Protokoll der Sitzung vom 26.04.2012

Wenn wir hingehen und sagen, uns ist es wichtig, dass die Jugendausbildung stattfindet - wenn ich von Demografie und Ehrenamtgewinnung rede, dann meine ich das ernst -, deshalb übernehmen wir mit den gleichen Inhalten an der Schule, eng abgestimmt mit dem Landesfeuerwehrverband, die Aufgabe als Dienstleistung, dann finde ich es unfair, wenn es uns als Malus angekreidet wird, dass wir einen Landesfeuerwehrverband retten, der aufgrund eigenen Verschuldens, weder des Ihrigen noch des meinigen oder irgendeines anderen, in eine Schieflage gekommen ist. Ich finde es unfair, es am Ende so zu kolportieren.

Das zeigt mir zwar, dass es Dankbarkeit im Leben nicht gibt. Die habe ich auch nicht zu erwarten. Aber eine gewisse Fairness gelegentlich von den aktiv handelnden Funktionären, die Ihnen das vielleicht aufgeschrieben haben, würde mich dann doch schon freuen.

In diesem Sinne: Ich freue mich auf die Beratung und wir danken dem Ehrenamt und den Feuerwehren. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Minister. - Wir fahren in der Debatte fort. Als erster Redner spricht für die Fraktion der SPD Herr Abgeordneter Erben.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Um es zunächst vorwegzunehmen: Allen zehn Punkten Ihres Antrags, liebe Kollegen der Fraktion DIE LINKE, können wir in der Tendenz zustimmen;

(Oh! bei der LINKEN)

denn die meisten Punkte eignen sich nun einmal sehr gut für eine Beratung im Innenausschuss dieses Hauses, für eine Debatte zwischen den Innenpolitikern und der Landesregierung, vor allem aber auch mit den Akteuren aus den Feuerwehren, aus deren Verbänden und, nicht zu vergessen, auch den Trägern der Feuerwehren.

Ich will trotzdem die Gelegenheit nutzen, um zusammenfassend die Haltung meiner Fraktion zu den einzelnen Punkten darzustellen. Ich will das mit zwei Tatsachen - ich betone: Tatsachen -, nicht mit Wunschgebilden, hier einleiten.

Erstens. Wir haben ein funktionierendes Hilfeleistungssystem in unserem Land.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Dessen Rückgrat bilden die freiwilligen Feuerwehren. Deren Zustand, vor allem deren Einsatzbereitschaft hat sich trotz aller Probleme in den letzten Jahren nicht verschlechtert. Sie ist stabil geblieben. Das untermauern eben nicht nur Statistiken. Das untermauern auch die vielfältigen Großeinsätze, die es in den letzten Jahren zu bewältigen gab und die das eindrucksvoll gezeigt haben.

In Anbetracht der schwierigen Rahmenbedingungen - es ist bereits mehrfach angesprochen worden - was die Frage der Bevölkerungsentwicklung betrifft, ist es ein Erfolg, dass die Zahlen stabil geblieben sind, zum Beispiel auch bei der Nachwuchsarbeit. Wenn sich die Jahrgänge halbiert haben, aber die Anzahl der Angehörigen der Kinder- und Jugendfeuerwehren nicht zurückgegangen ist, dann ist das ein Erfolg, nicht ein Misserfolg.

(Zustimmung bei der SPD)

Das sollten wir auch hier deutlich machen; denn die Feuerwehren sind eben nicht vom Niedergang bedroht. Wir sind auch nicht vom Niedergang in diesem Bereich umgeben.

Zweitens. Es gibt keine Alternative zu dem Hilfeleistungssystem, das auf Freiwilligkeit, das auf Ehrenamt beruht; denn alle Alternativen dazu, die irgendwie denkbar wären, wären entweder nicht bezahlbar oder würden einen deutlich schlechteren Schutz für unsere Menschen im Land bieten, als es gegenwärtig der Fall ist.

Ich bin durchaus der Hoffnung, wenn auch hinsichtlich Arbeitsgruppen und Projektgruppen immer etwas skeptisch, dass die Projektgruppe „Feuerwehr 2020“ weitere neue Vorschläge unterbreiten wird. Ich bin auch der Auffassung, dass der Landtag frühzeitig in die Überlegungen einbezogen werden sollte. Dazu ist auch die Debatte in den nächsten Wochen da; denn das Meiste wird der Zustimmung des Gesetzgebers, zumindest des Landtages als Haushaltsgesetzgeber, bedürfen.

Eines will ich heute hier sehr deutlich machen, weil ich weiß, dass durch die Kameraden im Lande darüber diskutiert wird. Es gibt eine Vorgabe - das sage ich für meine Fraktion -, die mit uns nicht verhandelbar ist. Das ist die Hilfsfrist.

(Zuruf von Minister Herrn Stahlknecht)

Die Hilfsfrist ist ganz wichtig. Was nützt der beste Rettungsdienst, wenn niemand kommt und den Patienten aus dem Fahrzeugwrack herausschneidet? - Dazu brauchen wir eben weiterhin ein dezentrales Netz von Ortsfeuerwehren. Das ist bereits angesprochen worden. Dass das geht, beweisen die Feuerwehren an vielen Stellen in unserem Land, die schon seit Jahren Zusammenarbeit und Kooperation pflegen.

Die Kameraden kommen nicht zu Fuß, sondern mit Fahrzeugen.

(Zuruf von Herrn Gallert, DIE LINKE)

Das Problem dabei ist, dass die Fahrzeuge in den letzten Jahren größer und schwerer geworden sind und dass die EU uns ein Führerscheinproblem beschert hat. Sachsen-Anhalt gehörte einmal mit Bayern und Sachsen zu den Vorantreibern des sogenannten Feuerwehrführerscheins. Doch heute stehen wir eher auf der Bremse.

Ich wünsche mir von der Landesregierung, dass sie von der Bremse auf das Gas wechselt und - nötigenfalls mit Sondersignal - wieder zu den anderen Ländern aufschließt.

(Frau Weiß, CDU: Das hätten Sie schon ma- chen können!)

- Nein, das hätte ich eben nicht machen können, denn das Gesetz der Bundesregierung ist erst im Juli 2011 in Kraft getreten. Aber danke für den Zwischenruf, Kollegin Weiß.

(Frau Weiß, CDU: Bitte sehr!)

Nun kenne ich die Bedenken einiger Führungskräfte im Lande, was den Feuerwehrführerschein be

trifft. Ich kenne auch die Bedenken einiger Funktionäre der Feuerwehrverbände. Denen sage ich aber auch: Keine Gemeinde wird durch eine solche Regelung verpflichtet sein, einen Feuerwehrführerschein zu nutzen. Aber nur weil ihn manche nicht wollen, ist das längst kein Grund, es allen zu verweigern.

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)

Die Feuerwehrleute, die in den Einsatz gerufen werden, brauchen zu ihrem eigenen Schutz, aber auch im Interesse derjenigen, denen sie Hilfe leisten, eine ordentliche Ausbildung. Eine zentrale Rolle spielt dabei unsere Brand- und Katastrophenschutzschule in Heyrothsberge. Diese - das will ich hier heute auch betonen - ist während der Amtszeiten der Minister Manfred Püchel, Klaus Jeziorsky und Holger Hövelmann zu einer der modernsten - man kann auch sagen: zu der modernsten - Ausbildungsstätte ihrer Art in Deutschland hergerichtet worden. Nicht unberechtigt wird Heyrothsberge die Feuerwehrhauptstadt Deutschlands genannt. Diesem Ruf sollten wir weiterhin gerecht werden.

Ich wollte nur einige Punkte ansprechen. Es gäbe noch viel zu dem zu sagen, was die Fraktion DIE LINKE in ihrem Antrag thematisiert hat. Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten ausreichend Gelegenheit dazu haben.

Ich freue mich auf die Beratung im Innenausschuss. Aber eines ist schon heute klar: Wir stehen zu den Feuerwehren in unserem Land. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Erben. Es gibt eine Anfrage des Abgeordneten Herrn Harms. Möchten Sie diese beantworten?

Ja, aber gern.

Herr Erben, es zählt zur Lebenswirklichkeit in unseren Städten und Gemeinden, dass in einem Alarmierungsfall am Tage mehrere Feuerwehren parallel alarmiert werden. Das heißt, dann sind mehrere Feuerwehrfahrzeuge in Richtung eines gemeinsamen Einsatzziels im Einsatz.

Ja.

Sie fahren aus der örtlichen, vertrauten Umgebung hinaus in ein Gebiet, das sie weder von der Aus

bildung noch von Übungen besonders kennen, sind in einer besonderen Anspannungssituation und werden damit konfrontiert, dass sie Bundesstraßen kreuzen müssen und dergleichen mehr. Glauben Sie, dass es verantwortet werden kann, die ehrenamtlich tätigen Feuerwehrleute ohne eine normalen Lkw-Fahrern vergleichbare Ausbildung in diese Situation zu bringen?

Herr Kollege Harms, darauf will ich gern eingehen. Erstens. Das Additionsprinzip, das Sie ansprechen, nämlich dass mehrere Feuerwehren an einem Einsatzort alarmiert werden, manchmal auch nur prophylaktisch, ist keine Besonderheit Sachsen-Anhalts. Wir haben aktuell die Situation, dass meiner Kenntnis nach elf von 13 Flächenländern von der Möglichkeit des Feuerwehrführerscheins Gebrauch machen.

Zweitens. Wenn Sie hier offensichtlich von den ganz großen Fahrzeugen - auf diese stellen Sie ja ab - reden, dann kann ich Ihnen sagen, dass die weder von dem kleinen noch von dem großen Feuerwehrführerschein erfasst sind. Das 15 t schwere Fahrzeug ist von keiner der beiden Öffnungsklauseln im Straßenverkehrsrecht erfasst.

Danke schön, Herr Kollege Erben. - Als nächster Redner spricht in der Debatte für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordnete Herr Striegel.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Feuerwehren in unserem Land leisten in mehr als 1 600 freiwilligen Ortswehren sowie in Berufs- und Betriebswehren einen unverzichtbaren Beitrag für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit in Sachsen-Anhalt. Ich denke, das ist unstrittig.

Für ihren bisweilen lebensgefährlichen, häufig seelisch sehr belastenden und immer technisch und körperlich sehr anspruchsvollen Einsatz in der Brandbekämpfung, bei der Rettung von Menschen, im Umweltschutz und im Katastrophenschutz gebührt den Frauen und Männern der Feuerwehren höchste Anerkennung.

(Beifall im ganzen Hause)

Das Engagement der über 38 000 aktiven Feuerwehrkameradinnen und -kameraden und vieler Tausend weiterer Mitglieder in Feuerwehren im Land geht aber häufig über das reine Einsatzgeschehen hinaus. Wo die Schule aus dem Ort schon verschwunden ist, wo Kirchengemeinden kleiner werden, wo staatliche Institutionen in kleinen Ortsteilen kaum mehr vorhanden sind, die Feuerwehren sind noch da.

Ich möchte deshalb auch den Beitrag der Feuerwehren für das Zusammenleben in unseren Städten und Gemeinden herausstellen. Die Feuerwehren leisten mit ihren Mitgliedern, die sich vor Ort für die Gemeinschaft engagieren, einen wichtigen Beitrag für Demokratie und für das friedliche Zusammenleben in unserem Land.

Sie tragen zum sozialen Zusammenhalt bei und können ein wichtiger Akteur in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Demokratiefeindlichkeit sein, gerade in der Kinder- und Jugendarbeit.

(Zustimmung von Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE)

Der Wandel unserer Gesellschaft, unserer Lebens- und Arbeitswelt macht auch vor den Feuerwehren nicht halt. Neues technisches Gerät ermöglicht eine schnellere und bessere Hilfe. Gleichzeitig werden die Einsätze komplexer.