- Wenn das große Gelächter in der CDU-Fraktion abgeklungen ist, sage ich Ihnen sogar, dass wir bereit sind, gemeinsam mit Ihnen für eine Schuldenbremse in der Landesverfassung zu streiten, weil wir dies für ein richtiges Prinzip halten.
Allerdings muss es eine qualitativ hochwertige Schuldenbremse sein, die dann auch mehr Mitbestimmung sichert. Das muss auch möglich sein.
Wenn wir sparen, meine Damen und Herren, insbesondere von der CDU, dann muss dies gutes Sparen sein. Gut zu sparen heißt, Prioritäten zu setzen. Das Sparmodell der Herren Haseloff und Bullerjahn, nämlich Kürzen ohne erkennbare Prioritäten und ohne einen vorherigen ergebnisoffenen Diskussionsprozess im Kabinett, ist falsch und es ist schädlich für das Land. Das wollen wir nicht.
Dass eine Wissenschaftsministerin, die das Ziel der Haushaltskonsolidierung gar nicht anzweifelte, sondern über den Weg dorthin diskutieren wollte, von einem Ministerpräsidenten vor die Tür gesetzt wird, sagt wenig über die Qualität der Arbeit von Frau Wolff als Ministerin aus, aber es spricht Bände über den desolaten Zustand und über das Miteinander in diesem Kabinett.
Die nun in Rede stehenden Einsparungen bei den Hochschulen sehen wir kritisch und wissen uns damit an der Seite der ehemaligen Wirtschafts- und Wissenschaftsministerin.
Im nächsten Jahr unter einseitiger Fortschreibung der Zielvereinbarungen Mittel in Höhe von 27 Millionen € im Wissenschaftsetat einzusparen, bringt die Hochschulen in massive Schwierigkeiten. Die Mittel fehlen dann nicht nur im Exzellenzbereich und bei der Graduiertenförderung; sie müssen den Hochschulen genommen werden, ohne dass die künftige Struktur bekannt ist. - Das ist kein gutes Sparen. Das ist Kaputtsparen.
Der Wegfall der Mittel vergrößert auch den Investitionsstau in den Uniklinika. Ich kann mir in lebhaften Farben ausmalen, wann dieser Investitionsstau als Begründung dafür herhalten wird, dass Sie, Herr Finanzminister, gemeinsam mit Ihrem neuen Kabinettskollegen Herrn Möllring den Standort Halle bei den Universitätsklinika infrage stellen. Das Pfeifen der Ouvertüre dieses Stückes konnten wir in den letzten Tagen bereits aus der Regierung vernehmen.
Eine solche Politik vermeintlicher, weil selbstgemachter Sachzwänge darf sich dieses Parlament, darf sich dieses Land von Ihnen, meine Herren, nicht aufzwingen lassen, gerade deshalb nicht, weil über die künftige Entwicklung der Uniklinika gesprochen werden muss. Mit der Überarbeitung des Hochschulmedizingesetzes soll begonnen werden. Klar ist: Der Status quo kann nicht einfach fortgeschrieben werden.
Das Land hat aus diesem Grund den Wissenschaftsrat mit einer umfassenden Begutachtung der Hochschulstruktur unter Bezugnahme auf die aktuellen Herausforderungen beauftragt. Ohne das Gutachten des Wissenschaftsrates abzuwarten, stehen die einzusparenden Summen bei den Hochschulen scheinbar bereits jetzt fest: 5 Millionen € aufwachsend jedes Jahr. Das ist widersinnig, Herr Ministerpräsident Haseloff. Das ist ein Beleg für Ihre orientierungslose Politik.
Die Hochschulen sind wichtige, wenn nicht die wichtigsten Innovationsmotoren unseres Landes. Hier findet gute Lehre statt. Hier wird gegen den Fachkräftemangel angearbeitet. Hier passieren die Ausgründungen. Hier wird exzellente Forschung betrieben.
Unsere Hochschulen müssen die Chance bekommen, eigene Schlussfolgerungen aus dem Gutachten des Wissenschaftsrates zu ziehen. Nur gemeinsam mit dem Land kann es anschließend die notwendige Anpassung an neue Prioritäten geben. Das heißt aber, dass die Hochschulen nicht bereits zuvor in ein Sparkorsett der Landesregierung gepresst werden dürfen. Das kann nicht funktionieren.
In Ihrer ersten Regierungserklärung im Frühjahr 2011 haben Sie, Herr Haseloff, davon gesprochen, die Hochschulen im Land stärken zu wollen.
„Tiefgreifende Veränderungen und Umstrukturierungen der Hochschullandschaft sieht die Koalition in den nächsten Jahren nicht vor.“
Die Kurzsichtigkeit Ihrer Regierung rächt sich nun. Die von Ihnen geforderten Einsparanstrengungen bei den Hochschulen in Höhe von insgesamt 77 Millionen € werden zu einem tiefgreifenden Wandel führen, allerdings ohne dass vorher über Prioritäten im Landeshaushalt diskutiert wurde und ohne dass vorher über die realistische Erreichbarkeit dieses Sparziels und die dabei verbindlich zu sichernden Qualitätsmaßstäbe gesprochen wurde. Das ist Politik mit der Haseloff-Bullerjahn’schen Brechstange.
Schon heute hält das Land nur knapp 35 000 ausfinanzierte Studienplätze vor. Gleichzeitig studieren rund 55 000 Studierende in Sachsen-Anhalt. Es ist ein Erfolg unserer Hochschulen, dass es ihnen gelingt, Menschen in unser Land zu locken. Viele davon bleiben hier. Andere gehen als gut ausgebildete Botschafter Sachsen-Anhalts wieder
in die Welt hinaus. Es ist die Aufgabe der Landesregierung, die Hochschulen für die Ausbildung der Studierenden auskömmlich auszustatten.
Die Hochschulen sind übrigens hinsichtlich der Bereitstellung von Studienplätzen guter bundesdeutscher Durchschnitt. Auch das ist heute in der Debatte schon deutlich geworden. Die Ausgaben pro Studienplatz liegen mit unter 7 000 € im Mittelfeld. Probleme bestehen im Bereich der Drittmitteleinwerbung. Hier besteht ein zu hebendes Potenzial.
Der gestrige Grundsatzbeschluss der SPD-Fraktion, sie wolle an der Größenordnung von 55 000 Studierenden festhalten, steht vielleicht in der Traditionslinie des SPD-Wahlprogramms, aber im Widerspruch zur Politik des SPD-Finanzministers;
denn schon jetzt sind 20 000 Studienplätze zwar besetzt, aber nicht solide ausfinanziert. Bei weiteren pauschalen Kürzungen wird sich diese Lücke zunächst weiter öffnen. Mittelfristig wird so Sachsen-Anhalts Attraktivität als Studienort und Wissensstandort massiv beschädigt werden.
Unser Land, meine Damen und Herren, kann sich glücklich schätzen, jemanden mit dem akademischen Profil von Frau Wolff einige Jahre lang als Professorin gehabt zu haben. Man wird ihr unter den eben skizzierten Umständen und dem offenbar wild entschlossenen Kurs von Ministerpräsident Haseloff und Finanzminister Bullerjahn aber nur bedingt dazu raten können, ihre nunmehr wieder akademische Karriere an einer Hochschule des Landes fortzusetzen.
Es liegt in Ihrer Hand, Herr Minister Möllring, die Hochschulen gegen rein finanzpolitisch motivierte Angriffe Ihres Ministerpräsidenten und des Finanzministers zu verteidigen. Meine Fraktion bezweifelt, dass Sie ein guter Anwalt der Hochschulen sind. Wir hätten uns deshalb vom Ministerpräsidenten ein glücklicheres Händchen bei der Personalpolitik gewünscht.
Das mit Ihrer Berufung durch Herrn Haseloff ausgesandte Signal, es brauche einen abgewählten Finanzminister, um die unbotmäßigen Hochschulen an die Kandare zu nehmen, ist - nun sagen wir es einmal mit Ihren eigenen Worten - nicht hilfreich.
Umso befremdlicher ist Ihre Aussage, Sie hätten der Wirtschaft wegen, nicht aber aufgrund der Hochschulen ja zu einem Ministeramt in SachsenAnhalt gesagt.
Angesichts einer solchen Ausgangslage hätte es dem Ministerpräsidenten besser angestanden, erneut auf Kandidatensuche zu gehen oder alternativ einen Neuzuschnitt der Ressorts und die Rückverlagerung der Hochschulen in den Bildungsbereich zu organisieren.
Die bündnisgrüne Fraktion, Herr Möllring, erwartet von Ihnen, dass Sie im Hochschulbereich die in Arbeit befindlichen Gutachten ernst nehmen, diese im Dialog mit den Hochschulen auswerten und daraus gemeinsam mit den Betroffenen Schlüsse zur zukunftsfähigen Entwicklung der sachsenanhaltischen Hochschullandschaft ziehen.
Für eine Basta-Politik braucht unser Ministerpräsident ganz offenbar keine Verstärkung aus Niedersachsen. Da hat er bereits gute Unterstützung aus dem Mansfelder Land.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, drei Finanzminister, einen in der Staatskanzlei, einen im Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft und abschließend einen im Finanzministerium,
einen solchen Luxus kann sich Sachsen-Anhalt in Zeiten eines Sparhaushaltes nicht leisten. Dieses Land braucht einen starken Ministerpräsidenten, der in offenen Diskussionen mit dem Kabinett, mit seinen Kolleginnen und Kollegen, die Vision eines zukunftsfähigen Sachsen-Anhalts entwickelt. Nachhaltig kann diese nur sein, wenn sie auch die Konsolidierung des Landeshaushalts einschließt. Hier versagt Ihre Regierung, Herr Haseloff. Gutes Sparen - Fehlanzeige.
Verbunden mit der offensichtlichen Führungsschwäche des Ministerpräsidenten liegt hier der Grund für die andauernde Regierungskrise. Sie haben mit Ihren Ausführungen zur Beendigung der Krise heute nur wenig beitragen können.
Dass Sie unter den gegebenen Umständen zuwarten und die Menschen im Land erst Mitte Juni im Rahmen einer Regierungserklärung über Ihren weiteren Kurs in der Finanzpolitik informieren wollen, zeigt, dass Sie die Zeichen der Zeit nicht verstanden haben. Heute und hier wäre der Ort gewesen, um den Menschen in Sachsen-Anhalt Ihren Kurs zu erklären.
Die Menschen in unserem Land haben mehr verdient als einen Ministerpräsidenten, der die Zukunftsfähigkeit Sachsen-Anhalts durch mangeln