Protokoll der Sitzung vom 13.09.2013

(Zustimmung bei der SPD und von Herrn Schröder, CDU)

Meine Damen und Herren! Die Vorgänge um die IBG haben aus meiner Sicht dem Investitionsklima in Sachsen-Anhalt geschadet. Die Landesregierung ist jetzt eindeutig gefordert, schnell eine Struktur zu erarbeiten, die das Vertrauen in die IBG wiederherstellt, die Transparenz hinsichtlich der Beteiligungen und der eingesetzten Mittel gewährleistet und die weiter positive Effekte für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes erzielt.

In diesem Zusammenhang interessieren mich die Gedankenspiele des Wirtschaftsministeriums natürlich sehr. Es ist zwingend, dass wir rechtzeitig und umfassend in diesen Prozess integriert werden. Ich möchte auch ganz offen sagen: Aus unserer Sicht gehören diese Geschäfte wieder in Gänze zurück zum Land, beispielsweise zur Investitionsbank.

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Weiterer moralischer Schaden muss abgewendet werden. Wir müssen schnell einen Weg finden, wie wir das Förderinstrument der Beteiligung zukünftig gestalten und strukturieren. Ich bin nicht sicher, dass uns ein Untersuchungsausschuss, sehr verehrte Kollegen von der Fraktion DIE LINKE, dabei hilft.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Den haben Sie aber gut begründet!)

- Herr Gallert, wenn ich mich an die gemeinsame Sitzung des Finanz- und des Wirtschaftsausschusses am 8. August 2013 erinnere, komme ich zu dem Schluss, dass Ihnen ausdrücklich an einer konstruktiven Zusammenarbeit im Sinne der Fortführung des Fördermittelgeschäftes gelegen ist.

Es erscheint nicht besonders redlich, die Einberufung eines Untersuchungsausschusses von der Qualität der von der Regierung abgeforderten Informationen abhängig zu machen und bereits vorher auf einer Fraktionsklausur medial den Aufschlag zu machen.

(Beifall bei der SPD - Frau Niestädt, SPD: Richtig!)

Aber natürlich ist ein Untersuchungsausschuss Ihr gutes Recht. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Wir fahren in der Debatte fort. Als Nächster spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordnete Herr Erdmenger.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin der Fraktion DIE LINKE und dem Abgeordneten Thiel ausdrücklich dankbar dafür, dass er dieses Thema seit Jahren sehr sorgfältig auf die Tagesordnung bringt und dass wir darüber heute diskutieren können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir reden aus meiner Sicht über zwei Dinge: Wir reden zum einen über die Vorgänge bei der IBG - darüber ist vieles gesagt worden; auch ich werde einiges dazu beitragen - und wir reden zum anderen auch über die IBG als Beispiel für die Förderpolitik der Landesregierung. Wir müssen uns dabei die Frage stellen, ob bei der Förderpolitik der Mittelabfluss im Vordergrund steht und nicht die Wirkung der Förderung.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Es ist an einigen Stellen hier gesagt worden - in der Sondersitzung des Ausschusses war es noch stärker zu spüren -, dass Herr von der Osten das Problem sei. Herr von der Osten trage die Schuld; denn er habe die Informationen verschwiegen. In der Tat bin auch ich empört darüber, welche Informationen er nach unseren bisherigen Erkenntnissen verschwiegen hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte Ihnen auch sagen: Bevor man jemanden als Alleinschuldigen identifiziert, sollte man mit dem Mann geredet haben - zumindest im Ausschuss war der Mann bisher noch nicht -; daran sollten wir uns doch alle halten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Auffällig ist auch die Zurückhaltung der Landesregierung in Bezug auf ein Vorgehen gegen Herrn von der Osten. Wir haben jetzt eine leichte Öffnung; die Landesregierung sagt: Wir untersuchen noch. Das begrüße ich ausdrücklich. Aber die Aussage, es gebe keinen Grund, Schadenersatz einzufordern, beantwortet noch nicht alle Fragen. Natürlich gibt es die Frage: Liegt ein Fall von Untreue vor? Natürlich gibt es auch die Frage: Gibt es einen Verstoß gegen das Wertpapierhandelsgesetz?

Herr Mormann, Vorteilsnahme ist in dem Katalog nicht enthalten, zumindest nicht in dem, den ich bisher sehe. Aber ich finde, die strafrechtlichen Fragen müssen auch von der Landesregierung untersucht und unter Umständen zur Anzeige gebracht werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN - Herr Gallert, DIE LINKE: Vielleicht ver- wendet er ja noch das Landeswappen!)

An dieser Stelle müssen wir uns auch fragen: War die Landesregierung wirklich ganz ahnungslos? - Ein Blick in das Handelsregister offenbart, dass man nicht ganz so sicher sein kann, dass die Landesregierung gänzlich ahnungslos war, zumindest nicht in Bezug auf die Beteiligung an der Cedrus.

Wir reden auch über die Schlossgruppe Neugattersleben. Bei dieser ist aus meiner Sicht die Kernfrage weiterhin völlig offen, nämlich die Frage: Wo waren denn hier die innovativen Start-ups, die an dieser Stelle gefördert wurden?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN - Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Genau!)

Ich begrüße die Transparenz, die das Wirtschaftsministerium an dieser Stelle hergestellt hat. Dieses hat in einem Bericht ausführlich - zumindest in dem für einen solchen Bericht gebotenen Maße - beschrieben, welche Unternehmen dort gefördert wurden, aber in diesem Bericht findet sich kein Wort dazu, worin denn die Innovationen bestanden und welchen Grund es gab, dass gerade dieses Förderinstrument in diesen Unternehmen ergriffen wurde.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Man hat den Eindruck, dass dabei eher ein einmal aufgebauter funktionierender Kontakt gut genutzt und weiter ausgebaut wurde. Es wurde gefördert nach dem Prinzip Zufall und mithilfe von Vitamin B. Dazu sage ich Ihnen, meine Damen und Herren: Das ist nicht der Sinn einer solchen Förderung.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Reden wir über die sogenannte Privatisierung und damit über die politische Steuerung in den letzten Jahren. Im Jahr 2007 hat der heutige Ministerpräsident und damalige Wirtschaftsminister Herr Haseloff - Herr Haseloff, ich bin wirklich enttäuscht, dass Sie zu diesem Thema heute wieder nicht reden -

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN - Zuruf von der CDU)

die IBG in die Hand der GoodVent gegeben. Diesen Prozess hat Herr Rehberger angestoßen, das wissen wir alle; den Abschluss jedoch hat Herr Haseloff gemacht. Er hat die entscheidenden Weichen gestellt. Er hat die GoodVent ausgewählt. Er hat auf das Geld der Cedrus gesetzt. Die heutige Darstellung, man habe nicht gewusst, von wem das Geld der Cedrus sei, ist doch ein Armutszeugnis.

Stellen wir uns doch einmal einen Häuslebauer vor, der zur Verbraucherberatung kommt und sagt: Ich habe Probleme mit meinem Kredit, aber eigentlich weiß ich gar nicht, von wem ich das Geld be

kommen habe. Die raufen sich doch die Haare. Das kann doch keine Begründung sein.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Wie gesagt, wenn wir in das Handelsregister schauen, dann finden wir sehr wohl Hinweise auf die Beteiligung von Herrn von der Osten.

Es ist auch nicht so, dass die Frage damals nicht gestellt wurde. Die Frage wurde im Ausschuss gestellt. Die Geschäftsordnung des Landtages verbietet mir zu sagen, wer sie gestellt hat. Die Antwort darauf war: Es sind Investoren aus dem südlichen Sachsen-Anhalt. - Klingeling! Ja, wie dubios ist das denn? Investoren aus dem südlichen Sachsen-Anhalt? Man darf sich doch wohl die Frage stellen: Wer ist denn das?

(Heiterkeit und Zustimmung bei den GRÜ- NEN - Herr Knöchel, DIE LINKE: Also wirk- lich, immer diese Behinderer, die dort stö- ren! - Heiterkeit bei der LINKEN)

Im Anschluss an die Privatisierung hat das Wirtschaftsministerium zwei Dinge getan: Erstens wurden weitere EU-Gelder in Höhe von 87 Millionen € in die IBG gepumpt und zweitens wurden die ach so wichtigen und ach so bedeutsamen - Herr Bullerjahn, Sie haben das damals in der Landtagsdebatte hervorgehoben - privaten Investitionen völlig aus dem Auge verloren.

Und heute erfährt das staunende Publikum, dass von den 20 Millionen € an privatem Geld, die damals zugesagt worden sind - es war die Rede davon, es könnten dann auch 60 Millionen € werden -, lediglich 9,3 Millionen € investiert worden sind. Fünf, sechs Jahre danach stellt man fest: Nur die Hälfte wurde investiert. Dann muss man doch sagen: Diese Privatisierung ist krachend gescheitert.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Wir erfahren aus dem letzten Bericht des Wirtschaftsministeriums ein Weiteres. Es stellt sich nämlich die Frage: Was hat die EU damals eigentlich gefordert? Dazu sagt der Bericht: Es ist keine Rede davon, dass die EU die Privatisierung erforderlich gemacht hat; die EU hat vielmehr lediglich das Verfahren mit der Ausschreibung positiv gesehen. - Das hört sich schon ganz anders an. Deswegen muss man wahrscheinlich feststellen: Die Privatisierung ist nicht nur gescheitert, sie war auch gar nicht erforderlich.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Es ist alles schwer durchschaubar und nicht optimal. Aber Sie, Herr Möllring, sagen, es sei dennoch erfolgreich. Das ist die entscheidende Frage. Sie machen es sich übrigens etwas leicht, wenn

Sie sagen, alle Fraktionen sähen es so, dass die Arbeit bisher erfolgreich war.

Ich habe dazu in erster Linie Fragen gestellt. Sie haben versucht, auch in dem Schriftstück, die Fragen zu beantworten. Der Landesregierung sind zu der Frage, worin denn die Erfolge der IBG bestehen, drei Beispiele eingefallen - drei von mehr als 70 Unternehmen, wahrscheinlich weit mehr als 70. Wir haben bisher eine Liste mit 70 Unternehmen und von diesen werden drei als erfolgreiche Beispiele angeführt.

Auch unter dem Strich sieht es schlecht aus. In jedem Jahr verlor man Mittel in Höhe von 14 Millionen €. Und wenn wir einmal die Zahl von 2 000 Arbeitsplätzen betrachten - ich gönne jedem dieser 2 000 Menschen seinen Arbeitsplatz - und sie in ein Verhältnis zur Arbeitslosenquote setzen, dann ergibt sich eine Veränderung der Arbeitslosenquote im Land um zwei Promille.

Dieses Argument können wir also wirklich nicht gelten lassen. Vielmehr müssen wir uns genauer ansehen, wohin die Fördermittel geflossen sind. Wir müssen die Frage stellen: War etwa - das habe ich schon gesagt - der Fördermittelabfluss wichtiger als das Erreichen der Ziele?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Dies ist - ich habe es gesagt - ein Beispiel für viele Förderbereiche, über die wir in den letzten Jahren geredet haben.

Das Finanzministerium hat gerade einen Bericht veröffentlicht - mein großes Kompliment für diesen Bericht -: „Die Evaluierung aller Förderprogramme und Subventionen des Landes Sachsen-Anhalt hinsichtlich ihrer Kosten und Wirksamkeit“. Das ist ein 300-Seiten-Bericht. Das ist etwas, das nicht unmittelbar zum Lesen einlädt, aber es lohnt sich, in diesen Bericht hineinzuschauen.