Protokoll der Sitzung vom 13.09.2013

Oft steht allerdings der Umfang der wirtschaftlichen Tätigkeit in keinem günstigen Verhältnis zu den Prüfungsgebühren für die Pflichtprüfungen. Die seit der Novellierung des Genossenschaftsgesetzes im Jahr 2006 geschaffenen Erleichterungen werden auch weiterhin Bestand haben.

Bei der Bundesregierung und bei den Ländern gibt es keine Bestrebungen dahingehend, dies wieder rückgängig zu machen. Es ist sogar das Gegenteil der Fall: Das Bundesministerium der Justiz hat einen Referentenentwurf für eine Kooperationsgesellschaft vorgelegt und hierzu in der letzten Woche eine mündliche Anhörung durchgeführt.

Meine Damen und Herren! Diese Kooperationsgesellschaften sollen von der Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband und von Pflichtprüfungen ausgenommen sein. So soll die Rechtsform der Genossenschaft für sehr kleine Unternehmen, die wenig Gewinn erzielen, attraktiver werden - ich nannte bereits die Dorfläden. Die Kooperationsgesellschaft ist größenbeschränkt. Nach Überschreitung der in § 241a des Handelsgesetzbuches genannten Größenmerkmale in zwei aufeinanderfolgenden Jahren besteht eine Umwandlungspflicht in eine - ich nenne sie einmal so - normale Genossenschaft.

Von einigen Prüfungsverbänden wird die Kooperationsgesellschaft jedoch kritisch betrachtet. Die Arbeitsebene des Bundesjustizministeriums beabsichtigt, das Vorhaben unter der nächsten Bundesregierung einzubringen und in ein Gesetzesvorhaben münden zu lassen. Die Landesregierung

unterstützt dieses Vorhaben. Ich empfehle, der Beschlussempfehlung zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr, Herr Minister. - Es ist eine Dreiminutendebatte vereinbart worden. Als erster Debattenredner wird für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Herr Mormann sprechen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Jahr der Genossenschaften ist mittlerweile vorbei. Da die Idee der Genossenschaft und das Prinzip, das dahintersteckt, nicht nur im Jahr 2012 von großer Bedeutung waren, ist die Befassung im September 2013 genauso aktuell. Dass die Genossenschaften eine krisenfeste Unternehmensform sind, haben sie in den letzten Jahren bewiesen. Dass sie eine große Chance für die Wertschöpfung vor Ort sind, beweisen sie nunmehr schon seit Jahrzehnten.

Im Bankensektor, im Wohnungsbau, in der Land- und Forstwirtschaft - überall haben sich Genossenschaften etabliert. Die 596 eingetragenen Genossenschaften müssen weiter gestärkt werden, indem das Modell der Genossenschaft die ihm gebührende Würdigung durch Politik und Gesellschaft erhält.

Erfreulicherweise wurde in den Diskussionen in den Ausschüssen deutlich, dass Genossenschaften nicht aufgrund ihrer Rechtsform bei etwaigen Förderungen benachteiligt oder sogar ausgeschlossen werden. Insofern sehen die Koalitionsfraktionen keinen Handlungsbedarf im Land Sachsen-Anhalt.

Meine Damen und Herren! An welcher Stelle wir jedoch Handlungsbedarf sehen, das haben wir in den Ausschüssen für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Wissenschaft und Wirtschaft besprochen und beschlossen. Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie sich für die weitere Bekanntmachung des Genossenschaftsprinzips stark macht. Dieses Vorhaben soll sie nicht allein bewältigen, sondern mit Kammern und Wirtschaftsverbänden im Land.

Zwar sehen wir deutlich, dass sich beispielsweise Genossenschaften im Bereich der Landwirtschaft aufgrund hoher Wertschöpfung zunehmend gut positionieren, aber beispielweise im Bereich der Sozial- und Kulturgenossenschaften oder der Energiegenossenschaften besteht noch Nachholbedarf.

Wir erwarten von der Landesregierung, dass alle Genossenschaften denselben Zugang zu Fördermöglichkeiten erlangen und dass insbesondere auf

dem Gebiet der Existenzgründung im genossenschaftlichen Bereich die Förderung erleichtert wird.

Nicht zuletzt erwarten wir von der Landesregierung, dass sie das Prinzip der Genossenschaft auch in die schulische und universitäre Ausbildung aufnimmt, um so gegebenenfalls den Bekanntheitsgrad der Genossenschaften zu vergrößern und schon frühzeitig den Kenntnisstand über die Genossenschaften zu erhöhen.

Meine Damen und Herren! Das Jahr 2012 war das Jahr der Genossenschaften. Es ist von vielen Veranstaltungen flankiert worden. Darüber hinaus soll auch in Zukunft für die Rechtsform Genossenschaft sensibilisiert werden, damit im Land Sachsen-Anhalt von dieser - wie sich in den letzten Jahren gezeigt hat - krisenfesten Unternehmensform Gebrauch gemacht wird und die Wertschöpfung vor Ort davon partizipiert. Deshalb, meine Damen und Herren, bitte ich um Zustimmung zur Beschlussempfehlung. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr, Kollege Mormann. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Herr Erdmenger.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Das dürfte meine letzte gesetzte Rede hier im Landtag sein. Ich hätte mich jetzt gern eingereiht und meine Rede vorgelesen. Aber das Problem ist: Ich habe keine vorgeschriebene Rede. Deswegen lassen Sie mich ein paar Worte zu diesem Antrag sagen.

Die uns vorliegende Beschlussempfehlung ist - das kann man zusammenfassend sagen - nicht falsch. Sie enthält viel Richtiges, aber sie ist leider schlechter als das Original.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Das ist die Entwicklung, die der Antrag im Ausschuss gefunden hat.

Bedauerlich ist zum Beispiel, dass die Mehrheit im Ausschuss nicht dazu bereit war, den Agrarbereich - das hatte DIE LINKE aufgezeigt - einmal näher zu untersuchen, um auch die Entwicklungen in diesem Bereich besser nachvollziehen zu können.

Wir hatten in die Ausschüsse das Thema der schleppenden Entwicklung bei den Energiegenossenschaften in Sachsen-Anhalt eingebracht. Energiegenossenschaften haben eine wichtige Aufgabe. Sie sind eine neue Form, um Mehrwert im Zuge der Energiewende in die Regionen zu bringen. Das Thema haben wir auch später noch ein

mal in der Diskussion. Sie sind gut für die Energiewende und sie sind gut für Sachsen-Anhalt.

Deswegen wäre es auch gut gewesen, wenn wir in diese Beschlussempfehlung explizit einen dahingehenden Arbeitsauftrag an die Landesregierung formuliert hätten, sich auch einmal um die schleppende Entwicklung in unserem Land zu kümmern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es gab im Ausschuss viele sympathisierende Worte zu den Energiegenossenschaften. Deswegen bleibt bei uns die Hoffnung, dass die Landesregierung den Worten dann auch Taten folgen lässt, auch ohne einen expliziten Auftrag. Wir werden uns bei der Abstimmung zu der Beschlussempfehlung der Stimme enthalten; denn, wie gesagt, sie enthält nichts Falsches, sie macht aber das Original auch nicht besser. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke sehr, Herr Kollege Erdmenger. Ich wünsche Ihnen wie sicherlich auch die Mehrheit des Hauses für Ihren weiteren beruflichen Werdegang viel Erfolg!

(Beifall im ganzen Hause)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Kollege Thomas.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben es schon gehört: Wir hatten im Jahr 2012 das Jahr der Genossenschaften. In der Tat war die Versuchung groß, dieses Jahr der Genossenschaften nicht so zu würdigen, wie es die Genossenschaften verdient haben. Deswegen bin ich der antragstellenden Fraktion nicht nur dafür dankbar, dass sie dieses Thema in den Landtag eingebracht hat, sondern ich bin auch außerordentlich dankbar für die intensive Diskussion im Ausschuss.

Denn auch wir als CDU erachten es für wichtig, die Stellung der Genossenschaften in der Gesellschaft, aber auch ihre Rolle für das wirtschaftliche Leben hier in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus deutlich zu machen, und das insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass Mitteldeutschland als Wiege der Genossenschaften betrachtet werden kann. Es tut uns als Parlament von Sachsen-Anhalt natürlich gut, darauf hinzuweisen und uns damit auseinanderzusetzen.

Herausgekommen ist die Beschlussempfehlung, die Ihnen vorliegt. Dankenswerterweise hat Kollegin Thiel-Rogée schon sehr charmant eingeführt, dass fraktionsübergreifend die Meinung geteilt wird - ich finde, das ist gut -, dass für uns die Genossenschaften ein sehr wichtiges Modell, eine sehr

wichtige Rechtsform sind, und dass wir natürlich ein Interesse daran haben, dass sich die Genossenschaften auch weiterhin entwickeln.

Nicht ganz teilen kann ich den Verdacht - dazu hat sich auch unser Wirtschaftsminister Möllring schon geäußert -, dass Genossenschaften eventuell hier und dort benachteiligt werden. Nein, ich glaube, die Genossenschaften im Land sind so gut aufgestellt, dass sie sich in diesem Wettbewerb der Rechtsformen gut beweisen. Das zeigen auch die erfolgreichen Zahlen vieler Genossenschaften, die sie vor Ort auch alle kennen.

Dass - auch das möchte ich an dieser Stelle sagen - Genossenschaften natürlich kein Allheilmittel für politische oder gar soziale Probleme sein können, wird jedem einleuchten.

Wir alle schätzen das Wirken der Genossenschaften, da sie weniger kapitalorientiert, sondern vielmehr gemeinwohlorientiert aufgestellt sind. Ich denke, das wird auch aus der Ihnen vorliegenden Beschlussempfehlung deutlich. Ich werbe deswegen um Ihre Zustimmung.

Gestatten Sie mir vielleicht noch eines. Kollege Erdmenger, Sie haben jetzt Ihre letzte Rede gehalten. Das ist ein bisschen schade. Wir haben die Zusammenarbeit mit Ihnen durchaus geschätzt. Ich möchte Ihnen ein Kompliment machen. Ich glaube, Sie verstehen es am besten, wenn ich Ihnen das sage: Wir werden Sie vermissen. Alles Gute für Sie und für Ihre persönliche Zukunft. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Kollege Thomas. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abgeordnete Herr Krause.

Sehr verehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ja, ich denke, die Debatte zeigt es: Die vorliegende Beschlussempfehlung ist ein Bekenntnis zur Stärkung der Genossenschaften. Der Landtag spricht sich damit dafür aus, den Genossenschaftsgedanken zu würdigen und ihn weiter bekannt zu machen. Es ist auch in Ordnung, wenn wir für die Beibehaltung eines Genossenschaftsgesetzes sind, das Genossenschaften weiterhin stärkt und das die volle Ausschöpfung ihrer Potenziale auch künftig ermöglicht.

Auf alle Fälle sollten wir dahingehend wachsam sein, dass eines der Kernprinzipien des Genossenschaftswesens - ein Mann/ein Frau, eine Stimme - nie verwässert oder gar unterwandert wird. Auch die Position der Mitglieder ist weiter zu stärken.

Wir unterstützen die Beschlussempfehlung in der Feststellung, dass die Genossenschaften mit dem

jetzigen Genossenschaftsgesetz gut leben können und wir einen Handlungsbedarf für eine umfängliche Novellierung nicht sehen.

Aber gestatten Sie mir noch eine Bemerkung zu unserem Ursprungsantrag. Das, was uns heute zur Beschlussfassung vorliegt, erfüllt längst nicht alle Erwartungen, die wir seinerzeit mit unserem Antrag verfolgt bzw. geweckt haben.

Zum Beispiel ist unsere Forderung nach rechtlichen Rahmenbedingungen, die die Förderung von Existenzgründungen im Genossenschaftssektor zulassen bzw. erleichtern, wieder nur zu einem Prüfauftrag mutiert.

Aus unserer Forderung hinsichtlich einer weiteren Unterstützung von Genossenschaften durch die Verbreitung von Wissen über das Kooperationsmodell in Zusammenarbeit mit den Kammern und Wirtschaftsverbänden ist letztlich auch wieder nur ein Prüfauftrag geworden.

Außerdem sehen wir kritisch, dass es nicht möglich sein soll - verstehe es wer will -, in den regelmäßig erscheinenden Berichten zur Lage der Land-, Ernährungs- und Forstwirtschaft und im Tierschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt Agrargenossenschaften unter der Rubrik „Juristische Personen“ gesondert auszuweisen.

Von Herrn Erdmenger wurde schon gesagt: Auch das von den GRÜNEN in den Agrarausschuss eingebrachte und von uns voll unterstützte Verlangen, die Gründung von Energiegenossenschaften zu fördern, fand nicht die Mehrheit in den Ausschüssen.