Protokoll der Sitzung vom 19.10.2012

Im Rahmen des § 5 sollen die Landkreise und kreisfreien Städte in Höhe von 30 % an den Kosten beteiligt werden. Bereits jetzt schon haben die Kommunen nicht die erforderlichen finanziellen Mittel, die digitalen Endgeräte zu erwerben und in die Fahrzeugtechnik zu installieren. Mal abgesehen davon, dass bereits zum jetzigen Zeitpunkt die vorhandene Technik überaltert ist. An dieser Stelle ist die vorgeschlagene Regelung der Kostenbeteiligung nicht zielführend und verkennt die diese Mängel.

Die Entnahme von 1,2 Millionen € aus dem Ausgleichsstock ist aus unserer Sicht nicht geeignet, die entsprechend den Aufgaben notwendige Finanzstruktur nachzuweisen.

Die Reglungen zur Verordnungsermächtigung lassen keinerlei Rückschlüsse auf die Angemessenheit und Erforderlichkeit der zugrunde gelegten Kostenbestandteile zu. Sollen nun die Kosten nach betriebswirtschaftlichen Erfordernissen oder nach Einheitssätzen oder auf welcher Grundlage sonst ermittelt werden? Welche Abschreibungen sind zu tätigen, welche Kostenbestandteile sollen zu den Betriebskosten gezählt, welche Rücklagen sollen gebildet, welche Vorkehrungen sollen zum Beispiel im Bereich des Massenanfalls von Verletzten vorgehalten werden usw.?

Diese Fragen sind durch die Regelungen des § 6 aus unserer Sicht nicht umfasst. Auch die Verkündung einer periodischen Überprüfung der festgelegten Parameter lässt die Einflussnahme kommunalen Aufgabenträger völlig offen und steht nicht im Gesetzestext.

Werte Damen und Herren! Meine Fraktion wird sich einer Ausschussüberweisung zur federführenden Beratung in den Innenausschuss und zur Mitberatung in den Finanzausschuss sowie in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung zur Klärung auch der aufgeworfenen Fragen nicht entgegenstellen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Grünert. - Für die SPD spricht der Kollege Herr Erben. Bitte schön, Herr Erben.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist bereits richtigerweise darauf hingewiesen worden, dass es vor allem auch um ein technisches Gesetz geht. Ich will aber trotzdem einige allgemeine Aussagen zum Thema Einführung des digitalen Behördenfunks in Sachsen-Anhalt voranstellen.

Wir haben eines der größten und im öffentlichen Bereich wahrscheinlich sogar das größte Infrastrukturprojekt der letzten Jahrzehnte zu bewältigen. Für die deutsche Industrie ist das kein Ruhmesblatt gewesen. Die öffentliche Hand hat sich sehr häufig immer wieder auf Versprechen der Industrie verlassen. Deswegen ist es zu wesentlichen Verzögerungen bei der Einführung des digitalen Behördenfunks gekommen.

Es ist aber auch deswegen so, weil es immer wieder auch politische Vorgaben gab, die unrealistisch waren, die die Arbeitsebenen jeweils überhaupt nicht umsetzen konnten.

Wir haben nunmehr das Ergebnis, dass es zu einem erheblichen Zeitverzug gekommen ist. Deswegen gilt mein besonderer Dank all denjenigen, die das auf der Arbeitsebene, egal ob hier in Sachsen-Anhalt oder bei der Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen, zu bewältigen haben. Das ist keine einfache Aufgabe gewesen.

Es ist im Übrigen auch kein Digitalfunk - das wird immer erzählt -, den es außer im Kosovo und in Albanien überall in Europa gebe; das ist mitnichten der Fall. Vielmehr ist es eines der modernsten Funknetze der Welt.

Ich komme zu den kommunalen Beteiligungen, um die es im Kern in diesem Gesetzentwurf geht. Ich halte sie für unabdingbar. Natürlich müssen alle Nutzer des digitalen BOS-Funks auch an den Betriebskosten beteiligt werden.

Wir haben in der Vergangenheit zweistellige Millionenbeträge für die Erstinvestition ausgeben. Im Nachhinein muss man natürlich auch sagen: Was nichts kostet, ist manchmal auch nichts wert. Ich hatte schon manchmal den Eindruck, dass im kommunalen Bereich mehr über die Größe der Sprechtasten diskutiert worden ist als über die Aufwendungen, die das Land insgesamt getätigt hat.

Ich halte es, wie gesagt, für alternativlos. Es muss eine Beteiligung an den Betriebskosten erfolgen. Im Übrigen haben wir auch einen Haushalt beschlossen, der für das Jahr 2013 entsprechende

Beteiligungen auf der Einnahmenseite des Landeshaushaltes vorsieht.

Es ist auch nicht einzusehen, warum das Land mit null Beteiligung die Kosten des Rettungsdienstes - über die kommunale Beteiligung erfolgt auch eine Beteiligung der Kostenträger des Rettungsdienstes -, die letztendlich die Krankenkasse zu tragen haben, subventionieren sollte.

Insofern freue ich mich auf die Diskussionen im Innenausschuss in den nächsten Wochen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Erben. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Abgeordneter Striegel. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Der Digitalfunk kommt. Er kommt zwar wesentlich später und wesentlich teurer als geplant, aber er kommt.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Warten wir es ab! - Herr Erben, SPD: Der zweite Teil stimmt überhaupt nicht!)

Wir erinnern uns: Nach dem großspurigen Versprechen des damaligen Bundesinnenministers Otto Schily sollte der Digitalfunk bereits zur Fußball-WM 2006 zur Verfügung stehen. Es mag ja sein, dass sich der Minister fälschlicherweise auf die deutsche Industrie verlassen hat, aber dann gab es Alleingänge des Ministers und Verträge per Handschlag sowie einen festgefahrenen Konflikt mit den Bundesländern, weil es bei der Föderalismusreform I nur um das BKA ging und nicht darum, dass der Aufbau eines einheitlichen bundesweiten Digitalfunks als Aufgabe des Bundes definiert wurde.

Im Ergebnis haben wir mit der Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben eine doch ein wenig schwerfällige Bund-Länder-Behörde, die mit der Bewältigung dieses Großprojektes schon aufgrund ihrer Organisationsstruktur so ihre Probleme hatte und noch immer hat.

(Herr Erben, SPD: Er muss es ja wissen!)

Die derzeit bestehenden analogen Funknetze haben ihre Wurzeln in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Sie sind technisch veraltet und störanfällig. Sie können die wachsenden Anforderungen der Polizei, der Feuerwehr, des Rettungsdienstes sowie des Katastrophenschutzes nicht mehr erfüllen und stoßen an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit.

Die heutigen technischen Möglichkeiten der mobilen Kommunikation und Datenübertragung können mit dem analogen Funksystem nicht mehr umgesetzt werden. Darüber hinaus lassen die Hersteller die Produktion und Entwicklung analoger Funktechnik auslaufen. Ihre Instandhaltung wird somit immer schwieriger und teurer.

An dieser Stelle kann der Digitalfunk Abhilfe schaffen. Seine Einführung gestaltet sich aber von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Was ganz Europa kann, bringt die Bundesrepublik als selbsterklärte Hochtechnologienation nicht oder nur unter Schwierigkeiten zustande - so schien es zumindest lange Zeit.

Der vorliegende Gesetzentwurf soll nun die weiteren Voraussetzungen zur Umstellung des Digitalfunks in Sachsen-Anhalt schaffen. Die Frage, ob es hierzu eines völlig neuen Gesetzes bedurft hätte, will ich einmal dahingestellt lassen. Wenn es der Sache dienlich ist, dann soll es so sein.

Seit April dieses Jahres läuft der Probebetrieb auf etwa 80 % der Fläche des Landes Sachsen-Anhalt. Herr Minister, Sie haben dazu ausgeführt. Es bestehen noch Netzlücken; diese sollen geschlossen werden.

Ich hoffe, dass es uns gelingt, dieses ambitionierte Ziel zu erreichen. Bei der Vorgeschichte kann ich Menschen, die das bezweifeln, durchaus verstehen; aber ich hoffe, dass wir das hier in SachsenAnhalt hinbekommen.

Kritisch am Gesetzentwurf - der Kollege der Fraktion DIE LINKE hat es bereits ausgeführt - sehen auch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die finanziellen Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte.

Dass die Kommunen an den Kosten für die Betriebsphase des Netzes beteiligt werden sollen, kann ich mit Blick auf deren Verantwortung für den Rettungsdienst sowie den Brand- und Katastrophenschutz nachvollziehen, auch wenn es Beispiele aus anderen Bundesländern gibt, wie Rheinland-Pfalz, Hessen und Nordrhein-Westfalen, die ihre Kommunen an dieser Stelle freistellen.

Allerdings ist die in § 5 des Entwurfes vorgesehene prozentuale Beteiligung in Höhe von 30 % für die Kommunen und angesichts ihrer auf Kante genähten Haushalte letztlich doch eine Rechnung mit Unbekannten.

(Minister Herr Stahlknecht: Landkreise!)

- Zu den Kommunen gehören die Landkreise.

(Minister Herr Stahlknecht: Okay!)

- Sind wir uns einig? - Man geht, so die Gesetzesbegründung, zwar derzeit von einem Erstattungsbetrag zulasten der Kommunen in Höhe von ca. 1,4 Millionen € aus, doch die Beispiele aus anderen Ländern, beispielsweise aus Bayern, zeigen,

dass Kostensteigerungen in Höhe von 20 % bis 30 % nicht ausgeschlossen werden können.

An dieser Stelle einen jährlichen Festbetrag festzuschreiben, der über die Zuweisungen des FAG abgezogen wird, hielte ich mit Blick auf die Planungssicherheit für die Haushalte der Landkreise für sinnvoller. Dies würde auch der Kritik, die seitens des Landkreistages und des Städte- und Gemeindebundes geäußert worden ist, Rechnung tragen. Wir sollten uns hiermit, meine Damen und Herren, in den Ausschüssen beschäftigen.

Herr Kollege Striegel, der Herr Kollege Barthel würde Ihnen gern eine Frage stellen.

Herr Kollege Striegel, Sie haben zu Beginn Ihrer Rede ausgeführt, dass die Nichteinführung des Digitalfunks zur Fußballweltmeisterschaft im Jahr 2006 vermutlich darin begründet gewesen sei, dass sich der damalige Minister auf die deutsche Industrie verlassen habe. Darf ich Ihrer Aussage entnehmen, dass Sie der Annahme sind, dass die deutsche Industrie nicht ausreichend leistungsfähig sei, um so etwas zu lösen, und dass die Ursache für die Nichteinführung in der mangelnden Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie gelegen hat?

(Herr Erben, SPD: Der Deutschen Bahn AG!)

Es haben in diesem konkreten Fall viele dazu beigetragen. Es war ein Versprechen, das nicht eingehalten werden konnte. Es lag, so glaube ich, nicht nur an der Industrie, sondern es war ein Zusammenspiel von Industrie und Politik und im konkreten Fall - ich glaube, der Kollege Erben hatte darauf Bezug genommen - auch der Deutschen Bahn AG.

(Herr Erben, SPD: Die DB Telematik GmbH!)

Vielen Dank, Herr Striegel. - Für die CDU-Fraktion spricht der Kollege Herr Kolze. Bitte schön, Herr Kolze.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In unserem Bundesland wurde im April dieses Jahres der erweiterte Probebetrieb für den Digitalfunk BOS gestartet. Derzeit können wir 89 % des Territoriums unseres Landes mit Digitalfunk abdecken. Bis voraussichtlich Ende des Jahres wird die vollständige Netzabdeckung erreicht sein.

Bei einem Besuch der Polizeistation in Harzgerode konnten wir uns vor Ort ein Bild von der - dies ist

der Topologie geschuldet - schwierigen Ablösung des analogen Sprechfunks machen. Man ist aber zuversichtlich, dass bis zum Ende des Jahres alle Basisstationen fertiggestellt sein werden. Die Feuerwehren, die Hilfsorganisationen und die Polizei erwarten die flächendeckende BOS-Digitalfunkversorgung in Fahrzeugen sehnsüchtig.

Wie wir alle den Medien entnehmen konnten, bewährte sich der BOS-Digitalfunk auch beim königlichen Besuch in Oranienbaum und Wörlitz im April dieses Jahres. Von der Einsatzleitung wurde insgesamt ein positives Fazit der Nutzung gezogen.

Die festgestellte fehlende Funkversorgung in den Schlössern ist mit hoher Wahrscheinlichkeit dann erledigt, wenn die Funkstreifenwagen der Polizei auch mit fest eingebauten BOS-Digitalfunkgeräten ausgestattet sind.