mittel, Wirtschaftsstrukturen oder Forschungslandschaften bestimmt wird, sondern im Wesentlichen auch durch positive Arbeitsbedingungen, wie die sogenannten weichen Standortfaktoren. In einer wissensbasierten Ökonomie spielt der Faktor Mensch immer eine große Rolle und das sollten wir viel stärker als bisher beachten.
Unter den Begriff „Innovationsland Sachsen-Anhalt“ kann man viele Dinge fassen: Sachsen-Anhalt-Valley oder Innovationsland für Energiewende. Darüber wurde auf dem letzten Energietag der Industrie- und Handelskammern gesprochen, wobei ich bei manchen Vorträge Bedenken hatte und mich fragte, ob wir damit noch innovativ sind; denn es wurden teilweise uralte Vorstellungen hervorgeholt und mit konkreten Zahlen ergänzt, die ich nicht nachvollziehen kann.
Aber das wäre ein Aspekt: Sachsen-Anhalt könnte als Innovationsland für die Energiewende herausgestellt werden. Oder als Innovationsland für Ressourceneffizienz oder als Innovationsland für Gesundheitswirtschaft oder als Innovationsland für regionale Vernetzungen mit globaler Wirkung.
Es gibt viele Möglichkeiten, die wir erschließen müssten. Vielleicht gelingt es in den nächsten Jahren tatsächlich, dieses Netzwerk und diese kleinteilige Unternehmensstruktur besser zu verbinden. Ich denke, wir sollten den Finger darauf legen, dass die Politik die Richtung vorgibt und die Zielrichtung von Innovationspolitik beachtet. Dies bedeutet, weniger technokratisch zu denken und die Politik stärker auf den Nutzen für die hier lebenden Menschen auszurichten.
Der vierte und letzte Problemkreis bezieht sich auf die Frage, wie das finanziell untersetzt werden kann. Soll sich alles auf die Förderung konzentrieren? Das ist die berühmte Frage. Wenn man über das Thema Innovation spricht, dann kommt irgendwann das Thema Fördermittel auf. Wir müssen allerdings aufpassen, dass der Begriff Fördermittel nicht zum Unwort des Jahres in SachsenAnhalt wird.
Ich komme noch einmal auf die USA-Reise zu sprechen. Mich hat wirklich beeindruckt, dass die Unternehmer, die dort waren, gesagt haben: Förderung ist zwar okay, aber zuerst investiere ich selber und wenn es dann etwas vom Staat gibt, nehme ich das sicherlich gern mit. In den USA ist es nicht so wie bei uns, wo die Subventionsmentalität weit um sich gegriffen hat; darauf verwiesen Wissenschaftler vom Ifo-Institut Dresden, vom DIW Berlin und von der Universität Magdeburg.
Deswegen finden auch die Diskussionen zu der Frage, wo eine Abgrenzung zwischen Förderung und Zuschuss erforderlich ist und wie man diese erreichen kann. Ich denke, bei der Entwicklung der Modelle zum Thema Steuerbegünstigung sollte
noch einmal darüber nachgedacht werden. Ich und meine Fraktion sind dafür, dass verlorene Zuschüsse im Bereich Forschung und Entwicklung zur Verringerung des unternehmerischen Risikos gut angelegtes Kapital sind. In diesem Sinne sollten wir wirken. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.
Danke sehr für die Einbringung, Herr Kollege Dr. Thiel. - Für die Landesregierung spricht die Ministerin Frau Professor Dr. Wolff.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die regierungstragenden Parteien hatten sich in der Koalitionsvereinbarung bereits darauf verständigt, die Innovationsstrategie des Landes fortzuschreiben. Erlauben Sie mir einige präzisierende Vorbemerkungen zum Begriff der Innovation. Es ist bekanntermaßen eines meiner Lieblingsthemen. Dass wir in Sachsen-Anhalt bei diesem Thema tatsächlich Nachholbedarf haben, hat Herr Dr. Thiel anschaulich dargestellt.
Die meisten Menschen denken bei dem Begriff Innovation an Hightech und Weltneuheiten, in der Regel aus den Natur- oder Ingenieurwissenschaften, zum Beispiel an einen MP3-Player. Dies ist jedoch nur ein spezieller Typ der Innovation, nämlich Innovation im technischen Sinne und Innovation im absoluten Sinne.
Innovation kann aber auch nichttechnisch sein und sie kann auch relativ sein. Ein Beispiel: die Einführung eines für ein spezifisches Unternehmen neuen Arbeitszeitmodells.
Innovationstypen können wir uns in einer Matrix mit zwei Dimensionen vorstellen, in der wir vier unterschiedliche Ausprägungen haben:
zweitens technisch und relativ, zum Beispiel der Kauf einer für das Unternehmen neuen CNC-Maschine am Markt,
drittens nichttechnisch und absolut, zum Beispiel die Erfindung von Zielvereinbarungen als neues Steuerungsinstrument oder auch die Erfindung eines genialen, völlig neuen Werbeslogans, und
viertens nichttechnisch und relativ, zum Beispiel der Einsatz andernorts bereits praktizierter Zielvereinbarungen oder Arbeitszeitmodelle im eigenen Unternehmen.
Die Erkenntnisse der Wirtschaftswissenschaft und auch viele Gespräche in Unternehmen zeigen, dass keineswegs geklärt ist, welcher dieser Inno
vationstypen den größten Hebel für die Steigerung der Wertschöpfung aufweist. Gerade in kleinteiligen Wirtschaftsstrukturen mit vielen Unternehmen ohne ausgeprägte eigene FuE-Infrastruktur sind es häufig auch die scheinbar kleinen Verbesserungen, die, wenn sie in der Breite vorkommen, starke Wertschöpfungssteigerungen mit sich bringen.
Denken wir zum Beispiel an eine Wirtschaft, in der alle Unternehmen die wirklich besten Arbeitszeitmodelle oder Produktionsverfahren einsetzen, oder an eine Wirtschaft, in der es keine schlechte Werbung und keine hässlichen Produktverpackungen mehr gibt.
Manchmal findet man Wertschöpfungshebel auch an Stellen, an denen man sie gar nicht wirklich sucht. Eines meiner Lieblingsbeispiele ist ein Handwerksbetrieb, in dem eine studentische Arbeitskraft helfen konnte, die Forderungsausfälle zu verringern. Wenn ich weniger Zahlungsausfälle habe, dann ist das Wertschöpfungsverbesserung in Reinform. Natürlich geht es dabei weder um Hightech noch um Weltneuheiten, aber zweifelsohne um die Verbesserung der Wertschöpfung.
Interessant an diesem Beispiel ist, dass Unternehmer offenbar nicht immer wissen, an welcher Stelle und wie sie am effektivsten nach Verbesserungsmöglichkeiten suchen sollten. Dafür sind kreative Anregungen von außen hilfreich, die mehr als das Lösen eines bereits genau definierten Problems beinhalten.
Wann immer relative Innovationen gemeint sind, redet man im strengen Sinne eigentlich nicht von Innovation, sondern eher von Wissenstransfer bzw. Wissensnutzung.
Insbesondere kleine Unternehmen haben oft keinen direkten Zugang zu neuem Wissen oder produzieren es auch seltener selbst als große Unternehmen. Deshalb ist gerade in unserem Bundesland eine Innovationsstrategie notwendig, die nicht nur auf die Produktion absolut neuen Wissens, sondern auch auf den Transfer abzielt. Das gilt für technisches ebenso wie für nichttechnisches Know-how.
- Danke schön. - Wir wollen also zum einen Spitzenforschung und Entwicklung in ausgewählten Bereichen, zum anderen aber auch Wissenstransfer in der Breite, und das am liebsten sowohl im technischen als auch im nichttechnischen Bereich.
Deshalb wollen wir neben die programmgesteuerte Projektförderung und die Leuchttürme des Wissenstransfers wie CSP oder IKAM verstärkt auch weitere Instrumente stellen, die auch der Situation kleinster Unternehmen möglichst gerecht werden. Netzwerke, Dialoge und Kooperationsformen zwischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die noch niedrigschwelliger sind als unsere klassi
schen Förderinstrumente, haben wir im zurückliegenden Jahr weiterentwickelt, und wir werden sie weiterhin ausbauen und noch bekannter machen.
Bereits jetzt beobachten wir eine erfreuliche Entwicklung, die sich beispielsweise an folgenden Indikatoren manifestiert:
Erstens. Die Anzahl der beantragten Innovationsassistenten ist hochgeschnellt, seit das Programm auch nichttechnische Themen, zum Beispiel Marketing und Außenwirtschaft, umfasst.
Zweitens. Für FuE-Verbundprojekte zwischen Firmen und Forschungseinrichtungen standen auf einmal keine Mittel mehr zur Verfügung, weil es plötzlich einen Nachfrageanstieg nach Förderungen gab. Nunmehr schichten wir Mittel um.
Drittens. Von den im Februar an die Hochschulen versandten Transfergutscheinen haben einige Hochschulen schon mehr als die Hälfte genutzt.
Viertens. Die Anzahl der Angebote an dualen Studiengängen und Weiterbildungen durch die Hochschulen nimmt stark zu, und das auch für Studierende ohne konventionelle Hochschulzugangsberechtigung.
Dieser Trend ist erfreulich und zeigt, dass Unternehmen und Forschungseinrichtungen zunehmend die Chancen in einer Kooperation sehen und nutzen. Das wird unserem Land sehr dabei helfen, noch mehr wertschöpfungsstarke Arbeitsplätze zu schaffen, um noch mehr von unseren gut qualifizierten jungen Menschen im Land noch bessere Perspektiven bieten zu können und auch für Zuwanderer noch attraktiver zu werden.
Ein wichtiges Thema für die Innovationsförderung ist natürlich auch das Geld. Ich will gar nicht darüber jammern, dass wir davon immer weniger von außen bekommen werden. Vielmehr möchte ich auf einige Chancen hinweisen.
Die Landesregierung ist zurzeit ressortübergreifend dabei, die Positionierung Sachsen-Anhalts für die EU-Förderperiode 2014 bis 2020 zu erarbeiten. Dabei geht es um ein Volumen von insgesamt 340 Milliarden € im Rahmen der Strukturfonds und um Forschungsmittel in Höhe von 80 Milliarden €, letztere im Rahmen des Programms „Horizon 2020“.
Im Rahmen der dafür notwendigen strategischen Fokussierung, aber auch weil es, wie eingangs erwähnt, im Koalitionsvertrag festgehalten wurde, gibt das Land eine Clusterpotenzialstudie in Auftrag. Die Angebotseinholung erfolgte im April 2012, die Auftragserteilung erfolgt in diesen Tagen. Die wesentlichen Inhalte und Ziele sind:
erstens systematische und umfassende, datenbasierte Bestandsaufnahme sämtlicher Standortfaktoren entlang der Wertschöpfungsketten,
drittens Untersuchung von Steigerungsmöglichkeiten der Innovations- und Marktzugangsfähigkeit von FuE-schwachen KMU,
viertens Erarbeitung von Vorschlägen für die künftige Ausrichtung der Innovationsstrategie sowie Aufbereitung der identifizierten Entwicklungspotenziale nach einem einheitlichen Schema: Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken, die sogenannte Swot-Analyse, und
Diese Studie wird unter breiter Einbindung von Innovationsakteuren im Land, den sogenannten Stakeholdern, realisiert.
Der Entwurf einer regionalen Innovationsstrategie des Landes für die Strukturfondsperiode von 2014 bis 2020 - dabei ist das MF federführend; das MW arbeitet wie die anderen Ressorts zu - liegt dann bis Ende März 2013 vor. Die Strategie bildet für die kommende Strukturfondsperiode die Voraussetzung für die Genehmigung des OP und die Auszahlung der EU-Mittel, im EU-Deutsch auch Exante-Konditionalität genannt. Das heißt, wir müssen eine solche Strategie nachweisen, um mit der EU überhaupt ein Partnerschaftsabkommen abschließen zu können.
Die Abstimmungen zur Endfassung und die damit verbundenen breiten diskursiven Prozesse auch im Landtag sollen bis zur Sommerpause im Jahr 2013 abgeschlossen sein.
Zur optimalen Positionierung unserer Wissensinfrastruktur gehört gleichfalls die Begehung unserer Hochschullandschaft durch den Wissenschaftsrat, deren Ergebnisse die Themen Grundlagenforschung, Transfer und auch Finanzierung betreffen werden. Hierzu erwarten wir Ergebnisse im Sommer 2013, die dann gemeinsam mit den Hochschulen, aber auch in der politischen Sphäre diskutiert werden. Teile davon werden sicherlich in die nächsten Zielvereinbarungen mit den Hochschulen einfließen.
Kurz und gut: Bis Mitte bzw. Ende 2013 werden wir valide Aussagen zu den im Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD genannten Punkten treffen können. Spätestens dann werden wir gern in den Ausschüssen des Landtages darüber berichten. Auf die Gespräche freue ich mich. Gute Ideen und deren Umsetzung sind gefragt. - Vielen Dank.