bringen. Sie befürchten zugleich, dass sich die fossilen Energien noch weiter breit machen können. Die Kritikerinnen argumentieren, dass neue Trassen teuer sind und vielerorts dem Bürgerinnenwillen entgegenstehen.
Beide Gruppen haben Recht. Deshalb müssen wir den Netzausbau zwar vorantreiben, um das Netz für die dezentralen erneuerbaren Energien fit zu machen. Wir müssen den Ausbau aber auch auf das für die Energiewende absolut notwendige Maß beschränken.
An dieser Stelle möchte ich kurz erwähnen, dass Ausbau eben nicht nur Neubau heißt, sondern immer auch Optimierung und Verstärkung. Die Energiewende mit erneuerbaren Energien ist dezentral und erfordert zudem eine großräumige Vernetzung, letztendlich auch im europäischen Verbundnetz; denn auf lange Sicht werden auch alle europäischen Staaten auf erneuerbare Energien umsteigen müssen. Wir brauchen auf der Höchstspannungsebene ein überlagertes Netz mit wenigen Trassen auch über ganz Europa. Das wird die Zukunft sein.
Der Antrag der Koalition geht mit viel Elan auf den Ausbau der Übertragungsnetze ein. Man spürt förmlich, wie die Landesregierung hier von Horst Seehofer aufgeschreckt wurde, der angesichts der bevorstehenden Kommunalwahlen in Bayern sein Herz für die besorgten Bürgerinnen entdeckt hat und kurzerhand erklärt, in Bayern wird es keine neuen Trassen geben, obwohl er diese selber im Frühjahr 2013 mit beschlossen hatte. Aber Angst vor Herrn „Drehhofer“ war noch nie ein guter Berater.
Gerade bei einem komplexen und brisanten Thema wie dem Netzausbau ist weder bayerischer Populismus noch eine unreflektierte Reaktion darauf angemessen. Meine Fraktion mahnt daher eine besondere Sorgfalt bei den Entscheidungen zum Ausbau der Stromnetze an. Neben den geplanten eher unkritischen Netzverstärkungen stellt die vorgesehene HGÜ-Trasse von Bad Lauchstädt nach Meitingen einen Knackpunkt dar, über den wir heute reden müssen.
Deshalb haben wir diese Trasse noch einmal gesondert in unseren Änderungsantrag aufgenommen. Es stellt sich nämlich die Frage, unter welchen Annahmen diese Leitung geplant wurde. Wurde für den langfristigen Betrieb noch ein hoher Anteil an Braunkohlestrom aus der Lausitz und dem mitteldeutschen Revier zugrunde gelegt? Ist es das Ziel, wie es von Vattenfall formuliert wurde, dass mit dem deutschen Netzausbau die Anbindung der Braunkohlekraftwerke an das europäische Energiesystem weiter gestärkt wird? - Das
könnte dann letztendlich auch dazu führen, dass in Bayern hocheffiziente Gaskraftwerke stillgelegt werden. Oder ist die Leitung geplant für den Transport des erneuerbaren Stroms von Ost- nach Süddeutschland?
Wenn ja, also wenn das die Grundlage ist, steht natürlich immer noch die Frage, ob die Trasse aus Gründen der Versorgungssicherheit erforderlich ist. Herr Möllring, ich teile Ihre Schlussfolgerung zum heutigen Zeitpunkt nicht. Ich habe mir die Zahlen nämlich einmal angeschaut.
Bayern muss eine AKW-Leistung von über 5 000 MW abschalten. Ohne AKWs hat Bayern eine gesicherte Leistung von 8,9 GW und im WorstCase-Szenario eine Deckungslücke von 4,5 GW. Diese kann auch durch einen anderen Betrieb von Biomasse, aus dem bestehenden Übertragungsnetz durch Wasserkraft- oder Pumpspeicherkraftwerke und auch durch abschaltbare Lasten ausgeglichen werden. Das muss man sich aber noch einmal genau angucken und berechnen.
Nun gibt es mehrere Gutachten und Expertisen mit unterschiedlichen Einschätzungen zur HGÜ-Leitung. Unter anderem halten die Deutsche Umwelthilfe, der WWF und Germanwatch die Leitung für erforderlich. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung und Professor Jarass von der RheinMain-Hochschule halten die Trasse für braunkohlelastig und für die Versorgung des Südens für nicht erforderlich.
Hier sage ich ganz klar: Die HGÜ-Leitung darf nicht der Türöffner für eine langfristige Verstetigung der klimaschädlichen Braunkohleverstromung und schon gar nicht für den Neubau von Kohlekraftwerken werden.
Frau Budde, eine Braunkohlestromexporttrasse muss ausgeschlossen werden. Das Klima und die Bürgerinnen würden das nicht akzeptieren.
Der Braunkohlestromanteil muss kontinuierlich gesenkt werden. Der Anteil der erneuerbaren Energien muss kontinuierlich gesteigert werden. Das muss die Maßgabe sein. Deshalb schlagen wir im Änderungsantrag vor, dass die Notwendigkeit dieser HGÜ-Leitung für den Transport von regenerativem Strom noch einmal von einem unabhängigen Expertenkreis detailliert und zeitnah überprüft wird.
Ich mache noch eine Anmerkung zu unserem Änderungsantrag. Wir haben auch gesagt, dass bei der Novellierung des Bundesbedarfsplangesetzes die Erdverkabelung prinzipiell ermöglicht werden soll, weil sie helfen kann, ökologische und soziale Konflikte zu lösen.
Wir stimmen mit Ihnen überein. Wir brauchen zum jetzigen Zeitpunkt kein Moratorium. Wir müssen das alles noch einmal nachrechnen, dürfen aber nicht die Hände in den Schoß legen und abwarten. Der Ausbau muss transparent, bürgernah und so zügig wie möglich erfolgen. Das Ziel muss ein Stromnetz sein, aus dem wir wirklich 24 Stunden am Tag und an sieben Tagen in der Woche grünen Strom bekommen. - Vielen Dank.
Danke schön, Kollegin Frederking. Es gibt eine Frage vom Abgeordneten Gallert. Möchten Sie diese beantworten? - Ich glaube, das war ein Ja.
Frau Frederking, ich muss ehrlich sagen, Sie hinterlassen mich nach diesem Redebeitrag noch ein bisschen ratloser als nach Ihrem Antrag. Denn darin steht tatsächlich, die Landesregierung solle sich dafür einsetzen, dass der Ausbau des Übertragungsnetzes zügig geplant und umgesetzt werde. Ein Moratorium lehnen Sie ab. Im nächsten Punkt fordern Sie aber zu überprüfen, ob die in Rede stehende Leitung überhaupt notwendig ist.
Den rationalen Kern dieser Forderungen habe ich noch nicht erkannt. Denn wenn wir das erst einmal überprüfen müssen, können wir nicht fordern, all diese Stromtrassenplanungen sofort zügig umzusetzen, die ausdrücklich die unter Punkt 3 erwähnte beinhalten. Diesen Widerspruch müssten Sie kurz aufklären.
Wir sind selbstverständlich für eine zügige Überprüfung. Es gibt diverse Gutachten. Ich habe nur fünf aufgezählt. Wir GRÜNEN haben ebenfalls mehrere Gutachten in Auftrag gegeben. Die Zahlen sind vorhanden. Man muss sich jetzt wirklich die Annahmen anschauen. Wir sagen ganz klar: Die Annahme, die man zugrunde legt, muss langfristig sein. Wenn überhaupt eine Trasse, dann muss sie aus Gründen der Versorgungssicherheit erforderlich sein.
Dazu muss man sich die Leistungen in Bayern und das, was die Bayern selbst wuppen können, anschauen. Denn die Bayern haben auch noch die Aufgabe, bei sich die erneuerbaren Energien auszubauen. Die Bayern können natürlich etwas aus dem bestehenden Übertragungsnetz ziehen. Sie können ihre Biomassekraftwerke so betreiben, dass die gesicherte Leistung zum Beispiel mit Speichern verdoppelt wird. Da gibt es vielfältige Möglichkeiten. Das Lastmanagement ist noch nicht ausgereizt. Ich bin vor meiner Rede noch einmal direkt mit einem bayerischen Institut in Kontakt ge
Also, es sieht nicht schlecht aus, dass Bayern das sogar selbst wuppen kann. Wenn das so ist, dann brauchen wir gar keine Trasse. Wenn wir aber zu dem Schluss kommen, dass diese Trasse erforderlich ist, dann darf diese Trasse nur gebaut werden unter der Maßgabe, dort sukzessiv und kontinuierlich den Braunkohlestrom hinauszudrängen. Das heißt, wir müssen langfristig auch dahin kommen, dass wir für die Braunkohlekraftwerke und die Steinkohlekraftwerke einen Ausstiegsplan haben. Für Ostdeutschland sind die Braunkohlekraftwerke relevant.
Von daher: Sich das zügig anschauen - die Daten liegen vor -, unter welchen Maßgaben. Wenn dann der Schluss gezogen werden muss, dass die Trasse erforderlich ist, mit viel Bürgerbeteiligung arbeiten. Den Bürgern nicht nur die Information geben, dass eine Trasse erforderlich ist, sondern die Bürgerinnen und Bürger auch zum konkreten Trassenverlauf einbinden und mit ihnen sprechen.
Danke schön. Weitere Nachfragen gibt es nicht. - Dann können wir in der Debatte fortfahren. Als Nächster spricht für die Fraktion der CDU Herr Abgeordneter Thomas.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist eine Binsenweisheit: Die Stromleitungen in Sachsen-Anhalt Land sind die Adern unserer Energieversorgung. Genauso wenig wie ein menschlicher Körper ohne Adern funktioniert, würde unser Land ohne diese Stromadern funktionieren. Aber nicht nur das, meine Damen und Herren, vom Ausbau der Stromnetze ist mittlerweile auch der Erfolg der Energiewende abhängig.
Die CDU-Fraktion hat immer kritisiert, dass mit der Einführung des EEG der zweite Schritt vor dem ersten getan wurde. Wir haben inzwischen Milliarden in einen zweiten Kraftwerkspark - sprich: Solar-, Windenergie- und Biogasanlagen - investiert, aber das Stromleitungssystem ist im Wesentlichen das alte geblieben.
Sprich: In Ostdeutschland ist die Leitungssubstanz inzwischen weitgehend modernisiert, in Westdeutschland steht die Modernisierung über weite Strecken noch bevor. Aber hier spreche ich, wie erwähnt, von der Substanz und noch überhaupt nicht von Neubau oder Erweiterung.
Meine Damen und Herren! Das deutsche Energienetz stammt vielfach noch aus der Vorkriegszeit und ist auf Energieerzeugung und auch auf Energieverbrauch ohne regenerative Energien ausge
legt. Man kann sicherlich kritisieren, dass die Modernisierung der vorhandenen Leitungsnetze zum Teil vernachlässigt worden ist. Was man aber nicht kritisieren kann, ist die Absehbarkeit neuer Herausforderungen angesichts einer sich rasant entwickelnden zweiten Energieerzeuger-Infrastruktur, sprich der regenerativen Energien.
Meine Damen und Herren! War es früher so, dass sich ein dickes Kabel von einem Kraftwerk verzweigte, ist heute der Weg genau anders herum der richtige: Viele dezentrale EnergieerzeugerStationen bündeln sich aus vielen kleinen Drähten zu einem starken Kabel. Darauf müssen unsere Stromnetze optimiert und eingestellt werden.
Meine Damen und Herren! Wer von uns hätte vor 20 Jahren gedacht, dass wir heute zum Beispiel in Sachsen-Anhalt eine theoretische installierte Leistung von 40 % bei regenerativen Energien haben?
Daher ist Modernisierung etwas völlig anderes als der Neubau von Stromtrassen, und, meine Damen und Herren, in unserem Antrag geht es vordergründig um den Neubau von Hochspannungstrassen.
Wir haben in Deutschland nun einmal das Problem, dass wir im strukturarmen Norden viel Wind haben, dass aber im nicht so windreichen Süden ein Großteil der Industrie ansässig ist, die genau diese großen Mengen Strom benötigt. Aktuell kommt dieser Strom aus Kernkraftwerken. Spätestens mit dem Ausstieg aus der Kernkraft wird dies ein Mix aus konventioneller und regenerativer Energie sein. Kollegin Frederking, da wird auch Braunkohlestrom benötigt, um die Grundlastfähigkeit weiter vorzuhalten. Bis dahin wird es noch ein langer Weg sein.
Ich habe eingangs schon erwähnt, dass wir die Energiewende ohne neue Stromtrassen nicht erfolgreich schaffen werden. Wir haben auch schon im Hohen Hause diskutiert, dass wir ohne Speichertechnologien keinen Erfolg mit der Energiewende haben werden. Auch das, denke ich, sollte man diesem Zusammenhang erwähnen.
Meine Damen und Herren! Weil wir wissen, dass es ohne neue Stromtrassen nicht gehen wird, bekennen wir uns zu dieser geplanten Leitung von Bad Lauchstädt nach Bayern. Sie ist für uns wichtig; denn irgendwo soll der Strom hin, den wir bei guter Wetterlage hier produzieren und den wir im Land nicht nutzen können.
wenn Sie so wollen, auch eine Art Speichertechnologie, zwar nicht im physikalischen Sinne, wohl aber was das Netzmanagement angeht.
Meine Damen und Herren! Angesichts noch fehlender Speichertechnologien kann man zumindest einen Teil über ein kluges Netzmanagement kompensieren, wenn man ein ordentliches Stromnetz hat. Genau darum geht es im Antrag der Koalitionsfraktionen. Wir müssen mit dem Kirchturmdenken an den Landesgrenzen aufhören. Das gilt für die Politik und die Bürger genauso wie für einzelne Landesregierungen.
Natürlich müssen wir dabei auch die Kosten im Blick haben. Den Blick auf die Kosten vermisse ich zumindest beim ersten Überlesen des Änderungsantrags der GRÜNEN, die schon von Erdverkabelung reden, aber genau wissen, dass die Erdverkabelung mindestens fünfmal so teuer würde wie eine Freileitung. Das würde wieder einen Kostenanstieg bei den Strompreisen bedeuten, den wir so nicht wollen.
Meine Damen und Herren! Die Dena spricht von einem Ausbaubedarf in Höhe von 42 Milliarden € bis zum Jahr 2030. Dies entspricht einem Neubau von gut 193 000 km Leitungstrassen. Darüber hinaus müssen 21 000 Trassenkilometer umgebaut werden. Sie sehen, meine Damen und Herren, dass Deutschland künftig nicht nur von Windrädern, sondern auch von Leitungstrassen dominiert werden wird.
Meine Damen und Herren! Unsere Intentionen sind im Antrag formuliert. Ich halte es zusammenfassend für nicht hinnehmbar, wenn wir Kraftwerke oder auch Windräder abschalten müssen, weil unsere Leitungssysteme überfordert sind. Ich halte es für nicht hinnehmbar, wenn wir überschüssigen Strom in die Netze unserer Nachbarländer drücken und dafür auch noch Geld bezahlen. Und ich halte es nicht für hinnehmbar, dass wir überschüssigen Strom an Nachbarländer verschenken, die damit, wie in Österreich üblich oder auch schon gemacht, Pumpspeicherwerke kostenlos betreiben und dann sogenannten grünen Strom teuer nach Deutschland zurückverkaufen.