Das alles wird kommen und das alles wird auch mit dem Fiskalpakt funktionieren. Deswegen war die Finanztransaktionssteuer keine politische Schimäre; denn am Ende muss es finanziert werden.
Manchmal ist es gut, wenn man morgens Frühstücksfernsehen schaut. Gestern früh sagte die Kanzlerin ganz beiläufig, es sei wahrscheinlich eine der größten Schwächen, wenn man ein Jahr lang immer wieder nach Berlin fährt und gesagt bekommt: „Wir sollten, wir sollten …“. Dann schaut man irgendwann Fernsehen und hört, wie sie sagt: „Ich bin dafür, dass wir versuchen, diese Steuer einzuführen.“ „Ich bin dafür, was völlig richtig ist, dass Europa mehr Kompetenzen bekommen muss.“ Ich bin dafür, dass wir uns mehr kontrollieren lassen müssen und uns andere auf dem Weg begleiten und uns sagen müssen, wenn es nicht funktioniert.“
Vor einem Vierteljahr hörte sich das noch anders an. Nun kann man sich lange darüber streiten. Aber ein politischer Erkenntnisprozess, ob nun in Parteien oder Regierungen, braucht seine Zeit und kostet natürlich auch. Aber ich glaube, er wird umso stabiler sein, wenn man das jetzt auch nutzt und umsetzt.
Da hat Sachsen-Anhalt - übrigens so, wie Sie das beschreiben, Frau Dr. Klein, sollten wir uns selbst nicht nach außen verkaufen, wir sollten nicht so tun, als wenn wir hier alles am Boden vorfinden - mit dem Fiskalpakt, glaube ich, die wenigsten Probleme, jetzt einmal abgesehen von Bayern, Sachsen und Baden-Württemberg. Wir haben das durch unsere eigene Schuldenbremse und die Struktur, aber auch durch solche Projekte wie Stark II und andere Maßnahmen faktisch vorweggenommen.
Ich war den kommunalen Spitzenverbänden sowie dem Innenministerium und anderen dankbar dafür, dass wir am Mittwoch den eigenen und ersten Stabilitätsrat in Sachsen-Anhalt gegründet haben, der sich dieser Aufgabe widmen wird. Wir werden
Schwierigkeiten haben - das haben wir gestern sehr offen angesprochen - vor allem westdeutsche Länder, die zum ersten Mal die Perspektive auch auf die Kommunen legen müssen. Wissen Sie - ich hoffe, Sie haben es in der Übersicht gesehen -, dass die Kommunen in Sachsen-Anhalt nach einem Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zwei Jahre lang mit die höchsten Überschüsse erwirtschaftet haben? - Ich sage deswegen noch lange nicht, dass alles in Ordnung ist. Nur, wir werden während der Diskussion über das FAG sehr ausführlich über diese Situation reden müssen.
Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen, im Saarland oder in Rheinland-Pfalz haben ganz andere Sorgen. Deshalb kann es sein, dass wir trotz des gemeinsam verabredeten Fiskalpaktes, der kommen muss und der die Fiskalseite und auch die Wachstumsseite sieht, im Bundestag Mechanismen auflegen müssen, mit denen die Kommunen auf der Zeitachse bis zum Jahr 2020 sehr unterschiedlich betrachtet werden müssen und mit denen jedes einzelne Land so langsam in diesen Korridor hineingeht, so wie wir unsere Strukturtreppe heruntergehen.
Während wir in diesem Jahr keine neuen Schulden aufnehmen werden, im nächsten Jahr tilgen werden und das strukturelle Defizit wahrscheinlich bis zum Jahr 2014 auf Null zurückgeführt haben werden, werden Länder wie Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen wahrscheinlich noch sehr lange brauchen, um die Auflagen des Fiskalpaktes umsetzten zu können. Da wird man ihnen helfen müssen, indem solche gesamtdeutschen Beschlüsse kommen.
Deswegen glaube ich, dass dieser Fiskal- und Wachstumspakt, der er jetzt schon ist und der Konturen annimmt, für die Zukunft notwendig ist und dass Europa auf Dauer gegen Asien und auch Amerika weiter an Boden verlieren wird, wenn das jetzt nicht funktioniert.
Mit der demografischen Entwicklung im Hintergrund wäre es eine Katastrophe, wenn wir auseinanderfallen.
Deswegen müssen wir das in diesem Jahr vom Tisch kriegen. Wir werden darüber streiten - das ist politisch völlig richtig -, welche Wachstumsanteile noch hinzu kommen müssen. Nur bitte, Frau Dr. Klein, wir können nicht einfach das, was wir in Deutschland mit der Schulsanierung und der Kindergartendiskussion gemacht haben, einfach auf andere Länder übertragen, die solche Systeme gar nicht haben.
Natürlich wird Europa nur funktionieren - ich hoffe, dass es klappt -, wenn wir zu einer gemeinsamen Steuerpolitik, zu einer gemeinsam Haushaltspolitik und zu anderen Dingen kommen.
Das lesen Sie doch mittlerweile - - Das steht selbst in der SPD schon seit zehn Jahren in den Unterlagen der Ebert-Stiftung, wie auch immer. Nun tun Sie doch nicht so, als ob das jetzt Ihre Erfindung wäre.
Nur, ich brauche die Engländer und die Franzosen. Ich brauche genauso die Südeuropäer, denen ich das als Deutsche nicht einfach oktroyieren und sagen darf, jetzt mach einmal. Es ist wahrscheinlich das Problem der letzten Monate, dass man die Griechen und andere in so kurzer Zeit davon überzeugen wollte, das aufzuholen, was sie in 30 oder 40 Jahren ganz anders gelebt haben.
Ich ärgere mich manchmal über Deutsche, die sehr gerne nach Griechenland fahren, sich über diesen Lebensstil gefreut haben und hier in Deutschland die Klappe aufreißen und sagen, die sollen endlich einmal so werden wie wir. Das geht eben nicht von Heute auf Morgen. Da muss eben jeder seinen Weg gehen.
Aber ich bin trotzdem dafür und werbe ausdrücklich dafür, diesen Fiskalpakt mit der Bundesregierung gemeinsam voranzutreiben, ihn umzusetzen und zu schauen, dass das eine vernünftige Basis für die zukünftige Entwicklung ist. - Schönen Dank.
Danke sehr, Herr Minister Bullerjahn. - Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Niestädt. Die Landesregierung hat jetzt jeder Rednerin und jedem Redner insgesamt gute 13 Minuten Redezeit beschert.
Sehr verehrte Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Ja, die vereinbarte Redezeit werde ich in dem Maße nicht überschreiten.
kalpakt - Regierung und Opposition einigen sich auf Finanztraktionsaktionssteuer“. Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist nun zwar keine Sternstunde für Europa. Aber es ist ein richtiger und wichtiger Schritt in die richtige Richtung; denn bei aller Auseinandersetzung um den Fiskalpakt geht es im Kern um die eine Frage: Wie lösen wir die Probleme in Europa?
Es sind übrigens Probleme, die eine direkte Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise sind. Darum sage ich hier auch ganz deutlich, Frau Dr. Klein, ein einfaches Nein zum Fiskalpakt geht nicht,
Ich bin deshalb froh, dass die Bundesregierung endlich ein Einsehen hat. Der Fiskalpakt, so wie ihn die Bundeskanzlerin wollte, hat nämlich zwei erhebliche Schwächen. Bei aller richtigen Bestrebung, das Ausgabeverhalten der öffentlichen Haushalte zu begrenzen, fehlte ihm ein Korrektiv, das verhindert, dass das Sparen zum Kaputtsparen wird. Es geht um ein Korrektiv, das Perspektiven schafft für die Staaten als Ganzes und für die Menschen ganz persönlich.
Wir brauchen eine Wachstumskomponente; denn ansonsten haben wir am Ende ein Europa der sozialen Unruhen, in dem vielleicht die Zahlen stimmen, aber in dem kein Mensch mehr leben will. Wer es ernst meint mit dem Europa der Menschen, der muss den Menschen auch eine Perspektive in diesem Europa geben. Ich habe eben mit Freude vom Finanzminister Herrn Bullerjahn gehört, dass die Beratungen in Berlin genau in diese Richtung gehen. Das ist richtig gut.
Die zweite Schwäche ist, dass der Fiskalpakt eines ausblendet. Er ist völlig nutzlos gegen eine neue Krise. Hierbei hat aus unserer Sicht die Bundesregierung bisher völlig versagt. Ich sage es an dieser Stelle ganz deutlich und auch ausdrücklich: Ich hoffe, dass die Zusage der Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene für eine Finanzmarkttransaktionssteuer einzusetzen, nicht nur Täuschung und Placebo ist. Das Bemühen reicht hierbei nicht. Wir wollen auch Ergebnisse sehen;
denn eines liegt doch auf der Hand: Wir brauchen Regeln, damit das Finanzkasino nicht irgendwann wieder über uns zusammenbricht.
Man darf aus solchen Krisen ruhig lernen, meine Damen und Herren. Ich will nicht in einigen Jahren wieder hier stehen und erklären müssen, warum die Menschen mit Milliarden und Abermilliarden das ausbügeln sollen, was smarte Finanzmarktzocker in ihren Glaspalästen wieder einmal verbockt haben. Man kann doch nach einem Hoch
wasser auch nicht nur das Haus sanieren, aber den Deich nicht erhöhen. Dann muss man sich nicht wundern, wenn einem das Wasser bald wieder bis zum Hals steht.
Deshalb gilt heute noch das, was wir als SPD seit Monaten und mittlerweile schon seit Jahren sagen: Wir brauchen zur Eindämmung von Spekulationen die Einführung einer Finanzmarkttransaktionssteuer, zur Not auch erst einmal in Europa, und ein Verbot von Leerverkäufen.
Wir brauchen die Haftung der Banken, eine Trennung von Geschäfts- und Investmentbanking, eine europäische Bankenaufsicht und eine wirkungsvolle Regulierung der Schattenbanken. Wir brauchen eine europäische Ratingagentur, die nicht von den Banken finanziert wird, die hinterher mit den Ratings ihre Gewinne machen. Das gehört auch dazu, wenn wir in Europa Ordnung haben wollen. Der Fiskalpakt allein hilft da wenig.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Die Frage, wie der Fiskalpakt an sich wirkt, ist die eine Seite der Medaille. Die Frage, wie wir in Deutschland damit umgehen und welche Auswirkungen er auf Sachsen-Anhalt hat, ist eine andere Frage. Wir können nämlich auf keinem Fall die Risiken und die Sanktionen des Fiskalpaktes auf der Landes- oder gar auf der kommunalen Ebene auffangen. Ich weiß nicht, wie sich die Bundesregierung das vorstellt. Sollen wir mit eventuellen Strafzahlungen auch die Kommunen belasten, wenn sie in die Berechnung mit einbezogen werden?
- Ich denke das nicht. Da sind wir uns einig, Frau Dr. Klein. - Deshalb lautet die erste Forderung gegenüber der Bundesregierung: Egal, was da irgendwo an Sanktionen vereinbart wird, der Bund hat verhandelt und der Bund übernimmt die Sanktionen. Es geht nicht, dass die Belastungen einfach so nach unter weitergereicht werden.
Die zweite Forderung an den Bund. Wir wissen, dass im Moment bundesweit das höchste Risiko für ein Reißen der Grenzen des Fiskalpaktes in den Kommunen liegt. Weil das so ist, brauchen wir eine strukturelle Entlastung der Kommunen durch den Bund. Ich denke an eine substanzielle Erhöhung des Bundesanteils an den Kosten der Unterkunft, weil ich meine, dass das unseren Kommunen wohl auch am meisten hilft.
Wir brauchen auch ein Entschuldungsprogramm für die Kommunen. Da hat sich der Bund immer ein bisschen zurückhalten. Wenn die Konsolidierung der Haushalte eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung ist, dann geht es nicht, dass sich die einen anstrengen und andere ihre Haushalte konsolidieren. So kann man vielleicht auf Gipfeln glän
Wir gehen in Sachsen-Anhalt einen anderen Weg. Wir nehmen die Kommunen auf dem Weg der Konsolidierung mit, zum Beispiel mit dem Programm Stark II und auch mit dem eventuellen Programm Stark IV. Das heißt, wenn wir konsolidieren, dann müssen auch die Kommunen die Möglichkeit dazu haben. Wir machen das vor. Ich glaube, da sollte sich der Bund auch einmal etwas von Sachsen-Anhalt abschauen können.