Im Bewusstsein um diese Bedeutung der Geschäftsordnung gilt mein persönlicher Dank - Herr Dr. Thiel hat es bereits gesagt - all denjenigen, die sich in das Vorhaben eingebracht haben, Vorschläge unterbreitet haben, Transparenz, Effizienz und Lebendigkeit hineingebracht haben und in dem intensiven Diskussionsprozess der letzten Monate fraktionsübergreifend dafür gesorgt haben, dass einvernehmliche Lösungen erzielt werden konnten.
Herr Dr. Thiel hat bereits die wichtigsten Punkte angesprochen. Ich möchte deshalb auf einige aus der Sicht der CDU-Fraktion wesentliche Regelungen eingehen.
Wir alle kennen das: In der Parlamentswoche kann über die Beantragung einer Aktuellen Debatte erst durch die Einbringung in die Fraktion in der Fraktionssitzung am Nachmittag entschieden werden. Aufgrund der derzeitigen Regelungen kann die Frist zur Beantragung einer Aktuellen Debatte oft nur durch eine kurzfristige Entscheidung des Fraktionsvorstandes und durch eine nachträgliche Bestätigung durch die Fraktion eingehalten werden. Die neue Fristenregelung sichert eine bessere Einbindung der Fraktion in diesen Willensbildungsprozess. Das ist gut so.
Das parlamentarische Frage- und Auskunftsrecht, auch zu aktuellen Themen, wird sichtlich gestärkt. Mündliche Kleine Anfragen sollen - das ist ebenfalls schon ausgeführt worden - künftig bis zum Montag einer Sitzungswoche eingereicht werden können. Bei Kleinen Anfragen zur schriftlichen Beantwortung hat sich in der bisherigen Praxis eine Frist von einem Monat zur Beantwortung manifestiert. Zukünftig - darauf ist ebenfalls schon eingegangen worden - soll auch das Verfahren der Beantwortung näher an die verfassungsrechtlichen Regelungen heranrücken; das heißt, die Beantwortung soll unverzüglich erfolgen.
Gegenstand der Neuerungen ist somit keine generelle Frist, sondern das Erfordernis einer Einzelfallprüfung. Zugegeben, für schwierige Fragestellungen bedeutet dies eine enorme Herausforderung für die Ministerien. Die Regelung stärkt jedoch eindeutig die Rechte der Mandatsträger.
Herr Kollege Dr. Thiel ging bereits auf die bessere Wahrung der Minderheitenrechte bei der Einsetzung einer Enquete-Kommission ein; deswegen möchte ich dazu keine weiteren Ausführungen machen.
Stichwort „heißer Stuhl“. Das hatten wir schon einmal, denken die meisten. Das stimmt. Die Fraktionen haben sich trotzdem darauf verständigt, probeweise die Regierungsbefragung wieder aufzunehmen. Durch den Erprobungsbeschluss sollen weitere Erfahrungen mit diesem Instrument gesammelt werden, das sich stark an dem Modell des Deutschen Bundestages orientiert. Wir erhoffen uns hiervon natürlich auch eine Entlastung der Gremien des Landtages.
Zur Öffentlichkeit der Ausschusssitzungen nur noch so viel: Auch zukünftig wird bei Ausschusssitzungen nicht generell die Öffentlichkeit zugelassen. Wie auch in Sachsen - Herr Dr. Thiel ist darauf eingegangen - wollen wir den Ausschüssen mehr Möglichkeiten geben, zukünftig öffentlich zu verhandeln.
Der Gesetzentwurf beinhaltet - auch das ist begrüßenswert - eine Stärkung der kommunalen Spitzenverbände. Auch darauf ging mein Vorredner schon ein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir abschließend ein paar Worte zur Parlamentarischen Kontrollkommission. Zur Änderung der Zusammensetzung der Parlamentarischen Kontrollkommission und der G10-Kommission haben die Fraktionen unter Zustimmung der Fraktion DIE LINKE bereits in einer zusätzlichen gemeinsamen Entschließung ihren Willen zum Ausdruck gebracht, eine Bestimmung in die Geschäftsordnung des Landtages aufzunehmen, wonach die PKK als parlamentarisches Gremium im Sinne der Geschäftsordnung einzurichten ist. Dies umfasst insbesondere eine organisatorische und räumliche Anbindung der Geschäftsstelle der PKK und der Protokollführung an den Landtag.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Sie wie auch der Einbringer um Zustimmung zur Überweisung des Antrages in den Ältestenrat bitten.
Vielen Dank, Herr Kollege Borgwardt. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Herr Striegel. Bitte schön, Herr Striegel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gute parlamentarische Tradition, dass an Geschäftsordnungen nicht permanent und nicht von einer oder wenigen Fraktionen herum
gedoktert wird; vielmehr sollte immer der Versuch unternommen werden, parlamentarische Gepflogenheiten, Abläufe und Vereinbarungen gemeinsam und behutsam weiterzuentwickeln.
Mit der Novelle zur Geschäftsordnung legen die Fraktionen einen Vorschlag vor, der sich sehen lassen kann. Er kann sich sehen lassen, weil es damit gelingt, manchen politischen Graben zu überspannen. Das macht mich froh.
Ich danke meinen Kolleginnen und Kollegen Geschäftsführern ausdrücklich für den erfolgreichen und nicht immer ganz einfachen Versuch, eine gemeinsame Formulierung für eine Novelle der Geschäftsordnung zu entwickeln. Ich möchte an dieser Stelle allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen und der Landtagsverwaltung, die im Hintergrund daran mitgewirkt haben, Dank sagen.
Zugegebenermaßen starten wir im Landtag von Sachsen-Anhalt aus einer relativ komfortablen Situation. Dieses Haus hat wechselnde Mehrheiten, mehrere unterschiedliche Koalitions- und Oppositionsbündnisse gesehen. In Sachsen-Anhalt regierte Schwarz-Gelb ebenso wie große Koalitionen. Hier gab es rot-grüne Tolerierungsmodelle und Minderheitsregierungen.
Der Geschäftsordnung sieht man diese wechselnden Mehrheiten an. Sie versucht - aus meiner Sicht recht erfolgreich -, den Ausgleich zwischen den Rechten der Mehrheit und den Erfordernissen der Minderheit im Hause zu vermitteln. Als zwischen den Fraktionen Verhandelnde konnten wir sozusagen auf den Schultern der altvorderen Geschäftsordnungsmacherinnen und Geschäftsordnungsmacher stehen.
Viele der nun vorgelegten Änderungen und die über Beschlüsse des Ältestenrats umzusetzenden Vereinbarungen nehmen Erfahrungen der vergangenen Jahre auf und versuchen, diese parlamentsrechtlich zu fassen. Nur weniges ist wirklich revolutionär.
Zwei Dinge möchte ich herausgreifen: die Öffnung der Ausschüsse für die Öffentlichkeit und die Konkretisierung im Bereich des Fragerechts der Abgeordneten. Letztere stärkt das Parlament gegenüber der Landesregierung, weil die Geschäftsordnung nun an die Vorgaben der Verfassung herangeholt wird und weil die auf beiden Seiten geübte Praxis, Kleine Anfragen seien per se nach einem Monat durch die Landesregierung zu beantworten, damit hinterfragt wird.
Meine Fraktion hofft, dass die Landesregierung die Signale versteht. Auch wenn die Regierung formal nicht durch die Geschäftsordnung gebunden ist, gehen wir davon aus, dass Kleine Anfragen zu
künftig grundsätzlich schneller beantworten werden, damit dem Unverzüglichkeitserfordernis der Landesverfassung Rechnung getragen wird.
Die nun mögliche teilweise Öffnung der Ausschüsse stärkt die Demokratie und schafft mehr Möglichkeiten zur demokratischen Teilhabe für Bürgerinnen und Bürger. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hätte sich eine noch weitergehende, eine grundsätzliche Öffnung der Ausschüsse vorstellen können. Wir erachten den gefundenen Kompromiss aber als tragfähig und werden versuchen, ihn gemeinsam mit allen Fraktionen im Haus mit Leben zu erfüllen.
Lassen Sich mich zum Abschluss noch etwas zur Lebendigkeit im Hohen Hause sagen. Die neue Geschäftsordnung versucht auch hierbei, moderat einzugreifen, indem beispielsweise das Instrument der Aktuellen Debatte besser für die Fraktionen verfügbar gemacht wird.
Ich freue mich aber besonders, dass wir uns unterhalb der Geschäftsordnung auf einen neuen und deutlich vereinfachten Probelauf zur Regierungsbefragung einigen konnten. Darin sehe ich große Chancen, die Attraktivität von Parlamentssitzungen zu steigern und für die Öffentlichkeit ein konstruktiv streitendes Parlament erfahrbar zu machen.
Ich sehe der Befassung mit der Geschäftsordnung im Ältestenrat mit Freude entgegen und bitte wie auch meine Vorredner um Zustimmung für eine Überweisung.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Seien Sie mir nicht böse, aber wenn ich jetzt in den Saal schaue, habe ich das Gefühl, dass die parlamentarischen Geschäftsführer gerade über ihr Hobby gesprochen haben.
Die Einzigen, die richtig begeistert zu sein scheinen, sind die parlamentarischen Geschäftsführer, die sich beschwingt über ein lebendiges Parlament und über die Geschäftsordnung unterhalten.
Deshalb sage ich, auch wenn eine Geschäftsordnung nichts ist, was die Öffentlichkeit von den Bänken reißt, wissen wir alle, dass sie das Substrat der parlamentarischen Abläufe ist. Sie garantiert, dass alles geordnet abläuft und dass alle zu ihrem Recht kommen, Oppositions- wie auch Regierungsfraktionen.
Wir werden ihn im Ältestenrat auch um viele Punkte erweitern. Ab Herbst werden wir mit Ihnen allen Feldversuche durchführen, sei es bei der Fragestunde oder sei es bei Aktuellen Debatten. Darauf freue ich mich schon. Deshalb bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit und hoffe, Sie überweisen den Entwurf gemeinsam mit uns in den Ältestenrat.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Grimm-Benne, als ich in der Fraktionssitzung - ich glaube, es war Ende März 2012 - den gemeinsamen Entwurf in der damaligen Fassung vorstellte, erschien wenige Minuten später der Kommentar eines Kollegen bei Facebook oder bei Twitter - ich weiß es nicht mehr so genau -, in dem es hieß: Der Genosse Frank Thiel spricht über die Geschäftsordnung. Danach gab es ein Zeichen, bei dem ich mir nicht sicher war, wie ich dieses zu interpretieren habe.
Das Problem, über das wir sprechen, ist sicherlich, dass einige sagen: Wir haben jetzt gewisse Formalien zu bestimmen und auszutarieren. Aber das Interessante in der Geschäftsordnung ist eigentlich das, was nicht in der Geschäftsordnung steht, nämlich wie sich das parlamentarische Leben in den Ausschüssen und im Parlament widerspiegelt. Diesbezüglich kann man nichts vorschreiben. Das muss man einfach leben.
Die Geschäftsordnung ist in diesem Fall das Justierungsinstrument, das dafür sorgt, dass der Zeiger nicht zu stark nach der einen oder nach der anderen Seite ausschlägt.
Ich denke, diesbezüglich sollten Sie den Anspruch ernst nehmen, den wir bei der Überarbeitung der Geschäftsordnung zu formulieren versucht haben, nämlich wie bestimmte Nuancen neu auszulegen und zu interpretieren sind und wie wir in der parlamentarischen Praxis damit umgehen.
Das beginnt mit sehr banalen Dingen und zeigt sich darin, wenn wir Ausschusssitzungen vorbereiten, über die Tagesordnung abstimmen und die Frage zu klären haben, ob wir dabei die Öffentlichkeit zulassen oder nicht. Dabei kann durchaus ein Prozess entstehen, bei dem man sich nach einem halben Jahr fragt: Warum haben wir eigentlich beschlossen, dass die Öffentlichkeit zugelassen wird?
Oder wenn man zum Beispiel Kleine oder Große Anfragen formuliert und bei der Überarbeitung der Fragestellungen Unterstützung erhält, damit die Landesregierung auch die richtigen Antworten geben kann, und dann gesagt wird, man dürfe dort aber keine Wertungen hineinschreiben, sondern nur Fakten, dann beginnt zum Beispiel eine sehr zündende Debatte darüber: Was ist eine Wertung und was ist ein Fakt? Wer bestimmt das eigentlich?
Ich wollte nur sagen: Die Dinge können spannend werden. Ich hoffe, dass Sie alle sich aktiv daran beteiligen. Wir haben in der Juli-Sitzung noch einmal die Gelegenheit, abschließend über die Geschäftsordnung zu sprechen. Dann können wir die Weichen dafür stellen, dass wir hier zu einem wirklich lebendigen Parlament kommen, in dem eine ordentliche Musik herrscht und nicht nur trockene Noten. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Dr. Thiel. - Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein, das jetzt, glaube ich, viel einfacher wird als bei dem vorherigen Tagesordnungspunkt.
Ich gehe davon aus, dass die Mehrheit des Hauses dafür ist, dass wir den Antrag der Fraktionen der CDU, der LINKEN, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an den Ältestenrat überweisen. - Ich sehe, dass das der Fall ist. Dann stimmen wir darüber ab. Wer ist dafür, dass der Antrag an den Ältestenrat überwiesen wird? - Das sind alle Fraktionen im Haus. Ist jemand dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Dann haben wir die Änderung der Geschäftsordnung einstimmig an den Ältestenrat überwiesen.