätigkeit unterscheidet sich nicht. Die Belastung eines Lehrers oder einer Lehrerin bemisst sich nicht danach, ob sie verschiedene Fächer unterrichtet, sondern sie bemisst sich nach den Unterrichtsstunden, nach den dabei anfallenden Herausforderungen im Erziehungsbereich, nach den Anforderungen, die das Korrigieren von Arbeiten und vieles mehr an die Lehrer und Lehrerinnen stellt. Egal, ob ich ein Fach oder zwei Fächer unterrichte, ich habe die gleichen Deputate und Belastungen wie Lehrer und Lehrerinnen, bei denen sich die Tätigkeit auf zwei Fächer aufteilt.

Generell leben wir sowieso in einer Zeit, in der die Anforderung an die wissenschaftliche Vermittlung

von Fächern bei den Lehrern und Lehrerinnen nicht so sehr im Vordergrund steht, sondern die Herausforderung an die Lehrer und Lehrerinnen ist, ihrer Erziehungsaufgabe gerecht zu werden, die Schüler und Schülerinnen erfolgreich durch ihren Schulalltag zu Bildungsabschlüssen zu leiten.

Auch diese Herausforderung und diese Fähigkeit hängen nicht davon ab, ob ein Lehrer ein oder zwei Fächer unterrichtet oder in einem Fach oder in zwei Fächern ausgebildet worden ist.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Mehr noch. Auch heute bilden wir Lehrer und Lehrerinnen in nur einem Fach aus und niemand nimmt daran Anstoß. Es wird dies zum Beispiel in Weimar im Bereich der Musik getan. In Halle gibt es an der Martin-Luther-Universität einige Studierende, die Musik studieren, um Musik halb als Schulfach zu studieren und im zweiten Fach beispielsweise die Kirchenkantorei anzuzielen. Auch sie haben nur ein Fach. Das ist unser heutiger Ausbildungsstand.

Wir sehen, die Ein-Fach-Ausbildung eines Lehrers, die Ausbildung in nur einem Fach, gibt es auch heute noch. Niemand nimmt daran Anstoß. Warum nehmen wir bei den 150 Kolleginnen und Kollegen, die diese Fußnote betrifft, Anstoß? - Ich kann das nicht verstehen.

Mehr noch. Ist es überhaupt Standard, dass man als Lehrer oder Lehrerin zwei Fächer lernen muss? - Dazu muss ich Ihnen sagen: Das ist ein Standard, den wir - mit Ausnahmen, die ich gerade beschrieben haben - in Deutschland haben, aber es ist bei weitem kein internationaler Standard. Es ist nicht gang und gäbe, dass Lehrer und Lehrerinnen in zwei Fächern ausgebildet werden.

Schauen Sie nach Russland! Dort ist es üblich, dass es Ein-Fach-Lehrer gibt, also Lehrer, die ein Fach unterrichten. Auch in Frankreich, wenn wir in die andere Himmelsrichtung schauen, ist es durchaus üblich, dass Lehrer und Lehrerinnen in einem Fach ausgebildet werden.

Daher: Mir und uns leuchtet es nicht ein, warum wir genau bei diesen 150 Lehrern und Lehrerinnen eine Ausnahme machen und sie von der Möglichkeit ausschließen, sich um eine solche Höherstufung von der Besoldungsgruppe A 12 in die Besoldungsgruppe A 13 zu bewerben. Wir können hierfür keine rationalen Argumente erkennen.

Deswegen bitten wir Sie darum, unseren Antrag in den Ausschuss für Bildung und Kultur und mitberatend in den Ausschuss für Finanzen zu überweisen, sodass wir uns dort in einer sachlichen Debatte dem Problem widmen, ob wir nicht doch einen Weg finden können, diese Gerechtigkeitslücke mehr als 20 Jahre nach der Vereinigung zu schließen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Danke sehr, Frau Prof. Dr. Dalbert, für die Einbringung. - Für die Landesregierung spricht Finanzminister Bullerjahn.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist zutreffend, dass die Sekundarschullehrkräfte mit der Lehrbefähigung für ein Fach gegenüber den Kolleginnen und Kollegen mit der Lehrbefähigung für zwei Fächer eine Besoldungsgruppe niedriger eingestuft werden.

Das ist übrigens ein Thema, das wir unter anderem in der GEW schon seit Jahren besprechen. Es ist ein bekanntes Thema, auch wenn es ein strittiges Thema ist. Ich will nicht den Eindruck erwecken, als ob es etwas völlig Neues ist.

Ich weiß, dass es ein Teil einer Gesamtübersicht ist. Es gibt mehrere solcher Forderungen, die aus dem alten DDR-Recht heraus zu einer Diskussion führen.

Eine Lehrbefähigung für zwei Fächer dokumentiert eine größere Verwendungsbreite und daher wird die höhere Besoldungsgruppe dem Leistungsprinzip gerecht. Aus diesem Grund ist diese niedrigere Berechnung auch gerechtfertigt.

Ich bin kein Jurist, ich weiß aber, dass wir bei bestimmten Ausnahmen an anderer Stelle sofort Fragen bis hin zu Klagen anderer, nämlich derer, die diese Befähigung haben, auf dem Tisch haben.

(Herr Borgwardt, CDU: Genau so ist das!)

Frau Dalbert, ich weiß, dass Sie erstens selbst aus dem Bereich kommen und zweitens da auch sehr beschlagen sind.

Sie wissen doch: Für die Befähigung für den öffentlichen Dienst spielt die Ausbildung die zentrale Rolle, weil sich sonst bestimmte Dinge gar nicht erschließen. Da können Sie noch so gut sein.

Dieses Argument, das ich nachvollziehen kann „Die machen genauso lange ihren Job“ - im Sinne von Zeit -, mag völlig richtig sein. Ich habe das nicht erfunden, aber für die Auswahl, für die Einstellung, für die Eingruppierung im öffentlichen Dienst - so habe ich das mitbekommen -, selbst bei Klageverfahren spielt meist die Frage die zentrale Rolle: Mit welcher Ausbildung kommen Sie in den öffentlichen Dienst?

Ich könnte dabei manchmal auch in die Tischkante beißen. Aber Sie wissen auch, dass bestimmte Gremien, die besetzt sind, genau das vorab fragen und selbst bei Eignung unter Durchsetzung bestimmter Dinge einen Bewerber nicht nehmen, weil er diese Ausbildung nicht hat. Aber ich denke, dass Sie das alles wissen.

Die Einstufung der Ein-Fach-Lehrer entspricht auch den Vorgaben der Greifswalder Beschlüsse

der KMK vom 7. Mai 1993 und den Regelungen aller neuen Bundesländer.

Bundesweit wird in der originären Lehrerausbildung an der Ausbildung in zwei Fächern festgehalten. Nur mit einer solchen Ausbildung wird die Laufbahnbefähigung für ein Lehramt heute erworben.

In der Begründung zu dem Gesetzentwurf verweisen Sie - Sie haben es gerade noch einmal ausgeführt - auf die heutigen Ausbildungsgänge an der Musikhochschule Weimar und an der MartinLuther-Universität.

Eine Änderung des Besoldungsgesetzes wäre für heutige Absolventinnen und Absolventen dieser Studiengänge und für die der letzten Jahre aber ohne Auswirkung; denn die Ausbildungsvorschriften für Lehrkräfte sehen vor, dass bereits für die Erste Staatsprüfung im Lehramt zwei Fächer vorzuweisen sind. Daher können Studentinnen und Studenten der Musikhochschule Weimar ohne einen weiteren Abschluss die Erste Staatsprüfung als Lehrkraft nicht bestehen.

Das zweite von Ihnen angeführte Beispiel des Studiengangs Musik in Kombination mit Kirchenmusik, den die MLU anbietet, ist ebenfalls nicht einschlägig. Dieser Studiengang wird von der Laufbahnvorschrift ausdrücklich als Studiengang mit zwei Fächern gleichgestellt, sodass Studentinnen und Studenten in dieser Fachkombination nach erfolgreichem Abschluss als sogenannte Zwei-FachLehrer gelten. Insofern läuft das unter der anderen Bewertung und nicht als Ausnahmefall für den Lehrer mit dem Abschluss in einem Fach.

Die von Ihnen angeführten Bedenken hinsichtlich der europarechtlichen Rechtsprechung teile ich nicht. Die Rechtsprechung des EuGH ist bisher nur zu der Frage des Zugangs, nicht zu der Frage der Höhe des Entgelts erfolgt.

Ich verweise noch einmal kurz auch auf das Thema Geld. Sie haben 150 Fälle beziffert. Bei uns ist die Frage offen. Wir gehen von mehr Fällen aus. Es gibt eine Zahl von ungefähr 300. Das soll noch einmal abgefragt werden. 300 Fälle würden Mehrkosten von 1,8 Millionen € bedeuten. Ich will das nicht in das Zentrum der Betrachtung stellen, aber ich will es wenigstens einmal gesagt haben.

Aus dem Katalog dessen, was ich immer wieder als Tarifminister mit der GEW verhandele, weiß ich, dass diese Diskussion dort nicht endet. Diesbezüglich bitte ich Sie, auch uns ein bisschen zu verstehen.

Morgen ist es das nächste Thema. Sie wissen selbst, welche Diskussion wir bundesweit um das Rentenrecht - aus der DDR-Zeit, aus der Frage Einigungsvertrag - haben.

Daher können Sie gut nachvollziehen, dass all das, was wir machen, nicht unter dem Gerechtig

keitsaspekt abzuhandeln ist, sondern unter Berücksichtigung der Frage: Wie trägt das vor Gericht, wenn andere aus einer anderen Sicht heraus sagen „Das kann nicht wahr sein, ich studiere gerade extra zwei Fächer und andere werden ebenso behandelt wie ich“?

Bei all den Diskussionen, bei all den Dingen, die vielleicht mit bestimmten Verträgen hätten geregelt werden können: Wir haben das Recht. Daher bitte ich Sie, unsere Haltung zu verstehen.

Wenn wir im Ausschuss gefragt werden, werden wir das noch einmal erläutern und wir haben das Thema auch schon mehrfach im Ausschuss besprochen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Danke sehr, Herr Minister. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Barthel.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die vorgeschlagene Gesetzesänderung zielt im Kern wieder einmal auf die Ungleichbehandlung im Bereich der Landesbesoldung ab.

Frau Kollegin Dalbert, ich will Ihnen ausdrücklich widersprechen: Mit Sicherheit handelt es sich nicht um die letzte Inkonsistenz oder vermeintliche Ungleichbehandlung, die wir im Bereich der Landesbesoldung haben. Insbesondere im Bereich der Lehrerbesoldung gibt es noch eine Fülle von Problemlagen.