Ich versuche es trotzdem. - Minister Herr Bischoff hat es schon gesagt: Für das Ehegattensplitting im Steuerrecht fehlt uns eine bundeseinheitliche Regelung. In Sachsen-Anhalt jedenfalls wird den Anträgen von eingetragenen Lebenspartnerschaften auf Ehegattensplitting schon stattgegeben.
Die gemeinsame Adoption eines fremden Kindes durch homosexuelle Paare ist in Deutschland noch nicht realisierbar. Lediglich eine Stiefkindadoption, bei der ein Partner für das leibliche Kind des anderen Partners Verantwortung übernimmt, ist möglich. Die Adoption eines fremden Kindes wird gleichgeschlechtlichen Paaren aber weiterhin verwehrt. Das wird mit einer vermeintlichen Gefährdung des Kindeswohls begründet.
Viele Studien haben dies jedoch längst widerlegt. Nach diesen Studien wachsen Kinder in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften mit der gleichen Fürsorge und Zugewandtheit auf, wie dies bei heterosexuellen Paaren der Fall ist. Es besteht also kein Grund mehr dafür, eine Adoption zu verweigern.
Meine Ausführungen zeigen, dass auf der Bundesebene Handlungsbedarf besteht. Nach diesem Ausflug möchte ich mich den Gegebenheiten im Land Sachsen-Anhalt zuwenden. Ich möchte dazu kommen, wie die Lebenswirklichkeit von Menschen verschiedener Sexualität in unserem Land aussieht und wo wir als SPD konkreten Handlungsbedarf sehen.
Die Große Anfrage und die Antworten der Landesregierung bieten einen guten Gesamtüberblick über die wesentlichen Problemstellungen wie Dis
kriminierung, Antidiskriminierungsarbeit, Gewalt, die Situation von Jugendlichen, Migranten und Älteren sowie Gesundheit, Aufklärung und HIV.
Im ersten Fragenkomplex geht es um die verfassungsrechtliche, sonstige rechtliche und tatsächliche Situation der Personengruppen. Es geht um die Frage, ob der Gleichstellungsartikel, konkret Artikel 7 Abs. 3 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt, um das Merkmal der sexuellen Identität ergänzt werden sollte.
Unsere Landesregierung lehnt das ab. Andere Bundesländer wie Berlin, Brandenburg, Thüringen, Bremen und das Saarland haben Lesben und Schwule indes unter den ausdrücklichen Schutz der Landesverfassung gestellt und den Gleichstellungsartikel der jeweiligen Landesverfassung um das Merkmal der sexuellen Identität ergänzt. In Niedersachsen befasst sich derzeit der Rechtsausschuss mit dieser Thematik mit dem Ziel, dies in eine Verfassungsänderung münden zu lassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich persönlich würde die Verankerung eines Verbots der Diskriminierung wegen der sexuellen Identität in unserer Landesverfassung ausdrücklich begrüßen. Es gibt eben sehr gute Gründe dafür. Deshalb wäre eine ergebnisoffene Diskussion auch in diesem Hohen Hause gut für uns alle.
Die Landesregierung lehnt die Erarbeitung von Grundsätzen einer Politik für nichtheterosexuelle Einwohnerinnen und Einwohner ab. Warum? - Ich weiß es nicht. Vielleicht habe ich es überhört.
Ich finde, der gewählte Arbeitstitel ist ein wenig sperrig. Es ist wirklich noch ein weiter Weg von der rechtlichen Gleichstellung zur gesellschaftlichen Normalität. Bei diesen Grundsätzen kann es nur darum gehen, Gerechtigkeit, Würde, Akzeptanz und Respekt irgendwo niederzuschreiben mit dem Ziel, diese gesellschaftliche Normalität und ein zivilgesellschaftliches Engagement für sexuelle Vielfalt zu erreichen. Es niederzuschreiben, könnte helfen, dieses Ziel zu befördern.
Zum Themenkomplex Diskriminierung und Antidiskriminierungsarbeit möchte ich an dieser Stelle den in diesem Bereich ehrenamtlich tätigen Vereinen wie dem BBZ lebensart e. V. ein Lob für die geleistete Arbeit aussprechen. Die initiierten Projekte dienen der Aufklärung und der Beratung. Sie helfen, die Zivilcourage bei der Diskriminierung von Betroffenen zu erhöhen.
Zur Förderkulisse ist schon einiges gesagt worden. Obwohl die Förderung auf niedrigem Niveau läuft, brauchen wir doch Verlässlichkeit. Ich glaube, die Landesregierung ist in der letzten Zeit ein verlässlicher Partner gewesen.
Zum Aktionsplan gegen Homophobie und zu der Frage, warum sich die Landesregierung daran nicht ausdrücklich beteiligt. Ich denke, dass der Runde Tisch, der LSVD und die beteiligten Vereine gute Arbeit leisten. Sie erstellen derzeit einen solchen Aktionsplan. Ich finde es viel spannender, sich die Frage zu stellen, wie die Landesregierung mit einem solchen Aktionsplan umgehen will und ob sie ihn als Leitfaden für das eigene politische Handeln nutzen will. Es wird spannend sein, sich das anzusehen, wenn der Aktionsplan vorliegt.
Zu einigen Dingen kann ich jetzt nichts sagen. Dafür fehlt mir die Zeit. Zum Schluss möchte ich aber, weil Herr Minister Stahlknecht im Raum ist, noch eines sagen. Gerade kam ein Hinweis auf die bevorstehende Novellierung des SOG. Lassen Sie uns bei der neu einzufügenden Regelung des § 41 Abs. 6 das notwendige Augenmaß nicht verlieren.
Ja, ich weiß. Ich möchte noch zwei Sätze sagen. - Eine weitere Stigmatisierung von Personengruppen muss vermieden werden. Die Anhörung wird hoffentlich zeigen, dass diese Regelung aus rein medizinischer Sicht niemandem etwas bringt. Sie dient weder dem Schutz von Polizisten, noch dient sie denjenigen, denen der HIV-Test abgenommen werden soll. Ich hoffe, dass wir davon Abstand nehmen können.
(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN, von Frau Niestädt, SPD, und von Frau Schindler, SPD)
Also: Die rechtliche Gleichstellung muss umgesetzt werden. Das ist die Aufgabe der Politik. Bis die Gleichstellung in den Köpfen der Menschen ankommt, - darin sind wir uns, glaube ich, einig - ist es noch ein langer Weg. - Vielen Dank.
Ich hätte die Frage ansonsten auch Frau Lüddemann gestellt. Ich hatte vorhin in der Tat nur eine Blickrichtung. Sie gingen noch einmal darauf ein, sehr geehrte Frau Hampel. Sie wissen auch, dass es zurzeit leider noch die Zwangslage gibt, dass jemand, der beispielsweise Opfer einer Vergewal
tigung geworden und dabei mit den Körperflüssigkeiten des Vergewaltigers in Berührung gekommen ist, das Einverständnis des Vergewaltigers benötigt, um feststellen zu lassen, ob dieser mit HIV infiziert ist. Ich weiß nicht, ob Sie das wissen. Das ist einer der Gründe, warum eine solche Regelung aufgenommen werden soll. Es geht nicht nur um das, was vorhin angeführt wurde.
Sie können mir glauben, dass das eine Überlegung dabei war. Ich hatte das vorhin nicht direkt gesagt und wollte Sie jetzt nur fragen, ob Sie das wissen.
Der Fall, den Sie mir geschildert haben, ist mir so nicht bekannt. Ich glaube aber, dass wir gesetzliche Regelungen haben, die jetzt schon die Blutentnahme, diesen körperlichen Eingriff, rechtfertigen.
Im Strafverfahren, ja. Aber das Ermittlungsverfahren wird ja dann - - Mir geht es nur darum: Das, was jetzt geregelt werden soll, betrifft die Befugnis und die Zuständigkeit von Polizisten gegenüber den Opfern.
Ein guter Vorschlag. - Bevor Frau Lüddemann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Schlusswort ergreift, darf ich auf der Nordtribüne ganz herzlich Seniorinnen und Senioren aus der Region Quedlinburg begrüßen. Herzlich willkommen!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Lassen Sie mich kurz eines klarstellen - ich dachte, ich hätte das in unterschiedlicher Weise bereits getan -: Natürlich kann die Landesregierung nicht Akzeptanz verordnen. Herr Minister Bischoff, ich bin völlig bei Ihnen. Einen Rahmen zu setzen und Gesetze zu stricken ist aber schon Aufgabe der Landesregierung. Das Beispiel des SOG ist dafür sehr gut geeignet.
So wie die Vorlage zum SOG gestrickt ist, ist sie geeignet, Vorurteile erheblich zu befördern. Wir haben bislang noch keinen einzigen Hinweis darauf gefunden, wem diese Vorschrift helfen soll. Ich glaube, man darf das Strafrecht und die Gefahrenabwehr nicht durcheinanderbringen. Ich halte es für zutiefst homophob, wenn diese Vorschrift so in das SOG kommt. Das möchte ich für meine Fraktion ganz deutlich sagen.
Herr Minister Bischoff, Sie haben auf viele Gesetze im Land verwiesen, die vor dem Hintergrund der bundesgesetzlichen Vorgaben geändert worden sind. Das ist gut und richtig. Das erwarte ich von einer Landesregierung. Das ist aber eben nur das Mindestmaß. Das ist das, was man tun muss. Wir erwarten von einer guten Landesregierung, dass sie mehr tut, als sie tun muss.
Wozu ich mich auch ganz klar äußern will, Herr Kollege Borgwardt, ist die Frage nach dem Überwachungsstaat. Ich muss sagen, mit dieser Frage haben Sie mich zutiefst traurig gemacht. Ihre Unterstellung, wir würden fordern, eine solche Zwangsabfrage in Formularen oder wo auch immer einzuführen, widerspricht allem, was wir sonst vor uns hertragen. Das ist damit nicht gemeint. Wir haben diese Fragen bewusst gestellt, weil wir wussten, dass es auf vieles keine Antworten gibt. Wir wollten damit deutlich machen, dass wir eine Studie anstoßen müssen.
Wir müssen auf einem anderen Weg zumindest einmal in zehn Jahren Daten besorgen, um die Politik in allen Lebensbereichen adäquat ausrichten zu können. Das bekommen wir nur über eine Studie hin, wie sie Maneo für die Bundesebene erstellt hat. Anders werden wir das nicht schaffen.
Dann muss man eben alle paar Jahre ein wenig Geld in die Hand nehmen. Denn solche Abfragen - Herr Kollege Lange hat exemplarisch gesagt, wohin das führen würde - lehnen wir natürlich ab. Das ist überhaupt keine Frage.
Zur Kollegin Hampel darf ich sagen, dass ich mich über Ihre Ausführungen sehr gefreut habe. Das kommt uns allen entgegen. Das lässt hoffen, dass im nächsten Jahr vieles besser wird, zumindest beim Bund. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie das nicht nur für Ihre Person vorgetragen hätten, sondern auch für Ihre Fraktion oder, noch besser, für die Koalition. Aber man kann eben nicht alles haben.