Wenn der Kollege Webel von „normalen politischen Verhältnissen hier im Lande“ spricht, mein Gott, dann sind das Beurteilungs- und Einschätzungsprärogative bzw. -spielräume. Dabei geht es nicht um irgendeine juristisch nachvollziehbare Interpretation. Das ist politischer Meinungskampf. Dann darf man auch einmal etwas holzschnittartig formulieren.
Jeder, der Thomas Webel kennt, weiß, dass er das gegenüber dem Abgeordneten Herrn Erdmenger nun wirklich freundlich und nett gemeint hat.
(Beifall bei der CDU und von der Regie- rungsbank - Oh! bei der LINKEN - Zurufe von der LINKEN: Was soll denn das? - Quatsch! - Unruhe)
Wir wünschen ihm - ich persönlich; ich glaube, ich darf auch für Thomas Webel und für die Landesregierung insgesamt sprechen -
in Baden-Württemberg alles Gute und viel Erfolg. Mag er für die dortige Landesregierung ein Aktivposten sein.
Thomas Webel wird ihn vermutlich auf den Verkehrsministerkonferenzen wiedersehen und darf dann, wie ich annehme, die Grüße des gesamten Hohen Hauses überbringen.
(Beifall bei der CDU - Zustimmung von der Regierungsbank - Heiterkeit bei der CDU, bei der SPD und auf der Regierungsbank - Un- ruhe bei der LINKEN)
Herr Robra, Sie haben gerade versucht, uns den Humor von Herrn Webel nahezubringen. Ich habe hier heute aber kein Lachen gehört.
(Herr Leimbach, CDU: Das haben Sie alles schon vergessen! - Herr Borgwardt, CDU: Dann müssen Sie mal über den Tellerrand hinausblicken! - Frau Brakebusch, CDU: Sie bestimmt nicht!)
Aber interessieren würde mich Folgendes: Sie kennen die Bibel sicherlich besser als ich. Das Bild der Wandlung vom Saulus zum Paulus würde mich im Zusammenhang mit dem Weggang von Herrn Erdmenger dann doch interessieren; denn wenn ich es richtig weiß, war Saulus ein römischer Schlächter und später - als Paulus - ein friedliebender Christ.
- Wie gesagt, Sie wissen das besser als ich. - Aber dieser Vergleich im Zusammenhang mit dem Wechsel von Herrn Erdmenger aus dem Parlament in die Regierung würde mich schon einmal genauer interessieren.
(Herr Schröder, CDU: Vorsicht, Herr Robra, dass Sie nicht auch noch eine Missbilligung bekommen! - Zuruf von Herrn Miesterfeldt, SPD - Heiterkeit bei der CDU und bei der SPD - Unruhe)
Ich will es einmal so formulieren: Baden-Württemberg hat jetzt den Vorsitz in der Ministerpräsidentenkonferenz. Das wird auch mich im Laufe des nächsten Jahres häufiger nach Baden-Württemberg führen. Ich werde den Kollegen Erdmenger fragen, ob er zwischenzeitlich ein Damaskuserlebnis gehabt hat oder nicht.
Wir treten jetzt in eine Fünfminutendebatte ein. Als erste Debattenrednerin wird die Abgeordnete Frau Grimm-Benne für die Fraktion der SPD sprechen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Mit Missbilligungsanträgen war es in der Vergangenheit so eine Sache. Sie führten in der Regel zu einer parlamentarischen Debatte,
zu einer medialen Berichterstattung und zu einer Ablehnung durch die regierungstragenden Fraktionen.
Anders als in der Vergangenheit lehnen wir den Antrag heute nicht ab; vielmehr haben wir als Regierungsfraktionen hierzu einen Alternativantrag vorgelegt.
Ich will gleich zum Anfang feststellen: Wir reden heute über die Stärkung der Rechte des Parlamentes und über die Stärkung der Rechte jedes einzelnen Abgeordneten und jeder einzelnen Abgeordneten. Wir reden über Respekt gegenüber dem Souverän und dem Ansehen des Souveräns, nämlich des Landtages.
Sicherlich begrüßen alle Kolleginnen und Kollegen die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts zum parlamentarischen Frage- und Informationsrecht. Das Urteil des Landesverfassungsgerichts ist erfreulich eindeutig und klar formuliert. Damit hat die Landesregierung einen deutlichen Fingerzeig erhalten, um nicht zu sagen: Damit hat das Landesverfassungsgericht das Verhalten der Regierung missbilligt.
(Zustimmung von Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE - Zuruf von den GRÜNEN: Sie sa- gen es! - Zurufe von Herrn Kolze, CDU, und von Herrn Gallert, DIE LINKE)
„Das von der Landesverfassung im Rahmen des Artikels 28 Abs. 1 GG verwirklichte parlamentarische Regierungssystem ist grundlegend durch die Kontrollfunktion des Parlamentes gegenüber der Regierung geprägt.“
Weiter heißt es: Zu den unverzichtbaren Instrumenten der Kontrolle gehört insbesondere das parlamentarische Fragerecht, mit dem die Auskunfts- und Antwortpflicht der Landesregierung korrespondiert.
Es steht außer Frage, dass die Landesregierung nicht nur auf parlamentarische Anfragen antworten muss, sondern dass sie auch zu einer umfassenden und erschöpfenden Beantwortung der Anfragen verpflichtet ist.
Wirksame parlamentarische Kontrolle schließt somit aus, dass die Landesregierung formelhaft unter Verweis auf die Interessen Dritter die Auskunft verweigert. Das parlamentarische Fragerecht und die damit einhergehende öffentliche Beantwortung dienen unmittelbar dem demokratischen Willensbildungsprozess. Die Kontrolle des Regierungshandelns ist nur, wie das Landesverfassungsgericht
Es ist deshalb wichtig, dass das Landesverfassungsgericht in seiner Begründung unterstrichen hat, dass keine Begründungs- und Darlegungspflicht des Abgeordneten besteht. Es ist nicht Angelegenheit der Landesregierung zu entscheiden, ob eine Anfrage zweckmäßig ist oder nicht.
Die Landesregierung hat auch nicht darüber zu entscheiden, ob ein sachlich eingegrenztes Informationsverlangen vorliegt oder nicht. Insoweit begrüßen wir ausdrücklich die Klarstellung hinsichtlich der Reichweite des parlamentarischen Frage- und Informationsrechtes und die damit einhergehende Stärkung der Rechte des Parlamentes.
Im Übrigen gehen wir selbstverständlich davon aus, dass die Landesregierung in Gänze - das haben wir mehrfach im Ältestenrat angemahnt - zukünftig parlamentarische Anfragen insbesondere schnell, erschöpfend und umfassend beantwortet, wie es bislang gute parlamentarische Sitte war und eigentlich auch geübte Praxis ist. Wir erwarten zudem, dass wir zu einem respektvollen Miteinander zurückkehren.
Danke sehr, Frau Kollegin Grimm-Benne. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abgeordnete Herr Dr. Thiel.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Petra Grimm-Benne, ich bin Ihnen dafür dankbar, dass Sie in Ihren einleitenden Worten den Gegenstand auf den Punkt gebracht haben, um den es hierbei eigentlich geht. Es geht erstens um die Rechte des Parlamentes und zweitens um die Frage, wie wir miteinander umgehen.
Die Fraktion DIE LINKE begrüßt ausdrücklich das Urteil des Landesverfassungsgerichtes, weil es tatsächlich in einigen Punkten Klarheit für uns alle - ob Opposition oder Koalition - geschaffen hat. Das betrifft unter anderem die Frage: Wie geht man mit bestimmten Anfragen und Informationswünschen von Abgeordneten um? Diesbezüglich
hat das Verfassungsgericht der Landesregierung ein paar Dinge hinter die Ohren geschrieben, wie sie das künftig zu halten hat.
Aber allein aus der Antragsbegründung der beauftragten Anwaltskanzlei wird schon einiges Merkwürdige sichtbar. Ich will nur drei Fragestellungen herausgreifen.
Die erste Frage lautet: Wieso ist eigentlich die Landesregierung der Antragsgegner für Abgeordnete? Das ist doch eigentlich nur das Fachressort. - Ein Blick der Anwälte in die Verfassung hätte unserer Auffassung nach genügt. Dann hätte man festgestellt, warum das so ist.