Protokoll der Sitzung vom 15.11.2012

Bitte schön, Herr Kollege Zimmer, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst freue ich mich dar

über, dass relativ große Einigkeit über die Sinnhaftigkeit dieses Antrages besteht, die sicherlich außer Frage steht. Ich freue mich dann auch, wenn wir diesen Antrag mit möglichst großer Mehrheit so beschließen können.

Zum Thema Reiseland lassen Sie mich vielleicht nur so viel sagen. Das gehört hier zwar nicht her und nimmt auch viel Zeit für das wichtige Thema des barrierefreien Reisens weg. Aber wir haben Sachsen-Anhalt seit über zehn Jahren ganz klar auf der einen Seite in Themen und auf der anderen Seite in Destinationen, Zielgebiete, also in Regionen gegliedert.

Damit sind wir in Sachsen-Anhalt sehr gut gefahren. Wir sind im Tourismus in Sachsen-Anhalt auf der Überholspur. Da wollen wir und werden wir bleiben; denn wir halten genau an den Punkten fest, die wir schon seit über zehn Jahren bearbeiten.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen haben diesen Antrag heute eingebracht, weil wir wenigstens noch einmal auf drei Dinge hinweisen wollen, bevor wir uns dem Thema dann intensiver in den Ausschüssen widmen wollen.

Erstens wollen wir danke sagen, danke für die vielfältigen Bemühungen unterschiedlichster Ebenen in unserem Land im Hinblick auf die Schaffung eines barrierefreien Umfelds im Tourismus. Dieser Dank gilt auf der einen Seite natürlich auch der Landesregierung, den Tourismusunternehmen, Kommunen und Verbänden, aber vor allem natürlich den Akteuren vor Ort, die das nahe am Gast umsetzen wollen und müssen.

Zweitens. Barrierefreiheit ist eine große Herausforderung, weil sie den Investor Geld kostet und den unterschiedlichen Einschränkungen von Menschen mit Behinderungen gerecht werden muss. Nicht jeder Euro, der ausgegeben wird, kommt auch allen gleich zugute. Auch das müssen wir immer im Hinterkopf haben.

Deswegen werben wir als CDU stets für eine Politik für Menschen mit Behinderungen mit Augenmaß. Das gilt auch für die vielen Baudenkmale und historischen Stätten in Sachsen-Anhalt, die nur schwer in Gänze behindertengerecht ausgerüstet werden können. Wir können - lassen Sie mich das so sagen - nicht jedes Schloss oder jede romanische Kirche barrierefrei gestalten, aber zumindest den Weg dorthin.

Wichtig sind für uns in diesem Zusammenhang eher der Erhalt und die Sicherung vorhandener Anlagen. Ich erinnere an ein Beispiel aus der Praxis, wo wir einen behindertengerecht ausgebauten Qualitätswanderweg, einen von wenigen, die wir in

Deutschland haben, nunmehr verlegen wollen und dadurch die Situation schaffen, dass wir keinen behindertengerecht ausgebauten Weg mehr haben.

Ich war mit dem Kollegen Uli Thomas vor einigen Wochen in Thale im Bodetal. Hier kann ich nur feststellen, dass eine barrierefreie Verlagerung nicht möglich ist. Es gilt, Vorhandenes abzusichern und rasch zu handeln. Ich denke, das muss an dieser Stelle auch gesagt werden.

(Zustimmung von Herrn Thomas, CDU)

Drittens. Barrierefreiheit - das wurde von den Vorrednern auch gesagt - beginnt bereits bei der Buchung. Wir brauchen im Netz Angebote, die auf die unterschiedlichsten Behinderungsgrade Rücksicht nehmen. Wir brauchen Barrierefreiheit beim Buchen im Internet.

Zusammengefasst, meine Damen und Herren, lässt sich sagen, dass Sachsen-Anhalt im Bereich des barrierefreien Tourismus gut - ich sage nicht „sehr gut“, sondern ich sage „gut“ - aufgestellt ist. Das belegt auch die Analyse des gestrigen Tourismustages. Das zeigen auch die Reaktionen auf unseren Antrag auf Facebook, den wir heute hier behandeln. Trotzdem gibt es noch viel zu tun. Es wird auch weiterhin eine Herausforderung für die Zukunft bleiben, unsere Tourismuslandschaft für Menschen mit Behinderungen attraktiver zu machen.

Um dies zu erreichen, sollten wir auch bei dem wichtigen Thema Servicequalität die Verankerung der Barrierefreiheit forcieren. Wir sollten Barrierefreiheit integrativ denken, meine Damen und Herren, sodass Barrierefreiheit unabdingbarer Bestandteil der Servicequalität ist und bei allen Marketingaktivitäten und bei der Entwicklung von Kundenbeziehungen eine Rolle spielt. Kurzum: Integrativ denken, barrierefrei handeln.

Insofern bleibt mir, meine Damen und Herren, Ihnen für die Aufmerksamkeit zu danken und Ihnen auch dafür zu danken, dass dieses wichtige Thema an so exponierter Stelle und zu so exponierter Sendezeit heute behandelt werden durfte. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Zimmer, sind Sie gewillt, eine Frage des Kollegen Czeke zu beantworten? - Herr Czeke, Ihre Frage, bitte.

Herr Kollege, eine erste Bemerkung: Der Unterschied zwischen barrierefrei und behindertengerecht wurde in Ihren Ausführungen nicht deutlich.

Eine zweite Bemerkung: Die kommunalen Spitzenverbände sollen auch in Zukunft gehört werden. Es ist vom Ansatz her nicht so, dass Barrierefreiheit stets höhere Kosten nach sich zieht, zumindest nicht, wenn sie gleich mit eingeplant wird - oder Architekten müssten mich berichtigen. Ansonsten haben die Kommunen im Hinblick auf das FAG die Sorge, woher sie das Geld nehmen sollen.

Ein positives Beispiel für Barrierefreiheit selbst in einem alten und ehrwürdigen Gemäuer ist das Kloster Jerichow. Dort ist es gelungen, einen behindertengerechten Zugang zu schaffen. Ich hätte nie gedacht, dass so etwas geht. Man möge es sich anschauen.

Eine Frage kann ich Ihnen trotz des vielen Lobes für die Landesregierung nicht ersparen. Warum hatte das Versprechen des Amtsvorgängers von Herrn Webel, des Herrn Dr. Daehre, ein Kompetenzzentrum Barrierefreiheit zu schaffen, lediglich ein Haltbarkeitsdatum bis zu den Landtagswahlen? Wie wollen wir das wieder mit Leben erfüllen, damit es tatsächlich funktioniert?

(Herr Schröder, CDU: Das ist beschlossene Sache!)

Das Kompetenzzentrum ist beschlossene Sache. Insofern zeigt das Beispiel Jerichow, das Sie zu Recht angeführt haben, dass wir viele Leuchttürme haben. Aber wir können nicht nur Leuchttürme installieren. Insofern sind wir uns, denke ich, in der Auffassung und in der Bewertung des Ganzen einig. - Danke.

Wir haben zu wenig Wasser für noch mehr Leuchttürme.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Damit haben wir die Debatte beendet. Wir kommen zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 6/1586. Ich habe hoffentlich alle richtig verstanden. Da unter Punkt 6 des Antrages steht, dass die Landesregierung in den Ausschüssen für Wissenschaft und Wirtschaft sowie für Arbeit und Soziales über ihre Aktivitäten berichten soll, frage ich: Wollen wir den Antrag überweisen oder beschließen?

(Zuruf von der CDU: Beschließen!)

- Wir beschließen. Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drs. 6/1586 zustimmt, der zeige seine Stimmkarte. - Das ist die deutliche Mehrheit des Hauses. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Damit ist der Antrag einstimmig angenommen worden.

(Zustimmung)

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 4:

Beratung

Personalpolitik realistisch, objektiv und transparent gestalten

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/1583

Einbringerin ist Frau Dr. Paschke. Frau Kollegin, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der großen Übereinstimmung wird es bei der Beratung zu diesem Antrag vorbei sein.

Personalpolitik realistisch, objektiv und transparent gestalten - diese Überschrift kommt ziemlich harmlos daher. Was hinter den vier Punkten des Antrages steckt, hätte konsequenter überschrieben werden müssen mit: Schluss mit dem Chaos und der Parteienwirtschaft in der Personalpolitik.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber hinter dem Schluss soll ein neuer Anfang stehen und diesen fordern wir mit diesem Antrag ein. Zu diesem Zeitpunkt ist ein neuer Anfang bitter notwendig; denn das Maß ist voll, nicht nur bei den Beschäftigten, sondern auch bei uns.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu Punkt 1 unseres Antrages. Seit Oktober 2012 geistern wieder neue und zum Teil sehr kontroverse Aktivitäten der Landesregierung hinsichtlich der Personalpolitik durch die Medien. Dem Parlament liegen offiziell eine Pressemitteilung, die eine A4Seite umfasst, und ein Bildchen mit Ampeln vor - dies soll die Aktivitäten zur Fortschreibung des Personalentwicklungskonzeptes darstellen.

Meine Damen und Herren! Der vorgelegte Personalstandsbericht geht nicht mehr von der Zielzahl 19 Beschäftigte pro 1 000 Einwohner, sondern von der Zielzahl 18 Beschäftigte pro 1 000 Einwohner aus.

Meine Damen und Herren! Gestern hieß es 19 : 1 000, heute heißt es 18 : 1 000 und morgen sind es noch wesentlich weniger. Mit diesem Personalstandsbericht verstoßen der Finanzminister und die Landesregierung eindeutig gegen den Beschluss des Parlaments. Denn das Parlament hat hinsichtlich der Personalentwicklungskonzepte, der Einwohnerzahlen und der Beschäftigten in der Landesverwaltung eindeutig etwas anderes festgeschrieben.

Ich möchte deshalb den Beschluss des Parlaments in Erinnerung rufen. Wir haben im November 2011 beschlossen, die Landesregierung aufzufordern

„1. rechtzeitig zum Haushaltsaufstellungsverfahren 2014 hinsichtlich Aufgabenbestand, Verwaltungsaufbau und Aufgabenvollzug ein strukturelles Konzept zum Stichtag 31. Dezember 2019 unter Berücksichtigung der für diesen Zeitpunkt im Personalentwicklungskonzept 2011 beschlossenen jeweiligen Personalzielzahlen vorzulegen“

- dagegen wird eindeutig verstoßen; die Zielzahl ist verändert worden -

„2. im Ausschuss für Finanzen bis zum Ende des zweiten Quartals 2013 ein strategisch qualitatives und quantitatives Personalmanagementkonzept vorzulegen“.

Personalentwicklungskonzept war gestern, Herr Finanzminister. Sie hatten eindeutig den Auftrag und haben das auch gesagt, dass Sie es zu einem Personalmanagementkonzept weiterentwickeln.

(Beifall bei der LINKEN)

Das heißt im Klartext: Die Landesregierung hat auf der Grundlage einer fundierten Aufgabenkritik und unter Vorlage eines Organisationskonzeptes Vorschläge zu unterbreiten, ob und mit welcher Struktur und in welchem Umfang die Landesaufgaben zukünftig erfüllt werden können. Das verstehen wir unter einer realistischen Personalpolitik.