Protokoll der Sitzung vom 22.02.2013

Herr Minister, es gibt zwei weitere Fragen, nämlich von Frau Mittendorf und von Frau Hohmann.

Ich bin immer erstaunt, dass diese Dinge, über die wir jedes Mal reden - -

Sie wollen?

Ja. Mir wird sonst vorgehalten, ich würde ausweichen.

Frau Mittendorf.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Lieber Kollege Bullerjahn, der Kollege Höhn hat es auch angesprochen. Mir erschließt sich nicht so recht, wo der wahre Effizienzgewinn sein soll, wenn man Schulen - welche auch immer, zumindest im Grundschulbereich - schließt; denn wenn wir Schule schließen, geben wir die Kinder nicht weg.

Wir haben eine schülerbezogene Lehrerarbeitszeit

(Zustimmung von Frau Feußner, CDU)

und daran hängen letztlich die Stellen. Das erschließt sich mir nicht, weshalb ich es gern erklärt haben möchte. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt. Ich würde gern auf den Arbeitszeittarifvertrag eingehen und auch den Bezug zu Sachsen herstellen, wo man angeblich viele Lehrer einstellen konnte.

Wir haben gemeinsam - das war ein schwerer Ritt; das wissen wir alle; damals fanden das alle richtig und ich finde es auch heute noch richtig - in all den Jahren in der Tat Stellen abgebaut und über die Jahre hinweg Geld eingespart.

Wenn Sie nach Sachsen sehen und sich vor Augen führen, in welcher Höhe dort im Zusammenhang mit diesen Kündigungsgeschichten Abfindungszahlungen geleistet werden mussten, dann stellen Sie fest, dass so manchem heute noch die Tränen kommen.

Letzte Bemerkung: Ich stehe einer Erhöhung der Arbeitszeit von Lehrerinnen und Lehrern kritisch gegenüber. Dies hat etwas mit dem Altersdurchschnitt zu tun.

(Zustimmung von Frau Feußner, CDU)

Wenn man über so etwas diskutieren will, dann muss erfragen - denn unsere Lehrerinnen und Lehrern befinden sich in einem Angestelltenverhältnis; das erachte ich auch für richtig -, ob die Landesregierung bereit ist, mit den Gewerkschaften Tarifverhandlungen zu führen, bei denen diese Frage geregelt werden könnte. Es gibt diesbezüglich nämlich sehr schicke und moderne Modelle, über die hier niemand redet.

(Zustimmung von Frau Feußner, CDU)

Frau Mittendorf, liebe Rita, ich kann mir nicht ernsthaft vorstellen, dass es in diesem Parlament angezweifelt wird - - Das Land Sachsen-Anhalt hat ein Haushaltsvolumen von 10 Milliarden €, Schulden in Höhe von 20 Milliarden € und die beinahe schlechteste Investitionsquote mit Blick in die Zukunft. Hierfür müssen wir alle einstehen und nicht für unsere Betroffenheiten. Wir entscheiden hierbei über Dinge, als wenn es kein Morgen gäbe - nach dem Motto: Nach uns die Sintflut.

Wir haben eines der kleinteiligsten Schulnetze. Es gibt noch Dörfer, in denen sich die Schule in einem alten Plattenbau befindet, den sie nicht sanieren können, weil sie nie das Geld haben werden.

Vor diesem Hintergrund verstehe ich nicht, warum man es politisch nicht aushalten kann, wenn 70 oder 100 Schulen vom Netz genommen werden. Dies ist in anderen Ländern schon längst gemacht worden. Diese Länder werden in die Bildung investieren können, wenn wir noch an unseren Schulden knaupeln. Wenn das immer wieder infrage ge

stellt wird, dann muss ich grundsätzlich an Politik zweifeln.

Wenn man glaubt, im Bereich Bildung nur über das Geld etwas zu erreichen, noch dazu, wenn man eines der schlechtesten Ergebnisse aufweist - -

(Frau Feußner, CDU: Das hat niemand ge- sagt!)

Bei uns ist das Verhältnis von Mitteleinsatz und Ergebnissen mehr als zu hinterfragen. Wenn man den Minister fragt - egal wer hier steht - „Wieso macht ihr das eigentlich?“, dann kann ich dazu nur sagen, dass ich von einem Parlament mehr erwarte.

(Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Sie alle wollen in die Wirtschaft, die Infrastruktur und die Kommunalfinanzen investieren. Ich muss von Ihnen auch erwarten können, dass Sie mir dafür einen Vorschlag unterbreiten, wo die 450 Millionen € herkommen sollen, die Sie den Kommunen so mir nichts dir nichts geben wollen - keine Ansage. Solange es keine anderen Vorschläge gibt, werde ich dafür werben, dass wir mit Augenmaß das anpassen, von dem ich glaube, dass es auch vertretbar ist.

Ein weiterer Punkt. Mit Blick auf die Gewerkschaften gebe ich dir, Rita, Recht. Das ist völlig klar. Ich habe in Bezug auf den Umgang mit den Gewerkschaften dazu neue Erfahrungshorizonte. Ich habe nie daran gezweifelt, dass Gewerkschaften nicht nur an sich denken. Nur bei einem solchen Gutachten, wie es jetzt vorliegt, muss man schon zweifeln. Wir werden solche Strukturveränderungen nicht ohne Gewerkschaften machen können. Das ist völlig klar. Das geht nicht von oben nach unten.

Ich weiß, dass es auch für die Gewerkschaften ein hohes Gut ist, wenn dieses Land irgendwann wieder in die Lage versetzt wird, wesentlich mehr Lehrerinnen und Lehrer einzustellen.

Diese Zukunfts- und Demografiediskussion innerhalb von Tarifverträgen halte ich für den richtigen Ansatz. Dies werden wir verstärken müssen. Deswegen werden wir schauen, wie wir das, was mit Blick auf die Versorgung mit Bildung zu Recht von uns verlangt wird, mit unseren Haushaltsmitteln und auch mit innovativen Gedanken in den nächsten Jahren erreichen können. Die Diskussion muss möglich sein und sie darf nicht nur schwarz-weiß geführt werden. Dafür werbe ich immer wieder.

Jetzt ist Frau Hohmann an der Reihe.

(Herr Lange, DIE LINKE: Ich wünschte mir, dass der Kulturminister eingreift, wenn er so etwas sagt!)

Haben wir nicht eine der höchsten Abbrecherquoten? Haben wir dies nicht über Jahre hinweg mit produziert?

(Herr Lange, DIE LINKE: Aber nicht in der Grundschule!)

- Ich meine das, was am Ende herauskommt. Wenn ich mitbekomme - ich weiß, dass es in den letzten Jahren Anpassungen und Verbesserungen gab -, dass Sachsen-Anhalt trotz eines hohen Mitteleinsatzes eine der höchsten Abbrecherquoten hat, dann muss man das doch sagen können.

Jetzt stellt Frau Hohmann ihre Frage.

Herr Minister, ich denke, Sie verkennen die Situation, nämlich die, dass Schulen, die saniert worden sind, garantiert nicht geschlossen werden. Wir haben im Petitionsausschuss diesbezüglich schon mehrere Petitionen erhalten. Ich möchte Sie fragen, ob wir Ihnen diese Petitionen zukünftig weiterleiten können, damit Sie davon Kenntnis erhalten?

Wir haben vorhin gehört, dass wir im Förderschulbereich, gerade im Förderschulbereich für Lernbehinderte darauf zusteuern, dass ca. 50 % der Standorte nicht mehr zu halten sind. Glauben Sie, dass 50 % der Förderschulen in den letzten Jahren nicht saniert worden sind?

Ich habe vorhin über die Schulen geredet, die in der Zukunft saniert werden sollen. Ich habe gesagt, dass wir das nicht mehr machen sollten. Früher ist das vielleicht falsch gelaufen.

Zu den Förderschulen. Ich will mich nicht zu sehr in das Thema Bildung hineinhängen. Ich habe beim letzten Mal erwähnt, dass ich in Skandinavien Geld eingesammelt habe. Ich war dort in drei Bildungsministerien. Ich habe das so verstanden, dass wir diesen Unterschied zwischen allgemeinbildender Schule und Förderschule auch bei uns aufheben wollen. Wenn wir jetzt nur über Standorte reden, dann ist das wieder die völlig falsche Bildungsdiskussion.

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir treten jetzt in die vereinbarte Fünfminutendebatte ein. Als Erste spricht für die Fraktion der CDU Frau Gorr. Bitte schön, Frau Kollegin.

Danke, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Um unser Abstimmungsverhalten schon

einmal vorwegzunehmen: Wir werden den Antrag der Fraktion DIE LINKE, der vorhin schon eingebracht wurde, wie auch den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ablehnen.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Oh! - Weitere Zurufe von der LINKEN)

Selbstverständlich tragen wir alle hier im Hohen Hause eine hohe Verantwortung für die weitere Entwicklung des Personalkörpers in unserem Land Sachsen-Anhalt, insbesondere für die einzelnen Menschen, die hinter den jeweiligen Stellen stehen, aber auch für die ordnungsgemäße Erledigung der Aufgaben, die ihnen übertragen sind und letztlich auch für die Finanzierbarkeit unserer Wünsche und Vorstellungen.

Selbstverständlich müssen uns Parlamentarier unterschiedliche Zahlen und Bewertungen von Analysen beunruhigen. Denn Entscheidungen sollten nicht auf der Grundlage von verschleierten oder ungenauen Berechnungen getroffen werden.

Gerade im Bereich Schule müssen wir uns als Parlamentarier darauf verlassen können, dass im Land Sachsen-Anhalt eine solide Lehrerversorgung gewährleistet ist, die unserer Schulnetzplanung wie auch der Entwicklung der Schülerzahlen entspricht.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Aber - ich zitiere -:

„Allein der Einsatz von mehr Lehrern pro Schüler sichert bei der Verringerung der Schulabbrecherquote oder bei Ländervergleichen zur Qualität von Schule noch keinen Erfolg.“

(Herr Scheurell, CDU: Leider!)

Daher müssen wir weiterhin neben der Quantität auf die Qualität achten und auf frischen Wind durch kontinuierliche Neueinstellungen setzen. Darüber hinaus müssen wir im Hinblick auf die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in den Blick nehmen, dass ausreichend qualifizierte und auch multiprofessionelle Teams unter Umständen zusätzlich zum Einsatz kommen müssen, um Inklusion gelingen zu lassen.

Ein weiteres Problem, für das wir alle Verantwortung tragen, liegt in der Besetzung von Stellen mit qualifizierten Fachkräften, nicht nur im Lehrerbereich, die die Aufgaben in den einzelnen Ministerien fach- und sachgerecht erledigen können. Ist dieses nicht abzusichern, darf die offene Diskussion über Aufgabenverzicht oder Aufgabenverlagerung kein Tabu sein und muss diskutiert werden.