Protokoll der Sitzung vom 19.10.2012

- Okay, wir nehmen zur Kenntnis, es wurde ja gesagt, aber keine Zahl genannt. - Herr Erdmenger, Sie wollten eine Frage stellen? Habe ich das richtig gesehen? - Frau Ministerin, würden Sie auch die Frage von Herrn Erdmenger beantworten?

(Zuruf von den GRÜNEN: Auch mit Ja! - Herr Schröder, CDU: Oder mit Nein! - Heiterkeit)

- In der Tat. - Vielen Dank, Frau Ministerin, für diese Ausführungen. Ich bin tatsächlich dankbar dafür, weil Sie etwas Ruhe in diese wichtige Debatte hineingebracht haben. Ich finde, das ist dem Thema auch angemessen.

Ich habe mich besonders auf den letzten Teil Ihrer Rede zum Netzausbau gefreut, weil das die Herausforderung ist, die wir im Land vor uns haben. Wir sind uns zwar darüber einig, dass das die Herausforderung ist, aber dann ist es doch relativ schwer zu fassen, worin die Herausforderung besteht.

Jetzt habe ich Ihrer Rede entnommen, dass Sie konstatieren, dass eine Höchstspannungsleitung bereits gebaut worden ist, und dass Sie darüber hinaus Verfahrensfragen gegenüber der Bundesregierung kommentiert haben. Heißt das, dass Sie als Landesregierung sich bisher nicht damit auseinandergesetzt haben, welcher Netzausbau bzw. welche Umschaltstationen im Land tatsächlich zusätzlich notwendig sind? Oder wäre das eine Fehlinterpretation?

Dazu gibt es ganz detaillierte Ausarbeitungen. Wir haben auch im Ausschuss schon darüber gesprochen. Dazu habe ich einmal relativ detailliert berichtet. Sie können sicher sein, dass wir uns sehr detailliert damit befassen. - Also, ja. Aber das wollte ich jetzt nicht in aller Ausführlichkeit darstellen.

Dann war es keine Ja-Nein-Frage.

Das hätte die Redezeit endgültig gesprengt. Vielen Dank. - Jetzt kommen wir zu den Beiträgen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie haben sich für Abgeordnetensplitting entschieden. Das heißt, sowohl Frau Frederking als auch Herr Erdmenger werden sprechen. Sie haben gemeinsam eine Redezeit von zehn Minuten. Frau Frederking beginnt. Sie, Herr Erdmenger, werden unmittelbar danach sprechen? - Nein, Sie werden nach Frau Hunger sprechen. Sehe ich das richtig? - Gut, dann spricht jetzt Frau Frederking.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren von der CDU,

(Herr Leimbach, CDU: Sind wir keine Kolle- gen?)

Sie wollen die Energiewende mit Augenmaß gestalten, aber Ihre Politik ist mit Scheuklappen behaftet. Sie beschränken Ihre Sicht auf gestiegene Strompreise. Dabei gerät Ihnen aus dem Blick, dass die Energiewende eine große nationale Aufgabe ist, die natürlich nicht zum Nulltarif zu lösen ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Thomas, natürlich brauchen wir PV. Wie sollte es sonst gehen, dass wir von den fossilen Energieträgern und der Atomenergie wegkommen?

(Herr Thomas, CDU: Das wollen wir alle!)

Sie von der CDU - so war es in der Pressemitteilung von Herrn Schröder zu lesen - werfen uns eine unsoziale Energiepolitik vor.

(Herr Thomas, CDU: Da hat er Recht!)

Doch gerade die CDU ist dafür verantwortlich, dass es zu Energiepreiserhöhungen kommt. Denn Schwarz-Gelb auf der Bundesebene hat die Erneuerbare-Energien-Umlage in die Höhe getrieben, und zwar durch unnötige Ausnahmeregelungen für Unternehmen, die einfach nur viel Energie verbrauchen, durch das Eigenstromprivileg und durch die Marktprämie.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war bereits im Jahr 2012 so. Aber das Rezept der Bundesregierung heißt nicht etwa umsteuern, sondern es heißt: noch eins draufsetzen. So werden im Jahr 2013 noch mehr Unternehmen von der EEG-Umlage befreit. Darüber hinaus wird die Reserve im EEG-Topf unverhältnismäßig vergrößert.

Doch anstatt die erneuerbaren Energien mit Attacken und mit Lamentieren auszubremsen,

(Oh! bei der CDU)

müssen und können wir auch die Kosten sinnvoll dämpfen und fair verteilen. Die Erhöhung der EEG-Umlage um 1,7 Cent ist ein Rekordanstieg. Darüber sind wir uns alle einig. Aber ich unterstelle an dieser Stelle, dass diese drastische Erhöhung auch so gewollt ist. Denn sie müsste gar nicht so hoch sein und könnte bei einer echten Politik mit Vernunft und Augenmaß sogar um 0,9 Cent/kWh niedriger liegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit weiteren Maßnahmen könnte der Strompreis kurzfristig sogar um 1,5 Cent/kWh sinken. Damit könnte dann auch die Erhöhung der EEG-Umlage ausgeglichen werden.

(Zuruf von Herrn Rosmeisl, CDU)

- Das erzähle ich Ihnen. - Angetrieben von den Interessen der Industrie- und Energiekonzerne wird jede Gelegenheit genutzt,

(Zustimmung von Herrn Rosmeisl, CDU)

um die erneuerbaren Energien als Strompreistreiber zu diskreditieren. Damit soll die Akzeptanz für die erneuerbaren Energien bei der Bevölkerung gebrochen werden. Das hat Herr Thomas auch angesprochen.

(Zuruf von Herrn Thomas, CDU)

Es geht um Verteilungskämpfe mit Ellenbogenmethoden. Inzwischen haben die erneuerbaren Energien einen Anteil von 25 % am Strommix. Sie sind eine ernste Konkurrenz. Hier geht es also um den Kampf zwischen Alt und Neu.

(Beifall bei den GRÜNEN - Herr Rosmeisl, CDU: Wie war das mit den Scheuklappen?)

Seit der Einführung des Erneuerbare-EnergienGesetzes im Jahr 2000 ist der Strompreis bis jetzt um 12,1 Cent/kWh gestiegen. Davon geht aber lediglich ein Drittel auf das Konto der erneuerbaren Energien. Die erneuerbaren Energien sind definitiv nicht die Strompreistreiber. Im Gegenteil: Sie sorgen sogar für eine Senkung des Strompreises an der Börse. Denn in Zeiten großer Nachfrage, nämlich zur Mittagszeit, ist viel Solarstrom im Netz, und teure Spitzenlastkraftwerke müssen nicht mehr angeschaltet werden.

(Zuruf von Herrn Rosmeisl, CDU)

Auch langfristig können uns nur die heimischen und dezentralen erneuerbaren Energien vor Liefer- und Preisrisiken bewahren.

Bei den Energiepreisen wird Bezahlbarkeit eingefordert. In der Diskussion werden auch immer die Einkommensschwachen genannt. Hier frage ich mich: Sind sie wirklich der Gradmesser? Oder werden sie nicht eher als Vorwand missbraucht, um bestehende Strukturen zu festigen, statt sie zu ändern?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Die soziale Frage kann doch nicht mit „billig“ beantwortet werden, weder mit billigem Strom noch mit billigem Fleisch aus tierquälerischer Haltung noch mit billiger Kleidung aus menschenunwürdiger Produktion.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Wenn es wirklich um Einkommensschwache geht - das hat die gestrige Diskussion gezeigt -, dann brauchen wir doch einen Mindestlohn, eine bessere Grundsicherung, auskömmliche Renten und mehr Arbeit in zukunftsfähigen Branchen. Das hilft wirklich gegen Energiearmut.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN - Zurufe von der CDU)

Ich möchte in der Preisdebatte deshalb um mehr Ehrlichkeit bitten, damit wir die wahren Fehlentwicklungen erkennen können und auch wirksam gegensteuern können.

Ja, Energie muss bezahlbar sein - Herr Rosmeisl, Sie haben danach gefragt - und Energie kann auch in Zukunft bezahlbar bleiben. Um die Preissenkung von 1,5 Cent/kWh für private Haushalte, den Mittelstand und das Handwerk zu erreichen, müssen erstens die Ausnahmeregelungen für energieintensive Unternehmen zurückgefahren werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Zweitens. Energieunternehmen müssen die Vorteile aus den gesunkenen Börseneinkaufspreisen an Stromkundinnen und Stromkunden weiterreichen.

Drittens. Unwirksame und kostentreibende Elemente im Erneuerbare-Energien-Gesetz müssen gestrichen oder angepasst werden. Ich hatte die Marktprämie schon erwähnt. Beispielsweise sollte die Liquiditätsreserve bei 3 % bleiben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Selbstverständlich muss das Erneuerbare-Energien-Gesetz auch angepasst werden. Aber es wird weiterhin gebraucht. Es muss auch künftig der Motor für die Energiewende sein. Aber es muss eben weiterentwickelt werden. Einiges muss heraus, andere Elemente müssen hinein, zum Beispiel Anreize für Speichertechniken.

Hierzu nun noch einmal die Frage an die CDU, die von Perspektive gesprochen hat. Das EEG soll perspektivisch abgeschafft werden. Wir brauchen eine Klärung dazu, was sie mit „Perspektive“ meint. Wir haben aus der Rede des Vertreters der CDU-Fraktion den Eindruck gewonnen, dass das schnell gehen soll. Dazu hätten wir vom Ministerpräsidenten gern gewusst, wie die CDU dazu steht.

Leider fehlt von Bundesumweltminister Altmeier in seinen Vorschlägen zur künftigen Änderung des EEG jede ernsthafte Analyse. Altmeier will zeitliche und zahlenmäßige Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Dazu kann ich nur sagen: Ja, wenn er damit meint, so schnell wie möglich und zu 100 %. Aber Finger weg von Ausbaudeckeln und Quotenregelungen!

Die Bundesregierung kapituliert vor den Herausforderungen. Sie laufen zurück auf den Stand des Jahres 2000. Aus Berlin ist von Herrn Vaatz schon zu hören, dass das EEG abgeschafft werden soll

(Zustimmung von Herrn Weigelt, CDU)