Protokoll der Sitzung vom 13.09.2013

Das Finanzministerium hat gerade einen Bericht veröffentlicht - mein großes Kompliment für diesen Bericht -: „Die Evaluierung aller Förderprogramme und Subventionen des Landes Sachsen-Anhalt hinsichtlich ihrer Kosten und Wirksamkeit“. Das ist ein 300-Seiten-Bericht. Das ist etwas, das nicht unmittelbar zum Lesen einlädt, aber es lohnt sich, in diesen Bericht hineinzuschauen.

Dieser Bericht macht wunderbare Angaben zu den Kosten der Förderung, übrigens auch zu den Verwaltungskosten pro Förder-Euro. Aber zur Wirksamkeit der Förderung ziehen sich die Autoren auf die Aussage zurück: An dieser Stelle mussten wir die Ministerien, die die Förderung gemacht haben, fragen, ob sie das wirksam finden.

(Frau Lüddemann, GRÜNE, lacht - Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

Und, oh Wunder, was glauben Sie, zu welchem Ergebnis sie bei den Förderungen gekommen sind? - Alle Förderprogramme sind hochwirksam.

(Heiterkeit und Zustimmung bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Übrigens ist auch der IBG-Risikokapitalfonds hochwirksam. Ich darf einmal zitieren, was der Bericht zu der Begründung sagt:

„Die Wirksamkeit wird als hoch eingeschätzt, da die Zuwendungsempfänger ohne diese Förderung ihre Vorhaben oft nicht finanzieren könnten.“

Ach nee, wenn das Geld nicht geflossen wäre, hätten die Fördermittelempfänger das Geld nicht gehabt und hätten es nicht finanzieren können. Das ist natürlich ein guter Ausweis der Wirksamkeit von Förderung. - Das überzeugt mich nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Wir haben das Phänomen auch bei weiteren Förderprogrammen. Beispiel: der Untersuchungsausschuss bei der Dessauer Fördermittelaffäre. In diesem Fall wurde die Qualifizierung von Arbeitnehmern gefördert. Gefördert wurden zum Beispiel Fußballspieler von Dessau 05, die in der EDV fortgebildet wurden. Oder es wurden Menschen ohne besondere Fremdsprachenkenntnisse zu Botschaftern für Osteuropa fortgebildet.

Ganz interessant ist auch - das mussten wir im Untersuchungsausschuss erfahren -, dass das Landesverwaltungsamt gar nicht die Aufgabe hatte zu prüfen, ob die Förderung sinnvoll ist. Es hat lediglich geprüft, ob alle Fördervoraussetzungen vorliegen. Das ist ein feiner Unterschied.

Wir haben also eine Menge Punkte, die wir untersuchen müssen. Bei dem Thema geht es um viel mehr als nur um das Versagen Einzelner oder um den Betrug Einzelner. Bei dem Thema geht es um die leichtfertige Vergabe von Fördermitteln in Sachsen-Anhalt. Das Thema lautet: SachsenAnhalt leidet an der Förderitis.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Jetzt stellt sich die Frage: Wie sollen wir reagieren? Ist ein Untersuchungsausschuss notwendig? DIE LINKE hat ihn ins Gespräch gebracht. Richtig ist: Wir brauchen mehr Transparenz. Dafür sind die Berichte der Landesregierung - das möchte ich wirklich lobend hervorheben - ein guter erster Schritt. Einiges ist als vertraulich gekennzeichnet, Wesentliches ist aber auch schon offengelegt worden. Das Vertrauliche war uns bisher nicht zugänglich; das können wir hoffentlich nachholen. Darüber hinaus ist die Akteneinsicht - Herr Thiel sagte es - in die Aufsichtsrats- und Beteiligungsausschussprotokolle jetzt besonders wichtig.

Zur Transparenz gehört auch, dass sich der Verantwortliche, der damals die Privatisierung auf den Weg gebracht hat, Herr Dr. Haseloff, im Ausschuss den Fragen stellt: Was war damals Ihre Motivation? Haben Sie Ihre Ziele erreicht? Erklären Sie uns, was Sie damals getan haben. Wenn das nicht klappt, wenn wir diese Transparenz nicht hinbekommen, dann spricht vieles für den Vorschlag der

LINKEN, einen Untersuchungsausschuss einzurichten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Herr Kollege, ich muss Sie an das Ende der Redezeit erinnern.

Ich bedanke mich und komme zum Schluss. - Wir brauchen eine inhaltliche Debatte über die Wirksamkeit der Beteiligungsgesellschaft. Dafür haben wir bisher nur sehr dünne Argumente gehört. Herr Minister, legen Sie diesbezüglich nach.

Des Weiteren brauchen wir im Landtag mehr Mut, gerade in der Haushaltsdebatte. Ich kann Ihnen nur sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Hinterfragen Sie die vorhandenen Förderprogramme. Schauen Sie hinter die Überschriften, die meistens hervorragend klingen. Hinterfragen Sie auch die Förderhöhe. Denn die Einrichtungen, die das Geld wirklich brauchen, sollten uns diese Mühe wert sein. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Danke schön, Herr Kollege. - Als Nächster spricht für die Fraktion der CDU Herr Abgeordneter Barthel.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Nach dem, was ich nun insbesondere von den Vertretern der Opposition gehört habe, ist es wohl angebracht, den Leuten zu erklären, worüber wir eigentlich reden, über welches Fördergeschäft. Wir reden über Venture-, über Wagnis-, über Risikokapital. Wir reden nicht über originäres Fördergeschäft, nicht über ESF oder Stadtumbau.

Ich sage das, weil hier vieles ein bisschen durcheinandergebracht wurde. Da wird die Sporthalle in Wolmirstedt in einem Zusammenhang mit Dessau und mit der IBG genannt. Das muss man erst einmal sortieren; denn damit wird ein völlig falscher Eindruck vermittelt. Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Herrn Erd- menger, GRÜNE)

Nun kann man die Frage stellen, wie erfolgreich das Beteiligungsmanagement ist, und kann das daran bemessen, wie viel Ausfall es in der Vergangenheit gegeben hat. Oder man misst es daran, wie viele erfolgreiche Projekte es gab.

Dazu muss ich Ihnen sagen: Mit drei von 69 Projekten - das sind die, die zunächst schon als erfolgreich bewertet werden können; das heißt nicht, dass die anderen 66 nicht erfolgreich waren; die Ausfälle auf der anderen Seite sind auch deutlich geringer; darin ist ja noch Potenzial - liegt man im Risikokapitalgeschäft gar nicht so schlecht.

Sehen wir uns doch einmal an, wofür diese Fördersäule da ist: Sie ist eine Ergänzung zur klassischen Wirtschaftsförderung, die übrigens weltweit anerkannt ist. Und gerade für Start-ups und technologieorientierte Unternehmen, die einen Börsengang anstreben, ist dies ein probates Mittel. Das räumt dem Kapitalgeber die Möglichkeit ein - bei hohem Risiko bis hin zum Totalausfall -, eine enorme Hebelwirkung zu erzeugen, was sein Investment angeht. Man hat auch beim Land gesehen, dass das Investment in Q-Cells letztlich zu einer durchaus soliden Rendite geführt hat.

Nun möchte ich einmal mit den positiven Beispielen anfangen. Hier wurde gefragt: Wo sind denn die Beispiele? Wo ist denn etwas passiert? - Ich möchte ein ganz populäres Beispiel nennen, das uns sogar im Landtag beschäftigt hat.

Die IBG ist auch an der Probiodrug AG beteiligt. Die Probiodrug AG ist ein Unternehmen, das ein Medikament gegen die Demenzerkrankung entwickelt. Dieses Medikament gelangt nun zur Umsetzungsreife. Im Ergebnis hat das dazu geführt, dass wir mit der Projektgruppe „Molekulare Wirkstoffbiochemie“ des Fraunhofer Institutes einen neuen Leuchtturm in Sachsen-Anhalt haben, der im Prinzip aus diesem Investment und der daraus folgenden Entwicklung hervorgegangen ist.

Nun kann man sagen: Das ist alles schlecht und Murks, das wollen wir nicht. Das ist die Sichtweise der LINKEN, die ein sehr düsteres Bild von Sachsen-Anhalt malt.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Quatsch! - Frau Thiel-Rogée, DIE LINKE: Das ist doch gar nicht wahr!)

Man kann aber auch stolz auf solche Ergebnisse sein und sagen: Wenn wir das Risikokapitalgeschäft in Zukunft so profilieren, dass wir wesentlich weniger auf arbeitsmarktpolitische Effekte schauen, sondern vielmehr auf den originären Risikokapitalzweck, und den Fokus auf Technologie, auf Innovation und auf Start-ups richten, dann haben wir an dieser Stelle ein Instrument, das für ein funktionierendes Fördergeschäft in SachsenAnhalt unverzichtbar ist.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Barthel, würden Sie Zwischenfragen beantworten? - Im Anschluss.

Ich möchte noch eines sagen: Ich will das nicht verharmlosen, ich will das auch nicht bagatellisieren. Das möchte niemand von den regierungstragenden Fraktionen. Auch wir möchten wissen, was bei der IBG schiefgelaufen ist und was in dem Konstrukt GoodVent, von der Osten und IBG dazu geführt hat, dass so etwas passieren konnte.

Denn eines ist völlig unstrittig: Das, was in diesem Zusammenhang durch die Medien gegangen ist, hat dem Image des Landes und dem Image der Förderlandschaft in Sachsen-Anhalt massiv geschadet. Das ist völlig unbestritten.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Das will auch niemand von uns kleinreden. Die Frage ist doch aber, wie wir das Vertrauen, das dabei verloren gegangen ist, in Zukunft wiederherstellen

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

Wie können wir es schaffen, dass wir nicht auf Risikokapital und auf das Potenzial verzichten müssen, das bei unseren innovativen und teilweise auch aus den Universitäten hervorgehenden Existenzgründern vorhanden ist? Wir müssen es so aufstellen, dass in Zukunft einerseits solche Dinge nicht mehr passieren können und dass andererseits Erfolgsmodelle, wie zum Beispiel Probiodrug, weiterhin möglich bleiben.

Wir reden stets über Einnahmeverbesserungen. Wenn von den 70 Unternehmen nur ein einziges die Qualität hat, eine Erfolgsmodell zu werden, wie beispielsweise Intel und IBM, dann hat SachsenAnhalt auch in der Zukunft eine solide Grundlage, um die Leistungsfähigkeit über steigende Steuereinnahmen sicherzustellen. Ich meine, dafür kann man Geld einsetzen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Nun zu der Frage, wer sich jetzt an die Spitze der Aufklärungsbewegung setzen möchte. Hierzu muss man noch einmal in die Genese einsteigen, muss hinterfragen, wie das alles zustande gekommen ist und wer diese Sondersitzung vorgeschlagen hat. In meiner Erinnerung fand ein Gespräch mit meiner Kollegin Krimhild Niestädt statt, in dem wir uns entschieden haben, die beiden Ausschüsse zu einer Sondersitzung in der parlamentarischen Sommerpause einzuladen.

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Das habe ich gesagt!)

- Das haben Sie gesagt. - Dazu gab es sogar eine Pressemitteilung, die kann man nachlesen.

Ich erinnere mich jetzt einmal an den Verlauf dieser Sitzung. Es war so: Tatsächlich gab es eine Reihe von Fragen von Herrn Erdmenger, der sehr

kritisch war und auch gezielt gefragt hat, und es gab eine Reihe von Fragen von den Regierungsfraktionen. Ich kann mich aber auch daran erinnern, dass DIE LINKE dabei in weiten Teilen in gewissem Sinne eine Statistenrolle eingenommen hat.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU - Zustimmung bei der SPD - Herr Schröder, CDU: Hört, hört! - Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Wir haben eine Liste mit 15 Fragen abge- geben! - Herr Gallert, DIE LINKE: Da war die Demenzforschung wohl nicht erfolgreich! - Weitere Zurufe von der LINKEN)

Verehrter Herr Dr. Thiel, ich habe mir das Protokoll gestern noch einmal durchgelesen. Vielleicht ist es ja unvollständig, aber die wenigen Fragen von Herrn Henke, die darin stehen, bestätigen das, was ich Ihnen eben gesagt habe.

(Zurufe von der LINKEN)