Protokoll der Sitzung vom 12.09.2013

Der Finanzminister hat es gesagt: Die Debatte ist mit dem heutigen Tage nicht beendet; vielmehr ist sie eröffnet. Der Vorteil dabei ist: Wir können an

hand eines uns vorliegenden konkreten Haushaltsplanentwurfs diskutieren und wir können in die Detailarbeit gehen.

Sicherlich ist es bei bestimmten Themen, die bisher von allen Fraktionen, einschließlich unseres Koalitionspartners, der CDU, angesprochen worden sind, leichter, zu gemeinsamen oder auch unterschiedlichen Lösungen zu kommen. Aber das geht immer nur nach der Vorlage eines konkreten Haushaltsplanentwurfs. An dieser Stelle sind wir jetzt.

Bevor ich zu den einzelnen Themen komme, zu denen es auch aus unserer Sicht Redebedarf gibt, möchte ich mit einem Dank beginnen. Ich möchte ausdrücklich dem Finanzminister und seinem Team danken; denn es ist keine einfache Arbeit, einen solchen Haushaltsplansentwurf aufzustellen. Er ist eine solide Grundlage.

Der Finanzminister hat mit einem Augenzwinkern gesagt: Es wird natürlich viele inhaltliche Gespräche geben, nicht nur im Parlament, sondern auch zwischen der Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen. Viele Punkte hat der Minister selbst angesprochen. Herr Schröder hat auch schon angedeutet, wo wir miteinander in eine Diskussion eintreten werden.

Aber ich sage einmal: Es hört sich immer einfach an, einen Haushalt mit einem Volumen von 10,048 Milliarden € vorzulegen, der auch noch ausgeglichen ist; das ist es aber am Ende gar nicht, da man viele divergierende Interessen und politische Schwerpunkte hat, die man in einem solchen Haushaltsplanentwurf abbilden muss.

Ich möchte auch deutlich sagen: Es wird auch am Ende der Beratungen ein ausgeglichener Haushalt sein. Das ist keine Selbstverständlichkeit, die vom Himmel fällt.

Deshalb lassen Sie mich ruhig den Satz voranstellen: Dass das so ist, ist auch ein Ergebnis der Bemühungen der Koalition sowie harter Diskussionen und Arbeit. Das ist nicht ganz so einfach. Es ist ein solider Umgang mit den Landesfinanzen. Deshalb möchte ich an den Anfang stellen: Ausgeglichene Haushalte sind auch der Erfolg dieser Koalition.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Wir haben schon viel gehört. Der Haushalt ist für den einen das notwendige Übel, für den anderen ein Instrument oder ein Plan, den man braucht, um politisch zu arbeiten. Für den Dritten ist es in Zahlen gegossene Politik - dieses Bild bemühen wir immer gern -, das Substrat von Politik an und für sich. Am Ende muss man allen Dreien Recht geben; denn es ist eine Mischung aus allem.

Wir befinden uns jetzt kurz vor der Halbzeit der Legislaturperiode. Deshalb möchte ich an dieser

Stelle daran erinnern, mit welchem Ziel wir als SPD vor gut zwei Jahren in diese Regierung eingetreten sind.

Das Ziel war und ist, ein starkes und gerechtes Sachsen-Anhalt zu bauen. Unser gemeinsames Ziel in der Koalition ist, das zu nehmen, was funktioniert, und das zu stärken, was erfolgreich ist, sowie das zu verbessern, was nicht funktioniert.

Um diesen Anspruch zu verwirklichen, haben wir fünf Prinzipien aufgeschrieben: erstens gute Bildung als Schlüssel für sozialen Aufstieg, zweitens eine gesunde Wirtschaft als Basis für Wohlstand, drittens gute Arbeit und gute Löhne, viertens ein soziales Sachsen-Anhalt als Grundlage für gesellschaftlichen Zusammenhalt und fünftens ein lebenswertes und sicheres Sachsen-Anhalt.

Daran werde ich auch meine Haushaltsrede orientieren; denn diese fünf Ziele sind letztlich auch die Leitziele des Koalitionsvertrages, der den Titel „Wachstum, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ trägt.

Ich möchte mit dem ersten Prinzip - gute Bildung als Schlüssel für sozialen Aufstieg - beginnen.

Im Übrigen möchte ich noch voranschicken: Das ist kein CDU-Haushalt; auch der Finanzminister hat keine CDU-Politik gemacht. Vielmehr ist es so: Das, was Politik ist, steht im Koalitionsvertrag. Ich habe es eben mit diesen fünf Punkten beschrieben. Deshalb ist es, glaube ich, auch gut, dass ich genau das von vornherein vorhatte, nämlich auch für uns als Sozialdemokraten nachzuweisen, was große Anteile ganz klarer sozialdemokratischer Politik sind, die sich in einem Koalitionsvertrag und auch in einem Haushaltsplan wiederfinden.

(Herr Striegel, GRÜNE: Was sind die sozial- demokratischen Grundzüge in diesem Haus- haltsplanentwurf? Das wollen wir wissen! - Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE: Genau!)

Ich fange mit der Bildung an; denn diese ist - das ist so - die beste Gewähr für ein selbstbestimmtes Leben. Sie ist die beste Gewähr für gut bezahlte Arbeit, für gesellschaftliche Teilhabe, für eine gute Lebensperspektive.

Es mag nicht auf jeden oder jede zutreffen, dass man das über Bildung erreicht. Aber bei dem überwiegenden Anteil der Menschen ist es so, dass Bildung ein Schlüssel dafür ist, wie sich das Leben entwickelt. Es ist auch die Grundidee sozialdemokratischer Bildungspolitik, dass wir jedem und jeder die Chance geben wollen, den bestmöglichen Abschluss zu erreichen, und zwar unabhängig von sozialer Herkunft und unabhängig vom Geldbeutel.

Dazu muss ich sagen: Dabei ist natürlich die - man kann es fast so nennen - Bildungsrevolution der 60er-Jahre, die ganz stark von der SPD in West

deutschland getragen worden ist, ein großer Erfolg, was den Zugang zu Studienmöglichkeiten, zu Ausbildung angeht. Gerhard Schröder, FrankWalter Steinmeier - das sind Personen, die aus dieser Generation kommen, die sich ansonsten vermutlich nicht so hätten entwickeln können.

Aber ich möchte auch klar sagen: Für die SPD ist auch die zweite Säule, die berufliche Ausbildung elementar wichtig, auch für die Volkswirtschaft, für wirtschaftliches Wachstum. Man darf das nicht zu gering schätzen.

(Zustimmung von Herrn Weigelt, CDU)

Wichtig ist das, was wir jetzt versuchen und was wir im Rahmen auch der Hochschulentwicklungsplanung und der Diskussion darüber miteinander besprechen müssen: Wie kann man die Übergänge noch besser gestalten? Ich meine die Versuche, vom Meister zum Master zu gehen, solche Übergänge so zu gestalten, dass man ausgehend von einer beruflichen Ausbildung, von einer Weiterqualifikation auch immer die Chance hat, so man weiter möchte, unabhängig vom Geldbeutel weiterkommen zu können und sogar über diesen Weg ein Studium aufzunehmen. Aber ich sage deutlich: Wir brauchen in Deutschland beide Säulen.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU - Herr Borgwardt, CDU: Ja!)

Dafür haben wir gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen des Koalitionspartners in dieser Legislaturperiode schon zwei entscheidende Weichenstellungen vorgenommen; denn es ist völlig richtig - der Finanzminister hat das ausführlich angesprochen -: Das beginnt bei null. Das beginnt in der Krippe, das beginnt im Kindergarten.

Deshalb bietet die Novelle zum KiFöG mit der Rückkehr zum Ganztagsanspruch auch ein Stück Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit für alle Kinder, egal aus welchem Elternhaus sie kommen. Sie bringt eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels mit sich. Die Regelung zur Geschwisterermäßigung ist zudem ein familienfreundliches Element.

(Zustimmung bei der SPD, von Herrn Schrö- der, CDU, und von der Regierungsbank)

Um die KiFöG-Novelle umzusetzen, ist der Ansatz für die Kindertageseinrichtungen um 8,3 % gestiegen. Auch das möchte ich anmerken; denn es geht schließlich um den Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2014.

Die zweite Weichenstellung im Bereich der Bildung ist die Novelle zum Schulgesetz mit der Einführung der Gemeinschaftsschulen und der Öffnung des Schulsystems für längeres gemeinsames Lernen.

Das ist - derzeit ist Herr Scheurell nicht anwesend; ich weiß, dass das nicht jedermanns Lieblings

projekt ist - ganz sicher kein CDU-Projekt - das gilt auch für die Umsetzung im Haushalt -, sondern etwas, das wir ihr abgerungen haben.

Ich weiß, dass es dazu in den Parteien ganz unterschiedliche Auffassungen gibt. Es ist aber gut, dass wir das gemeinsam getan haben und die Zahl der beteiligten Klassen jetzt aufwächst. Es beginnt mit der Klassenstufe 5. Mit 13 Schulen im Land, die damit schon in diesem Schuljahr beginnen, haben wir die ersten Modellbeispiele. Für das nächste Schuljahr sind 15 Schulen angemeldet. Vielleicht werden es noch mehr. Gute Beispiele werden sicherlich Nachahmerinnen und Nachahmer finden. Insofern setzen wir auf das Prinzip der Freiwilligkeit.

Dabei bin ich inzwischen in der Tat anderer Auffassung. Eigentlich bin ich jemand, der so gestrickt ist, dass er sagt, das machen wir als System, durchgehend. Doch nach den vielen Volten, die wir seit dem Jahr 1990 im Bildungssystem hatten, immer politisch motiviert - ich unterstelle immer beste Absicht, nicht nur uns, sondern auch den anderen -, bei denen man das Schulsystem immer wieder verändert hat, glaube ich, dass eine neue Schulform nur dann Erfolg haben wird, wenn sie von allen gewollt ist. Deshalb halte ich das Prinzip der Freiwilligkeit heute - im Jahr 1990 hätte ich das sicherlich anders gesagt - für das einzig mögliche und einzig richtige.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Zu- stimmung von Minister Herrn Dorgerloh)

Unabhängig davon ist das Thema Ganztagsunterricht ein ganz wichtiger Baustein. Darin scheinen wir uns fraktionsübergreifend und in der Regierung völlig einig zu sein. Das ist eine gute Voraussetzung dafür, das tatkräftig miteinander umzusetzen.

Ja, das ist ein präventives Element. Es ist ein präventives Element und ein Mittel - man darf es aussprechen - zum Ausgleich sozialer Unterschiede und zum Teil vielleicht auch von Benachteiligungen, eine gute Chance, um den Schülerinnen und Schülern einen geregelten, über den ganzen Tag strukturierten und vielleicht auch stressfreieren Bildungsalltag - jenseits aller Hausaufgaben - zu ermöglichen. Ich glaube, das ist für das Flächenland Sachsen-Anhalt ein sehr ausbaufähiges Modell.

Wir werden sehen, wie in der Praxis damit umgegangen wird und wie die angestrebten Angebote in Kooperation mit außerschulischen Partnern und die Gestaltung von Projekten im Rahmen von Ganztagsangeboten tatsächlich ausgebaut werden können.

An dieser Stelle möchte ich auch einen Haken zum Bund schlagen. Ich muss sagen, ich erwarte mir ganz deutlich Hilfe vom Bund. Das wird bildungspolitisch eine der großen Weichenstellungen am 22. September 2013 sein. Die SPD will das Grund

gesetz ändern und das Kooperationsverbot abbauen. Sie will, dass der Bund Geld für Ganztagsschulen bereitstellen darf, und zwar nicht nur im Rahmen von Modellprojektchen, sondern strukturell.

Wir halten das für sachlich geboten und denken, das ist finanziell in der Breite wohl kaum anders zu stemmen, und zwar nicht nur in unserem Bundesland, sondern flächendeckend in der Bundesrepublik. Bessere Bildung darf nicht an formalen Zuständigkeiten scheitern. Deshalb wird es Zeit, dass wir im Bund die richtigen Weichen stellen.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Kollegen von der CDU sind davon nicht sehr begeistert. Ich muss Ihnen aber sagen: Das wird nach der Wahl, egal wie, ohnehin ein Thema für den Landtag werden; denn wenn das in einem Koalitionsvertrag steht, dann wird das nicht ohne den Bundesrat gehen. Wir werden uns dann sehr wohl inhaltlich darüber unterhalten müssen. Wenn wir alle für Ganztagsschulen sind, dann bin ich guten Mutes, dass wir auch eine gute Lösung für den Bundesrat finden werden.

(Herr Leimbach, CDU: Enthaltung!)

Etwas, wobei uns der Bund wohl kaum helfen kann, ist das Thema Unterrichtsversorgung. Das ist so. Es ist mehrmals gesagt worden: in diesem Jahr gab es 340 Neueinstellungen, 120 Lehrerstellen mehr als nach dem PEK für dieses Schuljahr ursprünglich geplant waren. Das ist gut. Damit ist eine gute Lösung gefunden worden.

Ich setze darauf und die beiden Koalitionsfraktionen setzen darauf, dass die beiden Ministerien es mit unserem tatkräftigen Rückenwind auch für die nächsten Schuljahre so gut hinbekommen werden, dass das, was wirklich wichtig ist, am Ende auch Realität wird, dass am Beginn eines jeden Schuljahres genügend Lehrerinnen und Lehrer vor den Schülern stehen.

(Zustimmung von Minister Herrn Dorgerloh)

- Das ist immer ein bisschen interessengeleitet.

Das Thema „Fortführung der Schulsozialarbeit“ ist angesprochen worden. Ich möchte deutlich sagen: Der Finanzminister hat gesagt, er habe eine haushalterische Lösung im Kopf, eine Idee, wie wir das umsetzen könnten. Das wird sicherlich einer der Punkte im Haushaltsplan sein, die einvernehmlich geregelt werden.

Wir wissen, dass gerade die Schulsozialarbeit ein wichtiges Element ist und dass wir uns an der Bruchstelle zwischen zwei europäischen Finanzierungsperioden keine Lücken erlauben dürfen. Deshalb ist es gut, dass es dafür schon eine Zusage gibt.