Protokoll der Sitzung vom 18.10.2012

im Landkreis Wittenberg sowie im Landkreis Mansfeld-Südharz betreffen, und auf die Vernehmung der mit den Sachverhalten in Berührung kommenden Beteiligten erstrecken. In die Klärung sind insbesondere die im Antrag aufgezählten Sachverhalte einzubeziehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Mehrzahl der bisher bekannt gewordenen Fakten wurde hauptsächlich durch die Recherchearbeit der Medien öffentlich. Zu Einzelfällen wurde auch in der Aktuellen Debatte im Juli 2012 bzw. im Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft Stellung bezogen. Es drängt sich unweigerlich die Frage auf, mit welchem Maß an Offenheit die Landesregierung ihre Ministerien und ihre nachgeordneten Behörden bei der Aufklärung dieser Vorgänge bisher agierten und künftig agieren werden.

Warum wurden beispielsweise die Abgeordneten nicht rechtzeitig informiert? Meinte man die Dinge unter Verschluss halten zu können? - Die bisherigen Reaktionen der politisch Verantwortlichen auf allen Ebenen war: Nicht das Benennen des Problems ist das Problem, sondern dass das Problem öffentlich wurde.

(Beifall bei der Linken - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Bisherige Erklärungen und Aussagen der Landesregierung zu den Vorgängen einschließlich getroffener Bewertungen und gezogener Konsequenzen konnten das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit an der vollständigen Aufklärung der Sachverhalte nicht befriedigen und sind somit als nicht hinreichend anzusehen.

Es geht um die Aufklärung von möglichen Verstrickungen der Landesregierung hinsichtlich der Zweckentfremdung von Fördermitteln, sei es durch aktive Beteiligung oder durch billigende Inkaufnahme oder fehlende Kontrollmechanismen.

Es geht darum zu untersuchen, ob und inwieweit Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums und des Landesverwaltungsamtes auf vorrangige Bewilligung von Fördermittelprojekten gedrängt haben, und das angeblich noch auf Wunsch des damaligen Wirtschaftsministers.

Was mussten wir von Landesregierung und Koalition in den letzten Monaten nicht alles hören: Die dargestellten Vorwürfe sind haltlos, unberechtigt, die zu untersuchenden Sachverhalte liegen klar auf dem Tisch und bedürfen letztlich keiner Untersuchung. Die Landesregierung habe in der vergangenen Zeit bereits alle Fakten und Tatsachen gegenüber der Opposition offen und unverzüglich auf den Tisch gelegt. Es ist deshalb äußerst fraglich, ob neue Erkenntnisse zu erwarten sind. Nichts und rein gar nichts muss mittels eines Untersuchungsausschusses aufgeklärt werden. - So die bisherigen Darstellungen.

Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist leider nicht so. Die Aussagen von Ministerpräsident Haseloff und Minister Robra sollten uns die Erkenntnis bringen, es habe einen Antragsstau gegeben, der Mitte 2006 entstanden sein soll, deshalb die dringliche Bitte um zügige Bearbeitung einzelner Fälle, von denen sich einige an den Minister gewandt haben.

Ist er nicht möglicherweise auch deshalb entstanden, dieser Aufwuchs, dass bis Ende 2005 ein Höchstmaß an Fördermittelbescheiden erstellt wurde, wohl wissend, dass es zurzeit der Landtagswahl unschicklich sei, dies zu tun. Allein vom 26. September bis 30. September 2005, also innerhalb von vier Tagen, wurden 114 Bescheide ausgestellt, so viel wie in keinem anderen Zeitraum zuvor.

Und war es nicht so, dass der damalige Staatssekretär und der dann berufene Minister seit Jahren die politische Entwicklung auf dem Gebiet der Verteilung der Fördermittel maßgeblich beeinflusst hat? Was hat dann ein Regierungswechsel damit zu tun?

In der Aktuellen Debatte vom 13. Juli 2012 ließ uns Staatsminister Robra wissen - ich zitiere -:

„Auf seiner Ebene zieht das Wirtschaftsministerium weitere Konsequenzen und verschärft die Förderbedingungen und Nachweispflichten für Unternehmen. Anfang 2009 überträgt es die Durchführung vom Landesverwaltungsamt auf die Investitionsbank. Bei dieser Gelegenheit wurde abermals eine Reihe weiterer Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Verhinderung von Fördermittelmissbrauch ergriffen, deren Darstellung im Einzelnen hier zu weit führen würde.“

Ich denke, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden im Ausschuss genügend Gelegenheit haben, diese Darstellung ausreichend zu analysieren und zu bewerten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach Bekanntwerden der Absicht, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzurichten, mehrten sich bei uns Anfragen und Hinweise zu möglichen ähnlich gelagerten Fällen, in anderen Verantwortungsbereichen etwas genauer hinzuschauen, wer sich mit welchen Intentionen für welche Projekte stark gemacht hat und wo berechtigte Nachfragen abgebügelt worden sind, interessanterweise immer mit dem Stichwort „Fördermittel“ verknüpft.

Es ist an der Zeit, mit einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss alle Schwachstellen aufzuspüren, die einen möglichen Missbrauch begünstigen. In diesem Sinne erwarten die Unter

zeichner dieses Antrages eine konstruktive Mitarbeit aller Fraktionen im Hause. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Thiel. - Wir haben eine Fünfminutendebatte vereinbart. Als Erster spricht für die Fraktion der SPD Herr Kollege Erben.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! LINKE und GRÜNE haben die Einsetzung des 13. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses gefordert. Das erforderliche Quorum ist damit erreicht. Das ist ein von uns zu akzeptierendes Minderheitenrecht der Opposition in diesem Hause. Wir werden diese Akzeptanz anschließend durch eine Stimmenthaltung zum Ausdruck bringen.

Der Untersuchungsgegenstand ist inhaltlich grundsätzlich bekannt. Er war bereits Gegenstand der Debatte in diesem Hohen Hause und beschäftigt die Strafverfolgungsbehörden in Sachsen-Anhalt. Es geht um die Verwendung von Fördermitteln und die Praxis der Vergabe derselben. Für die Arbeit im Untersuchungsausschuss darf ich Ihnen als Antragsteller die engagierte und konstruktive Mitarbeit der Ausschussmitglieder meiner Fraktion versichern. Auch wir haben ein Interesse, dass tatsächlich Licht in die Angelegenheit gebracht wird.

Im Moment haben wir ein Problem. Bislang sind nach meiner Kenntnis verhältnismäßig wenige Fakten im Umlauf, dafür umso mehr Andeutungen und Spekulationen. Genau deswegen hatte die SPD-Fraktionsvorsitzende in der Debatte in der Juli-Sitzung gefordert, dass Transparenz das oberste Gebot in dieser Situation ist und dass alle Fakten auf den Tisch müssen.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Wir möchten wissen, was passiert ist und was eben nicht passiert ist. Wir möchten den Fall klar bewerten können, und zwar auf der Basis von Fakten.

Der Ministerpräsident hat bei gleicher Gelegenheit versichert, dass von ihm keinerlei Einflussnahme auf eine rechtswidrige Fördermittelvergabe erfolgte und dass er es war, der als damaliger Ressortchef die Angelegenheit bei der Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht hat. Deswegen bin ich davon überzeugt, dass die Landesregierung die Arbeit des Untersuchungsausschusses loyal und konstruktiv begleiten wird; denn auch sie ist an einer Aufklärung interessiert.

Das Aufklärungsinteresse muss uns alle einen, egal ob wir in diesem Hause die Regierung stützen

oder aber als Opposition selbige zu kontrollieren haben. Denn die Vorwürfe, die im Raum stehen, werfen ein schlechtes Bild auf das politische System. Unsere Erfahrung lehrt uns, dass solche Vorwürfe bei den Menschen zu Verdruss führen und diese den Verdruss nicht nur an einer Partei festmachen, die von den Vorwürfen betroffen ist, sondern dass sich das Ganze sehr schnell gegen das politische System und die Parteien als solche richtet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Landesregierung und Landtag, Regierungs- wie Oppositionsfraktionen haben ein gemeinsames Interesse an zügiger und abschließender Aufklärung. Das soll unsere gemeinsame Richtschnur für die Arbeit im 13. PUA sein. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Kollege Erben, es gibt eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Gallert. Möchten Sie diese beantworten?

Habe ich gesehen, das mache ich gern.

Herr Erben, ich bin weit entfernt davon, eine Staatsrechtsdebatte loszutreten, aber Ihre Aussage, dass es Aufgabe der Opposition im Landtag ist, die Landesregierung zu kontrollieren, nötigt mich noch einmal zu der Aussage, dass die Illusion, die ich habe, immer noch ist, dass der gesamte Landtag ein Interesse daran hat, die Regierung zu kontrollieren.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Herr Kollege Gallert, diese Illusion ist die Verfassungslage.

Ja, so ist es.

(Herr Striegel, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ist es auch Verfassungswirklichkeit?)

Vielen Dank. Somit ist auch das klargestellt. - Wir können weitere Gäste im Hause begrüßen. Ich heiße nun eine Parlamentarierdelegation aus Myanmar herzlich willkommen. Das ist eine junge Demokratie. Willkommen in diesem hohen Hause!

(Beifall im ganzen Hause)

Herzlich willkommen, Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule aus Höhnstedt!

(Beifall im ganzen Hause)

Wir fahren in der Debatte fort. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Kollege Herr Erdmenger.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Zweifel meiner Fraktion, die wir auch in der Aktuellen Debatte im Juli 2012 im Landtag vorgebracht haben, sind nicht ausgeräumt.

Sie erinnern sich sicherlich daran, dass wir uns zunächst Zeit genommen und gesagt haben: Wir bringen den Vorgang in den Wirtschaftsausschuss, um der Landesregierung dort die Möglichkeit zu geben, die Aufklärung zu betreiben, die sie angeblich immer in petto hatte und die sie darin immer durchführen wollte, um eine Stellungnahme entgegenzunehmen, um zu schauen, ob etwas an den Beschuldigungen dran ist oder nicht, und um die Akten zu prüfen.

Ich möchte dazu zusammenfassend festhalten: Es sind nach wie vor viele Fragen offen. Deswegen haben wir uns entschlossen, diesen Einsetzungsbeschluss für einen 13. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht nur mitzutragen, sondern ihn auch mit zu erarbeiten und mit einzubringen.

Denn was ist passiert, seit wir im Juli im Plenum über das Thema gesprochen haben? - Wir haben zwar Akten vorgelegt bekommen, es handelt sich dabei aber nur um eine Liste von 3 000 Fördervorgängen. Auf die Akten zu den betroffenen Vorgängen warten wir noch heute.

Wie kam es dazu? - Erst sagt der Staatsminister in der Beratung im Ausschuss zu, dass wir diese Akten bekommen können. Anschließend heißt es aber, die Akten werden nicht freiwillig vorgelegt, sondern wir müssen ein Akteneinsichtsersuchen stellen. Das haben wir gestellt. Seit Mitte September 2012 liegt es der Landesregierung vor. Wir haben jetzt Mitte Oktober, kennen diese Akten aber immer noch nicht. Dazu sage ich: Das zeigt doch, dass es höchste Zeit ist, dass wir diesen Untersuchungsausschuss bekommen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Die Akten müssen noch aussor- tiert werden!)

Nebulös ist auch weiterhin die Rolle des betroffenen Mitarbeiters. In den Medien heißt er Michael S. Es gibt keine Erklärung dafür, dass die Landesregierung die Fördervorgänge 2008 der Staatsanwaltschaft übergeben, jedoch keine personellen Konsequenzen gezogen hat.

Es gibt auch keine Erklärung dafür, warum die Landesregierung, als die Staatsanwaltschaft im Jahr 2010 dann etwas gefunden hatte und Hausdurchsuchungen durchführen ließ, immer noch nichts geändert hat.

Im Jahr 2011 gab es in der Presse neue Vorwürfe. Damals ordnete der Staatssekretär zwar die Versetzung des Mitarbeiters an, der Mitarbeiter wurde jedoch nicht versetzt, angeblich weil er eine plausible Erklärung dafür hatte, was geschehen ist. Ob und, wenn ja, wie diese Erklärung geprüft wurde, das wissen wir nicht. Das ist alles sehr nebulös. Deswegen fragt sich unsere Fraktion an dieser Stelle: Wer hält hier seine Hand eigentlich über wen?

(Beifall bei den GRÜNEN)