Protokoll der Sitzung vom 14.12.2012

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ministerin! Es ist schon interessant, aber man hat eigentlich darauf gewartet, was die Regierung so aus einem Antrag herauslesen kann bzw. was man so zwischen den Zeilen entdeckt. Aber damit müssen wir, die Opposition, leben.

Nur eine Anmerkung zu Ihrer Feststellung, amtliche Statistiken geben das nicht her. Ich kann nur sagen: Ich weiß nicht genau, aber bis 1998 gab es eben die Ausweisung offiziell in den Berichten, zum Beispiel im Agrarbericht, differenzierte Auswertungen zwischen den einzelnen juristischen Personen. Später verschwand die Genossenschaft unter dem allgemeinen Begriff der juristischen Person.

Nebenbei bemerkt, ist es eine Frage, ob man die Erfassung organisiert oder nicht. Wir holen uns als Fraktion oft aus Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern die Daten von Sachsen-Anhalt. Das ist kurios. Aber so ist es, Frau Ministerin.

Zur Pflichtprüfung. Vorweg nur so viel: Die Punkte, die im Antrag drin sind - - Herr Thomas hat Recht. Man hätte auch Anfang des Jahres das Thema festlegen können. Aber ich habe in meiner Einbringung auch gesagt, dass letztlich dieser Antrag quasi das Ergebnis vieler Aktivitäten von Genossenschaftlern, von Genossenschaften aller Bereiche, aber auch unser Fraktion ist, wo wir Gespräche geführt haben.

Diese Punkte sind nicht irgendwie von uns aus politischer Überlegung benannt worden, sondern das Ergebnis der Gespräche mit Genossenschaftlern und auch mit Verbänden, Prüfverbänden und anderen auf diesem Feld tätigen Menschen. Darum auch eine Anmerkung zur Pflichtprüfung.

Sie hatten das schon gesagt und die Fraktion der GRÜNEN hat das auch noch einmal betont: Es

geht hierbei nicht, wie Sie es soeben wieder formuliert haben, Frau Ministerin, um allgemeine Pflichtprüfungen. Die Genossenschaftler haben selbst gesagt: Um die Genossenschaft demokratisch sicher zu machen, ist das Bedürfnis einer Prüfung da. Aber Sie haben etwas überlesen. Da geht es um kleinste und kleine Genossenschaften, die selbst auf Bundesebene in der Diskussion darüber stehen, ob man das generell ein bisschen vereinfachen sollte. Es geht nicht um eine allgemeine Prüfung. Es geht um kleine Genossenschaften, was in dem Antrag entsprechend formuliert ist.

Eine letzte Anmerkung - auch wenn es nicht im Antrag stand, aber in Ihrem Beitrag herauszuhören war - dazu, dass Genossenschaften in allen Fragen gleich behandelt werden. Ich will den Punkt nur nennen und nicht weiter kommentieren. Stichwort: Altschulden im Bereich der Landwirtschaft und der Wohnungsgenossenschaften.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Debatte ist damit zum Abschluss gekommen. Wir stimmen jetzt ab über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/1669. Ich habe herausgehört, federführend soll der Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft beraten. Mitberatend soll der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten tätig sein. Wer stimmt dem zu? - Das ist das ganze Haus. Ist jemand dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Nein. Damit ist der Antrag in die Ausschüsse überwiesen worden. Wir haben den Tagesordnungspunkt 18 abgearbeitet.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 19:

Erste Beratung

Kein Abbau von Hochschulkapazitäten

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/1670

Einbringer ist Herr Lange. Bitte schön, Herr Kollege Lange.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! 2003/2004 wurde durch das Land eine Kapazität von 33 850 personalbezogenen Studienplätzen für das gesamte Land festgelegt. Auf dieser Kapazitätsfestlegung fußt die Festlegung unserer Hochschulbudgets, die wir als Landtag den Hochschulen in den Haushalten zur Verfügung stellen.

Die Studienplätze sind ein wesentliches Steuerungskriterium, weil an die Studienplätze das Vorhalten von Personal und somit von Kapazität gebunden ist. Sie sind gleichzeitig verbunden mit der

Frage: Wie hoch sind die Lehrverpflichtungen des vorhandenen Personals?

Studienplätze sind also das härteste und beste Kontrollkriterium, das wir als Land haben, um zu sagen, unsere Hochschulen sollen in der Art und Weise dann auch entsprechend arbeiten. Sie sind aber selbstverständlich nicht das einzige Finanzierungskriterium für die Hochschulen. Ich erinnere daran, dass Hochschulen immer aus Forschung und Lehre bestehen und dass natürlich auch die Forschungskapazitäten bei der Berechnung der Budgets eine gewisse Rolle spielen.

Gleichwohl ist eben der wesentliche Ansatzpunkt für die Hochschulsteuerung die Frage: Wie viele Studienplätze hält das Land vor? Die Hochschulen stehen in der Landesverantwortung. Das heißt, wir haben hier direkt die Verantwortung für die Hochschulsteuerung. Gleichzeitig gibt es aber das Bestreben und auch den fraktionsübergreifenden Willen, die Hochschulen in größtmöglicher Autonomie oder - wie die Ministerin immer lieber sagt - in größtmöglicher Eigenverantwortung agieren zu lassen.

Die Hochschulen stimmen sich dabei allerdings auch mit dem Ministerium ab. Der Landtag gibt entsprechend das Geld, allerdings geknüpft an Voraussetzungen. Voraussetzungen in dem Fall - das hatte ich schon gesagt - sind die Anzahl der Studienplätze und das Forschungsprofil.

Deswegen ist es auch völlig richtig, dass wir uns mit einem solchen Antrag an die Hochschulen wenden. Denn was passiert, wenn sich die Voraussetzungen verändern und die Hochschulen auf einen Weg hinsteuern, der diese Voraussetzungen tatsächlich auch für das Land fundamental verändert?

Natürlich habe ich, obwohl es hierbei um die Hochschulen im Allgemeinen geht, die Situation an der Martin-Luther-Universität in Halle vor Augen. Der Senat möchte dort am 19. Dezember 2012 beschließen, dass die Hochschulkapazität bzw. dass die Stellen um etwa 100 Stellen abgebaut werden. Das soll mehr als 20 Professuren betreffen. Daran hängen dann wieder Mitarbeiterstellen. Damit ist auch verbunden, dass für die MartinLuther-Universität weniger Kapazität für Studienplätze zur Verfügung steht.

Ich gebe zu, dass ich diesen Antrag auch aus einer gewissen Hilflosigkeit heraus gestellt habe; denn das ist ein Prozess, den die Hochschule ganz allein initiiert hat, natürlich mit Blick darauf, dass im Jahr 2014 eventuell keine Hochschulpaktmittel kommen. Ich erkenne an, dass man versucht, sich vorzubereiten. Aber schon mit einem so knallharten Beschluss in diese Situation hineinzugehen, halte ich für absolut verfrüht.

Deswegen sage ich: Wenn sich diese Voraussetzungen verändern, muss das im Landtag bespro

chen werden. Denn irgendwann haben wir festgelegt, wofür wir das Geld zur Verfügung stellen.

Gleichzeitig ist mit dem, was an der Martin-LutherUniversität diskutiert wird, ein Abbau von Strukturen verbunden. So ist immer wieder im Gespräch, dass die Medienwissenschaften eventuell geschlossen werden sollen. Vielleicht wird das doch nicht so kommen.

Es ist im Gespräch, dass der Bereich Soziologie ein ganzes Stück weit zusammengeschrumpft werden soll, ein Studiengang, in dem sehr, sehr viele Studierende eingeschrieben sind, was sich also richtig auswirken wird auf das, was wir mit Studienplatzvorhalten meinen. Darüber hinaus gibt es immer wieder Diskussionen über die Sportwissenschaften. Wir müssen darüber reden, ob das alles Dinge sind, die im Interesse des Landes sind.

Wir sprechen vom Medienstandort Halle. Es stellt sich die Frage, was wir tun, wenn die Universität den Schwerpunkt nicht mehr auf diesen Bereich legt. Wollen wir das als Land?

Wenn wir über den Sport sprechen, dann reden wir auch über die Übungsleiter und Trainer, die ausgebildet werden. Dann stellt sich auch die Frage, ob wir wollen, dass das Angebot im Bereich Sportwissenschaften in Halle gekürzt wird. - Das alles sind Dinge, über die man sich im Land und auch im Landtag verständigen muss.

Wenn solche Voraussetzungen neu geschaffen werden, dann ist es dringend notwendig, in eine entsprechende Strukturdebatte einzutreten. Ich fordere von der Landesregierung, diese Strukturdebatte jetzt mit uns gemeinsam zu führen, damit wir uns entscheiden können, wie die Hochschulen im Land zukünftig aussehen sollen.

Voraussetzung dafür wird das Gutachten des Wissenschaftsrates sein, das wahrscheinlich im Herbst vorliegen wird. Das heißt, bis dahin ist noch ein ganzes Stück Luft - Luft insoweit, als auch Hochschulen bis dahin handeln können.

Deswegen enthält unser Antrag die Aufforderung an die Hochschulen, an dieser Stelle keine Tatsachen zu schaffen, die über diesen Zeitraum der Zielvereinbarung hinaus Wirkung zeigen, also Tatsachen, die einen Abbau beispielsweise von Strukturen bzw. von Kapazitäten über das Jahr 2013 hinaus präjudizieren.

Ich denke, es ist notwendig, sich im Land darüber zu verständigen, wie viele Studierende wir haben wollen. Es ist prognostiziert worden, dass die Studierendenzahlen bis zum Jahr 2025 gleichbleibend hoch sein werden. Wir müssen uns diesbezüglich darüber verständigen, ob wir als Land tatsächlich das Signal aussenden wollen, dass wir Studienplatzkapazitäten abbauen wollen.

Unser Antrag hat keineswegs das Ziel, eine solche Debatte nicht zu führen. Vielmehr möchte er im

Prinzip verhindern, dass es zu Kürzungen kommt, ohne dass es diese Debatte überhaupt gegeben hat, ohne dass der Landtag einbezogen wurde und ohne dass das Thema breit gesellschaftlich diskutiert wurde. Es ist im Interesse des Landes und es ist im Interesse des Landtages als Geldgeber zu wissen, unter welchen Voraussetzungen wir den Hochschulen Geld zur Verfügung stellen. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Kollege Lange, für die Einbringung. - Wir dürfen an diesem Freitagnachmittag Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Osterburg begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Für die Landesregierung spricht in der Debatte jetzt Frau Ministerin Wolff. Bitte schön, Frau Ministerin.

Danke, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE könnte den Eindruck erwecken, dass gleich im kommenden Jahr die Ausbildungskapazitäten an unseren Hochschulen drastisch reduziert werden sollen. Das, lieber Herr Lange, wäre mir neu.

Tatsächlich haben wir seit Jahren, und zwar durch Vereinbarungen zwischen dem Land und den Hochschulen, eine Ausbildungskapazität abgesichert, die weit über dem reinen Landesbedarf liegt.

In den Jahren 2009 bis 2012 erwarben in Sachsen-Anhalt insgesamt rund 30 000 Schulabgängerinnen und -abgänger eine Hochschulzugangsberechtigung und die haben nicht einmal alle im Land ein Studium aufgenommen. Ihnen standen an den Hochschulen des Landes nach Berechnungen der KMK aus dem Juni 2012 über 40 000 Studienanfängerinnen und -anfänger im ersten Hochschulsemester gegenüber. An dieser Großwetterlage wir sich voraussichtlich auch im Jahr 2013 nichts wesentlich ändern.

Was den Wissenschaftsbetrieb betrifft, so waren im letzen Jahr an den Hochschulen des Landes 145 hauptberufliche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mehr beschäftigt als noch vor fünf Jahren.

Der Verweis auf die Profildiskussion an der MLU Halle-Wittenberg relativiert diese Aussagen nicht. Die Martin-Luther-Universität hat in den vergangenen drei Jahren durchschnittlich jeweils 665 Studienanfängerinnen und -anfänger im ersten Hochschulsemester mehr aufgenommen als im Jahr 2004 geplant; dies war Ihr Bezugsjahr. Auch daran wird sich im kommenden Jahr voraussichtlich nichts ändern. Im Gegenteil: Nach dem Hoch

schulstrukturplan des Landes und nach den zusätzlich zugewiesenen Mitteln waren sogar noch mehr Neuimmatrikulationen, also eine noch höhere Kapazität vorgesehen.

Alles in allem kann man weder für die gesamte Hochschullandschaft noch für die MLU von einem Abbau der Hochschulkapazitäten oder der Ausbildungskapazitäten sprechen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Unabhängig von der beschriebenen stabilen Hochschullandschaft gibt es allerdings partielle Strukturfragen. Ich betone an dieser Stelle nochmals, dass ich der Martin-Luther-Universität dankbar dafür bin, dass sie die damit verbundenen Fragen ernsthaft diskutiert.

Die Landesregierung und nicht zuletzt der Landtag haben den Hochschulen seit etlichen Jahren zunehmend Entscheidungs- und Gestaltungsbefugnisse übertragen. Es liegt in der Natur der Sache, dieses Mehr an Autonomie zu respektieren. Das heißt selbstverständlich nicht, dass wir nicht ständig mit den gewählten Vertretern und demokratisch legitimierten Gremien in Kontakt stünden und mit ihnen redeten; das wissen Sie ja auch.

Nun wird aber abzuwarten sein, zu welchen Bewertungen der Wissenschaftsrat in seiner Stellungnahme kommt. Das haben auch Sie so dargestellt. Dass dies abgewartet wird, haben wir auch gemeinsam mit den Hochschulen beschlossen. Wenn die Ergebnisse vorliegen, dann werden wir darüber sprechen; selbstverständlich auch und besonders im Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)