Protokoll der Sitzung vom 25.04.2013

Zusätzlich haben sowohl wir als Land als auch die Kommunen aufgrund einer quantitativ schwachen Wirtschaftsstruktur, aufgrund der zurückgehenden Bevölkerungszahl und möglicherweise auch wegen der Steuerpolitik im Bund ein Einnahmenproblem.

Es geht also nicht um die Frage des Ob der Konsolidierung - das ist festgelegt -, sondern es geht um die Frage des Wie - des Wie in der Sache, des Wie in der Art und Weise der Diskussion und manchmal auch nur des Wie im Wording.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Äußerungen wie „die Ministerin war nicht mehr beeinflussbar“, „das muss zwischenmenschlich aufgearbeitet wer

den“, „wir werden da rangehen“ oder „Abklopfprozess“

(Zustimmung bei der LINKEN)

machen die Diskussionen manchmal auch sehr viel schwerer, als wir sie uns eigentlich machen müssten.

(Zustimmung bei der SPD)

Aber die Diskussion findet nun seit Wochen statt. Man muss einfach konstatieren, dass im Ergebnis das Bild, das damit vom Land Sachsen-Anhalt in der Öffentlichkeit gezeichnet wird, kein gutes Bild ist.

Ich möchte zuerst auf die zweite Fassette, die ich vorhin genannt habe, eingehen, auf den Wechsel an der Spitze des Ministeriums für Wissenschaft und Wirtschaft. Hierbei ist der Eindruck entstanden, dass eine Ministerin, die für die Wissenschaft in Sachsen-Anhalt gekämpft hat, abgestraft wurde.

Sie haben heute in Ihrem Interview damit begonnen, die Hintergründe zu erklären. Es wäre gut, wenn das Bild, das sich in der Öffentlichkeit darstellt, korrigiert werden könnte. Das wäre vor allem auch gut für die politische Kultur in Sachsen-Anhalt.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich hat auch - das ist schon mehrmals gesagt worden - die Art und Weise der Entlassung das ihrige dazu getan, dieses Bild heraufzubeschwören. Ich habe Ihnen bereits gesagt, was ich davon halte.

Ich muss aber auch sagen, ich persönlich bin im Umgang mit Ihnen einen anderen Ton und ein anderes Gesprächsklima gewöhnt. Insofern gehe ich davon aus, dass Sie das im Rückblick - ich würde es Ihnen abnehmen, wenn Sie das sagten - anders machen würden.

Dass Sie Birgitta Wolff entlassen haben, ist Ihre persönliche und politische Entscheidung. Dass das Vertrauensverhältnis gestört gewesen ist, haben Sie begründet. Das habe nicht ich zu beurteilen und das hat auch die SPD nicht zu beurteilen. Birgitta Wolff war eine Ministerin aus Ihren Reihen. Wir haben diese Entscheidung als Koalitionspartner zu akzeptieren.

Das Gleiche gilt natürlich auch für den Nachfolger. Herr Möllring - wir sind bei einem offenen Wort und es ist ohnehin in der Welt -, ich habe bei Ihrer Ernennung eine gewisse Skepsis zum Ausdruck gebracht. Vielleicht nennen wir es eine gesunde Skepsis, gerade in Bezug auf die Hochschulen.

Sie haben vorgestern gesagt, Sie wären allein für die Wissenschaft vermutlich nicht in den Osten, nach Sachsen-Anhalt gekommen, für die Wirtschaft vielleicht schon. Dieser Einstieg in die Hoch

schuldiskussion hat bei uns natürlich für einige Irritationen gesorgt.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Dazu muss man wissen, dass die SPD-Fraktion und auch die Partei SPD sich sehr schwer damit getan hatten, diese beiden Bereiche in einem Ministerium zusammenzufassen, das auf Birgitta Wolff als Person zugeschnitten war.

Sie haben Ihre Äußerung aber gestern schnell wieder relativiert, indem Sie gesagt haben, man brauche beide Herzkammern, die Wirtschaft und die Wissenschaft. Das ist auch richtig. Das sind auch zwei Herzensangelegenheiten der SPD. Wir wollen eine gute wirtschaftliche Entwicklung als Grundlage für die Entwicklung unseres Landes und wir wollen eine gute, stabile und zukunftsfeste Hochschul- und Wissenschaftslandschaft entwickeln. Denn wir wissen, das eine geht nicht ohne das andere.

(Beifall bei der SPD)

In diesem Sinne wird meine Fraktion für Sie auch ein engagierter Gesprächspartner sein.

In der Finanzpolitik haben Sie sich einen Ruf erarbeitet. Machen Sie sich jetzt jenseits der Zahlen auch mit unserem schönen Land, mit den Leistungen seiner Unternehmerinnen und Unternehmer sowie seiner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vertraut. Es lohnt sich. Es gibt in unserem Land viele Exzellenzen zu entdecken.

Entwickeln Sie einen vernünftigen Vorschlag für die Hochschullandschaft in Sachsen-Anhalt. Dann werden Sie sehen, dass ich eine Skeptikerin bin, die sich mit guten inhaltlichen Vorschlägen gern überzeugen lässt und die Ihnen auch gern die Hand reicht zur Zusammenarbeit. In diesem Sinne möchte ich Ihnen im Namen meiner Fraktion und persönlich zur Ernennung herzlich gratulieren.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Ich würde Ihnen gern noch zwei Punkte mit auf den Weg geben, die uns als SPD für die weitere Entwicklung der Hochschulen wichtig sind, quasi als Rahmen für die weitere Diskussion. Dies ist sicherlich ein ungewöhnlicher Zeitpunkt, um solche Vorstellungen als Fraktion in die Debatte einzubringen, aber dazu werde ich gleich noch etwas sagen.

Punkt 1. Wir wollen als SPD eine attraktive Hochschul- und Wissenschaftslandschaft entwickeln - aus einem einfachen Grund: Eine leistungsfähige Wissenschaftslandschaft ist ein entscheidendes Element zur Fortentwicklung des Landes - so steht es im Koalitionsvertrag. Im Mittelpunkt steht für uns daher eine Profilierung der Hochschulen. Das sehen auch die Rektoren so. Auch sie wissen und

sagen, dass ausschließlich ein „Weiter so!“ auf Dauer nicht funktionieren wird.

Punkt 2. Das neue Konzept, das jetzt erarbeitet wird, muss im Dialog mit den Hochschulen, den Rektoren und den Studierenden erarbeitet werden. Das haben Sie bereits angekündigt. Das ist vernünftig und ein guter Weg. Wir werden Sie gern mit weiteren Gesprächen begleiten.

Punkt 3. Wir als SPD stellen - das habe ich schon öffentlich gesagt - die vorgehaltenen Studienplätze und die derzeitige Studierendenzahl von 55 000 nicht in Frage.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich weiß, dass unser Koalitionspartner das ein wenig anders sieht und auch über die Presse mitgeteilt hat, dass eine politische Vorfestlegung auf eine konkrete Zahl vor der Klarheit über die Reformschritte nicht zielführend ist.

Aber dazu muss ich, mit Verlaub, sagen: Auch die Aussagen in der ersten Kabinettsvorlage zu den Studierendenzahlen sind eine politische Vorfestlegung gewesen. Zum Detail, Herr Gallert: Diese Studienplatzzahlen und Studierendenzahlen sind eben nicht in den Beschlüssen, sondern in den Erläuterungen enthalten und werden von der Landesregierung offensichtlich als ein Weg angesehen, den Konsolidierungsbeitrag der Hochschulen zu erbringen.

(Herr Lange, DIE LINKE: Aber das ist doch eine Konsequenz daraus! Wenn Sie weniger Personal haben, dann haben Sie weniger Studienplätze! Das ist doch logisch!)

- Herr Lange, dazu ist heute nicht der Raum, darüber inhaltlich und fachlich zu diskutieren.

(Zurufe von der LINKEN)

- Sie haben doch noch mehrere Tagesordnungspunkte, unter denen Sie das tun können.

Ich möchte nur sagen, sowohl CHE als auch KMK bestätigen inzwischen, dass die Zahlen nicht sinken, sondern dass es ein nahezu kontinuierliches Fortschreiben der Studierendenzahlen geben wird. Insofern sind die Annahmen, die die Landesregierung auf der Grundlage von Daten getroffen hat, inzwischen, wie ich glaube, aufgrund von neueren Daten überholt. Sie würden in einer neueren Kabinettsvorlage vermutlich auch nicht enthalten sein.

Ich bin in den letzten Tagen und auch gestern in der Pressekonferenz gefragt worden, wie die Hochschulstruktur jenseits der Studierendenzahlen am Ende aussieht und wie viel Geld sie braucht oder einspart. Dazu sage ich hier das Gleiche, was ich seit Tagen öffentlich sage:

An Diskussionen über Zahlen beteilige ich mich nicht. Erst reden wir mit den Rektoren und mit den Studierenden über die Strukturen und über die In

halte. Dann schauen wir, mit wie viel Geld wir hinkommen. Ob am Ende der Diskussion Einsparungen in Höhe von 2 Millionen, 3 Millionen, 4 Millionen oder 5 Millionen € zusammenkommen, das kann ich heute schlichtweg nicht beurteilen. Deshalb werde ich mich an einer solchen Diskussion nicht beteiligen.

(Zustimmung bei der SPD)

Warum uns Wissenschaft und Bildung im Allgemeinen am Herzen liegen, kann man allerdings heute schon sagen. Beides ist für das Land sehr wichtig. Wir wissen, dass wir die wirtschaftliche Entwicklung in Sachsen-Anhalt brauchen und dass für den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen gut ausgebildete Fachkräfte nötig sind, dass wir Innovationen in vielen Bereichen brauchen.

Wir wissen, dass Studenten nicht nur Geld kosten, sondern dass sie auch Geld in das Land bringen. Wir wissen, dass wir für eine hohe Studierendenquote und für gute Absolventinnen und Absolventen ein gutes Schulsystem brauchen, ein Schulsystem, in dem jede Schülerin und jeder Schüler den bestmöglichen Abschluss erlangt. Wir wissen, dass wir eine gute frühkindliche Bildung brauchen, um jedem Kind die besten Voraussetzungen mit auf den Weg zu geben.

(Zustimmung bei der SPD)

Diese geschlossene Bildungskette möchte ich einmal sowohl anhand von Beschlüssen des Parlamentes als auch von Einbringungen der Landesregierung aufzeigen.

Wir haben das neue KiFöG beschlossen, in dem die Ganztagsbetreuung für alle Kinder und Verbesserungen für Erzieherinnen geregelt sind. Wir haben die Gemeinschaftsschulen eingeführt und damit längeres gemeinsames Lernen ermöglicht.

(Lachen bei der LINKEN)

Wir haben mit Stark III ein Programm eingeführt, um Schulen und Kitas zu sanieren. Die ersten Bescheide sind unterwegs.

Jetzt sind wir mit dem Ende der Bildungskette befasst. Wir müssen nämlich die Hochschulen zukunftsfest machen. Das werden wir tun und damit schließt sich die Bildungskette.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)