Protokoll der Sitzung vom 18.10.2013

Ich war am Mittwochabend der Hoffnung, Herr Striegel, dass Sie jetzt wenigstens wirtschaftliche Aspekte einer nachhaltigen Energieversorgung berücksichtigen. Dort haben Sie festgestellt, dass es doch wohl eine gewisse Investitionszurückhaltung bzw. einen Investitionsrückgang in der chemischen Industrie gebe. À la bonne heure, sage ich nur.

Nach mindestens zwei Jahren, seit es die ersten Anzeichen dafür gab, stellen Sie fest, dass es eine Investitionszurückhaltung gibt. Das ist eine starke Leistung. Vielleicht dauert es noch eine gewisse Zeit - ich hoffe, nicht zweieinhalb Jahre oder noch länger -, bis Sie aus dieser Feststellung die entsprechenden Schlüsse ziehen.

Einen haben Sie heute schon gezogen. Es freut mich, Frau Frederking, dass auch Sie sich nun dafür einsetzen, dass die Netzentgelte bundeseinheitlich angeglichen werden.

(Herr Striegel, GRÜNE: Das habe ich Ihnen am Mittwoch schon gesagt! - Zuruf von Frau Frederking, GRÜNE)

- Ja, aber da reden Sie nur nach, Herr Striegel, da reden Sie nur nach. - Insofern ist die Frucht der Erkenntnis bei Ihnen etwas aufgeschlagen, und das ist ja schon ganz gut.

Meine Damen und Herren! Man muss klar sagen - zumindest ist das meine Meinung -: Das EEG muss weg, zumindest in seiner jetzigen Form. Es muss stark revidiert werden. Offshore - darüber

braucht man eigentlich nicht mehr zu diskutieren - ist unbezahlbar.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich habe es schon gesagt: Wir brauchen bundeseinheitliche Netzentgelte, um wieder einen fairen Wettbewerb der Industriestandorte zu erreichen - und natürlich auch, um unsere Bürger nicht zu überfordern.

Meine Damen und Herren! Am Ende meiner Rede möchte ich noch einmal eine Gleichung aufstellen, die mir letztens wieder einmal vor Augen geführt wurde und die in die Diskussion hier hineinpasst: Null plus null ist immer noch gleich null.

(Oh! bei der SPD)

Also: Null Strom aus Sonnenenergie plus null Strom aus Windenergie ist immer noch null Strom - oder fast null Strom - aus Erneuerbaren.

(Lachen bei der LINKEN - Herr Striegel, GRÜNE: Hä?)

Natürlich müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie wir in den nächsten Jahren die Energieversorgung in Sachsen-Anhalt sicherstellen. Ich glaube auch nicht, dass die unrentablen Gaskraftwerke da der richtige Weg sind. Da müssen wir noch Lösungen finden. Deshalb noch einmal mein Petitum: Das EEG muss stark reformiert werden oder ganz weg.

(Zuruf von der LINKEN)

Herr Kollege Rosmeisl, es gibt eine Frage des Abgeordneten Weihrich. Möchten Sie sie beantworten?

Ja, gern.

Herr Abgeordneter Weihrich, bitte.

Herr Kollege Rosmeisl, Sie haben mir am Schluss Ihrer Rede ein Stichwort gegeben. Sie haben nämlich gesagt, dass Gaskraftwerke unrentabel seien.

Ja.

Das ist sicherlich richtig. Der Fakt ist nachvollziehbar. Sie können viele Betreiber, auch in SachsenAnhalt, hören, die darüber klagen, dass sie ihre

Gaskraftwerke nicht mehr wirtschaftlich betreiben können. Das ist sicherlich ein Fakt. Das liegt aber an den ökonomischen Rahmenbedingungen, die letztendlich die Bundesregierung setzt.

Ich würde das gern noch einmal in den Zusammenhang mit der Diskussion stellen, die wir vorhin bezüglich der Rentabilität von Pumpspeicherwerken hatten. Wenn Sie sich einmal die Liste der stillzulegenden Kraftwerke anschauen, die die Bundesnetzagentur veröffentlicht hat, dann werden Sie feststellen, dass da keine Braunkohlekraftwerke auftauchen. Im Moment ist es so, dass die Braunkohlekraftwerke ökonomisch betrieben werden können - mit all den negativen Folgen, die das im Hinblick auf den CO2-Ausstoß und die anderen Kraftwerksarten hat, zum Beispiel auf hocheffiziente Gaskraftwerke und die Pumpspeicherkraftwerke.

Meine Frage lautet: Wie schätzen Sie die ökonomische Situation ein, und wie wollen Sie dafür sorgen, dass beispielsweise hocheffiziente Gaskraftwerke wie das, was das EVH in Halle gebaut hat, zukünftig wieder ökonomisch betrieben werden können und einen Vorteil im Wettbewerb mit den Braunkohlekraftwerken bekommen, die durch den Merit-Order-Effekt zunehmend in den Markt gedrängt werden?

Ja, okay, nette Frage. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich habe keine direkte Antwort darauf. Darüber muss man sicherlich noch diskutieren. Ihre Antwort darauf kenne ich. Aber das zeigt natürlich, dass wir uns Gedanken darüber machen, wie wir die Energiepolitik zukünftig hier in Deutschland gestalten. So, wie es momentan ist, kann es einfach nicht weitergehen.

Danke schön, Herr Abgeordneter Rosmeisl. - Zum Schluss der Debatte spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Frederking.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben die Anhörung angesprochen, die am 25. September stattgefunden hat. Wir mussten es einfordern, zu dieser Anhörung eingeladen zu werden.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Ich hatte den Kollegen Erdmenger gebeten, das im Wirtschaftsausschuss anzusprechen. Daraufhin ist diese Einladung überhaupt erst erfolgt. Sie erfolgte dann an einem Tag, an dem die meisten von uns in einer Ausschusssitzung waren. Es war also denkbar ungünstig. Daher kann ich auch nicht

ganz nachvollziehen, wie das zustande gekommen ist, bzw. möchte ich kritisieren, dass offensichtlich die Einbindung des Parlaments nicht gewollt war, was ich schade finde.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Herr Minister, Sie haben noch einmal auf die Versorgungssicherheit aufmerksam gemacht. Aber wir exportieren doch bereits jetzt 45 % unseres Stromes. Andere Bundesländer tun Gleiches, andere Bundesländer haben auch Überkapazitäten. Dann ist doch die Frage: Wo soll denn der ganze Strom hin? Wer soll ihn denn nutzen?

Zu den wirtschaftlichen Schwierigkeiten bei Pumpspeicherkraftwerken und auch bei Gaskraftwerken. Selbstverständlich müssen diese durch ein neues Marktdesign und auch durch die Anpassung des EEG gelöst werden.

Wir sehen drei Stufen. Erstens muss das EEG von unnötigen Kosten befreit werden. Das haben wir im Parlament auch schon rauf und runter diskutiert. Ausnahmen nach der besonderen Ausgleichsregelung müssen weg; die Markt- und Managementprämie muss weg. So etwas muss weg. Das heißt, das EEG muss überarbeitet werden. Aber im Kern darf es eben nicht verändert werden. Der Kern mit dem Vorrang für erneuerbare Energien und mit den festen Einspeisevergütungen muss bleiben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wenn wir das EEG neu ausrichten, dann müssen wir das so tun, dass wir qualitative Anforderungen an die erneuerbaren Energien stellen, beispielsweise im Hinblick auf die Netzintegration, beispielsweise im Hinblick auf die Speicherung.

In der dritten Stufe schlagen wir vor, ein neues Marktdesign einzuführen, damit beispielsweise Backup-Systeme wie Gaskraftwerke für die Vorhaltung von flexibel zu- und abschaltbaren Lasten auch vernünftig bezahlt werden.

Frau Hunger, Sie sprachen von einem Schnellschuss. Uns ist diese Zeitleiste aufgedrückt worden; ich kann leider auch nichts dafür. Es gab die Anhörung. Das Konzept soll bereits im November im Kabinett beschlossen werden. Vor diesem Hintergrund sehe ich einfach, dass die Zeit pressiert. Weil wir eine unheimlich enge Zeitschiene haben, hat sich meine Fraktion entschlossen, den Antrag heute einzubringen.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Wenn das Ministerium von dieser Zeitschiene abweichen möchte, würde ich darum bitten, dass wir entsprechende Signale bekommen. Ansonsten möchte ich auf Direktabstimmung drängen; denn es macht keinen Sinn, dass wir im Ausschuss über

ein Konzept beraten, das dann schon längst durch das Kabinett beschlossen worden ist.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Wir haben bewusst in diesem Konzept das Thema Klimaschutz so weit in den Vordergrund gestellt, weil der Klimaschutz eine der dringendsten Aufgaben ist und weil das Konzept natürlich im Zusammenspiel mit den anderen Konzepten, die wir haben, zu sehen ist. Wir haben das Klimaschutzkonzept der Landesregierung, und wir haben das Klimaschutzgesetz, das meine Fraktion eingebracht hat. Das muss natürlich alles zueinander passen.

Wenn dieses Energiekonzept davon ausgeht, dass der CO2-Ausstoß pro Kopf sogar jährlich um 0,6 % erhöht wird, dann ist das einfach inakzeptabel und dann müssen wir jetzt ein Stoppschild setzen und müssen noch einmal herangehen, damit das Konzept vernünftig überarbeitet wird. Denn die Emissionen müssen gesenkt werden. Dabei kann sich das Land Sachsen-Anhalt nicht ausklinken, auch nicht, wenn wir in unserem Bundesland weniger Menschen werden. Das bedeutet, dass wir uns dann einfach noch viel mehr anstrengen müssen.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Wir wissen auch: Klimaschutz kann nur gelingen, wenn er gerecht ist. Gerecht heißt, wenn allen Menschen auf der Welt das gleiche Recht zugestanden wird, die gleiche Menge an CO2 emittieren zu dürfen. Diesbezüglich müssen wir einfach auf die Perspektive schauen; diesbezüglich müssen wir auf das Jahr 2050 schauen. Dann haben alle auf der Welt nur noch das Recht, 1 t CO2 pro Jahr zu emittieren. Das heißt, bis dahin muss die Energieversorgung CO2-neutral sein. Die restlichen Emissionen sind dann noch für den Bereich Landwirtschaft und für einige Produktionsprozesse möglich.

Für eine nachhaltige und klimagerechte Energieversorgung haben wir die wesentlichen Leitplanken in unserem Antrag genannt. Daher möchte ich Sie bitten: Stimmen Sie dem Antrag zu! - Vielen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Abgeordnete Frederking. Es gibt eine Frage. Möchten Sie diese beantworten? - Herr Abgeordneter Harms.

Frau Frederking, habe ich Sie richtig verstanden: Aufgrund drängender Probleme bitten auch Sie dringend um eine Überarbeitung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes bzw. des Energieeinspeisungsgesetzes?

Ja.