Protokoll der Sitzung vom 13.09.2013

Die IBG soll mittelständischen Unternehmen und innovativen Existenzgründern fehlendes Eigenkapital zur Verfügung stellen. Das tut sie, und zwar sehr erfolgreich. Zum Stichtag 30. Juni 2013 befanden sich 68 Unternehmen im Beteiligungsportfolio der IBG. Ein Drittel dieser Unternehmen befindet sich in der Forschungs- und Entwicklungsphase, ein gutes Drittel, nämlich 36 %, befindet sich in der Markteintrittsphase und ein knappes Drittel, nämlich 31 %, ist bereits in der Wachstumsphase.

Die IBG ist ein wichtiger Ankerinvestor in SachsenAnhalt; denn viele Risikokapitalgesellschaften investieren überwiegend nur gemeinsam mit anderen Risikokapitalgebern. Mit ihren Beteiligungszusagen in Höhe von 148 Millionen € konnte die IBG zusätzliche Koinvestoren gewinnen, die sich in Höhe von 436 Millionen € an Unternehmen im Land beteiligen. Diese Investitionen wären ohne das Investment der IBG nicht geflossen.

Die geförderten Unternehmen sind überwiegend technologieorientiert, sehr innovationsfreudig und expansiv und bieten hochqualifizierte Arbeitsplätze. Der Gutachter Ramboll Management Consulting, der den Einsatz der EFRE-Mittel im Risikokapitalfonds II der IBG für die laufende Struktur

fondsperiode bewertet, bestätigt dies. Insgesamt planen die geförderten Unternehmen, ihre Investitionstätigkeit zu steigern, ihre Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen zu erhöhen und den Kapitaleinsatz zu steigern. Ramboll Management Consulting betont außerdem, dass von den hochqualifizierten Arbeitsplätzen insbesondere junge Frauen profitieren.

Dies alles gehört nicht nur aus der Sicht der Landesregierung zu einem angemessenen Gesamtbild der IBG. In der gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Finanzen sowie für Wissenschaft und Wirtschaft am 8. August 2013 wurde einmal mehr deutlich, dass auch alle Landtagsfraktionen das Wirken der IBG grundsätzlich positiv einschätzen.

Unbestritten ist auch, dass Risikobeteiligungen naturgemäß nicht in jedem Einzelfall erfolgreich sein können. Ansonsten wären es keine Risikobeteiligungen. Entscheidend ist, dass das Modell der Risikobeteiligungen insgesamt erfolgreich ist. Ich schlage in diesem Zusammenhang vor, dass die Landesregierung in den zuständigen Ausschüssen über die Arbeit der IBG in Zukunft jährlich informiert.

Meine Damen und Herren! Angesichts des positiven Gesamteindrucks ist das Fehlverhalten des Geschäftsführers der mit dem Beteiligungsmanagement beauftragten GoodVent umso unerfreulicher. Als Aufsichtsratsvorsitzender der IBG wurde ich am 9. Juli 2013 vom „Handelsblatt“ darauf angesprochen - genau genommen nicht ich, sondern meine Pressesprecherin -, dass Herr von der Osten an Gesellschaften beteiligt gewesen sei, an denen auch die IBG Beteiligungen gehalten habe. Konkret ging es um Beteiligungen an Q-Cells.

Diesen Hinweisen bin ich unverzüglich nachgegangen. Im Einvernehmen mit dem Finanzministerium als Gesellschafter der IBG wurde Herr von der Osten zunächst mündlich und dann auch schriftlich befragt.

Nach einer entsprechenden rechtlichen Würdigung der Aussagen von Herrn von der Osten durch eine externe Anwaltskanzlei kam der Aufsichtsrat insgesamt zu dem Ergebnis, dass Gründe dafür vorliegen, die Geschäftsbesorgungsverträge mit GoodVent außerordentlich zu kündigen.

Nach einer Gesellschafterversammlung wurde der Geschäftsführer der IBG beauftragt, die Verträge mit GoodVent zu kündigen. Dies ist am 25. Juli 2013 geschehen.

Es muss offen und klar sein, wohin das von der IBG investierte Geld geht. Es ist nämlich öffentliches Geld, und es ist selbstverständlich, dass das offen und klar sein muss. Wo Interessenkonflikte vorliegen, müssen diese zumindest offengelegt werden. Es lag ein eindeutiger Interessenkonflikt vor. Herr von der Osten hat seine Interessenkon

flikte nicht offengelegt. Damit waren Kündigungsgründe gegeben, völlig unabhängig davon, ob dem Land ein finanzieller Schaden entstanden ist oder nicht.

In Bezug auf Q-Cells ist ein solcher Schaden nicht ersichtlich. Schließlich stehen der eingegangenen Beteiligung bei Q-Cells in Höhe von 4,1 Millionen € Rückzahlungen in Höhe von insgesamt 18,9 Millionen € gegenüber. Rein wirtschaftlich betrachtet wäre dies die bislang erfolgreichste Beteiligung der IBG. Die Prüfung, ob dem Land bzw. der öffentlichen Hand durch die Interessenkonflikte des Herrn von der Osten ein Schaden entstanden ist, ist allerdings noch nicht abgeschlossen.

Die IBG hat die bestehenden Managementverträge mit der GoodVent aufgelöst. Um die weitere Betreuung des Beteiligungsportfolios sicherzustellen, wurde GoodVent unter einem neuen Leitungsteam ohne Herrn von der Osten übergangsweise mit dem Management beauftragt. Die Investments müssen ja weitergeführt werden.

Perspektivisch besteht die Absicht, die Aufgaben der IBG zum Beispiel auf die Investitionsbank Sachsen-Anhalt zu übertragen. Darüber habe ich das Kabinett am 3. September 2013 informiert. Das Finanzministerium, die Investitionsbank Sachsen-Anhalt und das Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft werden in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe die in diesem Zusammenhang zu beachtenden Fragestellungen aufbereiten. Dazu zählen unter anderem steuerrechtliche und beihilferechtliche, also europarechtliche Fragen.

In den letzten Wochen sind auch die Beteiligungen der IBG an den Unternehmen der Schlossgruppe Neugattersleben thematisiert worden. Seit dem Jahr 2001 hat sich die IBG an insgesamt 14 Unternehmen der Schlossgruppe beteiligt. Gegenwärtig hält die IBG noch zehn Beteiligungen in stiller bzw. offener Form. Zwei Beteiligungen wurden erfolgreich zurückgeführt, ein Unternehmen hat neue Gesellschafter und ein anderes ist insolvent.

Gegenwärtig ist die IBG noch mit rund 26 Millionen € an Unternehmen der Schlossgruppe beteiligt. Darunter sind stille Beteiligungen in Höhe von knapp 24 Millionen € und offene Beteiligungen in Höhe von 2,3 Millionen €. Für die stillen Beteiligungen erhält die IBG Zinsen in einer Spanne von 7 % bis 13 %. Die Höhe der Beteiligungsentgelte hängt zum Teil vom Gewinn ab. Die IBG erhält aus ihren Beteiligungen unter anderem Rückflüsse aus der Rückführung der Beteiligung, aus laufenden Beteiligungsentgelten, aus möglichen Veräußerungserlösen und aus Exit-Gebühren. Seit dem Jahr 2001 belaufen sich die Rückflüsse aus Unternehmen der Schlossgruppe auf knapp 20 Millionen €, konkret auf 19 360 000 €.

Alle Prüfungen in der IBG und durch Externe einschließlich der EU-Verwaltungsbehörde und des

Europäischen Rechnungshofs verliefen ohne Beanstandungen oder ohne größere Beanstandungen. Es gibt also keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidungsverfahren nicht korrekt gelaufen wären oder in einzelnen Fällen andere Entscheidungen hätten getroffen werden müssen.

Risikokapitalinvestoren, die wir ins Land holen, brauchen verlässliche Partner vor Ort. Das Vertrauen in die Seriosität des hiesigen Finanzierungspartners ist daher ein wichtiges Gut. Unsere vordringliche Aufgabe besteht daher vor allen Dingen darin, das Beteiligungsgeschäft der IBG, das nicht insgesamt infrage steht, sondern positiv zu bewerten ist, wieder in ruhiges Fahrwasser zu bringen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und von Minister Herrn Bullerjahn)

Danke schön, Herr Minister. - Wir fahren in der Debatte fort. Für die Fraktion der SPD spricht der Abgeordnete Herr Mormann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Geschehnisse rund um die IBG Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt und Herrn von der Osten haben uns bereits in der Sommerpause umgetrieben. Ich möchte eines voranstellen: Die Vorgänge der letzten Wochen und Monate haben gezeigt, dass wir eine neue Struktur der IBG brauchen. Die Beteiligung als Förderinstrument steht ausdrücklich nicht infrage. Wir brauchen dieses Förderinstrument.

Warum brauchen wir es? - Erstens. Es ist wichtig und richtig, dass das Land Risikokapital für kleine und mittelständische Unternehmen bereitstellt, gerade um technologieorientierten Unternehmen und Unternehmensgründungen unter die Arme zu greifen.

Zweitens. Wir müssen diesen Firmen die Möglichkeit geben, Kapital durch Beteiligungen zu akquirieren, wenn der Kapitalmarkt dies nicht oder nur zu schlechten Konditionen hergibt.

Drittens. Wir brauchen dieses Förderinstrument, um innovativem technologischem Know-how aus dem eigenen Land zum Durchbruch zu verhelfen bzw. um technologisches Know-how ins Land zu holen, hier zu halten und zu etablieren, damit es zur Wertschöpfung vor Ort beitragen kann. Genau dazu hat die Beteiligungsgesellschaft des Landes in nicht unerheblichem Maße beigetragen. Das ist ein Erfolg für das Land.

(Zustimmung bei der SPD und von Herrn Schröder, CDU)

Hinzu kommt, dass in der Vergangenheit über die Beteiligungen der IBG erhebliche private Investitionen erzeugt und Arbeitsmarkteffekte generiert werden konnten. Über die Beteiligungen der IBG konnten Koinvestoren gewonnen werden, die zusätzliches Kapital in Höhe von rund 436 Millionen € in Unternehmen in Sachsen-Anhalt eingebracht haben.

Derzeit gibt es knapp 2 000 Arbeitsplätze, die mit Beteiligungen der IBG zusammenhängen. Darüber hinaus wurden gegenüber dem Zeitpunkt der Antragstellung 894 neue Arbeitsplätze geschaffen.

Nebenbei gesagt: Es ist auch nicht so, wie oftmals proklamiert wird, dass das Geld verschenkt wurde. Nein, die IBG bekam und bekommt für diese Beteiligungen bis zu 13 % Zinsen per anno.

Dass im Bereich eines Risikofonds auch Ausfälle drohen, dürfte allen von uns bewusst sein.

Meine Damen und Herren! Die Geschehnisse, über die dann im Juli 2013 erstmals das „Handelsblatt“ berichtete, haben aber eben auch ein anderes Bild gezeichnet. Abseits der wirtschaftsfördernden Aufgaben der IBG hatte sich explizit um GoodVent ein intransparenter Sumpf aus persönlicher Vorteilsnahme und verworrenen Beteiligungskonstrukten, die ich persönlich bis heute noch nicht alle in der nötigen Klarheit einschätzen kann, aufgetan.

Aus meiner Sicht haben wir mit der IBG und der Geschäftsbesorgung durch die GoodVent quasi ein Firmenkonstrukt geschaffen, das auf der einen Seite die Vorteile der öffentlichen Hand und auf der anderen Seite die Vorteile der freien Wirtschaft miteinander verknüpfte, aber leider so, dass die Möglichkeit der persönlichen Vorteilsnahme - mutmaßlich hauptsächlich für einen Protagonisten: Herrn von der Osten - geschaffen wurde.

Das, was Herr von der Osten neben seiner Position als geschäftsführender Gesellschafter der GoodVent als Privatperson zum Beispiel beim Unternehmen Q-Cells betrieben hat, verwundert sehr. Selbst wenn dies nicht explizit in seinem Geschäftsführeranstellungsvertrag aufgeführt worden sein mag, gebietet es der Anstand, dies offenzulegen, gerade wenn man mit öffentlichen Geldern hantiert.

Ich glaube nicht, dass es mit Reue zu tun hatte, sondern wohl eher mit einer Art vorweggenommener Einwandbehandlung, dass Herr von der Osten seine Beteiligungen von vornherein über diverse Treuhänder abwickelte und sich zum Abschluss so lautlos mit der Auflösung der Geschäftsbeziehung einverstanden erklärt hat.

Q-Cells war aber nur die Spitze des Eisbergs. Wenn ich an die anderen Beteiligungen der IBG denke, an Beteiligungen an anderen Unterneh

mungen, die wiederum Beteiligungen von handelnden Personen waren, dann bin ich mit meinem Entsetzen an dieser Stelle sicherlich nicht allein.

(Zustimmung von Frau Budde, SPD, von Frau Niestädt, SPD, von Herrn Gallert, DIE LINKE, und von Herrn Dr. Thiel, DIE LINKE)

Es bedarf jetzt der größtmöglichen Transparenz. Diese muss geschaffen werden, und zwar ohne Wenn und Aber.

(Zustimmung von Frau Budde, SPD, von Frau Niestädt, SPD, und bei den GRÜNEN)

Für mich stellt sich auf jeden Fall die Frage, warum der Geschäftsführeranstellungsvertrag mit Herrn von der Osten nicht eindeutig Regelungen enthielt, die ein Wettbewerbsverbot, ein Verbot privater Geschäfte oder von Nebentätigkeiten oder zumindest Offenlegungspflichten für Beteiligungen, die zu möglichen Interessenkonflikten hätten führen können, enthielten.

(Zustimmung bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Verquickung der privaten finanziellen Interessen von Herrn von der Osten mit der Tätigkeit der von ihm geführten Gesellschaft bei der IBG stellt sich nun die Frage, wie die IBG in Zukunft strukturiert werden soll. Ich bin normalerweise nicht unbedingt ein grundsätzlicher Gegner von Privatisierungen. Mir persönlich ist aber klar, dass die Privatisierung des Beteiligungsmanagements kein zukunftsfähiges Modell ist.

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und von Herrn Erdmenger, GRÜNE)

Wenn ein Unternehmen mit 15 Leuten selbst in einem Verlustjahr eine Provision in Höhe von 4,3 Millionen € verdient, dann entsteht der Eindruck eines Selbstbedienungsladens fast zwangsläufig.

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und von Herrn Erdmenger, GRÜNE)

Ein Strukturwandel darf nicht nur über ein neues Etikett geschaffen werden. Es geht um öffentliches Geld. Wir brauchen ein Konstrukt, das die Fortführung der erfolgreichen Förderpraxis der IBG ermöglicht, aber gleichzeitig garantiert, dass wir ein Höchstmaß an Transparenz herstellen und dass die Aufgaben, die uns aus Brüssel gestellt werden werden, erfüllen.

(Zustimmung von Frau Budde, SPD, von Herrn Erben, SPD, und von Frau Niestädt, SPD)

Bei aller Konsequenz ist gerade jetzt aber auch Gründlichkeit geboten. Vor allem die Aufkündigung des Vertrages mit GoodVent muss juristisch geprüft sein, nicht dass wir in aller Eile in dem Bewusstsein, künftige Strukturen zu schaffen, Gefah

ren übersehen. Ich denke beispielsweise an Abfindungen, Abstandszahlungen oder Vertragsstrafen. Außerdem denke ich an die Investoren, die nicht im Regen stehen dürfen.

(Zustimmung bei der SPD und von Herrn Schröder, CDU)