Protokoll der Sitzung vom 15.11.2012

Das heißt im Klartext: Die Landesregierung hat auf der Grundlage einer fundierten Aufgabenkritik und unter Vorlage eines Organisationskonzeptes Vorschläge zu unterbreiten, ob und mit welcher Struktur und in welchem Umfang die Landesaufgaben zukünftig erfüllt werden können. Das verstehen wir unter einer realistischen Personalpolitik.

Darauf geht auch der Konflikt zwischen dem Finanzminister und dem Kultusminister zurück, der jetzt in den Medien ausgebrochen ist. Denn der Kultusminister und seine Arbeitsgruppe haben Zahlen auf der Grundlage der Aufgabenkritik vorgelegt, während der Finanzminister Zahlen auf der Grundlage der Personalentwicklung, der Bevölkerungsentwicklung und des Vergleichs mit anderen Ländern vorgelegt hat. Das ist der Konflikt, der hier im Haus und im Kabinett ausgebrochen ist.

Meine Damen und Herren! Mit dem Personalstandsbericht und mit den Reaktionen, die den Medien zu entnehmen waren, wurden ganze Berufsgruppen diskreditiert. Von den einen sagt man öffentlich, dass es zu viele von ihnen gibt - Polizisten und Lehrer -, von den anderen, die zum Teil gar nicht mehr wissen, wie sie ihre Aufgaben erfüllen sollen - die übrige Verwaltung -, redet man gar nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Ich verstehe wirklich nicht, wieso sich das Kabinett diese Herangehensweise Jahr für Jahr gefallen lässt. Ich verstehe auch nicht, dass ein Ministerpräsident dieses Herangehen öffentlich massiv unterstützt und dass zwei Tage später Zahlen aus einer Arbeitsgruppe eines Ministeriums vorgelegt werden, an denen die Staatskanzlei mitgearbeitet hat. Mir ist völlig unverständlich, wie man so agieren kann.

(Beifall bei der LINKEN - Minister Herr Bul- lerjahn: Weil es so nicht stimmt!)

- Aha, dann können Sie es mir nachher erklären.

Die Punkte 2 und 3 unseres Antrages werde ich zusammenfassen. Sie beziehen sich auf Sachverhalte, die aus ähnlichen Motiven der Landesregierung erwachsen und die gleichen Folgen haben. Es geht um eine objektive und transparente Gestaltung von Stellenbewertungen und Ausschreibungsverfahren.

Unsere Fraktion hat seit dem Beginn der sechsten Legislaturperiode das geheime Zusatzpapier, in dem 45 Stellen festgeschrieben wurden, und die bereits parteipolitisch vergebenen Spitzenposten kritisiert. Damit standen wir nicht allein; hieran gab es auch massive Kritik seitens des Landesrechnungshofes. Es ist zu konstatieren, dass wir noch immer mit den Folgen der damaligen Festlegung der Koalitionsfraktionen zu kämpfen haben, und zwar hinsichtlich der Ausschreibung und hinsichtlich der Stellenbewertung.

Vom Finanzminister wird uns gesagt: Selbstverständlich wird die Stelle des Geschäftsführers der Energieagentur ausgeschrieben. Sie wird auch ausgeschrieben werden; aber auch wenn sie noch ein Dutzend Mal ausgeschrieben wird - jeder weiß doch, mit wem diese Stelle besetzt wird. Es ist eine Pro-forma-Ausschreibung,

(Zuruf von Frau Niestädt, SPD)

in die Sie am besten noch das Geburtsdatum aufnehmen.

(Starker Beifall bei der LINKEN)

Dazu möchte ich noch eine Anmerkung machen: In Kenntnis des Bewerbers, der dann Geschäftsführer werden soll, muss ich sagen, dass mit einem solchen Vorgehen gute Leute diskreditiert werden,

(Beifall bei der LINKEN)

und zwar nicht von der Opposition, sondern durch das Vorgehen der Koalitionsfraktionen mittels eines durchschaubaren Karrierenetzwerks in diesem Land.

Und hierbei handelt es sich nicht um einen Einzelfall. So flatterte uns doch vor Monaten eine Gesetzesänderung zu den besoldungsrechtlichen Vorschriften ins Parlament. Hierbei ging es ausnahmsweise nicht um ein Höherstufung in der Stellenbewertung; nein, hierbei ging es um eine Absenkung, und zwar von der Besoldungsgruppe B 3 nach Besoldungsgruppe B 2. Initiiert wurde dies vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt.

Donnerwetter, denkt die unbedarfte Beobachterin, an dieser Stelle wird ernst gemacht: Bei neuer Aufgabenverteilung erfolgt auch eine Prüfung der Stellenbewertung. Doch plötzlich klemmt die sprichwörtliche Säge. Der zuständige Fachausschuss legt den Gesetzentwurf auf Eis.

Denn in diesem Fall trifft die Herabstufung lediglich einen Beschäftigten, für den der Bestandsschutz nicht gilt. Und schnell tuschelte sich im Haus herum, dass dieser eine Beschäftigte zufälligerweise öfter fachliche Konflikte mit dem Minister hatte und dass er das Parteibuch des Koalitionspartners trägt. Vor diesem Hintergrund kann man doch verstehen, dass die Genossen den Gesetzentwurf auf Eis legen

(Beifall bei der LINKEN)

und ihren Finanzminister dafür kritisieren, dass er nicht richtig aufgepasst hat, als das durch das Kabinett ging.

Meine Damen und Herren! Das ist ärgerlich, und zwar weil dieser auf Eis gelegte Gesetzentwurf ein ganz besonderer Gesetzentwurf war, mit dem man die Stelle der Besoldungsgruppe B 4 für den alten, parteipolitisch nicht mehr gewollten Vizepräsidenten des Landesverwaltungsamtes hätte unterbringen können.

Nun liegt dieser Gesetzentwurf auf Eis. Was müssen wir also tun? - Wir müssen schnell einen Gesetzentwurf finden, in dem wir den neuen Posten der Besoldungsgruppe B 4 für den alten Vizepräsidenten unterbringen können, sodass die SPD endlich das Amt des Vizepräsidenten des Landesverwaltungsamtes besetzen kann.

(Zuruf von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Welcher Gesetzentwurf fällt uns in diesem Zusammenhang ein? - Der Entwurf zur Änderung des Schulgesetzes. Diesen haben wir heute bereits behandelt. Sie konnten bisher nicht erklären, warum dieser Aspekt in die Novelle zum Schulgesetz passt. - Weil Schule und Straße immer mehr miteinander zu tun haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

Lassen Sie mich abschließend auf Punkt 4 unseres Antrages zum Thema Beförderungen eingehen. Man muss konstatieren, dass die Beförderungspolitik in diesem Land immer undurchsichtiger wird. Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie ein für die Beschäftigten und für das Parlament transparentes Beförderungskonzept über den Haushaltsplan für die Jahre 2012 und 2013 hinaus vorlegt, und zwar im Rahmen der Vorlage des Personalmanagementkonzeptes. Dafür gibt es viele Gründe. Lassen Sie mich zwei davon nennen:

Erstens. Bis zum Jahr 2009 standen die Soll- und die Ist-Zahlen für Beförderungen noch im Personalentwicklungskonzept. Dann wurden sie darin nicht mehr aufgeführt. Warum nicht? - Weil von den damals zur Verfügung stehenden Mittel in Höhe von 10 Millionen € von den Ministerien Mittel in Höhe von lediglich 5 Millionen € ausgegeben worden sind. Das freut den Finanzminister; das ärgert natürlich die Beschäftigten. Denn es gibt sehr viele

Beschäftigte, die sich in der Warteschleife für eine Beförderung befinden.

Zweitens. Wir wollen ein Konzept, um künftig nach Möglichkeit zu verhindern, dass uns die Landesregierung in Sachen Beförderung - jawohl! - hinters Licht führt. Ich kann es mir nicht verkneifen, Ihnen die letzte Landtagssitzung ins Gedächtnis zu rufen, in der es um die Beförderung der Sekundarschullehrer neuen Rechts ging.

Die Landesregierung buttert den Koalitionsfraktionen unter anderem einen Antrag zur Kürzung der Beförderungsgelder unter, und erst später, nämlich bei der letzten Landtagssitzung, stellt sich endgültig heraus, dass dadurch der Landtagsbeschluss konterkariert wurde

(Minister Herr Bullerjahn: Der Landtag hat den Haushalt beschlossen!)

und dass nur knapp die Hälfte befördert werden konnte. Nun kann man sagen: Die Koalitionsfraktionen haben eben nicht aufgepasst. - Ja, das kann man sagen, aber das ist doch kein Vertrauensverhältnis zwischen Parlament und Landesregierung.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Deshalb wollen wir ein Beförderungskonzept, das tatsächlich transparent für das Parlament und für die Beschäftigten ist. Deshalb wollen wir, dass nicht nur diese Forderung von Ihnen bestätigt wird, sondern alle vier Forderungen, die im Antrag stehen. Denn so geht es nicht weiter; es muss ein neuer Anfang her. - Danke schön.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Danke schön, Frau Dr. Paschke. - Für die Landesregierung spricht jetzt der Finanzminister Herr Bullerjahn. Bitte schön, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Paschke, es wird so weitergehen. Es wird in all diesen vier Punkten genau so weitergehen. Ich glaube nicht, dass ich jemals den beiden Koalitionsfraktionen unterstellen würde, dass sie nicht aufpassen, was wir als Regierung tun oder was ich tue. Ich würde es mir manchmal wünschen, aber …

Das war ein Beschluss des Landtages im Zusammenhang mit dem Haushalt. Das habe ich beim letzten Mal wiederholt und es wird deswegen nicht falscher. Ich muss jetzt ein wenig aufpassen; denn mit diesem Antrag - aus Ihrer Sicht ist das ein Neuanfang, ich habe ihn als Sammelantrag tituliert - streifen Sie die gesamte Bandbreite dessen, wofür wir sonst während der Haushaltsberatung fast eine

halbe Stunde Zeit haben. Diese Zeit habe ich jetzt nicht; ich möchte es also kurz machen.

Ja, es ist ein Punkt, den Sie angesprochen haben und bei dem ich diese Worte auch unterstützen würde: objektiv, realistisch, transparent. Ich würde dem Ganzen noch ein Wort hinzufügen, das Sie geflissentlich weglassen und das ich am Ende noch einmal aufrufen möchte. Wir haben das Problem - das werden Sie merken, wenn wir über den Jahresabschluss sprechen -, dass wir noch ein strukturelles Defizit ausweisen, an dem wir - Landesregierung und Landtag - arbeiten müssen. Wir können uns nicht hier hinstellen und sagen: Wir müssen das ausfinanzieren, was sich Fachministerinnen und Fachminister oder Arbeitskreise wünschen. Wir müssen mit dem auskommen, was wir haben.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Wir leben nach wie vor über unsere Verhältnisse. Wir können darüber streiten, wo wir Schwerpunkte setzen. Das ist unsere Aufgabe. Das ist Ihre Aufgabe, Ihre Chance; denn Sie beschließen am Ende den Haushalt. Dabei können wir Vorschläge unterbreiten.

Das, was nicht funktioniert, ist, dass man, kaum dass der Haushalt, das PEK und was auch immer beschlossen sind, hinterher sagt: Eigentlich hätte alles ganz anders sein müssen. Das ist natürlich Ihr gutes Recht als Opposition, aber man muss auch aufpassen. Es wird nicht dadurch besser, indem man es in jeder Sitzung wiederholt. Sie werden auch draußen gefragt werden, wie das damit vereinbar ist, dass andere Länder zum Beispiel mit dem Geld auskommen und dass Sachsen zum Beispiel in der Schule bessere Ergebnisse vorweisen kann als wir in Sachsen-Anhalt, trotz des enormen Überhangs. Darüber zu reden lohnt sich aus meiner Sicht allemal.

Wir haben viel angeschoben. Das FAG wird im Dezember 2012 beschlossen. Ich denke, es wird ein gutes FAG. Wir haben das Personalkonzept, wir haben vieles besprochen, wir haben viele Leistungsgesetze, das KiFöG aufgegriffen, wir haben Reformen durchgeführt und Veränderungen vorgenommen, in der Finanzverwaltung, in der Justizveraltung und in anderen Verwaltungen. Ja, diese sind schmerzhaft. Aber es wäre genauso schmerzhaft, wenn wir weiterhin 300 000, 400 000 Einwohner verlieren und uns ohne Anpassungen im Haushalt völlig übernehmen würden.

Deswegen gibt es nichts Neues mit dem Personalsachstandsbericht. Das wissen Sie aber, dafür schätze ich Sie auch. Sie wissen doch ganz genau, dass das Statistische Bundesamt einmal im Jahr einen Ländervergleich aufgrund der Daten des letzten Jahres vorlegt.

Dieser Datensatz wird schon seit, was weiß ich, zehn, 15 Jahren verteilt und ist am Ende auch An

trieb für eine Landesregierung, mit ihren eigenen Planungen noch einmal in die Bewertung zu gehen. Das heißt aber, dass im Personalkonzept nichts geändert wird, sondern dass der Sachstandsbericht auf diesen Zahlen aufbaut. Deswegen können Sie gern sagen: Statt 19 haben wir 18; vielleicht lässt sich Bullerjahn auch 17 einfallen.

(Frau Dr. Paschke, DIE LINKE: Haben Sie gesagt!)

Sie wissen doch genau - das sage ich jetzt auch einmal für das Protokoll -: Diese statistische Veränderung kam deswegen, weil jetzt fast alle Länder ihre Hochschulen aus diesen Vergleichen herausgenommen haben, wie übrigens vorher sämtliche medizinischen Fakultäten. Sachsen-Anhalt war damals das letzte Land und sprang danach in diesem Vergleich auf einmal um Etliches nach oben, bis in die Mitte.

Jetzt haben wir uns, weil es nur noch ein, zwei Länder gibt, bei denen die Hochschulen enthalten sind, entschieden, Ähnliches zu tun wie andere Länder und aus unserer zentralen Statistik diese Hochschulen herauszurechnen. Sie werden als Budget mitgeführt und tauchen in der Gesamtbetrachtung des Personals dort, wo es nicht um die Kernverwaltung, sondern um zusätzliche Verwaltung geht, nachrichtlich wieder auf. Deswegen ist diese Veränderung erfolgt.