Protokoll der Sitzung vom 22.03.2012

machen will. Wir haben in der Haushaltsdebatte einen Antrag zur Aufstockung der Mittel für die Ganztagsschulen gestellt, sowohl für den Schulausbau als auch für das Personal, aber die Mehrheit der regierungstragenden Fraktionen hat diesem nicht zugestimmt. Insofern haben wir im Haushalt gar keine Mittel dafür vorgesehen. Ich bin gespannt, wie Sie dennoch die Ganztagsschulen ausbauen wollen.

Ein weiterer Punkt. Wir brauchen eine Schule, die endlich damit anfängt, die endlich damit ernst macht, das Kind in den Mittelpunkt zu stellen,

(Zuruf von Herrn Daldrup, CDU)

die also das Motto umkehrt. Es sollte nicht lauten: Sortieren statt Unterstützen, sondern: Unterstützen statt Sortieren.

(Zuruf von Frau Feußner, CDU)

Wir brauchen eine Schule für alle Kinder, die nicht mehr danach sortiert, welchen Abschluss ein Kind anstrebt, die nicht darüber entscheidet, ob das Kind noch in der Klasse verbleiben darf oder nicht.

Eines brauchen wir nicht - das sage ich an dieser Stelle auch ganz deutlich -: Wir brauchen in Sachsen-Anhalt keine neuen Schulexperimente, bei denen wir Schulen neue Namen aufkleben. Wir brauchen vielmehr einen radikalen Wechsel im Denken an unseren Schulen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU)

Das hat zum einen natürlich etwas mit der Schulstrukturfrage zu tun, Stichwort Gemeinschaftsschule; das hat zum anderen aber auch etwas mit der Frage der Ausbildung von Lehrern und Lehrerinnen zu tun. Denn Sie werden keine gute Schule ohne gute Lehrerinnen und Lehrer gestalten können. - Ich bin froh darüber, dass wir heute Nachmittag noch Zeit haben, ausführlicher über diesen Punkt zu sprechen.

Folgendes brauchen wir nicht: Wir brauchen nicht mehr Maßnahmen und mehr Versuche. Wir müssen das Richtige tun. Und damit wir erkennen, was das Richtige ist, müssen wir das, was wir tun, evaluieren. Nur wenn wir genau hinsehen, werden wir auch herausfinden, was die richtigen Maßnahmen sind.

Nur so können wir unser Versprechen an die Bürgerinnen und Bürger im Land erfüllen, dass jeder die gleiche Chance bekommt, seinen Weg zu gehen und seine Bildung und seinen Beruf auf den Weg zu bringen.

Meine Damen und Herren! Bildung ist der Kitt der Demokratie. Und wenn der Kitt anfängt zu bröckeln, bröckelt irgendwann das ganze Haus.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN und von Frau Budde, SPD)

Danke schön, Frau Kollegin Dalbert. Es gibt eine Zwischenintervention. - Herr Abgeordneter Schröder, bitte.

Meine Kollegen Fraktionsvorsitzenden von beiden Seiten haben schon etwas dazu gesagt. Ich hatte mich zu dem Zeitpunkt bereits gemeldet, wollte aber noch den Redebeitrag von Frau Dalbert abwarten.

Ich möchte für meine Fraktion Folgendes sagen: Es dürfte in diesem Haus Konsens sein, dass ohne Bildung aus Menschen nun einmal keine Bürger werden. Und es sollte in diesem Haus sicherlich auch keine Kontroverse darüber geben, dass das Leben nun einmal so bunt ist wie die Menschen selbst und dass jeder von uns unterschiedliche Voraussetzungen mitbringt und dass die Frage der Leistungsfähigkeit nun einmal auch biologisch mitbestimmt wird. Wir können über die Prozente streiten, wie wir wollen, aber das sollte doch in diesem Haus tragfähig sein.

(Zustimmung bei der CDU - Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE: Keine Frage!)

Zu dem Punkt, den Frau Bull angesprochen hat, dass Schulverweigerer keine Leistungsverweigerer sind: Das dürfte doch wohl vom konkreten Einzelfall abhängig sein.

Deswegen haben wir - Minister Dorgerloh hat darauf hingewiesen - in der Landespolitik vier Antwortversuche gegeben:

Wir haben die Schullaufbahnempfehlung nicht mehr in der bisherigen Form. Wir haben das Instrument der Schulsozialarbeit. Wir haben als freiwillige Ergänzung des etablierten Schulsystems die Einführung der Gemeinschaftsschule in der Koalition verabredet und wir haben - das ist für meine Fraktion immer wichtig gewesen - die wachsende Durchlässigkeit der Bildungsgänge in dem gegliederten Schulsystem vereinbart.

Statt des Rufes nach mehr Geld - ich habe ihn hier jetzt wieder vernommen - bleibt für meine Fraktion Folgendes wesentlich: Wir brauchen die richtige Schule für jeden und nicht eine Schule für alle.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Kollege. - Weitere Wortmeldungen gibt es nicht. Damit ist das erste Thema der Aktuellen Debatte abgeschlossen. Beschlüsse in der Sache werden nicht gefasst. Wir verlassen den Tagesordnungspunkt.

Wir kommen nunmehr zum Tagesordnungspunkt 1:

Beratung

Optimierung der Infrastruktur ist Wirtschaftsförderung in Sachsen-Anhalt

Antrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/934

Änderungsantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/949

Änderungsantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/954

Es ist eine Debatte mit Redezeiten von fünf Minuten je Fraktion vereinbart worden. Für die Einbringer spricht Herr Abgeordneter Scheurell.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

„Mobilität ist eine der Grundlagen unserer Gesellschaft und Wirtschaft. Sie ist zu einer unverzichtbaren Voraussetzung für Erfolg im Arbeits- und Berufsleben geworden und für das Funktionieren unserer Wirtschaft. Nur durch die dauerhafte Sicherung der Mobilität können wir die Herausforderungen des immer schärferen nationalen und weltweiten Wettbewerbs bestehen.“

Ich musste das jetzt ablesen, weil es ein Zitat ist. Das sagte der Minister für Verkehr und Infrastruktur des Landes Baden-Württemberg. Dieser Mann heißt Winfried Hermann und ist seit drei Jahrzehnten Mitglied der Grünen. Seine Parteimitgliedschaft verbindet Herrn Hermann mit dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten, dem sehr geehrten Herrn Kretschmann.

Doch das ist nicht die einzige Gemeinsamkeit, die diese beiden Herren verbindet. Genauso wissen sich Kretschmann und Hermann eng verbunden in dem Politspagat, den beide täglich bewältigen müssen; denn in den Grünen-Orts- und Kreisverbänden und im gemeinsamen Landesverband des Landes Baden-Württemberg werden Vorbehalte gegen Stuttgart 21 zum Beispiel täglich kultiviert und gepflegt. In der baden-württembergischen Landesregierung hingegen wird dafür gesorgt, dass Stuttgart 21 so kostengünstig wie möglich umgesetzt wird.

Das ist nur eine der vielen Volten, Wendungen und Pirouetten grüner Verkehrs- und Infrastrukturpolitik.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Jüngstes Beispiel ist ein Verkehrsentwicklungskonzept der Grünen-Bundestagsfraktion vom 13. Januar 2012 unter dem Titel „Nachhaltige Verkehrsinfrastruktur für das 21. Jahrhundert“. Das Papier ist wohl kaum zufällig im Anschluss an eine Klausur des Grünen-Bundesvorstandes am 9. und

10. Januar 2012 in Wörlitz erschienen. Die armen Wörlitzer!

(Heiterkeit bei der CDU)

Daran haben auch Vertreter Ihrer Fraktion mitgewirkt. Die Grünen erklären in diesem Papier die Infrastrukturentwicklung in Sachsen-Anhalt für beendet.

Hierzu sagt die CDU-Fraktion in diesem Hause ganz klar nein.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Miesterfeldt, SPD)

Ein Ende der Infrastrukturentwicklung in unserem Lande wird es jetzt nicht geben und auch in Zukunft nicht. Nicht mit uns.

(Zustimmung bei der CDU)

Alle Vorhaben der Bundesverkehrswegeplanung, der Landesverkehrswegeplanung und alle Festlegungen sind entschlossen umzusetzen, lieber Herr Striegel.

Auch die Grünen haben die Notwendigkeit des Infrastrukturausbaus erkannt. Das geht auch aus dem Papier hervor. Zu Beginn Ihres Papiers heißt es nämlich: „Die größte Investitionsaufgabe des Staats liegt in der Bereitstellung von Infrastruktur…“ - Wir stimmen Ihnen darin ausdrücklich zu.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

Die Infrastrukturentwicklung ist d i e klassische Ordnungspolitik. Infrastruktur ist nicht alles, aber ohne Infrastruktur ist alles nichts.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU - Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

Deshalb werden unsere jungen, beigetretenen Länder kein Pilotprojekt der Grünen-Renaturierungsideologie werden.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU)