Protokoll der Sitzung vom 25.04.2013

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir fahren fort.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Beratung

Kleine Anfragen für die Fragestunde zur 23. Sitzungsperiode des Landtages von Sachsen-Anhalt

Fragestunde mehrere Abgeordnete - Drs. 6/2011

Gemäß § 45 unserer Geschäftsordnung findet auf Antrag monatlich eine Fragestunde statt. Es liegen Ihnen in der Drs. 6/2011 sieben Kleine Anfragen für die Fragestunde vor.

Ich rufe den ersten Fragesteller auf, Herrn Abgeordneten Henke. Seine Frage 1 betrifft entgangene Grunderwerbsteuer beim Verkauf der Treuhandliegenschaftsgesellschaft.

Sehr geehrte Damen und Herren! Aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Fraktion DIE LINKE geht hervor, dass durch den im Verhältnis von 94,9 % zu 5,1 % gesplitteten Verkauf der TLG-Wohnungsbestände an zwei Tochtergesellschaften der TAG Immobilien AG die Fälligkeit der Grunderwerbsteuer auch zum Nachteil des Landes Sachsen-Anhalt verhindert wurde.

Ich frage die Landesregierung:

1. In welcher Höhe sind daraus dem Land Sachsen-Anhalt Einnahmen aus nicht erhobener Grunderwerbsteuer entgangen?

2. Welche politischen und rechtlichen Konsequenzen zieht die Landesregierung aus diesem Vorgang, um Vergleichbares künftig zu vermeiden?

Ich danke Ihnen.

Danke schön, Herr Abgeordneter. - Seitens der Landesregierung wird der Finanzminister die Frage beantworten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den vorliegenden Fragen bezieht sich Kollege Henke auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Fraktion der LINKEN zur Wohnungsprivatisierung in Deutschland. Darin wird von der Bundesregierung unter anderem bestätigt, dass im Rahmen der Veräußerung von größeren Wohnungsbeständen von der bundeseigenen Treuhandliegenschaftsgesellschaft - das war auch Thema in vielen überregionalen Zeitungen - eine Vertragsgestaltung eingesetzt wurde, die das Entstehen von Grunderwerbsteuer verhindert.

Zu diesem Zweck wurde der Wohnungsbestand nicht durch den Verkauf der einzelnen Wohneinheiten übertragen. Stattdessen hat der Erwerber die Anteile der TLG Wohnen GmbH, die im Besitz der Grundstücke ist, direkt erworben. Außerdem hat der Erwerber die Anteile nicht selbst erworben, sondern zwei rechtlich selbständige Tochtergesellschaften zwischengeschaltet. Nach geltendem Recht kann mit einer solchen Vertragsgestaltung das Entstehen von Grunderwerbsteuer zulasten

des Landeshaushalts auf legalem Wege vermieden werden.

Nun zu den einzelnen Fragen. Die dem Land entgangenen Grunderwerbsteuereinnahmen lassen sich nur überschlägig schätzen. Aufgrund von Informationen, die vom BMF und der TLG im Internet veröffentlicht worden sind, ist davon auszugehen, dass ohne Einsatz der REIT-Blocker-Struktur rund 2,5 Millionen € Grunderwerbsteuer für die in Sachsen-Anhalt gelegenen Grundstücke entstanden wären.

Die Vertragsgestaltung - Frage 2 - ist zwar nach dem geltenden Grunderwerbsteuergesetz rechtlich nicht zu beanstanden; deswegen werde ich hier keine politische Bewertung vornehmen. Da sie jedoch in der Praxis immer mehr dazu genutzt wird, bei Einnahmenminderungen diese Diskussion zu verschärfen, setzt sich die Landesregierung in den Bundesratsausschüssen dafür ein, dass das geändert wird.

Sie werden sicherlich, Herr Henke, da Sie schon sehr lange dabei sind, wissen, dass es etliche Länder gibt, die das seit Jahren betreiben und wir uns dem mittlerweile auch angeschlossen haben. Ziel ist es, dass solche Strukturvorschläge zukünftig vermieden werden können. Insoweit hoffe ich, dass ich Ihnen mit den Antworten gerecht werden konnte.

Danke schön, Herr Minister. Es gibt noch eine Nachfrage. - Herr Abgeordneter Henke, bitte.

Danke für die Antwort, Herr Minister. Wenn bei diesem ersten Teilverkauf der TLG Wohnen GmbH etwa 2,5 Millionen € dem Land entgangen sind, ist ja absehbar, dass bei dem noch anstehenden Verkauf der Geschäftsanteile der TLG Immobilien, der etwa 55 Millionen € Grunderwerbsteuer umfassen könnte, dann ein doppelt so großer Anteil dem Land Sachsen-Anhalt entgehen könnte, also rund 5 Millionen €, überschlägig gerechnet, stark vereinfacht.

Sie hatten eben gesagt, dass Sie eine Initiative im Bundesrat zur Änderung anstreben.

Die gibt es schon.

Es gibt auch die Überlegung, hierbei mit anderen rechtlichen Möglichkeiten vorzugehen, man spricht selbst von strafrechtlichen Prüfungen.

Meine Fragen:

Erstens. Sehen Sie eine Erfolgsaussicht Ihrer laufenden Initiative, schon für den zweiten Verkaufsteil Grunderwerbsteuer für Sachsen-Anhalt zu erzielen?

Zweitens. Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten eines strafrechtlichen Vorgehens aufgrund dieses legalen - in Anführungszeichen - Konstrukts ein?

Als Finanzminister sollte man sich - noch dazu als Nichtjurist - mit diesem „hätte“, „könnte“, „sollte“ in strafrechtlichen Belangen zurückhalten. Ich weiß, dass diese Diskussion schon lange - gerade im Finanzausschuss des Bundesrates - anhängig ist. Länder wie Mecklenburg-Vorpommern und andere haben das schon lange vorangetrieben. Insofern werden alle zukünftigen Geschäfte erst dann davon betroffen sein - entlastend oder belastend -, sobald dieses Verfahren im Bundesrat und im Bundestag abgeschlossen ist. Alles andere ist auf legalem Wege bei der jetzigen Gesetzgebung so möglich, wie es ist.

Ich will nur einmal darauf hinweisen, dass wir gerade bei kommunalen Geschäften immer wieder angehalten werden, genau das dort zu machen, nämlich zu entlasten, damit diese Steuer nicht fällig wird. Es ist also immer eine Frage der Betroffenheiten. Das bitte ich zu berücksichtigen.

Wenn solche Regelungen kommen, gibt es nicht nur welche, die davon gewinnen, es gibt auch welche, die immer wieder zahlen müssen. Ich habe auch etliche Hinweise von Ihnen oder manchmal Schreiben, wo gerade Sachsen-Anhalt bei Zusammenschlüssen - im Zusammenhang mit Gebietsreform und Ähnlichem, das wissen Sie selbst - dann die Frage kam: Mensch, warum müssen wir das eigentlich machen, diese Diskussion linke Tasche, rechte Tasche, also öffentliche Hand? - Also: Vorsichtig bei diesem Thema! Aber es wird, glaube ich, mittlerweile unstrittig im Bundesratsfinanzausschuss von einer breiten Mehrheit getragen.

Bei dem Konkreten, glaube ich, wird es aber nicht mehr relevant. Ich würde mich aber gern noch einmal schlaumachen.

Danke schön, Herr Minister. Weitere Nachfragen gibt es nicht.

Wir fahren fort. Ich rufe die Frage 2 auf. Sie betrifft ein rechtsextremes Gefängnisnetzwerk. Frau Abgeordnete Henriette Quade, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den vergangenen Wochen berichteten diverse Medien über ein rechtsextremes Gefängnisnetzwerk. Die „Mitteldeutsche Zeitung“ vom 10. April 2013 zitierte

die Sprecherin des Landesjustizministeriums in Bezug darauf wie folgt: „Es gibt keine Hinweise darauf, dass Personen aus unseren Justizvollzugsanstalten involviert sind.“

Dies widerspricht mehreren Darstellungen, in denen die Haftanstalten Burg und Magdeburg als Justizvollzugsanstalten benannt werden, in denen Kontakte zu diesem Netzwerk bestehen sollen. Beide Haftanstalten werden in einer Mitteilung der „AD Jail Crew“ - also jenem Neonazinetzwerk - in der Oktoberausgabe des Jahres 2012 der „Bikers News“ erwähnt und werden dort als Justizvollzugsanstalten benannt, in denen es entsprechende Ansprechpartner gibt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung die Mitteilung der „AD Jail Crew“ in der erwähnten Ausgabe der „Biker News“, und welche Kenntnisse hat die Landesregierung zu bestehenden Kontakten?

2. Wie erklärt die Landesregierung den Widerspruch zwischen der Aussage des Justizministeriums und den anderweitig bekannt gewordenen Fakten?

Danke schön, Frau Abgeordnete. - Für die Landesregierung antwortet die Ministerin für Justiz und Gleichstellung.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Frau Quade, mich hat natürlich die Veröffentlichung über die Existenz eines solchen bundesweiten rechtsextremen Netzwerks in den Justizvollzugsanstalten genauso betroffen gemacht wie Sie.

Auf der anderen Seite zeigt aber gerade die Aufdeckung, dass es intensive Bemühungen auch in den Anstalten gibt, Hinweise auf derartigen Aktivitäten ernst zu nehmen und für Aufklärung zu sorgen. Deshalb verspreche ich mir von den Ermittlungen, die noch laufen, auch weitere Aufklärung, was denn tatsächlich hinter den einzelnen Informationen steckt. Damit schließe ich also SachsenAnhalt ausdrücklich ein.

Sie haben mich gefragt, wie ich die Mitteilung der sogenannten „AD Jail Crew“ aus der Motorradzeitschrift „Bikers News“ - dort ist sie nämlich veröffentlicht worden - vom Oktober letzten Jahres bewerte und welche Kenntnisse die Landesregierung zu bestehenden Kontakten im Rahmen eines solchen rechten Netzwerkes hat.

Diese Mitteilung, auf die Sie sich beziehen, ist eine Information über die Gründung einer Gruppe na

mens „AD Jail Crew“, versehen mit dem Klammerzusatz 14. Die Gruppe ist nach deren Selbstdarstellung eine Alternative zu Gefangenenhilfsorganisationen und wurde augenscheinlich am 20. April 2012 in der JVA Hünfeld in Hessen ins Leben gerufen. Schon der Klammersatz „14“ weist eindeutig auf eine rassistische Parole hin.

Es gibt bereits, so die Behauptung dieser Gruppe, weitere Mitstreiter in verschiedenen Anstalten und - ich zitiere jetzt - „diverse Ansprechpartner in den JVAs Kassel, Fulda, Hünfeld, Weiterstadt, Frankfurt, Leipzig, Dresden, Tonna, Hamburg, Neumünster, Kiel, Burg, Brandenburg, Magdeburg, Stuttgart, Gelsenkirchen, Butzbach, Torgau und Saarbrücken“.

Diese Informationen werden derzeit noch polizeilich aufgeklärt. Deshalb ist es mir im Moment nicht möglich, diese Information abschließend zu bewerten. Ich verstehe sie zunächst einmal als eine Art Propaganda, um auf die Gründung dieser Gruppe hinzuweisen.

Ich kann an dieser Stelle nur so viel sagen: Mir liegen - insoweit ist das auch kein Widerspruch - zu dem, was meine Pressesprecherin auf entsprechende Presseanfragen geäußert hat, zum jetzigen Zeitpunkt keine Erkenntnisse darüber vor, ob es zwischen diesen Vereinen und Insassen in Gefängnissen in Sachsen-Anhalt zu Kontakten gekommen ist. Inwieweit entsprechende Namenslisten, die bei Haftraumdurchsuchungen geführt worden sind, dann tatsächlich zu Insassen in sachsenanhaltischen Gefängnissen führen, bleibt abzuwarten.

Ich bitte um Ihr Verständnis, dass aufgrund noch laufender Ermittlungen hier im Moment noch keine abschließenden Hinweise meinerseits möglich sind. Ich werde aber gern im Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung weiter berichten. - Vielen Dank.

Danke schön, Frau Ministerin. Es gibt noch eine Nachfrage. - Frau Kollegin Quade, bitte.

Vielen Dank. - Um die weitere Berichterstattung im Ausschuss bitte ich sehr dringend.