Vielen Dank, Frau Kollegin. - Als Nächste spricht Frau Professor Dr. Dalbert für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns liegen zwei Anträge vor, die in wesentlichen Punkten Einigkeit zeigen, nämlich darin, bezüglich der Personalstruktur des wissenschaftlichen Mittelbaus genau hinzusehen. Wir müssen dazu Daten sammeln.
Beide Anträge besagen: Es gibt Probleme an beiden Enden. Auf der einen Seite gibt es eine Verrohung der Sitten an unseren Hochschulen, die durch keinerlei Gesetze erzwungen wird, sondern vielmehr in den Köpfen derer, die diese Verträge ausarbeiten, passiert, und zwar stark zulasten des wissenschaftlichen Mittelbaus.
Auf der anderen Seite gibt es ein Problem mit dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Darüber, dass dieses novelliert werden muss, besteht hier Einigkeit. Das begrüßen wir sehr. Insofern finden wir es
auch gut, dass die Koalitionsfraktionen in ihren Antrag hineingeschrieben haben: Dann macht aber auch einmal Druck, damit da wirklich etwas passiert.
Die Argumente und die Beispiele dafür möchte ich nicht wiederholen. Alles, was dazu von Herrn Lange und von Frau Pähle gesagt wurde, kann ich unterschreiben. Ich möchte vielmehr auf die Differenz zwischen beiden Anträgen eingehen.
Die Differenz liegt für mich darin, mit welcher Vision von Personalstruktur an der Hochschule man darauf schaut. Ich möchte das mit einem Zitat meines alten Kollegen Reinhard Kreckel einleiten, der früher das HoF in Wittenberg geleitet hat und der das Wissenschaftssystem sehr genau analysiert hat. Er hat einmal gesagt: „Die Personalstruktur an den Hochschulen ist ein verkrustetes System, aus dem keiner so richtig herauskommt.“ - Damit hat er, finde ich, völlig Recht.
Mit diesen Anträgen haben wir Gelegenheit, uns zu überlegen, wie wir in Sachsen-Anhalt aus diesem verkrusteten System herauskommen, und uns zu überlegen, wohin die Reise gehen soll.
Sie von der Linksfraktion sagen - das ist auch von Herrn Lange in seiner Einbringungsrede deutlich gemacht worden -, es sollte mehr unbefristete Stellen im Mittelbau geben. Sehen wir uns einmal die Datenlage an: In der Bundesrepublik Deutschland sind von den wissenschaftlichen Mittelbaustellen 68 % befristet, 17 % unbefristet. Wir haben 15 % wissenschaftlichen Oberbau, also Professorenstellen. In Sachsen-Anhalt gibt es im Mittelbau etwas mehr unbefristete Stellen, nicht 17 %, sondern 21 %. Wir liegen also über dem Bundesdurchschnitt.
Dazu sage ich: Unbefristete Stellen soll es für unbefristete Aufgaben geben. Wir werden immer unbefristete Stellen brauchen für Längsschnittstudien, Labore, die gewartet werden müssen, Gartenanlagen, Äcker. Für all das brauchen wir Dauerstellen. Allerdings haben wir überreichlich Dauerstellen; sie hängen den Universitäten wie Mühlsteine um den Hals, weil sie sich damit gar nicht mehr richtig bewegen können.
Es mag sein, dass es - das konzediere ich gern - dabei zu Fehlallokationen gekommen ist; denn nicht immer sind die Dauerstellen dort, wo die Daueraufgaben sind. Seien wir einmal ehrlich: Warum hat man die Dauerstellen zum Teil eingeführt? - Weil Dauerstellen mit einem höheren Lehrdeputat belastet sind und weniger als eine Professur kosten. Das war ganz oft die Motivation. Insofern sind sie zum Teil an den falschen Stellen. Ich denke nicht, dass wir mehr unbefristete Mittelbaustellen brauchen.
Tragen gekommen ist, Herr Lange -, nämlich Tenure-Track-Positions, also Stellen, auf denen junge Menschen nach der Promotion, möglicherweise auch nach einer Post-Doc-Zeit auf eine Stelle kommen und sich dann auf der Stelle weiterqualifizieren können.
Sehen wir uns auch dazu einmal die Zahlen an. Wie sieht der wissenschaftliche Oberbau, der bei uns an den Universitäten 15 bis 20 % umfasst, aus? - In Frankreich nimmt der professorale Oberbau 64 % ein, in Großbritannien 65 %, in den USA 69 %. Ich glaube, daran wird das Problem sehr deutlich.
Wir müssen nicht nur bei den befristeten Stellen die sozusagen verlotterten Sitten in Ordnung bringen - am besten durch Zielvereinbarungen -, wir müssen nicht nur das Zeitvertragsgesetz in Angriff nehmen, sondern wir müssen uns auch überlegen, wie wir uns in Sachsen-Anhalt so aufstellen können, dass Wissenschaftler hier eine gute Perspektive haben, die international konkurrenzfähig ist, eben mit Tenure-Track-Positions. Dann sind wir im Wettbewerb um die besten Köpfe gut aufgestellt.
Im Übrigen ist das auch familienfreundlich, weil man dann Karriere auf einer Stelle, an einem Ort international evaluiert macht. Dann sinkt vielleicht auch das Alter der akademischen Erstgebärenden irgendwann einmal unter die Marke von 40 Jahren. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Dalbert. - Als nächster Debattenredner spricht Herr Abgeordneter Harms von der Fraktion der CDU.
Herr Präsident, in Anbetracht des bereits Gesagten bitte ich darum, die Rede zu Protokoll geben zu dürfen.
Wir wissen, wie wertvoll der wissenschaftliche Mittelbau an unseren Hochschulen ist, wir kennen auch seine Qualität. Und daher hat uns weder die negative Überschrift des Ursprungsantrages gefallen noch sein Inhalt, so dass wir uns genötigt sahen, einen Alternativantrag zu erarbeiten, der vor allem die Qualitätssicherung betrifft; denn auf die, meine Damen und Herren von den LINKEN, kommt es ja an.
Die Föderalismusreform zur Neuordnung der bundesstaatlichen Ordnung hat mit Wirkung vom 1. September 2006 die Regelungen zur Personalstruktur im Hochschulbereich in die Hoheit der Länder gelegt, aus der sich natürlich auch für Sachsen-Anhalt neue Chancen ergeben.
Der sogenannte akademische Mittelbau ist ein Konglomerat aus unterschiedlichen Funktionsstellen. Im Wesentlichen setzen sich diese aus Qualifikationsstellen, Funktionsstellen, Forschungsstellen und die Stellen von wissenschaftlichen Hilfskräften zusammen. Und diese Stellen sind es auch, welche den universitären Betrieb absichern.
Dort liegt auch unser Hauptansatzpunkt für die Qualitätssicherung unserer Hochschulen, man kann das natürlich auch auf die Universitäten übertragen. Ein Anteil der Arbeit an den Hochschulen liegt auf den Schultern nichtprofessoraler Wissenschaftler. Und bei diesen kommt es darauf an, ihre Tätigkeitsfelder zukunftsfähig zu gestalten.
Ich möchte hier nur einmal einige Dinge aufzählen, wie die bessere Betreuung von Studierenden als Bindeglied zur Industrie und Praxis, die direkte Beteiligung an Innovationen, die Forschung mit verstärktem Anwendungsbezug, das Projektmanagement und Technologietransfer durch eigene Forschungsleistungen oder eine stärkere Flexibilisierung von Tätigkeiten. Wir müssen besondere Schwerpunkte im Bereich der Aus- und Weiterbildung unseres wissenschaftlichen Mittelbaus setzen.
Momentan ist der entsprechende Abschluss an der Hochschule oder in einer bestimmten Fachdisziplin die Haupteinstellungsvoraussetzung. Hier könnten wir uns vorstellen, dass zusätzliche und eigenverantwortlich erworbene Qualifikationen eine zunehmende Relevanz bei der Beurteilung des Bewerbers haben. Das Ganze muss eng an die Profilbildung der Hochschulen gekoppelt sein.
Dass wir in diesen Bereichen aufgrund von Parallelstrukturen und Überschneidungen noch nicht das Optimum erreicht haben, ist, meine Damen und Herren, ein offenes Geheimnis, Und in diesem Zusammenhang muss natürlich auch nach der Bedeutung der Tätigkeit für die studentische zukunftsorientierte Ausbildung gefragt werden.
Im Hinblick auf die Andersartigkeit einer Hochschule muss auch über die Öffnung für den Bereich des wissenschaftlichen Mittelbaus nachgedacht werden. Denn aktuell ergibt sich die Eigenständigkeit unserer Hochschulen und deren Profil nicht aus der Aufgabenstellung für den Mittelbau, sondern sie werden von der Professorenschaft und den praxisbezogenen Lehrinhalten bestimmt. Diese müssen in Zukunft jedoch enger in einer Zusammenarbeit von Professorenschaft und Mittelbau bestimmt werden.
Der Erfolg dieser Vorgehensweise könnte darin munden, dass der Mittelbau eine stärkere Verantwortung hinsichtlich anwendungsbezogener Veranstaltungen hat, von der die Studentenschaft in Form einer spezifischen und realistischen Wissensvermittlung profitiert. Das ist für uns als CDU ganz wichtig. Denn die Qualität an unseren Hochschulen und damit auch die Nachwuchsförderung für den Mittelbau kann nur gesichert werden, wenn wir diesen flexibler, eigenverantwortlicher und freier agieren lassen. Profiteure werden die Hochschulen wie Studenten gleichermaßen sein, weil die Wissensvermittlung noch praxisbezogener erfolgen kann, als dies jetzt der Fall ist.
Sie sehen, ich habe mich in meinen Ausführungen mit der Steigerung der Qualität befasst und nicht mit arbeitsrechtlichen und tariflichen Schwerpunkten. Das ist der Makel des Ursprungsantrages der Linken, dass man sich wieder nur mit der Höhe der Löhne, aber weniger mit den Strukturen und der Verbesserung von Lehrinhalten beschäftigt. Daher bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.
Die Personalstruktur ist noch einmal angesprochen worden. Frau Dalbert, wir sind dabei gar nicht so weit auseinander; ich glaube, wir haben lediglich eine unterschiedliche Definition von Mittelbau. Wir sollten uns einmal zusammensetzen und versuchen, das in Einklang zu bringen. Es geht gar nicht darum, dass wir den Hochschulen Dauerstellen wie Mühlsteine um den Hals hängen wollen.
Die von Ihnen beschriebene Situation, die insbesondere die Uni Halle betrifft, kommt doch daher, dass es einen ziemlich krassen Umbruch der Strukturplanung in den Jahren 2003/2004 gegeben hat. An der Stelle war es natürlich schwierig zu entscheiden, was man mit Leuten macht, die in einer Struktur dauerhaft beschäftigt sind, in diese Struktur aber eigentlich nicht mehr hineinpassen.
Ich gebe Ihnen Recht, dass das der Martin-LutherUniversität, aber auch der Uni Magdeburg ziemlich große Probleme bereitet hat. Zu den Problemen ist es jedoch nicht aufgrund der Dauerstellen, sondern aufgrund des Strukturumbaus gekommen.
Deswegen sage ich: Wenn wir über unbefristete Stellen im Mittelbau reden, dann müssen wir vom Lehrstuhlprinzip wegkommen. Dann müssen wir dahin kommen, dass wir Dauerstellen Instituten zuordnen, und darauf achten, dass die Leute dann entsprechend flexibel, aber auch eigenständig mit forschen können. Wegen dieser Eigenständigkeit sage ich: Wir liegen gar nicht so weit auseinander.
Wenn Sie sich die amerikanischen Modelle ansehen, dann stellen Sie fest, dass der Junior Staff immer noch die größte Säule ist. Sie kennen doch auch die Darstellung von - -
Wenn wir darüber reden, dann müssen wir uns auch an das Landeshochschulgesetz heranwagen und überlegen, ob wir nicht neue Personalkategorien schaffen sollten, und zwar jenseits von solch sinnlosen wie Hochschuldozent, die im Prinzip - ich sage es einmal vorsichtig; nein, nicht vorsichtig - ein Rohrkrepierer war. Das hat innerhalb der Hochschullandschaft überhaupt nichts gebracht. Wir müssen uns an neue Personalkategorien heranwagen. Diesbezüglich bin ich völlig bei Ihnen. Wir müssen uns lediglich darüber unterhalten, was wir unter Mittelbau verstehen.
Ansonsten bin ich Ihnen sehr dankbar, dass Sie mich nicht dafür kritisiert haben, dass ich neben einem Änderungsantrag zu dem Antrag der GRÜNEN zur Professorenbesoldung noch einmal einen eigenständigen Antrag eingebracht habe. Vielleicht ist es auch nicht bemerkt worden.
Sie alle haben im Ausschuss gesagt, das sei ein wichtiges Thema; damit müssten wir uns beschäftigen. Die Gelegenheit dazu haben wir. - Danke.
Danke schön, Herr Abgeordneter Lange. - Damit schließen wir die Aussprache ab und kommen zum Abstimmungsverfahren. Wir stimmen zunächst über den Ursprungsantrag ab. Eine Überweisung ist nicht beantragt worden, auch jetzt nicht.