Die Einbeziehung des Parlaments bezog sich bisher auf Berichte und Powerpoint-Präsentationen. Das ist alles ganz gut und schön. Wir kennen bisher eine einzige konkrete Zahl, und zwar die zu den Streifenbesatzungen. Diese steht fest.
Die Frage, wie das übrige Personal nun auf die anderen Aufgabengebiete aufgeteilt wird, konnte bisher nicht beantwortet werden. Wir haben arge Bedenken, dass Personal an anderer Stelle abgezogen werden soll, wo es genauso wichtig wäre.
Wie gesagt, wir hoffen auf die Äußerungen des Ministers im Innenausschuss. Sicherlich können wir dann auch die entsprechenden Zahlen bekommen.
Ich finde es schon verwunderlich, dass man uns jetzt vorwirft, dass wir gerade noch 6 000 Polizeibeamte in diesem Land haben. Das war niemals unsere Entscheidung.
Wir haben immer erklärt, dass 6 000 Vollzugsbeamte in diesem Land nicht ausreichend sind. Wir haben seit vielen Jahren ganz konkrete Vorstellungen entwickelt. Dazu können Sie Broschüren von uns lesen, die konkrete Zahlen beinhalten, wie viele Polizeibeamtinnen und -beamte in diesem Land notwendig sind, um die Aufgaben zu realisieren. Wir empfehlen Ihnen die Lektüre. Es hilft manchmal weiter.
Mit 6 000 Polizeibeamten ist das Land nicht zukunftsfähig; das steht fest. Wir brauchen nur in die Wirklichkeit zu schauen, wie es gegenwärtig aussieht. Deshalb, wie gesagt, kann diese Erhöhung bei den Neueinstellungen nur ein erster Schritt sein.
Wenn Sie sich darüber empören, dass ich darüber gesprochen habe, dass es Gebiete und Stadtteile gibt, in denen Verwahrlosung und Vandalismus zunehmen, und wenn Sie sich dagegen verwahren, dann empfehle ich Ihnen die Lektüre der Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände in der Zeitschrift „Kommunalnachrichten“, die genau das in ihrer letzten Ausgabe festgestellt haben. Ich bitte das nachzulesen.
Nun finden wir es auch toll, dass 200 Studierende in Aschersleben zukünftig eingesetzt werden können. Wir fragen uns nur, wo sie untergebracht werden sollen. Die Gespräche, die wir mit den Verantwortlichen der Polizeifachhochschule in Aschersleben geführt haben, sagten eindeutig, dass die maximale Grenze 180 Studierende seien, dass es kein einziger Studierender mehr sein dürfe, weil man dafür weder die Lehrkräfte noch die Unterbringungsmöglichkeiten habe.
Das hätte man alles schon längst ändern können, indem man in Aschersleben, wo zum Glück viel investiert wurde, angebaut hätte, und vor allem hätte Lehrpersonal eingestellt werden können. Das hat man in den ganzen Jahren nicht getan, weil man es ja nicht wollte. Nun sind wir sehr gespannt, wie das in Aschersleben funktioniert. Sollte es funktionieren, wird es uns umso mehr freuen.
Nun habe ich noch gar nichts zur Personalverwaltung gesagt. Denn auch dort ist das Personalproblem ein gravierendes. Ein Polizeibeamter brachte
es auf den Punkt. Sie werden jetzt wieder laut aufschreien und sagen, das sei populistisch, das sei niemals der Fall. Er sagte, wenn es mit den Personaleinsparungen in der Verwaltung so weitergehe, werde es eines Tages so sein, dass Vollzugsbeamte im Streifenwagen Toilettenpapier in die Reviere bringen, weil Verwaltungsbeamte dafür nicht mehr da seien. - Auch das ist Realität.
Uns nun vorzuwerfen, wir würden Politik auf dem Rücken der Polizei betreiben, ist mehr als starker Tobak.
Wir haben nur das gesagt, was uns die Polizeibeamtinnen und -beamten in diesem Land erzählt haben. Wir haben die Realität aufgezeigt. Ich habe es schon einmal gesagt: Die Realität ist schlimm genug. Die Einzigen, die Politik auf dem Rücken der Polizeibeamtinnen und -beamten machen, das sind Sie mit Ihrer Sparpolitik. Deshalb sollten Sie schleunigst umschwenken.
Vielen Dank, Frau Kollegin Tiedge. - Damit ist die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt abgeschlossen.
Ich komme zum Abstimmungsverfahren zu der Drs. 6/2913. Es wurde die Überweisung in den Innenausschuss gefordert. Weitere Überweisungswünsche habe ich nicht gehört. Ich sehe auch jetzt keine.
Wer stimmt diesem Überweisungswunsch zu? - Das sind Vertreter und Vertreterinnen aus allen Fraktionen. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Enthaltungen? - Keine. Damit ist die Drs. 6/2913 in den Innenausschuss überwiesen worden. Wir haben den Tagesordnungspunkt 11 erledigt.
Meine Damen und Herren! Auch in diesem für die Ewigkeit gebauten Haus müssen wir uns jetzt kurz der Endlichkeit der Zeit zuwenden. Normalerweise müsste nach dem Zeitplan genau in dieser Minute der Tagesordnungspunkt 12 bereits abgearbeitet sein. Tatsächlich müssten wir ihn noch abarbeiten. Das würde bedeuten, dass wir die Mittagspause nach hinten verschieben müssten. Wünschen Sie das? Oder haben Sie die Mittagspause mit anderen Terminen gefüllt, sodass wir sie jetzt einlegen sollten?
- Wenn Sie sagen, wir machen den Punkt 12 noch, dann machen wir dies jetzt. Dann rufe ich den Punkt hiermit auf. - Herr Rotter.
Herr Präsident, ich habe mich schon eine Weile gemeldet. Es geht darum, dass wir um 13 Uhr eine außerordentliche Sitzung des Sozialausschusses terminiert haben. Ich möchte bloß darauf hinweisen.
Um die Wirklichkeit ganz darzustellen: Der Punkt 12 gehört zum Prioritätenblock. Das heißt, er müsste vor dem Mittag aufgerufen werden. Nur Sie könnten jetzt entscheiden, dass wir anders verfahren. Aber es gab nur den Wunsch eines einzelnen Herrn. Wir bleiben dabei, dass wir in der Tagesordnung fortfahren.
Neuorientierung des Amtes der Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in Sachsen-Anhalt
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zu diesem Tagesordnungspunkt gern sprechen. Ich hoffe, die Geduld und auch der Magen hält durch; denn es ist ein wichtiger Punkt, über den wir heute sprechen.
Es ist noch nicht lange her, dass am 19. März im Landtag am Domplatz anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der Landesbeauftragen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR eine Veranstaltung zur Würdigung ihrer Arbeit durchgeführt worden ist. Es war eine sehr angenehme und sehr interessante Veranstaltung.
Es war, wie ich glaube, aber auch eine Veranstaltung, die - das möchte ich in meiner Rede nicht versäumen zu erwähnen - auch mit einem deutlichen Dank für die geleistete Arbeit verbunden war. Denn die Landesbeauftragte und ihre Behörde haben sowohl historisch als auch politisch als auch juristisch in der Aufarbeitung einiges geleistet. Sie hat eine wichtige Funktion in der gesellschaftlichen Wahrnehmung und im Diskurs wahrgenommen. Sie war aber vor allem auch ein konkreter Ansprechpartner für all diejenigen, die in der ehemaligen DDR an Repressionen gelitten haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war auch die ganz persönliche Beratungshilfe, die konkrete Wege der Rehabilitation aufgezeigt hat. „Rehabilitieren“ heißt ja im Wortsinn: Wiedererlangen von Würde. Auch das spricht für sich, was diese Arbeit anbetrifft.
Eine persönliche Bemerkung sei mir auch gestattet. Als ich zu Beginn der Wahlperiode in die Funktion kam, hatten wir die unbefriedigende Situation - es gibt dafür unterschiedliche Gründe, auch juristische Gründe -, dass die Stelle der Landesbeauftragten über längere Zeit nicht besetzt war. Wir haben in dieser Wahlperiode diese Wunde geschlossen. Wir haben - ich denke, so weit darf ich gehen - eine gute Personalentscheidung hier im Haus getroffen. Ich freue mich, dass es mit Frau Neumann-Becker gut weitergeht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! 25 Jahre nach der friedlichen Revolution ist diese Aufarbeitung weit vorangeschritten. Die CDU-Landtagsfraktion ist der Überzeugung, dass diese Arbeit fortgesetzt werden muss.
Zugleich verblassen immer stärker die Erinnerungen und Erfahrungen an das Unrecht, das während der Diktatur in der DDR begangen worden ist. Die jüngste Berichterstattung über den systematischen Einsatz von jugendlichen Zwangsarbeitern unter anderem im Jugendwerkhof in Burg sei hier nur beispielhaft erwähnt.
Die Arbeit der Landesbeauftragten hat sich verändert. Sie hat sich sukzessive gewandelt. So ist zum Beispiel die Anzahl der Überprüfungen von Mitarbeitern aus den Ministerien und der Staatskanzlei von insgesamt 130 000 im Jahr 2006 auf 18 im vergangenen Jahr zurückgegangen. Im gesamten Jahr 2013 sind noch 8 280 Anträge auf Akteneinsicht gestellt worden. Insgesamt waren es im Übrigen seit 1992 372 000 Anträge auf Akteneinsicht. Dazu kamen allein im Jahr 2013 noch einmal 1 600 Ratsuchende auf die Behörde zu.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aufarbeitung von DDR-Unrecht in der Tätigkeit der Stasi-Unterlagenbehörde reicht natürlich weit über die Arbeit des Staatssicherheitsministeriums hinaus. Sie erstreckt sich auch auf die Opfer aus der Zeit der sowjetischen Besatzung. Zudem zeigt sich in einem zunehmenden Maße auch ein Bedarf an politischer Bildung, insbesondere für Jugendliche, die für die Realitäten einer solchen Diktatur sensibilisiert werden sollen. Auch das kann und soll die Behörde leisten.
Eine solche Neuausrichtung der Untersuchungsfelder, auch der Forschungsarbeit soll sich natürlich auch im Namen der Behörde widerspiegeln. Es ist deswegen notwendig, die künftigen Aufgabenschwerpunkte der Landesbeauftragten zu bestimmen und zu definieren. Wir, die Koalitionsfraktionen, schlagen als Initiative vor, das auch im
Rahmen einer umfassenden Anhörung in dem dafür zuständigen Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung neu zu definieren und auch die Amtsbezeichnung entsprechend anzupassen.
Wenn es also um die Aufarbeitung von Stalinismus und SED-Diktatur geht, wenn es um die Aufarbeitung der Folgen kommunistischer Diktatur geht, warum soll man dann nicht auch die Landesbeauftragtenstelle so nennen?
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesbeauftragte arbeitet verlässlich und konstruktiv mit Opferverbänden, Aufarbeitungsinitiativen und politischen Stiftungen im Land zusammen. Besonderes Gewicht liegt auch bei den Verbändetreffen als Informations- und Diskussionsforum. Es gibt einen Arbeitskreis Aufarbeitung, der seine Arbeit intensiv durchführt. Konkrete Kooperationsprojekte werden intensiv angegangen, unter anderem mit der Landeszentrale für politische Bildung oder der Gedenkstättenstiftung.
Der Landtag hat sich auf einen Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD hin in Sachen geheime Pharmatests in der DDR bereits mit einem speziellen Thema in diesem Zusammenhang befasst. Es war im Juni 2013. Hierzu gibt es auch einen Landtagsbeschluss, mit dem man die Landesregierung bittet, die wissenschaftliche Aufarbeitung im Rahmen einer einheitlichen und gemeinsamen Untersuchung der ostdeutschen Bundesländer durchzuführen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mittlerweile ist das Forschungsprojekt an der Charité in Berlin etabliert. Die Landesbeauftragte gehört als Vertreterin des Landes in der Konferenz der Landesbeauftragten dem Begleitausschuss an.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer ausschließlich den Blick nach vorn richtet, blendet Tausende Familien aus, die mit den Folgen des Unrechts leben müssen. Deswegen ist die derzeitige Arbeit fortzusetzen, aber auch neu auszurichten. Dazu gehört es, die Amtsbezeichnung zu aktualisieren. Ich bin froh, dass wir diese Initiative in der Koalition gemeinsam auf den Weg bringen können.