Protokoll der Sitzung vom 15.11.2012

Können wir zur Frage kommen?

Jetzt zu meiner Frage. Sie bezieht sich auf ihre Forderung, wir sollten uns Zeit nehmen. Können Sie sich vorstellen, was heute in Maxdorf passieren würde, wenn es damals nicht so beherzte Menschen wie die Mitglieder der Bürgerinitiative gegeben hätte, die die Forderung aufgestellt haben, die Sie heute so pauschal in den Raum stellen, nämlich die ökologische Belastbarkeit der Region zu untersuchen und die teilweise vorgefassten Meinungen infrage zu stellen? Können Sie sich vorstellen, welcher Betrieb dort CO2 in die Erde pressen würde, wenn es diese Bürgerinitiative nicht gegeben hätte, die sich vor zwei Jahren gegründet hat?

(Herr Borgwardt CDU: Das kannst du abha- ken! - Weitere Zurufe von der CDU)

Ich weiß nicht, Herr Krause, ob Sie stolz darauf sein sollten, in der Altmark auf Dauer alles zu verhindern.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU - Herr Krause, Salzwedel, DIE LINKE: Es ging um die Zeit, die Sie für wissenschaftliche Unter- suchungen in Anspruch nehmen wollen! Damals haben einige darauf gepfiffen!)

Jetzt hat Herr Gallert das Wort. Herr Gallert, bitte.

Das ist keine Frage, sondern eine Intervention. Ich will noch einmal - insofern war der Einwand von Herrn Krause inhaltlich völlig richtig - darauf hinweisen, dass wir uns, wenn wir heute den Eindruck erwecken, wir würden bei der CCS-Debatte über die wissenschaftliche Analyse vor Ort am Anfang der Diskussion stehen, ein ganz schlechtes Zeugnis ausstellen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wir wissen, dass die wissenschaftliche Debatte seit zehn Jahren läuft. Die Debatte in der Altmark mit intensiver Bürgerbeteiligung läuft seit fünf Jahren, besonders intensiv seit zwei Jahren. Wenn wir heute den Eindruck erwecken, wir müssten erst einmal schauen, was da los ist, dann ist das, so sage ich, ein schlechtes Zeugnis für uns. Das hieße, dass ausschließlich wir gucken müssten, was los ist. Viele andere haben es längst getan.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Herr Scharf, Sie haben es gehört; wir alle haben es gehört. Sie wollen nicht darauf reagieren?

Das war ja keine Frage.

(Beifall bei der CDU - Herr Gallert, DIE LIN- KE: Nö!)

Jetzt spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN noch einmal Frau Frederking. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ministerin Wolff, die Tatsache, dass noch kein Antrag gestellt wurde, als Begründung dafür heranzuziehen, jetzt keine Entscheidung zu treffen, ist doch völlig absurd. Warum haben wir denn ein Bundesgesetz? Wir können das doch nicht ignorieren. Wir müssen uns dazu bekennen. Die Politik trifft doch auch immer Entscheidungen für die Zukunft.

Das Bundesgesetz eröffnet uns jetzt die Chance, die Gebiete in Sachsen-Anhalt ganz genau anzuschauen und zu prüfen, welche spezifischen Be

dingungen dort zu finden sind. Mit diesen Begründungen können wir das auch rechtssicher machen.

Herr Scharf, das Gesetz soll doch nicht morgen kommen. Der Antrag besagt, dass wir ein Gesetz erarbeiten wollen. „Erarbeiten“ heißt, sich die Gebiete und die geologischen Gegebenheiten genau anzuschauen. Es steht sogar explizit in § 2, dass es untersucht wird und dass es abgewogen werden muss.

(Beifall bei den GRÜNEN - Herr Borgwardt, CDU: Die Abwägung ist doch bei Ihnen schon klar! Sie haben gesagt, Sie wollen es nicht! - Zuruf von Herrn Leimbach, CDU)

Herr Scharf hat eben auch falsch zitiert. Die Überschrift des Antrages lautet ganz klar „Landesgesetz zum Kohlendioxid-Speicherungsgesetz erarbeiten“. Ich weiß nicht, welche Vorlage Sie hatten.

(Unruhe bei der CDU)

- Herr Leimbach, das Schwarze sind die Buchstaben und Lesen hilft manchmal.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Der Beschlussvorschlag lautet ganz klar, die Landesregierung wird gebeten, gemäß § 2 Abs. 5 des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes ein Landesgesetz zu erarbeiten und einzubringen. Ich weiß nicht, was dabei hin und her diskutiert wird.

(Zuruf von Frau Feußner, CDU)

Wenn Herr Scharf sagt, es wäre schon alles vorweggenommen, dann ist das einfach nicht richtig und muss hier klargestellt werden.

(Zurufe von der CDU)

Die Anwendung von CCS ist keine Phantomdiskussion, wie Sie es in Ihrer Pressemitteilung behaupten und wie es die Ministerin angedeutet hat, indem sie sagt, man habe noch keinen Antrag vorliegen. Ich meine, schauen Sie sich die Karten des Bundesamtes für Geowissenschaften und Rohstoffe an. Darin werden ganze Gebiete als potenzielle Speicher ausgewiesen.

(Unruhe)

Frau Kollegin, ich würde Ihnen gern eine aufmerksamere Zuhörerschaft verschaffen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Wir wollen den Geräuschpegel etwas senken. - Danke schön.

Bedenken Sie, dass auf europäischer Ebene über ein europäisches Pipeline-System diskutiert wird.

Das ist Gegenstand der Diskussion. Das zeigt auch, wie ernsthaft CCS in Erwägung gezogen wird.

Man geht von Pipelines mit einer Länge von 20 000 km aus. Dies erfordert ein riesiges Investitionsvolumen. Dieses Geld wird den Volkswirtschaften entzogen. Die Idee eines europaweiten Pipeline-Systems ist nur ein weiteres Beispiel für die Irrsinnigkeit der gesamten Idee.

Anders als es Herr Scharf sagt, ist es eben keine Hochtechnologie, sondern es ist Irrsinn, CO2 erst mit großem technischen Aufwand abzuscheiden und dann auch noch über ein europaweites Pipeline-System zu pumpen.

Herr Scharf, Sie haben über Wirkungsgrade schwadroniert; ich kann es nicht anders sagen. Wie hoch ist denn der Wirkungsgrad eines Autos, wenn Sie den Brennwert von Benzin zugrunde legen? Wie viel kommt denn bei den Reifen an? - Wenn Sie das zum Maßstab nehmen, dann dürfte kein Auto mehr fahren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wie hoch ist denn nach Ihren Vorstellungen der Wirkungsgrad einer Solaranlage, die nicht gebaut wird? - Ich kann Ihnen die Frage beantworten. Der Wirkungsgrad einer Solaranlage, die nicht gebaut wird, ist gleich null.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wir reden hier immer wieder über die Kosten. Aber wir haben auch eine Verantwortung.

(Frau Feußner, CDU: Ja, genau! - Zuruf von Herrn Daldrup, CDU)

Wir müssen nicht nur über Kosten reden. Wir müssen darüber reden, was wir uns leisten können.

(Zurufe von der CDU)

Wir können uns in dieser Gesellschaft aus Klimaschutzgründen und aus Gründen der Ressourcenverknappung doch nur noch die erneuerbaren Energien leisten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Frau Feuß- ner, CDU: Die sind entsprechend teuer!)

Ansonsten können wir tatsächlich zurück in die Höhle. Dann hätten wir nämlich gar keine Energie mehr.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Frau Feuß- ner, CDU: Was ist denn das für ein Unsinn?)

Sie haben von Forschung geredet. Wir sind nicht gegen Forschung,

(Zurufe von der CDU: Doch!)

Forschung im Labor.