Das hört sich ganz einfach und logisch an, ist aber eine der schwierigsten Aufgaben, die vor uns liegen. Denn neben der Bildung gibt es noch ganz viele andere Dinge, die in einem künftigen Haushalt genauso Berücksichtigung finden müssen. Die Wirtschaft, Investitionen in die Infrastruktur, die Kultur, soziale Infrastruktur, Arbeitsmarktpolitik, Entwicklung ländlicher Räume, Hochwasserschutz, innere Sicherheit, Justiz - all das wird sich in den künftigen Haushalten ebenfalls wiederfinden müs
Ich habe eben davon gesprochen, dass diese Debatte zu einem sehr ungewöhnlichen Zeitpunkt stattfindet. Damit meine ich ausdrücklich nicht die Entlassung von Birgitta Wolff, sondern den Zeitpunkt im Haushaltsaufstellungsverfahren.
Wir führen heute eigentlich eine vorgezogene Haushaltsdebatte. DIE LINKE hat es in der Begründung zu der Aktuellen Debatte ziemlich direkt und deutlich so genannt. Dabei sind wir als Parlament eigentlich noch gar nicht an der Reihe; denn das Haushaltsaufstellungsverfahren ist formal eine Angelegenheit der Regierung.
Wir können auch noch keine konkreten Aussagen jenseits der Rahmendaten machen; denn wir kennen zwar die Rahmendaten - die Rahmendaten kennen inzwischen alle; Sie in der Opposition haben die gleichen Unterlagen wie wir -, aber wir kennen nicht die Untersetzung in den Einzelplänen der Ressorts.
Nun haben wir unabhängig von den Formalien die öffentliche Debatte. Wir können nun sagen, wir seien Getriebene. Wir können aber auch sagen, wir haben die Chance, frühzeitig unsere Vorstellungen einzubringen. Beides ist richtig.
Wir als Fraktion werden versuchen, die Chance zu nutzen. Wir haben beschlossen, in den nächsten Wochen unsere grundsätzlichen politischen Prioritäten zu erarbeiten und festzulegen und die Landesregierung zu bitten, sie bei oder nach der Haushaltsklausur Ende Mai 2013 in den Haushaltsplanentwurf einzuarbeiten.
Das wird, egal wie es aussieht, eine schwere Kost sein, und es wird nicht alle zufriedenstellen; das wissen wir. Aber wir, die sozialdemokratische Fraktion und der sozialdemokratische Finanzminister, werden dies gemeinsam tun.
Dabei muss aber die Fraktion am Anfang der Diskussion nicht in allen Punkten der gleichen Auffassung wie die Landesregierung sein. Grundsolidarität heißt für mich nicht, bedingungslos zu folgen, sondern das Ob zu akzeptieren. Ich befürchte, das werden nicht alle als samtpfötig ansehen.
Die öffentliche Debatte ist aber mehr als eine Diskussion über Zahlen. Auch die öffentliche Stimmung ist mehr als eine Diskussion über Zahlen, und dieser können wir uns nicht verschließen.
Wer heute auf die Titelseite der „Volksstimme“ - ich meine, es war die „Volksstimme“ - schaut, der sieht, wie die Stimmung im Land ist. Das ist es, was mir wirklich Sorgen macht. Einen Haushalt müssen wir aufstellen, ob es uns gefällt oder nicht; den müssen wir zusammenbekommen.
Heute steht zur Stimmung im Land in einer kleinen Seitenspalte: Pessimistisches Sachsen-Anhalt - pessimistische Sachsen-Anhalter. Ostdeutsche sind weitaus optimistischer als vor 20 Jahren, besagt eine Studie - mit Ausnahme der SachsenAnhalter. Im Jahr 1993 haben noch 18 % gesagt, dass sie gute und sehr gute Entwicklungschancen für das Land sehen; heute sagen das nur noch 13 %.
In Thüringen waren es im Jahr 1993 16 %, heute sind es 40 %. In Sachsen waren es im Jahr 1993 25 %, heute sind es 53 %.
Das ist es, was uns Sorgen machen muss. Das ist es, was die sozialen Verwerfungen in unserem Land nachzeichnet. Diese sozialen Verwerfungen führen dann auch dazu, dass Eingliederungshilfe und Sozialhilfe so hoch sind, wie sie sind. Es ist ja kein Wunsch, dass wir so viel Geld dafür ausgeben.
Deshalb ist die Debatte über den Haushalt und darüber, wie die Inhalte im Haushaltsplan abgebildet werden, nicht nur eine Debatte über Zahlen, sondern sie ist mehr, viel mehr als das.
Nun bin ich Ingenieurin, aber ich habe gute Freundinnen, die Philosophinnen sind. Eine dieser Freundinnen hat es auf den Punkt gebracht. Selbst bei den Philosophen gibt es zwei Sichtweisen auf die Zahl - damit möchte ich meine Rede schließen. Pythagoras sagt: Alles ist Zahl. Platon sagt: Zahlen sind immaterielle Vermittler zwischen den Ideen und der materiellen Wirklichkeit.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Zur Stimmung im Land. Frau Budde, Sie haben gesagt, Sie wollen eine attraktive Hochschullandschaft entwickeln. Wie würden Sie denn die jetzige Hochschullandschaft beschreiben?
Sie ist attraktiv, aber vermutlich in den nächsten Jahren nicht mehr ganz ausfinanziert. Insofern müssen wir sehen, wie wir die Hochschullandschaft weiterentwickeln. Dazu gibt es Vorschläge von den Rektoren. Ich möchte nur ein unstritti
Wenn wir zum Beispiel an der Fachhochschule Magdeburg eine bestimmte Anzahl an Elektroingenieuren und an der Universität in Magdeburg eine bestimmte Anzahl an Elektroingenieuren haben, aber beide Einrichtungen vor Studierenden nicht gerade überfließen, bietet es sich zum Beispiel an, diese entsprechend den Vorschlägen der Hochschulen zusammenzufassen und die verschiedenen Abschlüsse im Rahmen einer gemeinsamen Organisation des Studiums zu ermöglichen.
So gibt es, glaube ich, von den Rektoren eine ganze Reihe von vernünftigen Vorschlägen. Es wird dabei auch nicht so sein, dass wir künftig nur die Studienfächer, die nachgefragt werden, besonders berücksichtigen müssen. Wir müssen vielmehr auch berücksichtigen, was für das Land insgesamt wichtig ist. In diesem Rahmen sind die technischen Studienfächer - das werden Sie mir als Ingenieurin nachsehen - etwas, das zusätzlich Berücksichtigung finden muss.
Ich würde gern darüber diskutieren, wie wir das hinbekommen, wie wir es vor allem in einer Struktur hinbekommen, die sicherstellt, dass wir nicht alle zwei Jahre darüber diskutieren müssen, wie wir dem Wissenschaftsstandort Sicherheit geben. Das muss uns gelingen, damit wir auch hochkarätige Professuren hierher bekommen, damit die Professoren den Ruf auch annehmen und sagen: Ja, das ist attraktiv, hier werde ich nicht alle drei Jahre infrage gestellt. Denn das ist, mit Verlaub, das, was die öffentliche Diskussion ausgelöst hat. Das war möglicherweise nicht beabsichtigt, aber es ist so. Damit ist es für den Wissenschaftsstandort Sachsen-Anhalt insgesamt schwierig.
Herr Lange, ich glaube, in der inhaltlichen Diskussion sind wir möglicherweise weniger weit auseinander, als Sie es mir gerade ein bisschen unterstellen wollten.
Vielen Dank. - Wir fahren in der Debatte fort. Als Nächster spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordnete Herr Striegel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als am 19. April 2011, also genau zwei Jahre vor der Entlassung von Ministerin Frau Birgitta Wolff, hier im Hohen Hause die Wahl des Ministerpräsidenten stattfand, war nur zu ahnen, mit welch schwerer Hypothek Herr Haseloff in das Amt startete.
Wir erinnern uns: Dem heutigen Ministerpräsidenten fehlten an diesem Tag ganze zehn Stimmen aus den Koalitionsfraktionen. Nur 57 von damals 67 Koalitionsabgeordneten waren bereit, Sie, Herr Haseloff, zum Ministerpräsidenten zu wählen. Das war eine Klatsche, noch bevor Ihre Regierungszeit überhaupt begonnen hatte.
Diese Hypothek beschwert Sie bis heute. Seit dem Ende der vergangenen Woche wissen wir: Ihre fehlenden Visionen für das Land, Ihre mangelnde Führungsfähigkeit, Ihr Unvermögen, eine offene und transparente Diskussions- und Kommunikationskultur im Kabinett zu pflegen, belasten das Kabinett. Die Wählerinnen und Wähler, meine Damen und Herren, haben das Vertrauen in Sie, Herr Haseloff, verloren.
Die Massen an Leserbriefen, Kommentaren in Foren und Wortmeldungen in den sozialen Medien sind ein gesammeltes Misstrauensvotum gegen Sie. Die Bürgerinnen und Bürger sprechen Ihnen Führungsqualitäten, Durchsetzungsvermögen und Gestaltungskraft ab. Das ist eindeutig.
In den Medien erzählen Sie, Herr Haseloff, uns eine Geschichte vom Rauswurf. Angeblich sind Sie und Frau Wolff sich schon seit Langem nicht mehr grün; der Rauswurf sei nicht spontan erfolgt. Dummerweise passt diese Geschichte gar nicht zu den Ereignissen. Sie haben sich nämlich nach einem Gespräch mit Ihrem Finanzminister und Stellvertreter zu diesem Rauswurf getrieben gesehen.
Dazu mussten Sie der versammelten Öffentlichkeit weismachen, im Kabinett seien die Sparvorschläge bereits verbindlich beschlossen worden. - Dem ist nicht so; denn die Kabinettsvorlage weist nur Prüfaufträge an die Ministerinnen und die Minister auf. Darin steht - ich zitiere -: „angestrebt“.
Sie und Ihr Antreiber Jens Bullerjahn versuchen nun, der Öffentlichkeit die plötzliche Entlassung im Nachgang als Führungsstärke des Ministerpräsidenten zu verkaufen. Herr Haseloff, weder wir noch die Öffentlichkeit nehmen Ihnen diese Version der Ereignisse ab.
Führungsstärke, Herr Haseloff, manifestiert sich nicht in Machtworten im Kabinett oder in Entlassungen per Telefon. Das war menschlich schäbig. Das war Basta-Politik ohne inhaltlichen und personellen Kompass.
Ich möchte noch ganz kurz auf das Interview mit Ihnen in der „Volksstimme“ vom heutigen Tag eingehen, in dem es heißt: „Frau Wolff ist nicht mehr beeinflussbar“. - Ja, reden wir denn im Kabinett über Beeinflussbarkeit und Einflüsterungen? Ich
Sachsen-Anhalt hätte - jeder unvoreingenommene Beobachter wird das bestätigen - bereits vor Jahren mit dem Sparen beginnen müssen. Der Spardruck wächst seit Langem. Dazu haben insbesondere CDU und SPD beigetragen.
Der Schuldenstand hat sich seit dem Jahr 2000 von 13,5 Milliarden € auf heute etwa 21 Milliarden € erhöht. Allein die jährliche Zinslast liegt bei etwa 700 Millionen €. Wir müssen also selbst in einer Niedrigzinsperiode, wie wir sie gerade erleben, in jedem Jahr mehr als 7 % unseres Landeshaushaltes nur dafür aufwenden, die fälligen Zinsen zu bedienen. Das schränkt unsere Handlungsfähigkeit und nicht nur die der Regierung ein.
Ausgaben und Einnahmen in unserem Bundesland müssen unter diesen Ausgangsbedingungen ins Lot gebracht werden. Dies ist notwendig, weil einerseits die Mittel aus dem Solidarpakt auslaufen und weil andererseits mit Blick auf den Länderfinanzausgleich klar ist, dass Sachsen-Anhalt als Nehmerland unter besonderer Beobachtung steht.
Trotzdem haben es die Landesregierungen unter den Ministerpräsidenten Böhmer und Haseloff in den vergangenen Jahren versäumt, konsequent zu sparen. Das wird unter anderem auch vom Landesrechnungshof sehr deutlich gesagt.
Sie haben noch nicht einmal versucht, die bisher vorgelegten Haushalte als Sparhaushalte zu verkaufen. Noch in dem Nachtrag zum Haushaltsplan für die Jahre 2012 und 2013, den die Koalitionsfraktionen beschlossen haben, haben Sie die Ausgaben um 35 Millionen € erhöht. Neue Projekte - das hat der Ministerpräsident erklärt - fanden sich viele, Einsparungen nur wenige bis keine.
In Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen auf historischem Höchststand haben Sie, Herr Finanzminister Bullerjahn, es geschafft, eine Tilgung von 25 Millionen € als „historisch“ zu bezeichnen. So viel patriarchale Selbstüberschätzung braucht es offenbar, um anschließend mit einer Kabinettskollegin Wolff in der bekannten und beschriebenen Weise umzugehen.