Protokoll der Sitzung vom 13.09.2013

Ich möchte auf die Bewertung des Alternativantrages eingehen. Sie können Ihre Bewertung vornehmen, okay. Wir haben uns Gedanken gemacht und halten es für ein wichtiges Anliegen. Uns geht es um die Weiterentwicklung von Ganztagsschulen und Ganztagsangeboten in Sachsen-Anhalt. Nicht mehr und nicht weniger steckt hinter diesem Alternativantrag.

Gleichwohl gebe ich der Opposition darin Recht, dass sich die regierungstragenden Fraktionen an der Erfüllung des eigenen Koalitionsvertrages messen lassen müssen. Frau Professor Dalbert hat daraus zitiert; das möchte ich an dieser Stelle nicht wiederholen.

Ich teile auch die Auffassung, dass bei der Entwicklung von Ganztagsschulen noch Luft nach oben vorhanden ist; keine Frage.

(Herr Borgwardt, CDU: Zweieinhalb Jahre!)

Gleichwohl möchte in anmerken, dass wir in Sachsen-Anhalt auf dem Weg zu mehr Ganztagsschulangeboten sind. Auch das beweist die Studie der Bertelsmann-Stiftung. Im Antrag der einbringenden Fraktion wurden Daten genannt, die das Land in einem Vergleich der Ganztagsschulen im Bundesdurchschnitt schlechter aussehen lassen.

Die prozentuale Steigerung der Zahl der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler in der gebundenen Form bleibt in Ihrem Antrag unerwähnt. Im Land Sachsen-Anhalt stieg die Zahl der an dieser Form teilnehmenden Schüler um 9,9 % und damit stärker als im Bundesdurchschnitt. Das möchte ich an dieser Stelle erwähnen.

Ein Problem ist aus meiner Sicht weiterhin der Aspekt, dass in der Bundesstatistik weder die Grundschulen mit verlässlichen Öffnungszeiten noch die Betreuung über das KiFöG bis zum sechsten Schuljahr erfasst sind. Der Kultusminister sollte seinen Einfluss als derzeitiger Präsident der KMK geltend machen, damit diese Angebote zukünftig auch in der Bundesstatistik erfasst werden. Darauf ist der Minister in seiner Rede bereits eingegangen. Dieses Ansinnen möchte ich unbedingt unterstützen.

Im neuen Schuljahr geht der Ausbau der Ganztagsschulen vor allem im Bereich der weiterführenden Schulen messbar voran. Auch hierzu sind die Daten bereits genannt worden; ich werde sie nicht wiederholen.

Hinsichtlich der Bemessung der Quantität sind wir unterschiedlicher Meinung. Das ist auch legitim. Ich möchte unterstreichen, dass wir im Grundschulbereich mit der Schnittstelle des KiFöG ein Alleinstellungsmerkmal haben. Man sollte auch nicht vergessen, welche Entwicklung dieser Bereich in der Vergangenheit bereits durchlaufen hat.

Sicherlich müssen wir auch die Kooperation zwischen der Grundschule, dem freien Träger oder der Kommune als Anbieter beleuchten, bis hin zu Fragen von Raum- und Nutzungskonzepten. Aber an erster Stelle sollten wir uns im Ausschuss mit der Frage auseinandersetzen, was die Kinder wirklich brauchen und wie wir bei der Kooperation auf den Stand kommen, dass Schule und Jugendhilfe auf Augenhöhe agieren.

Die Analyse der Bertelsmann-Stiftung ist aus meiner Sicht ein wichtiges Signal. Die Absichten, die in dem Antrag formuliert sind, sind mit uns zu diskutieren.

Wir müssen allerdings auch den Elternwillen beachten. Auch Fragen der Finanzierung spielen hierbei eine Rolle, ebenso das Thema Autonomie der Schule. Die meisten Ganztagsschulen haben sich, beginnend als offene Ganztagsschulen, inhaltlich entwickelt und haben sich das Profil für eine gebundene Ganztagsschule erarbeitet. Ich denke, das hat auch etwas mit Kultivierung zu tun. Diese Entwicklung sollte weiterhin unterstützt werden.

Es wurde angesprochen, dass eine bundesweite Verständigung nötig ist, weil die Länder bei der Finanzierung einer qualitativ hochwertigen Ganztagsschule an die Grenzen ihrer Möglichkeiten

stoßen. Ich meine auch, dass Deutschland einen Masterplan „Ganztagsschule“ auf der Bundesebene benötigt. Ich denke, Sachsen-Anhalt wird sich hierfür im Bundestag und in der Länderkammer einsetzen. Ziel eines solchen Masterplanes sollte es sein, bis zum Jahr 2020 in den Ländern ein flächendeckendes und bedarfsgerechtes Ganztagsschulangebot von der Grundschule bis zum Abitur aufzubauen.

Die Gemengelage hierzu ist gut andiskutiert. Wir möchten mit dem Alternativantrag eine fachliche Diskussion im Ausschuss führen. Wir werden auch die Fragen und die Anregungen, die aufgeworfen wurden, aufgreifen. Inwieweit sich die beiden Fachbereiche Kultus und Soziales hierbei aufeinander zubewegen, liegt auch in unserer Hand. In diesem Sinne werbe ich für unseren Alternativantrag. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke sehr. - Frau Professor Dalbert, Sie können erwidern.

Frau Präsidentin! Ich ergreife die Gelegenheit gern, ein paar Takte am Ende dieser Debatte zu sagen. Ich glaube, Frau Reinecke hat gerade einen wichtigen Satz gesagt: Bei den Ganztagsschulen ist noch Luft nach oben.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Das ist so, Frau Reinecke. Da wollen wir ran und diese Luft ein bisschen herauslassen. Das ist das Ziel unseres Antrages.

Herr Güssau, es geht nicht darum, dass die Kinder aus den Familien, in denen die Elternteile arbeiten, nach der Schule betreut werden. Das ist auch nicht das Problem in Sachsen-Anhalt, da wir ein Hortsystem haben, in dem die Kinder betreut werden. Es geht vielmehr um Ganztagsschulen und um ganztägige schulische Angebote. Die Vorteile haben ich und auch einige der Debattenrednerinnen ausführlich dargestellt unter den Stichworten teilweise gebundene oder gebundene Ganztagsschule. Darum geht es.

Herr Minister, ich möchte zwei Punkte Ihrer Ausführungen ansprechen. Ich denke, die KMK wird sehr gewissenhaft darüber diskutieren, an welchen Stellen die Zahlen verändert werden und an welchen nicht. Die Frage, ob reine Betreuungen, die außerhalb der Schule und ohne Kooperation mit der Schule stattfinden, in die Statistik der Ganztagstagsschulen aufgenommen werden sollen, wird die Minister sicherlich beschäftigen und sie werden Kriterien dafür definieren, wann diese Zahlen aufgenommen werden und wann nicht.

Das ist aber, ehrlich gesagt, nicht das, was mich umtreibt. Das, was mich umtreibt, ist die Frage: Wie bekommen wir es hin, dass wir für mehr Kinder und schneller - die Schnecke, die hier die Entwicklung vorantreibt, wurde von meiner Kollegin Birke Bull ausführlich dargestellt - ein besseres ganztägiges Bildungsangebot bekommen?

(Zustimmung bei der LINKEN)

Herr Minister, es geht auch ganz sicher nicht um Doppelangebote. Man kann doch nun wirklich nicht - auch bei bösestem Willen nicht - aus meinem Antrag herauslesen, dass ich Doppelangebote wollte, ganztägige Grundschulen und Grundschulen und Horte, sozusagen als zwei Stränge. Das Gegenteil ist wahr: Wir wollen die Ressourcen, die wir im Land haben, nutzen, um damit Ganztagsschulen zu gestalten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Frau Bull, in der Tat ist unser Antrag allgemein formuliert. Denn - Sie haben das perfekt beschrieben - es ist eine schwierige Aufgabe, wenn man sich auf den Weg macht. Wir wollten eben nicht sagen: Wir haben jetzt eine Schule, der geben wir Geld und Personal und machen daraus eine Ganztagsschule. Wir haben gesagt: Wir haben Ressourcen im Land - mit einem rechtlichen Rahmen, Stichwort KiFöG - wie können wir die Ressourcen näher zusammenbringen, damit daraus eine Ganztagsschule wird? Dann haben wir nämlich wirklich diffizile Probleme zu lösen. Sie haben sie eindrücklich geschildert.

Deswegen sage ich: Es ist nicht die Aufgabe von Fraktionen, dieses Problem zu lösen und die Gesetze und Verordnungen dazu zu schreiben. Unser Job ist es vielmehr, das Problem zu benennen und zu sagen: Lasst uns in diesem Bereich gemeinsam weiterkommen. Dann gibt es eine Exekutive, ein Ministerium, das das erarbeitet. Wir müssen diesbezüglich hinterher sein, damit diese Arbeit getan wird. Und das ist der Inhalt unseres Antrags.

Frau Bull, natürlich ist dieser Antrag schwierig. Den schwierigen Punkt haben Sie angesprochen. Ich habe nicht ohne Grund davon gesprochen, dass das ein Brückenmodell ist. Das ist eben noch keine Ganztagsschule. Die Differenz haben Sie klar benannt: Der Hort wird durch Elternbeiträge mitfinanziert; die Ganztagsschule wird zu 100 % staatlich finanziert.

Ich habe gesagt: Das Geld - ohne Bundesgeld -, um in großen Schritten - die wir uns gemeinsam wünschen - zu der 100-prozentig staatlich finanzierten Ganztagsschule zu kommen, sehe ich im Moment beim besten Willen nicht.

Deswegen sage ich: Finden wir einen Weg, um ein Brückenmodell zu beschreiten, um die Ressourcen, die wir haben, besser miteinander zu ver

schränken und das dann peu à peu in Ganztagsschulen, die zu 100 % vom Staat finanziert werden, zu überführen. Das meine ich mit Brückenmodell.

Alle Beiträge, in denen es heißt, wir hätten das Geld doch gar nicht, sind im Grunde obsolet. Das ist doch gerade der Versuch, mit vorhandenen Ressourcen den Ausbau von Ganztagsschulen zu beschleunigen. Und das ist schwierig. Es wird, wenn wir uns wirklich auf den Weg machen - wenn nicht jetzt, dann vielleicht später -, noch ganz schwierig werden, den richtigen Punkt zu finden, um das gut zu definieren, damit es nicht zu Ungerechtigkeiten kommt.

Aber ich glaube, solange wir das Bundesprogramm nicht haben, solange das Kooperationsverbot nicht aufgehoben worden ist, ist es unser Job, unsere Hausaufgaben zu machen. Diese können wir nur machen, indem wir unsere Ressourcen sinnvoll einsetzen. Deswegen werbe ich noch einmal ganz nachdrücklich dafür: Geben Sie Ihrem Herzen einen Stoß! Lassen Sie uns eine ernsthafte Debatte darüber führen, wie wir mit unseren Ressourcen beim Ausbau von Ganztagsschulen besser vorankommen können. Das ist der Inhalt unseres Antrags.

Selbstverständlich freuen wir uns immer, wenn der Minister - ob bei Selbstbefassungs- oder Alternativanträgen - über den Stand von Ganztagsschulen hier im Land berichtet. Das ist aber nicht Gegenstand unseres Antrags. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Danke schön, Frau Professor Dalbert. - Damit kommen wir zum Abstimmungsverfahren. Es ist zunächst über eine Überweisung als solche abzustimmen. Es ist eine Überweisung beantragt worden, ich bin jedoch nicht sicher, dass das von allen getragen wird. Deshalb werden wir erst einmal über eine Überweisung als solche abstimmen. Wer einer Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Eine Überweisung ist damit abgelehnt worden.

Dann stimmen wir jetzt über den Antrag selbst ab. Zunächst stimmen wir über den Ursprungsantrag in der Drs. 6/2368 ab. Wer diesem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist der Antrag abgelehnt worden.

Jetzt stimmen wir über den Alternativantrag ab. Wer dem Alternativantrag in der Drs. 6/2409 zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das

sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Der Alternativantrag ist angenommen worden.

Wir haben den Tagesordnungspunkt 12 abgearbeitet und treten in die Mittagspause ein. Wir treffen uns pünktlich um 13.30 Uhr wieder und werden dann die restlichen drei Anträge abarbeiten.

Unterbrechung: 12.36 Uhr

Wiederbeginn: 13.30 Uhr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, wir werden die drei vor uns liegenden Tagesordnungspunkte würdig und zielstrebig abarbeiten.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:

Beratung

Verbesserung der Lebensbedingungen von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten in Sachsen-Anhalt

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/2388

Alternativantrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/2414

Einbringer ist der Abgeordnete Herr Herbst. Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt bin ich ganz besonders auf Ihre Unterstützung angewiesen.