Dann ist man auch gerüstet für Schwankungen und für eine Volatilität der Märkte, wenn es so weit ist.
Erstens. Dann stimmen Sie, Herr Barthel, auch mit mir darin überein, dass die Bundesregierung, da die Verschuldung von 60 % auf 83 % des BIP gestiegen ist, in den letzten vier Jahren unverantwortlich gehandelt hat?
Zweitens. Warum haben Sie dann nicht mit Ihrer Fraktion die Sparvorschläge unserer Fraktion zum Nachtragshaushalt unterstützt, bei denen es um eine Absenkung der Nettoneuverschuldung ging?
ausgeglichen, enthält Vorsorgeelemente und hat trotzdem nicht dazu geführt, dass wir einen radikalen Kahlschlag bei unseren Ausgaben - auch im sozialen Bereich - vollziehen mussten. Wir haben Forschung und Wissenschaft, alles, noch finanzieren können. Ich finde, das ist verantwortungsvoll. Wir tilgen erstmals in Sachsen-Anhalt.
Im ersten Punkt stimme ich Ihnen insofern zu: Jede Regierung, egal welcher Couleur, die versucht, gegen den Grundsatz verantwortungsvoller Haushaltspolitik zu verstoßen, ist zu kritisieren. Wenn es nicht gelingt, im Zeitalter von Steuerrekordeinnahmen ausgeglichene Haushalte hinzulegen, dann muss man sich auch nicht wundern, wenn das finanzpolitisch tatsächlich irgendwann an den Rand des Abgrundes führt. Davon bin ich schon überzeugt.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube schon, dass die Diskussion außerordentlich wertvoll war. Sie hat gezeigt, wo die wirklichen Bruch- und Konfliktlinien bei der Bewältigung der derzeitigen Situation liegen.
Ich sage einmal, man kann die Debatte auf einen einzigen Punkt bringen: Dieser Fiskalpakt organisiert nichts anderes, als dass innerhalb der EU - nicht der vollständigen, aber innerhalb der EU - einige wenige - natürlich in erster Linie Deutschland; deshalb scheint der Pakt bei uns so attraktiv zu sein - das Ausgabeverhalten von fast allen Eurostaaten definitiv bestimmen und eingrenzen. Das ist der Grund für diesen Fiskalpakt.
Der Unterschied in unserer politischen Herangehensweise ist folgender: Wer auf der einen Seite diese rigide Sparpolitik politisch durchdrücken will, auf der anderen Seite aber bei den Einnahmen der öffentlichen Hand innerhalb Europas einen gnadenlosen Dumpingwettbewerb nach unten zulässt, wer die Finanzmärkte nicht reguliert, sondern sie nur anschaut wie das Kaninchen die Schlange, der bringt uns in diese Abwärtsspirale. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind wir dagegen.
(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von Herrn Leimbach, CDU - Herr Schwenke, CDU: Das hat schon zu DDR-Zeiten nicht funktioniert!)
Ich sage einmal, in diesem Kontext gibt es zwei unterschiedliche Positionen. Jetzt bin ich tatsächlich einmal polemisch; an dieser Stelle wäre der Vorwurf durchaus angebracht. Die eine Position ist ehrlich und die andere ist nicht ehrlich.
Ehrlich ist die Position, die besagt: Wir wollen überall eine rigide Sparpolitik durchsetzen, um den Euroraum zusammenzuhalten, weil er natürlich unser bevorzugter Exportraum ist.
Alle anderen Dinge, die in diesem Kontext existieren und praktisch als Kollateralschaden anfallen, interessieren uns im Wesentlichen nicht.
Für diese Position gibt es einen klassischen Vertreter: Das ist der Bundesfinanzminister Schäuble. Insofern hat die CDU eine ehrliche Position.
Natürlich haben meine Kollegen im Bundestag einmal die Lage in Griechenland analysiert. Warum brauchen wir für diesen europäischen Fiskalpaket die Auflage, dass die Mindestlöhne in Griechenland um 20 % auf 550 € pro Monat gesenkt werden? - Natürlich brauchen wir diese Auflage in diesem Kontext nicht. Es ist aber politisch und ideologisch hervorragend, solche Schlachten gegen soziale Errungenschaften zu führen.
Warum brauchen wir radikale Reduzierungen im Rentensystem in Griechenland? Warum brauchen wir radikale Entlassungen im öffentlichen Dienst? Warum brauchen wir das massive Verscherbeln von öffentlichem Eigentum?
Wir brauchen das natürlich, um die entsprechende Rentabilität an den Finanzmärkten zu erreichen und um die Umverteilung von unten nach oben weiter zu organisieren. Dazu sage ich: Jawohl, Herr Schäuble, Ihre Position ist ehrlich, aber deswegen bekämpfen wir sie ganz deutlich.
Dann gibt es die unehrliche Position beim Fiskalpakt. Deren Vertreter sagen: Na ja, es ist vielleicht doch nicht so günstig, wenn aus Griechenland massenhaft darüber berichtet wird, dass die Schüler in den Schulen vor Hunger umfallen, weil sie nicht mehr ernährt werden können, und wenn darüber berichtet wird, dass die Austeritätspolitik den Lebensstandard vor allem in Südeuropa nicht nur permanent verringert, sondern die öffentlichen Schulden ansteigen lässt.
Das ist vielleicht keine gute Botschaft für Europa, weil die europäische Idee dadurch irreparabel zerstört wird, aber auch nicht für uns zu Hause. Also müssen wir versuchen, diese Geschichte in irgendeiner Art und Weise zu berücksichtigen.
Ich sage dazu: In Ordnung, ich hätte dafür Verständnis. Ich hätte sogar Verständnis dafür, wenn wir sagen, wir können es nicht länger mit ansehen, dass von einzelnen Teilen innerhalb des Euroraums ein unverantwortliches Ausgabeverhalten
realisiert wird. Dann müssen wir aber sehen, wie es auf der anderen Seite mit den Einnahmen aussieht. Dann müssen wir sehen, wie wir es mit den Sozialstandards halten. Dann müssen wir sehen, wie diejenigen, die jetzt in der Klemme stecken, auch wieder nach vorn kommen.
In diesem Zusammenhang ist es natürlich eine völlig berechtigte Forderung, eine Finanztransaktionssteuer zu realisieren.
Einen Begriff habe ich an dieser Stelle eigenartigerweise aber nicht gehört: Zwar sollen soziale Leistungen des Staates permanent zurückgeschraubt werden, über eine Vermögensteuer für Millionäre hat an dieser Stelle aber noch niemand gesprochen. Das ist der politische Unterschied bei dieser Geschichte, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Jetzt haben natürlich vor allen Dingen SPD und GRÜNE ein Problem. Eine Position, wie sie der Kollege Schäuble einnimmt, kann man in der internationalen und nationalen Debatte vielleicht als CDU und eigentlich noch besser als FDP durchhalten.
Als SPD und GRÜNE wird es ein bisschen schwieriger. Dann fängt man an zu diskutieren: Wir müssten diesen Fiskalpakt begleiten. Was ist jetzt der große Erfolg? - Der große Erfolg ist, dass jetzt auch Frau Merkel für eine Finanztransaktionssteuer ist.
Ich sage einmal, es kostet sie ein müdes Lächeln. Sie weiß doch, dass diese Finanztransaktionssteuer sowieso am Widerstand verschiedener Länder scheitern wird. Sie weiß doch, dass sie die Dinge im Endeffekt nicht durchsetzen kann.
Wissen Sie, was wirklich ehrlich wäre? - Wenn Sie diese Maßnahmen, Konjunkturpakete, Sozialstandards, Vermögensbesteuerung oder Finanztransaktionssteuer, wirklich ehrlich meinten, dann müssten Sie Folgendes machen: Sie müssten sagen, eine Unterschrift unter diesen Fiskalpakt dürfe es nur geben, wenn all diese Dinge genauso verbindlich geregelt werden wie der Schuldenabbau. Dann wären Sie ehrlich, aber nur dann.
Ansonsten ist das unverbindliche Lyrik gegen das eigene schlechte Gewissen, aber nicht einen Deut mehr.
Weil das so ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden wir dieses Thema vorantreiben. Wir wissen, wie die europäische Idee in diesen Ländern, in Griechenland, in Spanien, in Portugal oder in Irland, zurzeit irreparabel geschädigt wird.
Ja, Irland hat diesem Vertrag in einer Abstimmung zugestimmt. Wir wissen, dass die Wahlbeteiligung extrem gering war. Sie wussten, dass sie im Endeffekt in einer ähnlichen Situation wie Griechenland sind. Sie können im Grunde genommen da nicht mehr heraus.
Aber glauben wir denn wirklich, dass die europäische Idee in Form dieser Austeritätspolitik verfangen wird? - Wir wissen doch, dass sie wirtschaftlich unvernünftig ist, und wir wissen auch, dass sie sozial unvernünftig ist.
Wer das soziale Europa nicht schafft, der verrät die europäische Idee. Das ist unsere feste Überzeugung.
Dann kommen wir am Ende noch einmal zu dem Verhältnis zwischen den Finanzmärkten und der Verschuldung. Wir haben das Problem, dass wir innerhalb der Europäischen Union die völlige Freiheit von Finanztransaktionen geschaffen haben.
Was absichtsvoll nicht gemacht worden ist, ist die entsprechende Angleichung und die Schaffung entsprechender Mindestwerte im Bereich der Steuern. Was haben wir bekommen? - Wir haben innerhalb des freien Kapitalmarktverkehrs einen Dumpingwettbewerb bei den Steuern bekommen, natürlich nicht bei den Verbrauchsteuern - die Leute können nicht weg. Aber das Kapital ist flexibel. In diesem Bereich haben wir einen Dumpingwettbewerb bekommen.
Welche Freude haben neoliberale Wirtschaftswissenschaftler bei uns zum Ausdruck gebracht, als in der Slowakei Ende der 90er-Jahre, Anfang des Jahrtausends die Flat-Rate-Tax eingeführt worden ist. Jawohl, das sind die Wachstumskerne. Ich kann mich noch genau erinnern, wer hier an diesem Platz stand und solche Thesen vertreten hat.