Protokoll der Sitzung vom 20.09.2012

(Zustimmung bei der LINKEN)

Die Kommunalfinanzierung muss unter Berücksichtigung der kommunalen Aufgaben die finanziellen Rahmenbedingungen so gestalten, dass Städte, Gemeinden und Landkreise in die Lage versetzt werden, ihre Arbeit zu machen. Das ist der Maßstab, den wir an ein Finanzausgleichsgesetz anlegen.

Ich möchte daran erinnern, dass all die starken Programme des Finanzministers nur deshalb notwendig sind, weil es den Kommen in den vergangenen Jahren eben nicht möglich war, ihre Aufgaben zu erledigen, ohne Schulden zu machen und die Investitionstätigkeit zu vernachlässigen. Die Ursachen dafür sind unter anderem hier in diesem Haus mit der Vernachlässigung der Frage, wie ein angemessener Finanzausgleich zu gestalten ist, gelegt worden.

Nun ist es richtig, dass von den Einnahmeeinbrüchen infolge der Wirtschaftskrise nicht nur die Kommunen betroffen waren. Nein, auch der Landeshaushalt war vor erhebliche Herausforderungen gestellt. Eine Antwort des Landes war unter

anderem die Umstellung des Finanzausgleichssystems vom Verbund auf eine Bedarfsermittlung. Es wurde sozusagen ein Netz gespannt, um den weiteren Steuerabsturz der Kommunen zu verhindern.

Ein gutes Anliegen, wenn es da nicht die Fachrichtung der politischen Mathematik gäbe. Nachdem erstmals ermittelt worden ist, was solch eine angemessene Aufgabenfinanzierung kosten würde, ist das Gutachten ganz schnell in der Schublade verschwunden und die Kassenkredite stiegen weiter.

Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf löst das Problem der angemessenen Mindestausstattung in wesentlichen Teilen. Sie sagten vorhin, er sei dynamisch. Er ist allerdings nur statisch; denn er schreibt die Verhältnisse des Jahres 2011 fort. Innerhalb des Systems bleiben wir immer bei den Zahlen des Jahres 2011. Es geht wohl um den fortgeschriebenen Bedarf abzüglich der Steuereinnahmen. Das heißt, wenn die Steuereinnahmen der Kommunen steigen, sinkt die Finanzausgleichsmasse. Der Bedarf bzw. die zur Verfügung stehenden Mittel bleiben gleich.

(Frau Niestädt, SPD: Das ist ja auch richtig!)

- Nein. Dazu komme ich gleich. - Wir sprechen also in diesem Jahr nicht mehr über eine Differenz von 200 Millionen €, sondern nur noch über eine Differenz von 100 Millionen €. Das ist interessant vor dem Hintergrund, dass die Steuereinnehmen heute so hoch sind, wie sie sind. Es zeigt aber trotzdem, dass Sie sich, was diese Differenz angeht, bewegt haben. Wir haben höhere Steuereinnahmen und eine höhere Finanzausgleichsmasse.

Dennoch liegt Ihnen heute ein Änderungsantrag der LINKEN vor, in dem wieder 1,7 Milliarden € stehen. Jetzt könnten Sie sagen, wir hätten uns in die Zahl verliebt und forderten sie immer wieder, jedes Jahr. Dass das aber nicht so ist, erkennen Sie daran, dass wir Berechnungen durchgeführt haben. Das können Sie sich in der Begründung zu dem Antrag anschauen. Wir haben uns in Ihre Logik begeben.

Der Unterschied bei uns: Wir konnten nicht erkennen, warum der Verlust eines Einwohners automatisch eine Absenkung des Bedarfs bedeutet. All diejenigen, die in der kommunalen Praxis verankert sind, wissen das auch.

(Zuruf von Minister Herrn Bullerjahn)

Im Gegenteil, wenn ich einen Einwohner weniger habe - - Sie haben in Ihrer Gesetzesbegründung sogar ausgeführt, dass das über Gebühren und Ähnliches umgelegt wird. Nicht alle Personalkosten werden über Gebühren umgelegt und die sächlichen Kosten auch nicht. Es ist auch nicht so, dass wir die auf 100 Einwohner entfallenden null

Komma noch was Prozent vom Personal sofort entlassen.

(Herr Schröder, CDU: Jetzt vertreten Sie ge- rade die Partikularinteressen der CDU!)

Insoweit ist das aus unserer Sicht sachfremd. Ich glaube sogar, dass mit dem Bevölkerungsverlust aufgrund der geringeren Zuweisungen - Sie führen es an, es gibt dann geringere Zuweisungen, zum Beispiel über die Steueranteile des Bundes und Ähnliches - erst einmal ein Mehrbedarf entsteht.

Wir sind uns auch einig, dass der Mehrbedarf nicht auf Dauer fortgeschrieben werden darf, sondern dass es Anpassungsprobleme in den Kommunen aufgrund dieses Einwohnerverlustes gibt, die überwunden werden müssen. Deshalb müssen wir auf den Einwohnerverlust dadurch reagieren, dass wir die Kommune zeitweise stärken, damit sie in die Lage versetzt wird, darauf zu reagieren. Insoweit halten wir diesen Punkt Ihrer Berechnung für nicht stringent.

Wir haben uns Ihre Argumentation auch noch einmal angeschaut. Was Sie auf die Einlassung des Städte- und Gemeindebundes hinsichtlich der Preissteigerungsrate gesagt haben, fanden wir folgerichtig, außer bei der Pauschale nach dem KiFöG. Das hat sich uns nicht erschlossen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Da geht es um 43 Millionen €. Wir wollen doch keinen Verschiebebahnhof auf Ewigkeit. Sie schieben aber genau diesen Verschiebebahnhof auf Ewigkeit an, indem Sie sagen: In dem einen Jahr haben wir es und in dem nächsten Jahr haben wir es wieder nicht, da wird es mehr weniger. - Das würde ich nicht machen. Aus diesem Grund unser Vorschlag.

Außerdem haben wir mit den demografiebezogenen Zuweisungen in Höhe von 30 Millionen € politische Schwerpunkte in das FAG geschrieben.

Dann wollen wir zurück zur Verbundquote. Das mag den einen oder anderen erstaunen und er mag sich fragen: Warum? Die Verbundquote hat doch gerade nicht funktioniert. - Sie sehen bei unserem Vorschlag aber nicht mehr den alten Steuerverbund, sondern wir schlagen einen Einnahmeverbund zwischen Gemeinden und Land vor, bei dem die anteiligen Einnahmen der Gemeinden angemessen berücksichtigt werden. Wir berücksichtigen auch die finanzielle Situation des Landes, indem wir den Teil der Landesgelder, dessen Höhe in den nächsten Jahren bis 2019 sinken wird, in diesen Verbund einbeziehen.

Warum wollen wir das? - Ich habe gesagt, dass Ihr System ein statisches System ist, weil es die Verhältnisse des Jahres 2011 fortschreibt. Aufgabe einer Kommune ist es aber nicht nur, ihren Bedarf abzudecken. Ihr momentanes System heißt: 1 € Steuermehreinnahmen bedeutet eine geringere

Zuweisung vom Land. - Wo bitte soll der Spielraum für die Entwicklung sein?

Aus diesem Grunde haben wir gesagt: Wir geben Land und Gemeinden in einen Einnahmeverbund und schreiben diesen auf die Verhältnisse dieses Jahres fest. Das ist über die Quote passiert. Wenn sich jetzt bei einem der beiden etwas bewegt, verändert sich die kommunale Finanzausgleichsmasse. Das heißt, in dem Moment, in dem das Land Mehreinnahmen erzielt, wie wir es jetzt erlebt haben - -

Das ist eine problematische Situation: Dem Land ist es gelungen, den Haushalt auszugleichen, vielleicht sogar die Verschuldung zurückzuführen, aber bei den Kommunen besteht das Problem noch, weil sie nicht in gleichem Maße von den Einnahmen partizipiert haben. In dem Moment, in dem es in unserem Verbundsystem eine Verschiebung des Verhältnisses gibt, hat der eine mehr und der andere weniger.

Wir haben für das Land in diesem System mitgedacht, weil wir meinen, dass es nicht nur Aufgabe eines Finanzausgleichsgesetzes ist, einen Mindestbedarf zu decken, sondern auch, kommunale Selbstverwaltung mit einer Gestaltungskraft zu versehen.

(Zustimmung bei der LINKEN - Frau Nie- städt, SPD: Werden die Kommunen dann auch die Mindereinnahmen des Landes kor- rigieren?)

- Ja. Schauen Sie es sich an, rechnen Sie es durch.

(Frau Niestädt, SPD: Die zahlen dann die Mindereinnahmen?)

- Nein, sie zahlen dem Land natürlich nicht die Mindereinnahmen. Aber das ist völlig verständlich, Frau Niestädt. Die Kommunen sind Teil des Landes und nicht umgekehrt.

(Zuruf von Frau Niestädt, SPD)

Da müssen wir mal die Relation unserer Betrachtungen geraderücken.

Auf der anderen Seite schlagen wir Ihnen vor - das betrifft den zweiten Punkt, der uns an Ihren Gesetzentwurf nicht gefällt -, eine Kommission zu bilden, die die Bedarfe ermittelt. Denn wir sagen, es ist nicht nur die Aufgabe, den Bedarf fortzuschreiben, sondern wir betrachteten es als besonders wichtig, gemeinsam mit den Kommunen über künftige Überlegungen zur Pauschalierung nachzudenken, weil es, wie wir alle wissen, Anpassungsprozesse geben muss, die sich nicht nur in einem fortgeschriebenen Bedarf, sondern in einer ständigen Prozessbeobachtung der kommunalen Aufgaben darstellen müssen.

Da haben wir Ihnen fast Ihren Stabilitätsrat hineingeschrieben. Das ISW und die IB fehlen, aber Sie

sollen ja die Mitglieder berufen. Es geht uns jedoch nicht darum, eine Kaffeerunde beim Finanzminister zu installieren. Uns geht es vielmehr darum, dass der Gesetzgeber Ihnen - gesetzlich verankert - sagt: Legen Sie jährlich einen Bericht darüber vor, wie sich kommunale Aufgaben entwickeln und wie sich das auf die Bedarfszuweisungen auswirken könnte, damit wir den Mindestbedarf vernünftig feststellen. Denn dieser ist bei uns die Reißleine und er soll wirklich das Netz nach unten darstellen.

Jetzt habe ich nur noch wenig Zeit. - Ein wichtiger Teil unseres Änderungsantrages ist, dass wir den Fokus strikt auf Steuerkraft und Einwohner richten. Alles, was sich im Hauptansatz sonst noch an Wünschen, Träumen oder Ähnlichem bewegt, sollten wir in Ergänzungszuweisungen berücksichtigen. Die Steuerkraft ist tatsächlich ein Leistungskriterium, das berücksichtigt werden sollte.

Die höheren Ausgaben bei U 6, die Sie anführen, konnten wir nachvollziehen. Aber wir sind nach wie vor der Auffassung, dass das mit den Kindertagesstätten zusammenhängen muss, und das müssen wir tatsächlich über das KiFöG regeln.

Was ich gut finde - Anerkennung und Respekt -, ist das mehrstufige Verfahren bei der Zuweisung an die kreisangehörigen Gemeinden. Das führt tatsächlich dazu, dass wir Unterschiede aufgreifen. Sehr gut finde ich den innergemeindlichen Finanzausgleich. Nicht nachvollziehbar ist, warum Sie den Dünnbesiedlungszuschlag für die Landkreise aus der Verteilung herausgenommen haben.

(Herr Erben, SPD: Weil es der Wunsch der Kommunen war!)

Ich halte das für ein sachliches Kriterium. Übrigens sollten Sie auch nicht allzu schnell sagen, das sei völlig aus der Welt. Sie erhalten selber einen Dünnbesiedlungszuschlag über den Länderfinanzausgleich. Denken Sie daran!

(Zustimmung bei der LINKEN)

Dann haben wir - da verweise ich auf unseren Änderungsantrag - gesagt, dass Dessau gleich behandelt werden muss. Die Argumente finden Sie im Antrag.

Sie sind uns gefolgt bei der Schülerbeförderung und bei den Kreisstraßen. Danke schön! Wir denken, bei den Kreisstraßen wäre ein Mehrbetrag notwendig.

Wir halten es für problematisch, dass die Jugendpauschale aus dem FAG herausgenommen worden ist. Wir folgen Ihnen trotzdem. Allerdings meinen wir, dass die Jugendpauschale nach wie vor als gesetzlicher Anspruch erhalten bleiben muss.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Weil Herr Erben immer Angst hatte, dass die Jugendpauschale, wenn wir sie aus dem FAG herausnehmen, weg ist, geben wir Ihnen die Chance,

über die Novellierung des AG KJHG darüber zu sprechen, wie wir den Gesetzesanspruch anders verankern können - nicht dass das irgendwann einmal einem Altreifenlager in der Altmark oder einem Mittelalterzentrum in Magdeburg zum Opfer fällt.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Meine Redezeit ist zu Ende. Das heißt, dass wir den Rest in den Ausschüssen besprechen müssen. Ich weise noch auf unsere Änderungsvorschläge zur Investitionspauschale und vor allen Dingen auf die beiden Ergänzungszuweisungen, was die Demografie angeht, hin. - Ich freue mich auf spannende Diskussionen.

(Zustimmung bei der LINKEN)