Die Regelungen zur Schulform lassen aber auch ganz bewusst Freiräume für die spezifische Ausgestaltung vor Ort. Wir wollen die Erfahrungen und die Tradition der Schulen, die sich diesen neuen Herausforderungen stellen und diese Profilierungschance wahrnehmen, aufgreifen und nicht etwa durch ein Übermaß an Vorgaben einengen. Es ist ganz wichtig, eigene konzeptionelle Überlegungen und inhaltliche Ansätze der Akteure vor Ort zu fördern und nicht zu behindern.
Das Konzept einer sich umwandelnden Sekundarschule kann und soll sich durchaus anders darstellen als das eines sich wandelnden Gymnasiums. Vielfalt ist an dieser Stelle kein Nachteil, sondern gewollt und vor dem Hintergrund allgemein angestrebter Eigenständigkeit der Schulen Schrittmacher einer allgemeinen Entwicklung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorgesehene Erwerb aller schulischen Abschlüsse, also auch des Abiturs, ist ein wichtiger weiterer tragender Pfeiler des vorliegenden Gesetzentwurfes. Der Erwerb des Abiturs soll konzeptionell untersetzt und verlässlich ermöglicht werden, entweder durch eine eigene Oberstufe, sofern die Schülerzahlen eine solche ermöglichen, oder durch eine verlässliche Zusammenarbeit mit anderen Schulen der Region.
Mit Blick auf die Schülerschaft und den regionalen Bedarf soll vor Ort entschieden werden, ob das Konzept auf ein Abitur nach zwölf oder 13 Schuljahren angelegt wird. Hierbei spielen auch die Kooperationspartner für die Zusammenarbeit eine wichtige Rolle.
Mit Blick auf die Heterogenität der Schülerschaft und auf das Spektrum der angebotenen möglichen Schulabschlüsse sind die vorgesehenen Formen der Differenzierung und individuellen Förderung, die den Anforderungen zur bundesweiten Anerkennung der Abschlüsse entsprechen, in diesem Konzept durch die Schulen darzustellen. Schließen sich dabei mehrere Schulen zusammen, ist ein gemeinsames Konzept erforderlich.
In den Gesetzentwurf wurden auch Maßgaben für das Verfahren der Umwandlung bestehender Schulen in eine Gemeinschaftsschule und die Rolle der Gemeinschaftsschulen im Schulgesetz sowie weitere erforderliche Anpassungen aufgenommen.
Da es sich bei den Gemeinschaftsschulen um neue Einrichtungen handelt, war beispielsweise auch festzulegen, wie die Lehrkräfte dieser Schulform in den Personalvertretungen, in den Schülervertretungen, in den Elternvertretungen und in den jeweiligen übergreifenden Gremien berücksichtigt werden, welche Regelung zur Schülerbeförderung gelten soll und wie die Leitungsämter bezeichnet und dotiert werden.
Außerdem sind in den Gesetzentwurf Übergangsregelungen für Schulen in freier Trägerschaft aufgenommen worden, denen auch eine Umwandlung in Gemeinschaftsschulen möglicht wird.
Meine sehr gehrten Damen und Herren! Einen weiteren Schwerpunkt des Gesetzentwurfes bildet neben der Einrichtung von Gemeinschaftsschulen auch die Eigenständigkeit von Schulen, insbesondere die Erhöhung dieser Eigenständigkeit. So wollen wir es Schulen ermöglichen, Girokonten einzurichten und damit Zahlungsabläufe geordnet und bargeldlos abzuwickeln.
Das ist ein Aspekt, den Schulen seit Langem fordern. Nun sollen sie die Möglichkeit bekommen, Budgets auch überjährig zu verwenden. Diesen Erwartungen und Wünschen wollen wir endlich Rechnung tragen.
Darüber hinaus werden außerschulische Angebote vom Erfordernis der Genehmigung durch die Schulbehörde befreit. Damit wird auch die eigenständige Zusammenarbeit der Schulen mit Partnern vor Ort ermöglicht.
Meine Damen und Herren! Ein weiterer Ansatz der Novellierung des Schulgesetzes betrifft die Erhebung und Verarbeitung von Schülerdaten sowohl für die Verwaltung als auch für statistische und planerische Zwecke.
Mit Blick auf die Erfordernisse hinsichtlich einer evidenzbasierten Bildungspolitik, der Bildungsberichterstattung sowie der Verbesserung der Organisation der Verwaltung auch an den Schulen selbst wurden Regelungen für eine zeitgemäße Datenerhebung und Datenverarbeitung getroffen.
Bei der Erstellung der vorgesehenen Verordnung werden die Maßgaben des Datenschutzgesetzes Sachsen-Anhalts sowie des Landesstatistikgesetzes berücksichtigt. Wir werden in diesem Zusammenhang auch im Rahmen der Anhörung mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und mit dem Statistischen Landesamt weiterhin zusammenarbeiten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Zusammenhang mit der Schulgesetzdiskussion finden parallel Erörterungen zum KiFöG statt, und zwar bezüglich der Überprüfung der darin thematisierten Regelungen schulgesetzlicher Handlungsbedarfe.
Das Kinderfördergesetz beschreibt einen Rechtsanspruch auf Betreuung aller Kinder und Jugendlichen bis zum Alter von 14 Jahren. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, insbesondere vor dem Hintergrund des inklusiven Anspruchs der UN-Konvention, dass eine Personengruppe, etwa die der Förderschüler, davon ausgenommen wird.
Auf der Grundlage des in der letzten Sitzung gefassten Beschlusses des Landtags zur Sicherung der Betreuungsangebote für Förderschülerinnen und Förderschüler an GB-Schulen wird in Kürze eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem Kultusministerium, dem Sozialministerium und in Gesprächen mit den kommunalen Spitzenverbänden abgeschlossen. Die Abstimmung hierzu befindet sich auf der Zielgeraden und ist quasi unterschriftsreif. Wir werden das in den nächsten Tagen und Wochen vollziehen.
Wir werden aber unabhängig davon auch die Sommerferien nach diesem Verfahren planen. Gegenstand dieser Vereinbarung ist die Festlegung eines verlässlichen und kalkulierbaren Verfahrens zur Organisation der Betreuung in den Ferien- und Schulrandzeiten.
Die Streichung von § 8 Abs. 6 Satz 3 des Schulgesetzes berührt und verändert die Interessen der betroffenen Förderschülerinnen und Förderschüler nicht. Ebenso bleibt die Möglichkeit bestehen, am Ort der Schule eine Betreuungseinrichtung einzurichten. Es gibt Hortträger, die dies anstreben bzw. dies sehr erfolgreich betreiben.
Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Schule zieht sich nicht aus der ihr obliegenden Aufgabe zurück; vielmehr wollen wir diese Aufgabe gemeinschaftlich mit den Sozialpartnern regeln.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Letztlich beinhaltet der Gesetzentwurf der Landesregierung Regelungen im Bereich der Schulen in freier Trägerschaft und zur Herstellung der gebotenen Rechtssicherheit bei der Vergabe der Plätze für den Vorbereitungsdienst in der Lehramtsausbildung.
Für den Bereich der freien Schulen war zu berücksichtigen, dass die Regelungen für die Genehmigung und die Anerkennung sowie für die Gewährung von Finanzhilfen in Sachsen-Anhalt so ausgestaltet waren, dass sich ein umfangreiches Ersatzschulwesen herausgebildet hat und es nunmehr neben den regulären Ansprüchen keiner weiterer vorzeitiger Finanzhilfen oder Startförderungen bedarf. Die bisherige Regelung wurde auf das reguläre Maß zurückgeführt.
So haben wir bei der Wahrung der verlässlichen Rahmenbedingungen unter anderem die Erforderlichkeit von Anreiz und Förderung zur Neugrün
dung von weiteren Schulen in freier Trägerschaft geprüft. - Diesbezüglich haben wir dezidiert unterschiedliche Auffassungen, sehr geehrter Herr Abgeordneter.
Fakt ist, dass die Schulen in freier Trägerschaft auch künftig über verlässliche und solide Rahmenbedingungen für ihre Arbeit und weitere Entwicklung verfügen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf schließt mit dem Vorschlag, das Kultusministerium zu ermächtigen, den Wortlaut des gesamten Schulgesetzes in der geltenden Fassung bekannt zu machen. Ich gehe davon aus, dass das Ihr Einverständnis findet.
Ich möchte an dieser Stelle nicht versäumen, herzlichen Dank zu sagen für die konstruktiven, inhaltlich manchmal kontroversen, aber letztlich verlässlichen Beratungen mit den Koalitionsfraktionen. Dies sei an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt.
Bevor ich noch einige Worte zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE sage, merke ich an: Ich empfinde es immer als bereichernd, wenn bei der Beratung über einen Gesetzentwurf der Landesregierung Alternativvorschläge der Opposition auf dem Tisch liegen. Daher wünsche ich mir eine sachliche und realistische Erörterung der Ideen beider Gesetzentwürfe.
Beim Lesen des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE fällt auf, dass sowohl im Hinblick auf das originär Schulfachliche als auch im Hinblick auf die Organisationsform sehr stark auf für alle verpflichtende Vorgaben gesetzt wird. Demokratische Beteiligungsmöglichkeiten werden hierbei weniger eröffnet, wenngleich später - wir haben es gerade noch einmal gehört - dieses Argument beim Stichpunkt Drittelparität in der Gesamtkonferenz bemüht wird.
Unser Einführungssatz bei der Gemeinschaftsschule setzt im Gegensatz dazu ganz bewusst auf die Freiwilligkeit. Wir werden, denke ich, in den Ausschüssen miteinander darüber diskutieren, inwieweit sich diese Dinge zueinander in Beziehung setzen lassen.
Abschließend will ich noch sagen: Es gibt in dem Gesetzentwurf der LINKEN einige Ansätze, von denen ich glaube, dass sie schon langjährig geregelt sind.
Ich will zwei exemplarisch nennen. Erstens. So sind bereits jetzt gemäß § 36 Abs. 1 des Schulgesetzes alle in Sachsen-Anhalt wohnenden Kinder und Jugendlichen schulpflichtig, also auch Migranten, unabhängig von ihrem Status.
Zweitens. Selbstverständlich werden in allen Schulformen bereits jetzt individuelle Beratungsgespräche mit den Eltern angeboten. Auch die Möglichkeit der Schulen, im Ergebnis solcher Beratungen Eltern-Schüler-Vereinbarungen mit der Fixierung von Verpflichtungen abzuschließen, ist in § 24 Abs. 3 des Schulgesetzes bereits eröffnet.
Auch was die Abschlüsse, die Abgänger von Gymnasien erwerben können, angeht, haben wir schon entsprechende Regelungen.
Man kann das natürlich alles noch einmal gesetzlich regeln; verbessert wäre es allein dadurch aber nicht. Aber das ist Sache der Ausschussarbeit.
Vielen Dank, Herr Minister. Es gibt eine Anfrage des Herrn Kollegen Lange. Möchten Sie sie beantworten?
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, ich habe Ihren Ausführungen sehr aufmerksam gelauscht,
Können Sie mir bitte noch einmal erklären, worin der ganz klare Unterschied zwischen der Gemeinschaftsschule und der Integrierten Gesamtschule besteht, die wir als freiwillige Organisationsform bereits im jetzigen Schulgesetz verankert haben? Was ist der Unterschied zwischen diesen beiden Schulformen?
Das ist eine Frage, die Sie schon mehrfach gestellt haben. Sie stellen sie jetzt im Plenum noch einmal. Wir hatten uns über das Internet schon darüber ausgetauscht.
Es ist so, dass zwischen der inneren Fachleistungsdifferenzierung versus der äußeren Fachleistungsdifferenzierung, das heißt also auch, was entsprechende Abschlussgänge angeht, ein großer Unterschied ist,
und natürlich auch, was die ersetzende Schulform versus die der integrativen Gesamtschule angeht. Das sind ganz klar zwei Unterschiede. Ansonsten muss man sagen: Es gibt natürlich eine große inhaltliche Nähe an diesem Punkt. Über alles Weitere können wir gern im Ausschuss diskutieren.