Der Sachsen-Anhalt-Monitor hat einen begrenzten Fragenkatalog - er kann schließlich nicht unendlich lang sein, weil die Befragung am Telefon erfolgt und die Befragten möglichst bis zum Ende am Telefon bleiben sollten. Die Zahl der Fragen ist also begrenzt. Wenn man ein paar Fragen hinzunimmt, muss man auch ein paar Fragen herausnehmen. Gleichzeitig brauchen wir ein stabiles Grundsetting, damit wir auch vergleichen können, wie das in den Vorjahren war.
Wir haben uns entschlossen, aus - wie ich finde - guten Gründen ein paar Fragen in Richtung Tourismus, Landesmotto, Lutherdekade und Ähnliches zu stellen. Ich finde es redlich, wenn dieses touristische Interesse von der IMG mitfinanziert wird und dass es nicht allein von der politischen Bildung getragen wird, wenn hierbei ein anderes Interesse mit abgefragt wird.
Es hat aber auch noch einen anderen positiven Effekt. Wir konnten im Vergleich zu den Vorjahren aufgrund der Mitfinanzierung der IMG die Datenbasis verbreitern, nämlich 1 250 Menschen im Land befragen. Das heißt, wir konnten noch gründlicher agieren. Ich glaube, es ist wichtig, das an dieser Stelle zu sagen.
Ich möchte ausdrücklich, wie es auch Katrin Budde schon getan hat, die Autoren der Studie in Schutz nehmen, ebenso die Auftraggeber und auch die Agentur, die das nach den entsprechenden Standards durchgeführt hat. Sie macht im Übrigen auch den Thüringen-Monitor.
Wir sollten unsere Kraft darauf verwenden, über die Inhalte zu diskutieren und folgende Fragen zu beantworten: Was heißt das für unsere politische Kultur? Was bedeutet das in Bezug auf die Fragen, um die es in dem Landesprogramm „Für Demokratie, Toleranz, Vielfalt und Weltoffenheit“ geht? Was lernen wir aus dem Sachsen-AnhaltMonitor? Wo müssen wir ansetzen? - Wir laden dazu herzlich ein.
Ich erneuere die Einladung an dieser Stelle. Wir werden Ende Februar 2013 mit den Autoren des Sachsen-Anhalt-Monitors und mit den Autoren der Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zusammenkommen und diskutieren. Bei dieser Gelegenheit kann man dann auch noch einmal Fragen zur Methode, zur Wissenschaft und zum Ansatz stellen. Der Sachsen-Anhalt-Monitor ist keine Studie zu Rassismus oder zu Fremdfeindlichkeit, sondern hat einen viel breiteren Ansatz.
Er verdient es deswegen, hier intensiv wahrgenommen zu werden. Ich freue mich auf die inhaltliche Debatte. - Vielen Dank.
Es gibt eine Wortmeldung von Herrn Kollegen Wagner. Möchten Sie diese beantworten? Es ist wahrscheinlich eine Frage.
Herr Minister, Sie sind darauf eingegangen, dass es ein elementarer Beitrag zur Steigerung der Demokratie ist, wenn man den Menschen im Land real die Möglichkeit gibt, sich in die Politik einzumischen. Sie haben in diesem Zusammenhang davon gesprochen, dass sie an Diskussionen teilnehmen sollten. Schließen Sie dabei Diskussionen in sozialen Netzwerken mit ein?
Ich denke, dass wir längst in einer Zeit leben, in der viele politische Diskussionen auch in sozialen Netzwerken geführt werden. Dort gelten - Katrin Budde sagte es schon - genau die gleichen Regeln, die auch ich genannt habe, nämlich Sachlichkeit, Fairness, Seriosität und Fachlichkeit.
Wir haben gerade eine Ausschreibung für eine Referentenstelle in der Landeszentrale für politische Bildung auf den Weg gebracht, die sich damit befassen wird, diese neuen Formate, zum Beispiel soziale Netzwerke, Web 2.0, in die politische Bildung einzubeziehen. Vieles - ich kenne das aus Amerika, aber auch aus anderen Bereichen bei uns im Land - findet längst in sozialen Netzwerken statt, gerade unter jungen Menschen.
Einmal zu überlegen, wie man auch für politische Bildung soziale Netzwerke nutzen kann, ist, finde ich, ein sehr lohnender Ansatz, um auch mit diesen Medien dazu beizutragen, Politik zu erklären, Politik zu ermöglichen und auch ein Mitreden zu ermöglichen.
Danke schön, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen oder Anfragen gibt es nicht. Als nächster Redner spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abgeordneter Striegel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Optimismus ist Pflicht, sagt der Kanzler!“ - ein Satz aus dem Roman „Fabian - Die Geschichte eines Moralisten“ von Erich Kästner. Verzeihen Sie mir, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, Frau Budde, dass ich diese Aktuelle Debatte mit einem solchen literarischen Einschub beginne.
Es ist eine Pflicht zum Optimismus, der Sie sich mit Ihrem Antrag für eine Aktuelle Debatte nicht unterwerfen wollten. So ist statt der selbstbewussten Feststellung einer ihrer Sache gewissen Regierungsfraktion: „Ja, es wird besser“, die etwas verschämte Frage: „Wird es besser?“ in Ihrem Antrag gelandet.
Es ist es wert darüber zu reden, darüber zu diskutieren. Es ist auch die vornehme Aufgabe des Hohen Hauses, die Beantwortung dieser Frage anzugehen. Es wird niemanden erstaunen, wenn Regierung und Opposition hierbei zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Wir müssen diskutieren, und wir müssen, bevor wir uns über die Ergebnisse unterhalten können, vor allem erst einmal über die Methodik diskutieren.
„Wird es besser?“, fragen Sie mit Blick auf den Sachsen-Anhalt-Monitor. Darauf muss man Ihnen antworten: Nein, es wird ein Stück weit schlechter.
Der Sachsen-Anhalt-Monitor des Jahres 2012 ist leider eine der schlechteren Studien der Einstellungsforschung. Er ist schlechter gemacht als die Vorgängerstudien der Jahre 2007 und 2009. Er ist schlechter gemacht als sein Pendant aus unserem südlichen Nachbarbundesland,
der jährlich erscheinende, breit aufgestellte und methodisch gut abgesicherte Thüringen-Monitor. Er ist auch schlechter - im Übrigen auch kaum vergleichbar damit - als die jährlichen Rechtsextremismusstudien „Die Mitte im Umbruch - Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland“ der FriedrichEbert-Stiftung.
Die Kritik am Sachsen-Anhalt-Monitor lässt sich an drei Ebenen festmachen: erstens der Methodik, zweitens der Auswertung und drittens der Darstellung und Interpretation der Ergebnisse.
In der Gesamtschau lassen die kritisierten Punkte Zweifel, ob hiermit nicht eine Bestätigung für einen zuvor erhofften Befund gesucht und letztlich auch gefunden wurde.
Es fällt auf, dass der Sachsen-Anhalt-Monitor keinen Versuch unternimmt, rechtsextreme Einstellungen abzufragen, sondern lediglich einzelne Dimensionen eines rechtsextremen Weltbildes unvollständig betrachtet.
Für eine Beachtung der wissenschaftlichen Vereinbarung der Konsensusgruppe Rechtsextremismus hat nach Aussage des Autors - Herr Minister, Sie haben das gerade auch bestätigt - auch ein Stück weit der Raum gefehlt. Das ist bedauerlich,
weil so zumindest jeder Versuch zum Scheitern verurteilt wird, den hiesigen Monitor in Beziehung zu Erkenntnissen aus anderen Studien zu setzen.
Auch zu Monitoren der vergangenen Jahre ist leider kein Vergleich möglich. Die Fragebatterie zum Themenkomplex Fremdenfeindlichkeit scheint zum Teil willkürlich zusammengesetzt; bisweilen wurden Fragen im Vergleich zu früheren Untersuchungen abgeschwächt und verändert.
Bedauerlich ist auch, dass zwar allgemeine Zustimmungswerte zum System Demokratie abgefragt und gemessen werden, dass aber jene Fragen, die das konkrete Demokratieverständnis und die gelebte oder eben fehlende Praxis der Demokratie berühren, in dieser Ausgabe des Monitors kaum mehr zu finden sind.
Inwieweit durch das Fragebogendesign des Sachsen-Anhalt-Monitors Anwendungen in Richtung sozialer Erwünschtheit verfälscht worden sind, ist strittig. Wenn die Fragen zum Komplex Fremdenfeindlichkeit durch den im Anhang der Studie vorgelegten Text eingeführt worden sind, dann müssen wir genau davon ausgehen. Es ist aber, wie gesagt, derzeit strittig, ob die Fragen so gestellt worden sind.
- Das ist auf der Netzwerkkonferenz strittig gestellt worden. - Die Auswertung wirft mehr Fragen auf, als sie beantworten kann. Warum wird bei Fragen zur Demokratieakzeptanz eine Summe all derjenigen gebildet, die der Demokratie als bestem Regierungssystem ihre volle, ihre überwiegende, aber auch ihre teilweise Zustimmung geben? Warum wird im Bereich fremdenfeindliche Einstellungen in Abweichung von der gängigen wissenschaftlichen Praxis dann nur die volle Zustimmung gewertet, die überwiegende Zustimmung hingegen bleibt außen vor?
All das, Frau Budde, sind Auswertungsmethoden, die die Qualität der Studie in Zweifel ziehen. Und darüber muss man sprechen können.
Erst der Beschluss des Kuratoriums der Landeszentrale für politische Bildung, dass die Ergebnisse der Befragung vollständig als Open Data, also offene Daten, zur Verfügung gestellt werden sollten, macht eine unabhängige Überprüfung der vorgelegten Ergebnisse möglich. Diese scheint aufgrund der Methodik und der Auswertung dringend notwendig zu sein.
Von den Autoren ist nicht einmal - meine Fraktionsvorsitzende Frau Professor Dalbert hat das schon erwähnt - eine Beschreibung der Stichprobe beigefügt worden. Das ist umso gravierender, als in der Auswertung Unterschiede in Antworten für
einzelne Gruppen, zum Beispiel Bewohnerinnen einzelner Landkreise, Anhängerinnen bestimmter Parteien, dargestellt werden. Über die Größe dieser Gruppen und ihre Zusammensetzung und die Repräsentativität für deren Grundgesamtheit ist nichts in Erfahrung zu bringen.
Die Darstellung und Interpretation der Ergebnisse des Sachsen-Anhalt-Monitors wiederum ist gewagt. Die behauptete Vergleichbarkeit zwischen dem Monitor und den sogenannten Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung ist nicht gegeben. Sie, Herr Minister, haben auf Ihrer Pressekonferenz wiederholt diesen Zusammenhang hergestellt.
Die FES behauptet mit ihren Studien überhaupt keine Repräsentativität für Sachsen-Anhalt. Für die Bundesrepublik insgesamt und auch für Ost- und Westdeutschland sind ihre Ergebnisse methodisch jedenfalls gut abgesichert.
Dass die Fremdenfeindlichkeit in Sachsen-Anhalt gering sei und weiter abnehme, mag als Behauptung einer Landesmarketingagentur, deren Aufgabe zu Recht das Polieren des Images des Landes ist, noch verständlich sein. Als Ergebnis einer vom Land finanzierten Studie widerspricht es allen bisher vorliegenden Untersuchungen und auch der Alltagserfahrung.
herauszuarbeiten, warum ihre Befunde von bisherigen Erkenntnissen abweichen und trotzdem plausibel sind. Das ist so konkret zumindest nicht erfolgt. Im Gegenteil: Je länger der Blick der interessierten Fachöffentlichkeit in den Maschinenraum, also in Methodik und Auswertung des Monitors, andauert, desto größere Zweifel werden laut und desto heftiger fallen die Fehlstellen dieser Studie ins Auge.