Meine Damen, meine Herren! Der Landtag hat vor einem Jahr die Enquete-Kommission „Öffentliche Verwaltung konsequent voranbringen - bürgernah und zukunftsfähig gestalten“ ins Leben gerufen, um in einem von drei Feldern zu klären, wie sich Verwaltung in Sachsen-Anhalt verändern muss, sodass diese jenseits konkreter politischer Vorgaben zukünftige Anpassungsprozesse in der digitalen Gesellschaft bewältigen kann. Davon ist der Landtag mit seiner Verwaltung zunächst nicht direkt betroffen.
Aufgrund der Sensibilität, von der ich weiß, dass diese durch das Thema offener Haushalt ausgelöst wird, wollen wir - das beantragen wir heute - einen Quantensprung herbeiführen, wobei ich diese Metapher im Sachsinn und nicht wie sonst bei einigen üblich falsch verwende. Es geht um einen möglichst wenig aufwendigen Schritt. Es geht darum, etwas, was in Sachsen-Anhalt schon digital passiert, auch im Bereich der Legislative für den Landtag zu nutzen.
Schauen wir uns an, wie sich die parlamentarische Praxis darstellt: Das Parlament hat gemäß demokratietheoretischem Staatsverständnis die Aufgabe, Gesetze zu erlassen und den Haushalt zu beschließen. Der Landtag verfügt über die Haushaltshoheit.
Jenseits dessen gilt in dieser Praxis allerdings auch, dass man Anfragen an die Regierung stellt. Mir wurde zu Beginn der Legislaturperiode einmal gesagt, dies sei so etwas wie die Waffe der Opposition. Dieses Bild halte ich für falsch. Ich glaube, dass dieser Eindruck nur deswegen entsteht, weil die Quantitäten der Koalitionsfraktionen und der Oppositionsfraktionen so sind, wie sie sind. Nichtsdestotrotz sind die Anfragen elementarer Bestandteil der parlamentarischen Praxis.
Ich möchte ein Paradebeispiel anführen, das zeigt, wie Daten ausgewertet werden. Das ist für Sie nicht neu. Das hatten wir im April bereits behandelt. Es betrifft die Auswertung zur Großen Anfrage bezüglich der Personalstruktur im Hochschulwesen bzw. beim wissenschaftlichen Mittelbau. Ich weiß nicht, wie genau Sie sich die Antworten auf solche Großen Anfragen anschauen
und wie Sie versuchen, daraus bestimmte politische Schlüsse zu ziehen, die ein bisschen weitreichender sind. Ich gehe davon aus, dass das teilweise Sisyphusarbeit ist.
Ich gehe aber auch davon aus, dass diese Arbeit häufig lediglich eine gewisse technische Vorarbeit darstellt, bei der es eigentlich gar nicht darum geht, dass man bereits zu Erkenntnissen gelangt. Diese technische Vorarbeit halte ich für unnötig. Deswegen spreche ich von einem Technikvorsprung der Verwaltung. Es geht darum, dass man diese politisch eigentlich gar nicht gewollte Diskrepanz tatsächlich reduzieren kann.
Als Form haben wir uns trotz der Erweiterung unserer Forderungen in Bezug auf die Antworten von Kleinen und Großen Anfragen erneut für den politischen Auftrag entschieden. Dieser ist in der Umsetzung zwar der schwächste, aber für alle hier bestimmt auch der praktikabelste, und darum soll es letztlich auch gehen.
Wie ist es zurzeit geregelt, dass wir Abgeordnete Unterlagen der Regierung über die Verwaltungsebene erhalten? - Das Prinzip der Anfragen ist in der Landesverfassung in Artikel 53 benannt und in der Geschäftsordnung des Landtages in § 43 - Große Anfragen - und § 44 - Kleine Anfragen zur schriftlichen Beantwortung - näher bestimmt worden.
Dabei sehen sowohl die Verfassung als auch die Geschäftsordnung eine Auskunftspflicht vor. Damit handelt es sich dann um einen Verwaltungsakt. In dem Moment, in dem es ein Verwaltungsakt ist, muss die so genannte Authentizität der Daten gewährleistet werden. Das heißt, der Empfänger muss eine Möglichkeit haben zu überprüfen, ob die übermittelten Daten tatsächlich vom Ministerium, zum Beispiel, kommen.
Dafür gibt es in der Verwaltung den Begriff des Schriftformerfordernisses: Der Minister unterschreibt und diese Unterschrift wird nicht kopiert, sondern das Original geht an den Landtag und die Dokumente werden als authentifiziert wahrgenommen.
Es gibt noch viele andere Möglichkeiten, wie man die Authentizität tatsächlich gewährleisten kann. Diese sind meistens technisch und spielen in der Enquete-Kommission eine Rolle. Deswegen wollen wir das erst einmal nicht mit aufgreifen, um den Ergebnissen der Enquete-Kommission nicht vorzugreifen.
Wir wollen den Auftrag erteilen, dass man bei der Beantwortung von Kleinen und Großen Anfragen die Daten, die ohnehin herausgesucht oder ermittelt oder neu zusammengeführt oder entsprechend weitergeleitet werden müssen, zudem offen und maschinenlesbar zur Verfügung stellt, sowohl der Öffentlichkeit als auch und im Besonderen dem Parlament. Das sehen wir als Stärkung des Parlaments an.
Kleinen und Großen Anfragen eine große Rolle spielen, bin ich auf sieben wesentliche Fragen gekommen: die des Mehrwerts, die des technischen Aufwands, die des demokratischen Potenzials, die der datenschutzrechtlichen Aspekte, die der Urheberrechtsaspekte, die des Arbeitsaufwands, der dahinter steckt, und die eines eigenen Anspruchs an Politik und Verwaltung.
- Ich beginne trotzdem mit dem Mehrwert. - Ich gehe davon aus, dass das eher unstrittig ist. Wenn Sie demnächst, um aus den Antworten der Landesregierung Schlüsse zu ziehen, nicht erst Daten abtippen müssen, sondern wenn Sie diese in einer guten Form vorliegen haben, sodass Sie sie in eine Software laden können, relativ schnell Querschnittsdiagramme etc. erstellen können, dann ist es, denke ich, offensichtlich, dass dieser Mehrwert besteht.
Ich komme zu der Frage des technischen Aufwands. Es kann im Einzelfall vorkommen, dass hierbei technischer Aufwand besteht.
Ich persönlich sehe es allerdings nicht als sehr problematisch an, das trotzdem sehr niedrigschwellig zu halten. Ich würde mich - das sage ich deutlich - auch mit Excel-Tabellen zufriedengeben. - Das ist ein Satz, der einem Freie-Software-Aktivisten nicht leicht über die Lippen kommt.
Die Frage des demokratischen Potenzials erschöpft sich aus meiner Sicht darin, dass wir, wenn wir das Parlament stärken, prinzipiell die drei Gewalten in der Gewaltenteilung und die demokratischen Abläufe stärken. Aber das demokratische Potenzial wird nicht nur durch die Senkung von Hürden, die wir haben, erreicht, sondern auch durch die Veröffentlichung, zum Beispiel an die sozialen und die wirtschaftlichen Verbände, die natürlich ebenso mit diesem Datenmaterial arbeiten. Wenn wir den Anspruch haben, dass Partizipation ein wesentlicher Teil der Demokratie ist, dann wird auch hier über die Öffnung der Daten demokratietheoretisch etwas gewonnen.
Zu den datenschutzrechtlichen Aspekten. Hierbei ist es so, dass die Informationen, die in den Antworten oder auch im Haushaltsvolumen vorliegen, ohnehin prinzipiell öffentlich sind. Tatsächlich gibt es allerdings Anfragen, die entweder den Bereich des Schutzes des Staates oder - sehr häufig - den Bereich der Schutzbedürfnisse Dritter tangieren. In diesem Fall halten wir es für geboten, nur jene Daten entsprechend bereitzustellen, die auch in die offiziellen Drucksachen der Landtagsverwaltung einfließen.
Zu den Urheberrechtsaspekten. Bei den zusammengetragenen Daten, die dann für die spätere Veröffentlichung gesammelt werden, handelt es sich um solche, die durch § 5 Abs. 2 des Urheberrechtsgesetzes geregelt sind. Es sind die so genannten amtlichen Werke, für die kein Urheberrechtsanspruch besteht. Problematisch wird es unter Umständen bezüglich der unerlaubten Verwendung staatlicher Kennzeichen. Dies ist allerdings ein rechtliches Problem und sollte aus pragmatischen Gründen eine untergeordnete Rolle spielen.
Zur Frage des Arbeitsaufwands. In der Regel ist es so, dass die Verwaltung die Daten ohnehin zusammentragen, aggregieren und wegschicken muss. Das heißt, der Hauptaufwand - diesbezüglich sind wir uns hoffentlich einig - entsteht nicht durch die Veröffentlichung von maschinenlesbaren Daten. Der Hauptaufwand entsteht vielmehr durch das Zusammentragen dieser Daten, sprich den eigentlichen Sinn und Zweck einer Anfrage aus dem Parlament.
Ein zusätzlicher Aufwand würde durch die einmalige Einrichtung der Möglichkeit einer entsprechenden Veröffentlichung entstehen. Dies wäre etwa nötig, um zum Beispiel Tabellen oder statistische Daten, die in den Antworten auf Anfragen vorkommen, nutzen zu können. Ja, damit ist ein Arbeitsaufwand verbunden, aber im Vergleich zu dem Arbeitsaufwand, den Kleine oder Große Anfragen ohnehin verursachen, ist er gering.
Ich komme auf den Anspruch an Politik und Verwaltung zu sprechen. Es geht also um die Frage: Wollen wir möglichst wenig Daten nach außen geben? Wollen wir möglichst wenig Partizipation in diesem Land zulassen? Wie gehen wir damit um, dass wir der Öffentlichkeit gemeinnützige, ja fast schon gemeinfreie Informationen zur Verfügung stellen, damit diese für das Leben, für das Ehrenamt und dafür, sich selbst mit landesparlamentarischen Initiativen zu befassen, genutzt werden können?
Das ist natürlich auch im demokratischen Potenzial schon enthalten. Aber ich sage auch: Das demokratische Potenzial besteht nicht einfach für sich, sondern es ist eine aktive politische Willensbekundung zu sagen: Es ist unser Anspruch an die Politik, dass wir die entsprechende Partizipation herstellen.
Meine Damen und meine Herren! Die Open Knowledge Foundation Deutschland, die ich Ihnen vor zwei Jahren bereits vorgestellt habe, hat rund um diese Debatten, die überall geführt werden, eine Chronik des geschlossenen Haushaltes erstellt. Diese ist lang, aus meiner Sicht lang genug, aber die Einträge werden tatsächlich lichter.
Viele Länder beginnen, ihre Daten zu öffnen, eines nach dem anderen. Deswegen erreicht das ein immer höheres Niveau. Viele Länder machen das auch bereits auf einem höheren Niveau, als wir es heute fordern. Wir fordern ja nicht sehr viel. Aber ich möchte, dass in jener Chronik des geschlossenen Haushalts keine weiteren Einträge aus Sachsen-Anhalt mehr vorkommen. - Haben Sie vielen Dank.
Für die Landesregierung spricht Minister Herr Bullerjahn in Vertretung des Staatsministers Herrn Robra.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Wagner, ich weiß, dass Sie da absolut im Fach stehen und dass Sie sich das sozusagen zur Herzensangelegenheit gemacht haben.
- Nein, ich bin sogar seelenverwandt mit ihm, weil ich vor der Wende auch in so einem Metier gearbeitet habe.
Herr Wagner, ich sage Ihnen nur eines: Ich schlage mich gerade im Zusammenhang mit dem Haushalt mit ganz anderen Dingen herum, wie Sie ab und zu lesen können, und Sie treiben mich vor sich her, 6 000 Datensätze digital zur Verfügung zu stellen, weil Sie der Meinung sind, dass das zu einer demokratischen Diskussion führen würde.
Ich weiß genau, was einen Tag später, nachdem die Daten ins Netz gestellt worden sind, geschieht. Das haben wir schon jetzt, wo wir die Daten sehr zeitig ins Netz gestellt haben. Die einen beschimpfen mich ohnehin nur, die anderen sagen: „Das machen wir alles viel besser“, und die Dritten sagen: „Der hat ja wohl einen Klaps“. Auf diesem Niveau geht das übrigens im Netz derzeit ab.
(Herr Striegel, GRÜNE: Das könnte aber auch an der Qualität des Haushalts liegen! - Zurufe von der LINKEN)
- Ja, ja, genau so. - Ich wollte eigentlich sagen: Die digitale Welt bildet doch im Prinzip meistens nur das ab, was wir hier ohnehin unter uns im Gespräch machen würden. Das ist nur etwas kürzer und meistens auch etwas unkontrollierter.
Ich möchte nun auch im Namen des Kollegen CdS ein paar Sachen vorlesen, die mir mitgegeben wurden; denn wir sollten bei dem Thema Kleine Anfragen und Große Anfragen nicht nur die Landesregierung treiben.
Wir haben schon etliches als Excel-Tabellen - Sie haben gesagt, das würde Ihnen zum Teil auch reichen - zur Verfügung gestellt. Diese Dokumente besitzen auch das geforderte maschinenlesbare Format. Innerhalb des Landtages wurde in der Vergangenheit ein Teil dieser Dokumente nachträglich in das PDF-Format umgewandelt, um so eine layoutgetreue Darstellung auf unterschiedlichen PC-Systemen zu gewährleisten. Wir scannen im Ministerium zum Teil auch etwas ein, um das im Prinzip weiter nutzen zu können, also um es digital weiterzugeben, ohne es bearbeiten zu können.
Eine Veröffentlichung der Dokumente für die breite Öffentlichkeit findet über das Portal des Landtages bereits heute statt. Das ist so. Man kann die Daten bekommen.
- Ich habe Kleine Anfragen in jeder erdenklichen Funktion hier beantwortet. Die Leute waren meistens froh, wenn sie die Antworten auf die Kleinen Anfragen, die Informationen bekommen haben. Ich habe nur selten jemanden gehabt, der etwas in digitaler Form von mir haben wollte, um das weiterzubearbeiten. Aber das ist bei Ihnen wahrscheinlich alles ganz, ganz anders.
Sicherlich wäre es auch möglich, Dokumente zu Kleinen und Großen Anfragen bzw. zu Gesetzentwürfen in einem offenen Dokumentenformat bereitzustellen. Das wäre möglich.