Genau. Ich wollte Sie einfach nur fragen, ob Sie mit mir konform gehen, wenn ich sage: Es liegt nicht per se an digitalen sozialen Netzwerken des 21. Jahrhunderts, wie man sich äußert.
- Darf ich bitte die Frage noch zu Ende stellen? - Danke schön, liebe Kolleginnen und Kollegen. - Vielmehr sind diese sozialen Netzwerke Kommunikationskanäle wie alle anderen Medien auch. Digitale soziale Netzwerke sind nicht gewissermaßen ein schwarzer oder dunkler Kanal des 21. Jahrhunderts.
Ich habe mich nicht dazu geäußert, d a s s man sich in sozialen Netzwerken bewegt, sondern dazu, w i e man sich in sozialen Netzwerken bewegt. Das ist im Grunde schon die Antwort auf Ihre Frage. Mir geht es nicht um die sozialen Netzwerke an sich, sondern darum, wie man sich darin bewegt.
Herr Herbst, es ist eben einfacher, schnell etwas einzutippen und abzusenden, als jemandem gegenüberzustehen und erst einmal mit ihm Argumente auszutauschen. Bei einem solchen Austausch kann am Ende immer noch ein Vorwurf offenbleiben.
Ich selber halte mich in sozialen Netzwerken ausdrücklich zurück, weil ich sehe, dass es eine große Gefahr ist, schnell irgendetwas in die Welt zu blasen, was sich dann vervielfältigt.
Insofern sage ich: Es kommt darauf an, wie man sich in sozialen Netzwerken bewegt. Es wird sicherlich noch lange Zeit dauern, diesbezüglich einen vernünftigen Konsens hinzukriegen. Vielleicht wird man das nie schaffen. Meine Bitte und meine Vorstellung ist nur, dass wir zumindest bei dem, was hier im Plenum oder in den Ausschüssen beraten wird, darüber nachdenken, wie man soziale Netzwerke nutzt - nicht ob man sie nutzt.
Frau Kollegin Budde, ich gebe Ihnen darin ausdrücklich recht. Das ist in der Tat eine Herausforderung. Damit kann man umgehen, und da kann man sicherlich auch lernen. Das sind immer individuelle Prozesse. Ich bin schon vor Jahren, noch im Stadtrat von Magdeburg, für bestimmte Äußerungen auf Twitter - ich sage es einmal ein bisschen
polemisch - angegangen worden. Natürlich kann man sich eine Netiquette verpassen. Ich glaube, das ist ein Lernprozess für das ganze Haus.
Aber per se ist es doch so: Es geht nicht nur besonders schnell, mit 140 Zeichen etwas in die Welt hinauszublasen. Ich halte es für genauso gefährlich, an Stammtischen Parolen hinauszublasen, in Briefen, Pressemitteilungen usw. Es ist nur eine andere Form des Sich-Äußerns.
Es wird uns sicherlich überhaupt nicht weiterbringen, schlechten Stil mit schlechtem Stil zu vergleichen.
Frau Kollegin, Sie sagten, Sie seien positiv davon überrascht, dass die Befragten bei der Frage nach dem Bezugspunkt nach dem Heimatort an zweiter Stelle auf die Bundesrepublik Deutschland, also das gesamte Land, verwiesen hätten. Das impliziert ein Stück weit, dass Sie nicht so positiv überrascht gewesen wären, wenn der zweite Bezugspunkt Ostdeutschland gewesen wäre. Was ist denn so kritisch daran, wenn Menschen sagen, ihre Heimat sei Ostdeutschland?
Für mich ist die Aussage wichtig, dass das Gemeinsame bei den jungen Menschen überwiegt und nicht das Unterschiedliche.
Es gibt immer regionale Unterschiede. Man wird sich auch sicherlich mit seinem Land und mit seinem Heimatort in Verbindung finden. Aber für mich ist wichtig, dass nicht mehr die Trennung Deutschlands das entscheidende Merkmal ist, sondern dass die jungen Leute sagen: Das ist meine Bundesrepublik, und in der lebe ich. - Ich glaube, dass das ein gutes Ergebnis ist.
Nach der Einbringung der Aktuellen Debatte nimmt die Landesregierung das Wort. Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dorgerloh.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Wird es besser? - Die politische Kultur des Landes im Lichte des 4. SachsenAnhalt-Monitors“ - so ist die Aktuelle Debatte überschrieben.
Wird es besser? - Eine Antwort auf diese Frage können wir alle in diesem Haus auf jeden Fall geben. Denn ob es besser wird, das hängt ganz wesentlich auch von uns ab: von Landtag und Regierung, von Koalition und Opposition. Es hängt aber auch davon ab, wie wir alle in unseren Bezügen vor Ort die Zivilgesellschaft stärken.
Wie die politische Kultur von Bürgerinnen und Bürgern empfunden wird, das liegt auch an unserer Debattenkultur. Damit meine ich nicht nur die Debatten, die wir von diesem Pult aus führen. Ich meine auch, wie wir miteinander in der Öffentlichkeit umgehen, wie fair und fachlich, sachlich und seriös wir über Probleme und Herausforderungen streiten und diskutieren.
Der Sachsen-Anhalt-Monitor ist sicherlich eine gute Gelegenheit, dies auch zu zeigen. Dazu am Ende meiner Ausführungen ein kurzer Diskurs von mir.
Zur Entwicklung der politischen Kultur in SachsenAnhalt liefert der diesjährige Sachsen-Anhalt-Monitor eine ganze Reihe von Botschaften. Auf drei möchte ich hier insbesondere eingehen. Die erste davon ist ohne Zweifel positiv, die zweite ist ein Schlag ins Kontor und die dritte gibt möglicherweise Anlass zu vorsichtigem Optimismus, auf jeden Fall aber Anlass zu sorgfältiger weiterer Beobachtung.
Erstens. Uneingeschränkt positiv finde ich, dass sich die Menschen im Land Sachsen-Anhalt - Katrin Budde hat soeben darauf hingewiesen - stärker mit ihrem Land identifizieren. Das ist eine ganz wunderbare Botschaft. Das ist auch keinesfalls eine unpolitische Frage; denn es bedeutet, dass der Referenzrahmen unseres politischen Handelns den Bürgerinnen und Bürgern wichtig ist, dass sie sich für die Geschicke des Landes interessieren, dass es ihnen wichtig ist, Sachsen-Anhalt stark und lebenswert zu machen, und dass sie es auch so erleben.
Sich also mit der Heimat - ich nutze ganz bewusst diesen Begriff - zu identifizieren, bedeutet auch, sich mit einer Region verbunden zu wissen. Das heißt aber auch, Wurzeln schlagen zu können. Das ist in Zeiten von nach wie vor bestehender Abwanderung ein zuversichtlich stimmendes Signal.
Zur Erinnerung: Im Jahr 1995 haben sich nur 45 % der Befragten stark oder sehr stark mit SachsenAnhalt identifiziert. Oft war abschätzig die Rede vom Bindestrichland oder vom Kunstprodukt Sachsen-Anhalt. Damals erschien eine so hohe Identifikation, wie wir sie jetzt haben, als ein fernes Ziel. 78 % der Landesbevölkerung, so weist es der Sachsen-Anhalt-Monitor aus, identifizieren sich stark oder sehr stark mit dem Land Sachsen-Anhalt. Diese hohe Identifikationsquote ist ein weiterer guter Grund, sich für dieses Land gerade auch politisch zu engagieren. - Das war die gute Nachricht.
Die zweite, die schlechte Nachricht ist: Die Befragten trauen sich in ihrer Mehrheit nicht, sich politisch einzumischen. Man muss sich in diesem Hause einmal klarmachen, was das heißt. Noch beunruhigender ist: Sie denken mehrheitlich, dass sich Politikerinnen und Politiker gar nicht dafür interessieren, was Menschen im Land denken. Das ist ein Stimmungsbild, mit dem wir uns weder abfinden können noch dürfen.
Der Monitor ist ein Spiegelbild für das politische Getriebe. Deswegen liegt es auch ein Stück an uns selbst, die Dinge hier zu verändern. Dabei wird es nicht ausreichen, in noch mehr Veranstaltungen zu gehen, noch mehr Bürgerinnen und Bürger zu treffen und von Dialog zu Dialog zu hetzen.
Nein, wir sollten vielmehr überlegen, grundsätzliche Debatten anzustoßen, die zum Ziel haben, das Mitreden leichter zu machen. Zum Beispiel sollten wir vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung einmal über bürgerfreundlichere Foren für Bürger- und Volksentscheide nachdenken. Wir müssen neue Formen und Formate in den Blick nehmen.
Im Beirat des Landesprogramms für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit hat die Debatte dazu jedenfalls schon begonnen. Demokratie lebt von Beteiligung. Man muss aber nicht nur mitreden dürfen, sondern auch mitreden können. Das heißt, man muss auch informiert sein. Das Informiertsein ist zum einen eine demokratische Bürgerpflicht, zum anderen aber auch ein Bürgerrecht.
Wir sollten zugleich alle Chancen nutzen, um Demokratie frühzeitig erfahrbar zu machen. Dazu zählt, komplexe Politikinhalte so zu kommunizieren, dass Positionen klar und Perspektiven vorstellbar sind. Dazu zählt auch, demokratiepädagogische Ansätze in der Schule, in der Jugendarbeit und weit darüber hinaus, in der Erwachsenenbildung, immer wieder zu stärken.
Die dritte Botschaft, auf die ich eingehen möchte, haben wir soeben schon in der Debatte gehabt. Die Autoren des Sachsen-Anhalt-Monitors sagen: Fremdenfeindlichkeit ist in Sachsen-Anhalt nicht
weiter verbreitet als im Bundesdurchschnitt und sie hat sich in den vergangenen Jahren abermals abgeschwächt. Die Autoren des Thüringen-Monitors beobachten denselben Trend.
Demgegenüber - das haben wir auch im November hier diskutiert - kommt die Studie der FriedrichEbert-Stiftung für ganz Ostdeutschland zu einem gegenteiligen Ergebnis, wenn auch auf anderer Datenbasis.
Wenn man sich mit Migrantinnen und Migranten unterhält, erfährt man, dass dieses Ergebnis des Sachsen-Anhalt-Monitors zur Wirklichkeit in Sachsen-Anhalt ganz anders wahrgenommen wird. Migranten können nicht das bestätigen, was die Studie aus den Daten herausliest.
Dennoch gibt es, glaube ich, so etwas wie vorsichtigen Optimismus - ohne etwas zu relativieren, ohne die Augen zu verschließen, ohne nachzulassen -; denn die Aufschlüsselung der Daten im Sachsen-Anhalt-Monitor zeigt einen positiven Trend bei der Einstellung der jüngsten Gruppe der Befragten. Sie zeigt nämlich, die jüngste Gruppe neigt weniger zu Fremdenfeindlichkeit und steht demokratischen Werten positiver gegenüber als die nächstältere Gruppe, die sich im Vergleich zum vorhergehenden Monitor ihre Ressentiments bewahrt hat.
An diese Einstellungen der nachwachsenden Generation sollten wir anknüpfen. Das ist ein hoffnungsfrohes Zeichen. An diese Stelle ist auch all denen einmal Dank zu sagen, die sich seit Jahren für Weltoffenheit, Vielfalt und Toleranz einsetzen,
die in landesweiten und in lokalen Bündnissen und Netzwerken arbeiten bzw. solche Initiativen wie das Netzwerk „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ auf den Weg bringen, die sich in unendlich vielen Aktionen, Demonstrationen, Bürgerfesten, Konzerten und vielen, vielen anderen Dingen in der Regel vor Ort ehrenamtlich engagieren, damit Demokratie und Vielfalt einen Platz in unserem Land haben. - Ganz herzlichen Dank all denen.
Ich möchte jetzt nicht noch einmal umfangreich auf die Diskussion zum Thema Gefälligkeitsgutachten eingehen. Ich möchte an dieser Stelle aber doch eine Information weitergeben, weil das, glaube ich, für die Debatte ganz hilfreich ist. Wir haben im Vorstand der IMG sehr gern das Angebot aufgenommen, uns am Sachsen-Anhalt-Monitor zu beteiligen, weil wir es für hilfreich hielten, dort auch einige Fragen aus touristischer Perspektive einzubauen.
Der Sachsen-Anhalt-Monitor hat einen begrenzten Fragenkatalog - er kann schließlich nicht unendlich lang sein, weil die Befragung am Telefon erfolgt und die Befragten möglichst bis zum Ende am Telefon bleiben sollten. Die Zahl der Fragen ist also begrenzt. Wenn man ein paar Fragen hinzunimmt, muss man auch ein paar Fragen herausnehmen. Gleichzeitig brauchen wir ein stabiles Grundsetting, damit wir auch vergleichen können, wie das in den Vorjahren war.