Protokoll der Sitzung vom 26.04.2012

Fragestunde mehrere Abgeordnete - Drs. 6/1020

Ich rufe die Frage 1 auf. Sie betrifft die Einrichtung eines Gesundheits- und Kurmittelzentrums an der Bodetal-Therme Thale II und wird vom Kollegen Steppuhn gestellt. Bitte, Herr Kollege, stellen Sie Ihre Frage.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Rahmen der 22. Sitzung des Landtages am 22. März 2012 habe ich an die Landesregierung zwei Fragen zur Einrichtung eines Gesundheits- und Kurmittelzentrums an der Bodetal-Therme in Thale gestellt. Die seinerzeit von der Minis

terin für Wissenschaft und Wirtschaft Frau Professor Dr. Wolff gegebenen Antworten und die in diesem Zusammenhang erfolgten Nachfragen veranlassen mich dazu, erneut zwei Fragen an die Landesregierung zu stellen.

Daher frage ich die Landesregierung:

Ist im Fördermittelbescheid für die Bodetal-Therme Thale seinerzeit explizit ausgeschlossen worden, dass ein Kurmittelzentrum oder eine kurmittelzentrumsähnliche Einrichtung zugelassen wird - -

(Unruhe)

Herr Kollege, einen kleinen Moment bitte. - Meine Damen und Herren! Sie glauben gar nicht, wie schnell man in die Lage kommen kann, eine Kur zu benötigen. Wir sollten schon deshalb dem Fragesteller etwas aufmerksamer zuhören. - Bitte schön, Kollege Steppuhn.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der LINKEN)

Wenn der Präsident das jetzt nicht angesprochen hätte, hätte ich es irgendwann getan.

Das ist aber meine Aufgabe.

Deshalb sei mir erlaubt, die Fragen noch einmal im Ganzen zu wiederholen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist im Fördermittelbescheid für die BodetalTherme Thale seinerzeit explizit ausgeschlossen worden, dass ein Kurmittelzentrum oder eine kurmittelzentrumsähnliche Einrichtung zugelassen wird, und hat dieser Punkt seinerzeit bei den Beratungen im Kabinett und auch im Finanzausschuss des Landtages eine Rolle gespielt?

2. Worin genau unterscheiden sich die spezialtherapeutischen und physiotherapeutischen Angebote des Kurzentrums Bad Suderode und des neu eingerichteten Kurmittelhauses in Thale? Ich bitte um eine Aufzählung der Unterschiede, Gemeinsamkeiten und Zielgruppenüberschneidungen.

Danke schön.

Vielen Dank, Herr Steppuhn. - Für die Landesregierung antwortet die Ministerin für Wissenschaft und Wirtschaft Frau Wolff. Bitte schön, Frau Ministerin.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu Frage 1; das sind mehrere Fragen in einer.

Zunächst zur ersten Teilfrage: Nein. In der Entscheidungsvorlage zum Zuwendungsbescheid vom 29. Juni 2009 wird in der Vorhabenbeschreibung ausdrücklich der Kurmittelbereich für Einzelanwendungen mit radonhaltigem Wasser aufgeführt. Im Finanzausschuss hat es meines Wissens keine gesonderte Befassung mit dem Thema gegeben. Im Kabinett stand Thale im Rahmen der auswärtigen Sitzung im Jahr 2009 auf der Tagesordnung.

Zu Frage 2; sie verlangt eine etwas ausführlichere Antwort, die ich auch gern gebe: Wesentliche Unterschiede zwischen Bad Suderode und Thale gibt es sowohl bei den spezialtherapeutischen Angeboten der Kurbäder als auch bei der Zielrichtung der gesamten strategischen Ausrichtung der Erholungsorte. Bei den spezialtherapeutischen Angeboten besteht der Unterschied in den Heilmitteln und den dazu jeweils passenden medizinischen Indikationen. In Bad Suderode ist das Heilmittel bekanntermaßen Calciumsole und in Thale ist es die Radonsole. Das heißt, in beiden Orten werden Menschen mit unterschiedlichen Krankheiten behandelt.

Ein Kuraufenthalt mit der Anwendung von Calciumsole - das ist das, was wir in Bad Suderode haben - kommt unter anderem bei Erkrankungen der Atemwege, bei Hauterkrankungen - zum Beispiel Neurodermitis oder Psoriasis -, Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates und stoffwechselbedingten Gesundheitsstörungen zur Anwendung. In Bad Suderode liegt der Schwerpunkt der Anwendung bei Knochen- und Gelenkerkrankungen und hierbei vor allem auf dem Knochendichteschwund, der Osteoporose. Das Kurzentrum in Bad Suderode ist in erster Linie ein Anlauf- und Therapiezentrum für die stationären und ambulanten Kurgäste des Heilbades, also für Menschen, die Heilung suchen.

In Thale werden Krankheiten behandelt, gegen die Radonsole heilend wirken kann. Radon gilt als wissenschaftlich gesichertes Heilmittel, unter anderem bei Spondylarthropathie - einer Entzündung von Wirbeln und Gelenken, zum Beispiel Morbus Bechterew -, beim degenerativen Halswirbelsyndrom und bei rheumatoider Arthritis.

Die Therme Thale ist zudem als ein gesundheitstouristisches Erlebnisangebot von überregionaler Ausstrahlung und damit vor allem für Tages- und Wochenendgäste des Erlebnis- und Gesundheitstourismus konzipiert, also nicht primär für Menschen, die Heilung suchen und benötigen. Sie ist nicht nur für Thale, sondern für die Tourismusentwicklung des gesamten Harzes von großer Bedeutung.

Der Harz braucht im Wettbewerb mit anderen vergleichbaren Tourismusdestinationen Deutschlands ein solches ganzjähriges Schlechtwetterangebot, einfach um insgesamt attraktiver zu sein. Thale ist insofern stark auf Tourismus, Bad Suderode vor allem auf Gesundheit ausgerichtet. Das sind die unterschiedlichen Zielrichtungen. Beide Orte haben sowohl im engeren Bereich der Kurmittelanwendung als auch bei dem Personenkreis, der die Kureinrichtung über den eigentlichen Patientenkreis hinaus nutzt, unterschiedliche Zielgruppen.

Keine Unterschiede bestehen naturgemäß bei den physiotherapeutischen Angeboten. Massage oder Bewegungstherapien gehören heute zum Standardangebot, nicht nur in Kurorten und Wellnesseinrichtungen, sondern auch bei niedergelassenen Therapeuten in ganz Sachsen-Anhalt; das hatten wir schon beim letzten Mal besprochen. Es wird von einer Kuranlage, aber auch von jedem Bad heute einfach erwartet, dass derartige Angebote vorgehalten werden.

Daraus - nur daraus - ergeben sich Gemeinsamkeiten und eventuelle Zielgruppenüberschneidungen zwischen Thale und Bad Suderode. Es ist aber nicht einmal gesagt, dass es zu Konkurrenz um die Kundschaft kommt, sondern es kann auch zu Agglomerationseffekten kommen. Schließlich macht auch eine Kneipe in einer Kneipenstraße in der Regel mehr Gewinn als dieselbe Kneipe allein auf weiter Flur, einfach weil das Gästeaufkommen insgesamt steigt.

Für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Kurbetriebs in Bad Suderode ist der Bau der Therme in Thale nicht verantwortlich. Der Kurbetrieb arbeitete von Anfang an jährlich steigend defizitär, und zwar schon lange, bevor die Bodetal-Therme Thale im Jahr 2011 eröffnet wurde. Es sei daran erinnert, dass das Land zusätzlich zu den beträchtlichen Anfangsinvestitionen auch jahrelang - zuletzt mit über 1 Million € - laufende Defizite bestreiten musste, und zwar lange bevor Thale überhaupt ein Thema wurde.

Ein Blick in andere klassische Kurbäder in Deutschland zeigt, dass Bad Suderode mit seinen Schwierigkeiten nicht allein ist. Vielmehr bewegen sich zahlreiche Bäder seit Ende der 90er-Jahre in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld.

Für die Gegenwart und für die Zukunft finde ich es eigentlich viel spannender, weiter gemeinsam mit der Stadt Quedlinburg zu überlegen, ob und wie wir auf dem Weg zu einer Wiederbelebung des Geschäfts in Bad Suderode beitragen können. Darauf richten wir im Ministerium im Moment unsere Energie, und darüber ist auch im Lenkungskreis der Stadt Quedlinburg am 10. April 2012 berichtet und gesprochen worden.

Das begonnene Projekt der Neukonzeption jetzt konstruktiv weiter zu begleiten ist aus meiner Sicht der richtige Weg für Bad Suderode, die Stadt

Quedlinburg, für den Harz und für das Land. - Herzlichen Dank.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Der Kollege Steppuhn würde gern nachfragen, was er nach der Geschäftsordnung auch darf.

Gern.

Sehr geehrte Frau Ministerin Wolff, ich danke Ihnen insbesondere für die sehr ausführliche Antwort auf die Frage 2. Ich habe zu der Antwort auf die Frage 1 noch eine Nachfrage. Habe ich Sie richtig verstanden, dass es in dem Fördermittelbescheid - seinerzeit für Thale - keinerlei Eingrenzungen gegeben hat, was das Aktivitätenfeld angeht?

Nein, so detailliert ist der eigentliche Bescheid nicht.

Vielen Dank.

Die Frage 2 zu dem Thema Preisspirale bei Benzin und Diesel stoppen stellt der Abgeordnete Herr Kurze.

Sehr geehrter Herr Präsident! In Sachsen-Anhalt besteht ein hohes öffentliches Interesse an Mobilität, insbesondere bei der Wirtschaft des Landes und bei den zahlreichen Berufspendlern. Die rasanten Preisanstiege bei Treibstoffen in jüngster Zeit wirken sich nicht nur auf die inflationäre Entwicklung, sondern auch zunehmend auf die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Unternehmen negativ aus.

Dabei muss man feststellen, dass der rasante Preisanstieg weder mit steigender Nachfrage noch mit gestiegenen Rohölkosten begründbar ist. Angesichts der Entwicklung an den Rohölmärkten müsste man stattdessen von sinkenden Preisen ausgehen. Tägliche Preissprünge von bis zu 12 Cent je Liter lassen sich rational nicht mehr erklären.

Ich frage die Landesregierung:

1. Hat das Land Sachsen-Anhalt eigene Möglichkeiten zur kartellrechtlichen Prüfung von Preis

absprachen der Konzerne, und wie unterstützt das Land Sachsen-Anhalt das Bundeskartellamt, um gemeinsam geeignete Maßnahmen gegen die steigende Preisschraube an den Tankstellen durchzuführen?

2. In welchem Umfang wirken sich aktuelle hohe Sprit- und Energiepreise auf die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft Sachsen-Anhalts aus, und gibt es Absprachen zu einem gemeinsamen Vorgehen der mitteldeutschen Länder?

Vielen Dank, Herr Kollege Kurze. - Für die Landesregierung spricht der Minister für Landesentwicklung und Verkehr Herr Webel. Bitte schön, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Kurze, die steigenden Benzin- und Dieselpreise sind ein Thema, das viele von uns insbesondere in den letzten Wochen und Monaten intensiv beschäftigt hat: eine Mehrheit, weil sie die Preise als ungerechtfertigt und als zu hoch empfindet, und eine Minderheit, weil sie den Spritpreis auch mit 1,70 € pro Liter und mehr immer noch zu billig findet. Aufgrund des breiten öffentlichen Interesses an diesem Thema möchte ich der Beantwortung Ihrer Fragen, Herr Kurze, Folgendes vorausschicken:

Die Verkehrsministerkonferenz hat sich letzte Woche mit der Problematik beschäftigt. Wir haben dort Klartext geredet. Es kann doch nicht sein, dass sich die Spritpreise mehrmals am Tag um teilweise mehr als 10 Cent ändern. Das kann niemand mit Rohölpreisen oder mit Währungskursen erklären; denn auch der Weizenpreis wird am Weltmarkt ausgehandelt und trotzdem verkauft der Bäcker seine Brötchen nicht stündlich zu anderen Preisen.

Der Jo-Jo-Effekt bei den Benzin- und Dieselpreisen geht den Leuten gegen den Strich. Sie fühlen sich den Mineralölkonzernen schutzlos ausgeliefert und erwarten von der Politik, dass wir das Problem endlich anpacken. Deshalb haben wir auf der Verkehrsministerkonferenz beschlossen, dass die Bundesregierung das Agieren der Mineralölkonzerne genau unter die Lupe nehmen soll, und zwar auch und gerade unter kartellrechtlichen Aspekten.

Wir haben außerdem fast einstimmig festgestellt, dass die Benzin- und Dieselpreise zunehmend zu einem Mobilitätshemmnis werden und damit den Wirtschaftsstandort Deutschland gefährden. Wir sind dabei auch zu der gleichen Einschätzung wie das Bundeskartellamt gekommen: dass der Wettbewerb auf dem deutschen Kraftstoffmarkt offenbar nur eingeschränkt funktioniert.

Die Verkehrsministerkonferenz ist davon überzeugt, dass mehr Wettbewerb und Transparenz bei der Preisbildung zu weniger starken Ausschlägen bei den Mineralölpreisen führen kann.

Schließlich waren wir uns auf der Verkehrsministerkonferenz darin einig, dass es geeigneter Maßnahmen bedarf, um das unnötig hohe Preisniveau und die für die Kunden nicht mehr nachvollziehbaren Preisschwankungen einzudämmen. Wir haben dafür unterschiedliche Modelle auf den Tisch gelegt. Ob es das österreichische oder das westaustralische oder ein drittes oder viertes Modell wird, muss die Bundesregierung entscheiden. Wichtig ist, dass endlich etwas passiert.