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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Keine Angst, ich bin nicht in der PKK - be
vor es hier zu Irritationen kommt -; ich verlese nur den Redebeitrag von Frau von Angern, die heute leider nicht mehr dabei sein kann.
Es ist sicherlich nicht untertrieben, wenn ich feststelle, dass eine bewegte Wahlperiode hinter der Arbeit der PKK, aber insbesondere hinter der Abteilung 4 des Ministeriums für Inneres und Sport liegt. Einige Besonderheiten und auch Neuerungen sind dem vorliegenden Bericht zu entnehmen, der nicht nur in seiner Aussagekraft eine inhaltliche Erweiterung vollzogen hat.
Doch erlauben Sie mir, aus parlamentarischer Sicht - und dabei natürlich vor allem aus der Sicht einer Oppositionspolitikerin - die Arbeit der Parlamentarischen Kontrollkommission und die Arbeit des Verfassungsschutzes einzuordnen.
Zunächst: Es war gut und richtig, dass sich der Landtag der sechsten Wahlperiode zu Beginn der Tätigkeit der Kommission dafür ausgesprochen hat, dass die Kommission nicht mehr durch die zu kontrollierende Behörde, sondern durch die Landtagsverwaltung verwaltet wird. Ich kann sagen, dass nicht nur die veränderte Qualität der Protokolle die Arbeitsfähigkeit der Kommission um einiges verbessert hat. Auch die Tatsache, dass der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst bzw. der Datenschutzbeauftragte hinzugezogen werden konnten, war sehr hilfreich.
Mein Dank gilt daher all diesen Mitarbeiterinnen und im Besonderen dem Leiter des Referats „Plenar- und Ausschussdienst, Petitionen, Drucksachen und Dokumentation“ der Landtagsverwaltung, der die Kommission für den Landtag maßgeblich begleitet hat.
Doch trotz aller Verbesserungen der Rahmenbedingungen ändert sich nichts an unserer grundsätzlichen Auffassung, dass sich Geheimdienste nicht - auch nicht durch Parlamente - mit erweiterten Rechten kontrollieren lassen und dass darin eine Gefahr für die Demokratie besteht, die an sich auch der Verfassungsschutz selbst verteidigen soll - ein Widerspruch, der sich unserer Auffassung nach nur mit der Abschaffung des Dienstes tatsächlich auflösen lässt.
Sie können dem Bericht entnehmen, dass die Kommission ihren gesetzlichen Auftrag sehr ernst genommen hat. Naturgemäß ist die Kontrolltätigkeit zwischen Mitgliedern der Opposition und Mitgliedern der koalitionstragenden Fraktionen etwas unterschiedlich aufgeteilt und die Kommission wird auch eher selten öffentlich wirksam. Dennoch kann eingeschätzt werden, dass es regelmäßig gelang, die Öffentlichkeit herzustellen, wenn Öffentlichkeit dringend erforderlich war. Es gelang meist auch, innerhalb der Mitglieder der Kommission einen
Konsens hinsichtlich der Öffentlichkeitsarbeit herzustellen.
Dabei ist vor allem im Hinblick auf die Vorgänge zum NSU deutlich geworden, dass die Behörden und Sicherheitsorgane in Bund und Ländern die Gefahr von Rechts über Jahrzehnte sträflich unterschätzt haben.
Die Beobachtung der extremen Rechten darf nicht allein der eingeschränkten Sichtweise des Verfassungsschutzes überlassen werden. Es bedarf einer unabhängigen Beobachtungsstelle Neonazismus, Rassismus und Antisemitismus.
Die Nazimordserie ist der erschreckende Höhepunkt einer Bedrohung durch Nazis, die seit 1990 mehr als 150 Tote gekostet hat. Dieser tödliche Rassismus muss mit in den Blick genommen werden, gerade angesichts der aktuellen Entwicklungen in Deutschland und Europa.
Sie konnten dem Bericht entnehmen, dass daher der NSU auch in Sachsen-Anhalt thematisiert wurde; der Vorsitzende der PKK ging darauf ein. Das ist auch gut und richtig so. Noch wichtiger war bzw. ist, dass dies auch im eigentlich dafür zuständigen Ausschuss, dem Innenausschuss, und teilweise auch im Verfassungsausschuss Thema war.
So war es tatsächlich für unser Hohes Haus ein bisher einmaliger Vorgang, dass sowohl Mitglieder der PKK als auch des Innenausschusses Einblick in sämtliche Lageberichte aus der Vergangenheit bekamen. Der Einstieg in mehr Transparenz und Aufklärung war gut und richtig. Nur sind wir diese Schritte bisher nicht weitergegangen.
Noch immer sind viele Fragen, auch den MontagBericht betreffend, offen. Noch immer kann niemand in diesem Haus einschätzen, ob das, was wir in der PKK oder im Innenausschuss erfahren, tatsächlich das ist, was auch das Wissen im Verfassungsschutz ist.
Eines steht auf jeden Fall fest: All das, was seitens des Bundesamtes für Verfassungsschutz an Aktivitäten in Sachsen-Anhalt realisiert wird, entzieht sich unserer Kenntnis. Das ist aus meiner Sicht nicht ganz unerheblich und stellt eine Kontrolllücke dar.
Ein ganz klar kritisches und nicht zu unterschätzendes Moment ist die Beratung zum Haushalt des Verfassungsschutzes bzw. zum Stellenplan. Da diese weder im Innenausschuss noch im Finanzausschuss erfolgt, hat sie zwingend in der PKK zu erfolgen.
Im Sinne der Transparenz sollte der Landtag der nächsten Wahlperiode diesbezüglich zu einem neuen Verfahren kommen. Es spricht meines Erachtens nichts dagegen, auch im Innen- und im Finanzausschuss zu wissen, welche Stellen wofür
in der Abteilung 4 existieren und wofür Geld ausgegeben wird. - So weit erst einmal. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis würde ich gern einige persönliche Worte sagen.
Ja, das war nun definitiv meine letzte Rede als Landtagsabgeordnete in diesem Hohen Haus. Die Frage, die ich nachher stelle, zähle ich mal nicht mit.
Wann ich das so richtig verinnerlicht haben werde, weiß ich heute noch nicht. Das wird sicherlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Natürlich gehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Mit dem lachenden Auge schaue ich auf das, was vor mir liegt: ein Kalender, über den ich fast selbst bestimmen kann, nicht mehr von einem Termin zum anderen getrieben zu werden, kein schlechtes Gewissen mehr haben zu müssen, wenn man einmal diesen oder jenen Termin nicht wahrnehmen konnte, endlich Zeit zu haben für die Familie - die das hoffentlich auch so sieht - und vor allem für das Enkelkind, das dann auch da sein wird; Zeit zu haben für Hobbys - so wartet schon eine Reihe von Büchern auf mich, gelesen zu werden - und Zeit zu haben für Freunde. All das ist in den letzten Jahren viel zu kurz gekommen. Ich befürchte nicht, in Langeweile zu versinken. Dazu habe ich noch genug Ehrenämter.
Das weinende Auge: plötzlich nicht mehr wichtig zu sein - denn als wichtig haben wir uns, glaube ich, alle empfunden -, plötzlich nicht mehr mitmischen zu können in der Landespolitik, sondern nur von außen zuschauen müssen. So wird man morgens beim Zeitunglesen nicht mehr darüber nachdenken müssen, ob man sich dazu äußern muss. Wenn man sich aufregt, interessiert es höchstens den Ehemann und nicht mehr die geneigte Öffentlichkeit. Ich glaube, das bedarf doch eines längeren Entwöhnungsprozesses für mich und eines Gewöhnungsprozesses für meinen Ehemann. Aber auch das wird man schaffen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! 18 Jahre lang war ich in diesem Parlament und das waren für mich nicht immer leichte Zeiten. Das, was ich erlebt habe, erleben musste, reicht eigentlich für mehrere Abgeordnete und nicht für eine allein.
Wer kann zum Beispiel schon von sich behaupten, dass eigens für ihn - bzw. für mich - ein Gesetz beschlossen wurde? - Das ist nichts, worauf man
stolz sein muss. Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich war so manches Mal fast am Verzweifeln. Dass ich es nicht tat, habe ich meiner Familie zu verdanken, meinen Freunden und meinen Fraktionskollegen, die immer zu mir gehalten haben. Dafür möchte ich mich noch einmal ganz ausdrücklich bedanken.
Dagegen verlief die letzte Legislaturperiode geradezu harmonisch für mich; aber ich habe es genossen. Trotzdem blicke ich nicht im Zorn zurück. Ich habe so viele Erfahrungen, natürlich auch positive, machen dürfen, die ich in einem normalen Berufsleben nie hätte machen können. Ich habe so viele kluge, kompetente Menschen kennengelernt, die den eigenen Horizont erweitert haben - damit meine ich nicht nur meine Fraktionskollegen -, und ich habe eine ganz wichtige menschliche Erfahrung gemacht: dass aus Gegnern nicht unbedingt Freunde werden - das wäre dann doch wohl zu viel verlangt -, aber freundlich verbundene Kollegen werden können und geworden sind. Dafür bin ich ganz besonders dankbar. Dass so etwas möglich ist, lässt mich auch über die eigene Vergangenheit nachdenken.
Ich möchte mich bei allen Kolleginnen und Kollegen herzlich bedanken, mit denen ich in den Ausschüssen zusammengearbeitet habe - es hat sogar manchmal Spaß gemacht -, aber auch bei den Ministerinnen und Ministern - ich gebe gern die netten Worte an den Herrn Innenminister zurück, die er gestern an mich gesandt hat, vor allem auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien.
Sollte ich einmal - was aber nie meine Absicht war - jemanden mit Äußerungen persönlich verletzt haben, dann möchte ich mich dafür entschuldigen.
Mein Dank gilt natürlich vor allem auch der Landtagsverwaltung, die eine so wichtige Arbeit leistet. Ich weiß, es ist gefährlich, wenn man Namen nennt, weil man dann doch welche vergisst und diese dann vielleicht traurig sind, aber ich tue es trotzdem. Zuerst möchte ich mich bei der Ausschussassistentin des Innenausschusses bedanken. Sie begleitet mich schon seit vielen Jahren in mehreren Ausschüssen, und das, was sie leistet, ist einfach unbeschreiblich.
Das Gleiche gilt für den Ausschussassistenten des Rechtsausschusses. Ich möchte mich auch bei den Mitarbeiterinnen des Haushaltsreferates bedanken, die durch meine Krankheit sehr viel mehr Arbeit hatten, aber zu denen ich immer mit Fragen kommen konnte, sowie beim GBD und bei allen anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung, ohne die wir unsere Arbeit nicht verrichten können.
Und ich bewundere die Kolleginnen und Kollegen des Stenografischen Dienstes,
die mit flinken Fingern und guten Ohren allen Nuscheleien zum Trotz akribisch alles aufschreiben, und das oftmals stundenlang.
Natürlich gilt der Dank auch an alle anderen Mitarbeiter des Hauses einschließlich Küche, Reinigungsdienst, Saaldiener - den Begriff mag ich nicht; denn ich finde, sie sind viel mehr - und an die Hausmeister. Sollte ich jemanden vergessen haben, dann bitte ich um Entschuldigung.
Dass ich meinen Fraktionskollegen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktion Danke sage, versteht sich natürlich von selbst. Aber ganz besonders möchte ich der Fraktionsmitarbeiterin danken, mit der ich vom ersten Tag an zusammengearbeitet habe und die mehr geworden ist als nur eine Mitarbeiterin.
So, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, nun müssen Sie ohne mich klarkommen, und ich weiß, das wird Ihnen ohne Probleme gelingen; ich betrachte mich nicht als Nabel der Welt. Aber wenn ab und zu der Gedanke aufkommen würde, schade, dass sie nicht mehr dabei ist, dann würde mich das sehr glücklich machen.
Bleiben Sie alle schön gesund. Tun Sie alles, was Sie in Zukunft tun wollen, mit ganzem Herzen, mit Vernunft und Augenmaß. Man sieht sich - vielleicht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Stadtratswahl in Stendal am 25. Mai 2014 war es vermeintlich zu Fälschungen von Briefwahlvollmachten gekommen. Seitdem erfolgt die strafrechtliche Aufarbeitung des Wahlbetruges. In mehr als 160 Fällen gehen die Ermittler davon aus,
dass die Vollmachten gefälscht waren. Endgültige Klarheit soll ein Schriftgutachten aus dem Landeskriminalamt, das bereits vor geraumer Zeit in Auftrag gegeben wurde, geben.
Ich frage die Landesregierung:
Wann ist voraussichtlich mit der Vorlage der Ergebnisse des Schriftgutachtens sowie dem Abschluss der Ermittlungen zu rechnen?
Worin liegen die Ursachen, dass bis zum heutigen Tag noch keine Ergebnisse aus dem Schriftgutachten vorliegen?
Frau Ministerin, können Sie sagen, wann das Gutachten in Auftrag gegeben wurde? - Wenn die Sachverständige im Dezember geäußert hat, sie schaffe es nicht, dann wurde geraume Zeit bereits gearbeitet. Können Sie das sagen?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt Problemlagen, bei denen man absolut nicht glücklich ist, wenn man letztlich feststellen muss, dass man mit seiner jahrelang geübten Kritik Recht behält. So ergeht es uns bei der Frage: Wie viele Polizistinnen und Polizisten braucht das Land?
Ich kann es inzwischen nicht mehr nachvollziehen, seit wann und wie oft wir in diesem Hohen Haus darüber diskutiert haben. Es begann bereits mit meinem Vorgänger in der Fraktion Matthias Gärtner. Er hatte schon damals kritisiert, dass die Polizeistärke nur nach der Bevölkerungsdichte berechnet wird, ohne dass auch nur ansatzweise Belastungskriterien in die Berechnung einbezogen wurden. Vehement wurde das damals schon abgelehnt. Zum einen mit Blick auf die Erfahrungen der alten Bundesländer, zum anderen aber auch immer mit der Begründung, wir seien das Land mit den meisten Polizisten pro Einwohner.
Eigenartigerweise hört man dieses Resultat aber auch von den Finanz- und Innenministern der anderen Länder. Dann frage ich mich schon: Wer hat denn nun eigentlich die meisten?
Aber - welch ein Wunder - in einer der letzten Pressemitteilungen der CDU-Fraktion las ich:
„Die Bevölkerungszahl darf künftig nicht allein der Maßstab zur Bestimmung der Sollstärke bleiben.“
Hätte sich diese Erkenntnis doch schon früher in manchen Köpfen durchgesetzt; vielleicht hätten wir die heutigen personellen Probleme nicht in ihrer ganzen Schärfe.
Meine Damen und Herren! Bereits vor zehn Jahren habe ich in einer Landtagsdebatte die Landesregierung aufgefordert - ich zitiere mich an dieser Stelle einmal selbst -, den geplanten Stellenabbau bei der Polizei zu überdenken. Die angedachte Streichung von Stellen bis zum Jahr 2010 und die damit zu erreichende Polizeidichte von 1 : 365 wird die Flächenpräsenz der Polizei und damit die öffentliche Sicherheit des Landes ernsthaft gefährden. Ein bedarfsgerechtes PEK ist notwendig. Dabei muss der Polizeivollzugsdienst auch künftig von der Verwaltungsarbeit entlastet werden.
Ich wiederhole: Das war vor zehn Jahren. Getan hat sich bis heute nichts. Im Gegenteil: Abbau, Abbau, Abbau - das war die Devise.
Bei fast jeder Haushaltsberatung haben wir auf die personellen Engpässe hingewiesen und Änderungsanträge gestellt, den letzten bei der Beratung zum Nachtragshaushalt 2015/2016. Das Personalentwicklungskonzept wurde wie eine Monstranz vor sich hergeschoben. Darüber durfte nicht diskutiert werden. Personalabbau war oberstes Gebot.
Und nun? Wie ist die jetzige Situation? - Plötzlich werden unsere Argumente übernommen. Plötzlich war seitens der CDU die Rede davon, dass wir 7 000 Polizeivollzugsbeamtinnen in Sachsen-Anhalt benötigen und ein Einstellungsbedarf von 350 Anwärtern besteht. - Welch seltsame Wandlung. Wir fragen uns verwundert: Woher kommt dieser Sinneswandel?
Bis heute kann ich es nicht nachvollziehen, woher die Landesregierung die Gewissheit nahm, dass wir in den nächsten Jahren nicht mehr so viele Polizeibeamtinnen benötigen würden. Fachliche Erwägungen können es nicht gewesen sein. Denn nach wie vor haben wir einen gleichbleibend hohen Stand an Kriminalität, eine Aufklärungsquote, mit der man sich nicht rühmen sollte, eine Arbeitsbelastung für die Polizistinnen und Polizisten, die weit über das normale Maß hinausgeht, sowie einen Krankenstand bei der Polizei, der das Ergebnis all dessen ist.
Meine Damen und Herren! Ein bisschen erinnert mich die Diskussion an meine Studienzeit. Bevor Sie sich gleich zu Beginn aufregen, hören Sie einfach bis zum Ende zu.
Während meines Jurastudiums wurde uns Studenten erklärt, dass es in unserem Land, wenn die sozialistische Menschengemeinschaft erst einmal existiert, auch keine Kriminalität mehr geben wür
de. Wir haben uns daraufhin schon ernsthaft darüber Gedanken gemacht, was wir dann nach dem Studium machen würden, da man ja dann auch keine Staatsanwälte mehr brauchte.
Aber wie wir wissen, wurde es nichts mit der sozialistischen Menschengemeinschaft, mit einer kriminalitätsfreien Gesellschaft schon gleich gar nicht. Ich unterstelle den heute Verantwortlichen auch nicht, dass sie die sozialistische Menschengemeinschaft im Auge hatten, aber sie müssen doch so etwas Ähnliches wie eine kriminalitätsfreie Gesellschaft im Blick gehabt haben bei ihren Überlegungen, dass wir nicht mehr so viel Polizisten brauchen.
Aber ich frage Sie allen Ernstes: Was hat Sie dazu veranlasst, zu glauben bzw. davon auszugehen, wir würden in Sachsen-Anhalt nicht mehr so viele Polizisten benötigen? - Vielleicht bekommen wir heute Abend eine Antwort darauf, die nicht nur fiskalische Gründe beinhaltet.
Kommen Sie bitte nicht mit den Begründungen, die Flüchtlinge und die damit verbundene Asylpolitik oder die Randale bei Fußballspielen oder Demonstrationen seien schuld. Letztere gab es schon immer; es ist also kein neuer Sachverhalt. Dass mehr Flüchtlinge den Weg nach Deutschland suchen würden aufgrund von Krieg, Hunger und Verfolgung, geschah auch nicht über Nacht. Auch darauf hätte man vorbereitet sein können, ja müssen.
Aber an dieser Stelle zeigt sich die Gesamtmisere im öffentlichen Dienst. Häufig werden Polizeivollzugsbeamte zu Aufgaben herangezogen, die eigentlich von Verwaltungsbeamtinnen bzw. Angestellten erledigt werden müssten. Aber auch in diesem Bereich fehlt es an Personal und somit beißt sich die Katze in den Schwanz.
Meine Damen und Herren! Nun kommt der ganze große Wurf. Der Innenminister will Hilfspolizistinnen und -polizisten per Ministerverordnung einstellen. Das lehnen wir ab.
Der durch den Innenminister vorgeschlagene Weg der Einstellung von bis zu 250 Hilfspolizistinnen und -polizisten im Angestelltenverhältnis befristet für zwei Jahre entbehrt jeglicher gesetzlicher Grundlage.
Nun wird seitens des Innenministeriums der § 83 SOG herangezogen. Darin ist geregelt, dass die zuständige Behörde Personen mit deren Einwilligung zur Unterstützung der Polizei bei Notfällen, die durch Naturereignisse, Seuchen, Brände, Explosionen, Unfälle oder ähnliche Vorkommnisse verursacht sind, zu Hilfspolizeibeamten bestellen kann. - So weit, so gut - besser gesagt: so schlecht.
Um dem Gesetzestext halbwegs gerecht zu werden, benennt der Minister in seiner Verordnung die Hilfspolizisten im Angestelltenverhältnis um in Hilfspolizeibeamte, um dann gleichzeitig in der Begründung zu erklären, dass diese keine Beamten sein müssen.
Wir fragen uns, woher das rechtlich hergeleitet wurde. Beamte im Angestelltenverhältnis gibt es nun einmal nicht; ansonsten hätte man dies im SOG auch so festgeschrieben und die Personen würden Hilfspolizeiangestellte genannt.
Noch absurder wird dann die Begründung. Wir fragen uns, wie man den Notfall mit § 83 Abs. 1 Buchstabe b SOG ernsthaft begründen will. Wie will man ernsthaft begründen, dass der Personalnotstand durch Naturereignisse, Seuchen, Brände oder ähnliche Vorkommnisse eingetreten ist? - Dieser Versuch eines rechtlichen Konstruktes auf der Grundlage des § 83 SOG kann nur scheitern.
Ich zitiere aus der Stellungnahme des Justizministeriums, der wir uns vorbehaltlos anschließen: Mit dieser Argumentation wird jedoch zumindest mittelbar die gegenwärtige Flüchtlingssituation als Notfall definiert, um eine Bestellung von Hilfspolizeibeamten zur Unterstützung der Polizei zu begründen. Dabei wird jedoch übersehen, dass erstens kriegerische Auseinandersetzungen in Syrien, Irak, Afghanistan oder in Afrika nur schwerlich unter einen Notfall gemäß § 83 Abs. 1 Buchstabe b SOG zu subsumieren sind, der ein plötzlich eintretendes Ereignis ist, welches zu erheblichen Schäden für Personen und/oder Sachen in SachsenAnhalt geführt hat oder unmittelbar und gegenwärtig zu führen droht. Zweitens lösen die Ereignisse in Syrien/Irak, Afghanistan bzw. Afrika nicht ohne Weiteres und unmittelbar einen Personalnotstand der Polizei in Sachsen-Anhalt aus.
Ein Notfall gemäß § 83 SOG, der eine Inanspruchnahme von Hilfspolizeibeamten zur Unterstützung der Polizei rechtfertigt, liegt gar nicht vor.
Meine Damen und Herren! Der einzige Grund für den Personalnotstand bei der Polizei in SachsenAnhalt ist die verfehlte Personalpolitik der Landesregierung, und das seit vielen Jahren.
Wenn allerdings abgezielt wird auf die Verantwortung Deutschlands für die kriegerischen Auseinandersetzungen in diesen Ländern, dann müssen wir mit aller Deutlichkeit sagen, dass Deutschland Schuld auf sich geladen hat, und zwar mit Waffenlieferungen und direkten Beteiligungen an diesen Kriegen. Das hat aber nun rein gar nichts mit der Personalsituation bei der Polizei in Sachsen-Anhalt zu tun.
Meine Damen und Herren! Meine Fraktion legt Ihnen mit dem vorliegenden Antrag einen Lösungs
ansatz vor. Wir legen Ihnen hiermit einen konkreten Vorschlag vor, der aus unserer Sicht juristisch korrekt ist und unverzüglich für Entlastung sorgen könnte, indem einerseits kurzfristig die Personalstärke bei der Polizei für den aktiven Einsatz erhöht und andererseits auf Dauer eine angemessene personelle polizeiliche Ausstattung gewährleisten werden kann.
Damit soll zugleich sichergestellt werden, dass die entsprechenden Zielzahlen von mehr als 6 000 Vollzugsbeamtinnen mittelfristig garantiert werden können.
Um das zu realisieren, ist sicherzustellen, kurzfristig bis zu 300 verbeamtete Polizistinnen als Polizeiwachtmeister in der Besoldungsgruppe A 5 einzustellen. Hierzu sind die entsprechenden beamtenrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPD, dass Sie dem jetzt vorliegenden Alternativantrag zugestimmt haben, lässt mich fast verstummen. Sie haben lediglich unseren Punkt 2 herausgenommen, der für sich allein genommen keine Abhilfe schaffen wird. Wo ist hier die Alternative? Die prekäre Personalsituation bei der Polizei soll somit weiter auf den Knochen der Polizistinnen ausgetragen werden.
Im November 2015 gab es eine dpa-Meldung Ihres innenpolitischen Sprechers, wonach die SPD durchsetzen will, dass die Einstellung neuer Polizistinnen ausschließlich im Beamtenverhältnis erfolgen soll. In der „Volksstimme“ vom 23. Januar 2016 erklärte Herr Erben ebenfalls:
„Die erhöhte Arbeitsbelastung der Polizei im Zusammenhang mit der Ankunft von Flüchtlingen und Asylbewerbern in Sachsen-Anhalt selbst ist kein Vorkommnis im oben genannten Sinne.“
Oder blicken wir in die „MZ“ vom 20. Januar 2016. Darin heißt es:
„Erben legte Stahlknecht erneut nahe, seine Pläne zu beerdigen: ‚Er sollte sie in die Schublade packen, in der bereits die Pläne für eine Reiterstaffel liegen.’“
Am 11. November 2015 gab es eine gleichlautende Pressemitteilung Ihrer Fraktionsvorsitzenden mit der Forderung, 300 Wachtmeisterinnen und Wachtmeister einzustellen mit dem Ziel der Verbeamtung. Vielleicht lag es ja am Datum des 11. November; so kann man dann in aller Ruhe erklären, dass am Aschermittwoch alles vorbei ist.
Ich frage Sie: Wie weit wollen Sie sich noch vor Ihrem Koalitionspartner verbiegen? Bitte bedenken Sie: Der Beugungsgrad des Rückgrats ist endlich.
Meine Damen und Herren! Aber nicht nur die Personalsituation macht der Polizei zu schaffen, sondern auch schlechte Arbeitsbedingungen - Sie alle kennen die Zustände in vielen Polizeirevieren und auch Polizeidirektionen -, eine Arbeitsbelastung, die an die Grenzen des Zumutbaren geht bei immer steigenden Anforderungen, dem daraus resultierenden hohen Krankenstand und eine Beförderungssituation, die dem allen nicht gerecht wird.
Aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage von mir vom Dezember 2015 ergibt sich, dass 1 601 Polizei- bzw. Verwaltungsbeamte und -beamtinnen zwar die Voraussetzungen einer Beförderung erfüllen, aber bisher nicht befördert wurden. Wir finden, das ist ein Skandal.
Meine Damen und Herren! Sie haben heute die Möglichkeit, durch Zustimmung zu unserem Antrag dafür zu sorgen, dass zeitnah die nicht mehr hinzunehmende äußerst prekäre Situation bei der Polizei in Sachsen-Anhalt durch eine rechtlich saubere Lösung ein wenig entschärft werden kann. Das sind Sie, das sind wir den Polizistinnen und Polizisten in diesem Land schuldig, die jeden Tag trotz widriger Bedingungen für unser aller Sicherheit sorgen. - Ich danke Ihnen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich gar nicht mehr reden. Aber in der Erwartung, etwas Nettes vom Innenminister gesagt zu bekommen, mache ich das natürlich.
Ich mache es ganz kurz. Nur vier kurze Bemerkungen von mir.
Das SOG spricht nun einmal von Hilfspolizeibeamten. Ich gehe einmal ganz stark davon aus, dass sich der Gesetzgeber, als er das so festgeschrieben hat, etwas dabei gedacht hat. In der Regel ist das so; es gibt aber auch Ausnahmen. Ansonsten hätten im SOG auch die Hilfspolizeiangestellten gestanden. Aber die gibt es nicht. Insofern müssen wir davon ausgehen, dass sie verbeamtet sein müssen.
Herr Innenminister, Sie hätten uns mit den Bemühungen, weitere Polizeibeamte hier in SachsenAnhalt einzustellen, voll auf Ihrer Seite, wenn Sie auf unseren Vorschlag mit der Wachtmeisterregelung und mit den Verbeamteten eingegangen wären. Dann hätten wir zum Ende der Legislaturperiode über alle vier Fraktionen hinweg etwas auf den Weg gebracht. Das wäre ein schöner Erfolg und ein gutes Signal in das Land gewesen. Schade, das geht nun nicht.
Den Vorschlag, den Sie gemacht haben, Herr Erben, dass die Zahl der Verwaltungsangestellten bei der Polizei aufgestockt werden soll, können wir nur ausdrücklich unterstreichen. Wir wissen, dass die Polizeibeamtinnen und -beamten mit Verwaltungsarbeiten überrollt werden und sie oftmals nicht genug Zeit haben, sich um die eigentliche Arbeit auf der Straße zu kümmern. Deswegen wäre dies zumindest kurzfristig eine Möglichkeit, die Polizei zu entlasten.
Zu der Frage, inwieweit wir dann das einzige Land wären, das diese Regelung nicht hätte: Andere Länder, die das so geregelt haben, machen eine Rolle rückwärts und schaffen dies wieder ab, weil sie festgestellt haben: Für eine kurze Zeit ist das eine Möglichkeit, den Personalnotstand zu lindern. Aber dies ist nichts für eine längere Zeit. Des
wegen gehen viele Bundesländer den Weg zurück und schaffen die Hilfspolizisten wieder ab.
Den Alternativantrag werden wir natürlich ablehnen; denn er sagt nichts aus. Das ist unser zweiter Punkt, bei dem wir gesagt haben: Man muss etwas machen. - Sie bitten darum, dass sich die Landesregierung etwas einfallen lässt. Aber das bewirkt kurzfristig nichts. Deswegen werden wir ihn ablehnen. - Ich danke.
Danke. - Die SPD hatte öffentlich angekündigt, die rechtlichen Voraussetzungen für einen „Wachtmeister-Dienst“ zu schaffen, mit dem in den kommenden zwei Jahren insgesamt 300 Polizisten ausgebildet und eingestellt werden sollen. Einen vergleichbaren Vorschlag hatte zuvor auch Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) gemacht, um die Personalnot bei der Landespolizei abzumildern.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wann und wie gedenkt die Landesregierung,
das von ihr angekündigte Vorhaben bezüglich des Stellenaufwuchses bei der Polizei Sachsen-Anhalts umzusetzen?
2. Welche rechtlichen Voraussetzungen sind da
für zu schaffen?
Nun haben wir bei der vorhergehenden Diskussion zur Kita-Problematik festgestellt, dass, wenn sich alle einig sind, sehr wohl noch eine gesetzliche Regelung mit erster und zweiter Lesung und sogar mit Ausschussbefassung möglich ist. Sehen Sie nicht auch die Möglichkeit, dass bezüglich dieser Problematik eine gesetzliche Regelung noch in dieser Legislaturperiode möglich ist?
Der Ministerpräsident hat in der „MZ“ erklärt, dass er das zur Chefsache machen will. Das, was Sie heute vorgestellt haben, ist das auch das, was der Ministerpräsident an Vorschlägen hätte, oder hat er vielleicht noch eine andere Idee?
Herr Schröder, ich möchte nicht das wiederholen, was Frau Lüddemann sagte; das wäre auch mein Einstieg gewesen. Ich kann ihr zu dem, was sie gesagt hat, nur uneingeschränkt meine Zustimmung geben. Natürlich überwiegt bei allen die Verurteilung dieser schlimmen Tat, wobei wir noch abwarten müssen, was letztlich dabei herauskommt.
Ich habe eine andere Frage. Es geht nicht darum, warum Sie das hier thematisiert haben; diese Frage hat Frau Lüddemann gestellt. Ich möchte wissen: Warum haben Sie an dieser Stelle nicht auch auf die NSU-Morde hingewiesen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Laut Landesgesetz ist das Hissen der Landesfahne mit Wappen (Dienstflagge) ausschließlich Dienststellen der Landesbehörden vorbehalten. Alle anderen Einrichtungen, Vereine, Privatpersonen etc. dürfen nur die Landesflagge (ohne Wappen) hissen. Die Kabinettssitzung vom 14. Juli 2015 beschäftigte sich laut der „Volksstimme“ vom 15. Juli 2015 mit diesem Thema. Ministerpräsident Reiner Haseloff soll das Innenministerium in Abstimmung mit allen Landtagsfraktionen beauftragt haben zu prüfen, ob eine Gesetzesänderung mit dem Ziel einer „Flaggenfreigabe“ bis zum 3. Oktober 2015 möglich ist.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie ist der gegenwärtige Stand des Prüfauftra
ges einschließlich einer daraus resultierenden Gesetzesänderung?
2. Worin liegen die Ursachen dafür, dass bis zu
dem heutigen Zeitpunkt noch keine Gesetzesänderung auf den Weg gebracht wurde?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Innenminister, der Dank müsste eigentlich auch den Klägerinnen und Klägern gelten, die dafür gesorgt haben, dass das Gesetz nun verfassungskonform ist.
Ja, es ist vollbracht. Sachsen-Anhalt hat nunmehr ein Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung, das verfassungskonform ist. Wenigstens dieses Ziel wurde erreicht. Wer glaubt, dass dies doch eine Selbstverständlichkeit sei, der irrt. Hier ist alles möglich.
Meine Damen und Herren! Nun bedeutet Verfassungsgemäßheit nicht automatisch, dass wir auch ein rundherum gutes Gesetz bekommen. Denn es gibt immer noch Regelungen im Gesetz, die zwar vom Verfassungsgericht als noch verfassungsgemäß eingestuft wurden, die wir jedoch als LINKE, und nicht nur wir, auch weiterhin kritisieren, weil es keine sachlichen Notwendigkeiten für diese, zumeist verschärfenden, Regelungen gibt.
Ich möchte an dieser Stelle nicht noch einmal auf die Änderungen eingehen, die durch das Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt und geändert wurden. Das haben wir in der Vergangenheit oft genug getan, insbesondere auch meine Kollegin Quade.
Ich möchte heute vielmehr auf die Regelungen eingehen, die zwar nicht für verfassungswidrig erklärt wurden, die aber aus unserer Sicht nach wie vor politisch nicht akzeptiert werden können. Es sind Normen, die aufgrund der zu offenen, oft unbestimmten Formulierungen zu weitreichenden Eingriffen führen können, für die es keine politische Notwendigkeit gibt. Dabei möchte ich mich insbesondere auf die Stellungnahme des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins stützen.
So kritisieren sie die Ermächtigung zur Abschaltung von bestimmten oder auch allen Kommunikationsverbindungen in einem bestimmten Bereich für bis zu zwei Tage, und das sogar ohne richterliche Anordnung. Hierbei ist zu befürchten, dass dies nicht nur für bestimmte Lagen, wie zum Beispiel bei Banküberfällen und ähnlichem, sondern auch für Demonstrationen angewendet werden kann; denn es ist im Gesetz nicht explizit geregelt, für welche Gefahrenlagen das Abschalten von Kommunikationsverbindungen zum Tragen kommen kann.
Darüber hinaus werden nach wie vor die Regelungen zur präventiven Telefonüberwachung, zur körperlichen Untersuchung von Personen bei angenommener Infektionsgefahr und zu Videoaufzeichnungen bei polizeilichen Kontrollen von uns kritisiert.
Aber auch heute werden ganz sicher unsere Bedenken vom Tisch gewischt werden. Sie werden mit Ihrer Mehrheit das Gesetz so beschließen, wie es vorliegt. Stolz sollten Sie allerdings darauf nicht sein.
Mir wäre es peinlich gewesen, wenn mir das Verfassungsgericht im Urteil so viele Fehler grundlegender Natur bescheinigt hätte,
die einer Neuregelung, Bereinigung bzw. Klarstellung bedurften.
Eines wird mir allerdings wohl für immer im Gedächtnis bleiben. Deswegen wiederhole ich es gern noch einmal: die Regelung mit den Glasgetränkebehältnissen, die zum Transport von Alkohol dienen und die dann nur in einem geschlossenen Behältnis, also in einem zur Aufnahme von Sachen dienenden und sie umschließenden Raumgebilde, aufbewahrt werden dürfen. Ich frage Sie: Wer lässt sich so etwas Absurdes einfallen? - Zum Glück ist das aus dem Gesetz gestrichen worden.
Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf ist rein formal, ausschließlich unter dem juristischen Aspekt betrachtet, jetzt korrekt, auch wenn es noch einige Punkte gibt, die wir kritisieren. Aus diesem Grunde werden wir uns auch bei der Abstimmung über das Gesetz unserer Stimme enthalten. Dennoch, inhaltlich, politisch können wir auch in Zukunft dem so geänderten SOG in keiner Weise unsere Zustimmung geben, denn polizeiliche Befugnisse werden immer mehr auf Kosten der elementaren Grund- und Bürgerrechte erweitert. Das lehnen wir jetzt und zukünftig ganz entschieden ab. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht sollten wir das Gesetz umbenennen und es nicht mehr Hundegesetz, sondern Haltergesetz nennen.
Ich glaube, zu keinem anderen Thema habe ich so oft im Parlament gesprochen wie zu dem sogenannten Kampfhundegesetz; denn seit fast zehn Jahren beschäftigt sich dieses Hohe Haus mit diesem Gesetz. Zu keinem anderen Gesetz gab es so viele und insbesondere auch zeitintensive Anhörungen. Frau Hampel, schade, dass Sie nicht an allen teilnehmen konnten.
Ich bin mir sicher, der Aufschrei wäre heute groß, würden wir wiederum eine Anhörung beantragen, aber ich kann Sie beruhigen, wir werden es nicht tun; denn die letzte Anhörung - das sagte Herr Kolze - liegt gerade erst drei Monate zurück. Zudem neigt sich die Legislaturperiode dem Ende entgegen.
Wenn wir ehrlich sind, müssen wir feststellen, dass die kritischen und mahnenden Worte der Anzuhörenden oft ungehört verhallten.
Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Änderungsgesetzentwurf ist kein großer Wurf gelungen. Die Änderungen sind eine Art Flickschusterei, aber leider nicht mehr. So liegt heute kein Gesetzentwurf vor, welcher den Forderungen der Hundebesitzer wie auch der Postboten gerecht werden würde. Sie werden sich sicherlich nicht mehr daran erinnern, aber ich hatte in einer meiner Reden darauf verwiesen, dass bei entsprechenden Nachfragen bei den Postboten von diesen sicherlich alle Hunde als gefährliche Kampfhunde eingestuft würden.
Nach wie vor ist die Rasseliste im Gesetz verankert, mit der Hunde als gefährlich eingestuft werden. Im Gesetz wird in diesem Zusammenhang auf das Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz des Bundes verwiesen. Daran hat sich leider nichts geändert. Das Gesetz ignoriert die vielfach geäußerte Kritik, dass das Herausgreifen von drei Hunderassen willkürlich erscheint und den betroffenen Bürgerinnen nur schwer zu vermitteln ist.
Die Feststellung der Gefährlichkeit von Vorfallshunden bleibt starr und ohne Differenzierungsmöglichkeiten, sie lässt keinen Spielraum für Ermessensentscheidungen. So wird es weiterhin dazu führen, dass Bagatellfälle dazu führen werden, dass Hunde als gefährlich eingestuft werden. Das ist für die betreffenden Hundehalter nicht nachzuvollziehen.
Immer wieder wird von allen Fachleuten erklärt, dass eine Rasseliste nicht zielführend ist. Entscheidend für die Gefährlichkeit von Hunden ist in erster Linie der Halter.
Aber auch diesmal wird dazu im Gesetz nichts geregelt. Schade um die vielen Anhörungen.
Meine Damen und Herren! Positiv zu bewerten ist, dass nunmehr Polizei- und sonstige Diensthunde und geprüfte Jagdhunde ausgenommen wurden. Aber was ist zum Beispiel mit den Hütehunden? - Diese wurden nicht berücksichtigt. Warum eigentlich nicht? Fragen über Fragen, auf die es wieder keine ausreichenden Antworten gibt. So auch zur Finanzierung der Kommunen. Es klaffen Differenzen, die in die Zehntausende gehen. Daran wird sich auch nach der Gesetzesänderung nichts ändern und die Gemeinden und Städte bleiben auf den Kosten sitzen. Das ist nicht zu akzeptieren.
Aber bald beginnt eine neue Legislaturperiode und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es wieder Anläufe zur Änderung dieses Gesetzes geben wird. Dann aber ohne mich, und ich glaube, ich werde es nicht vermissen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz schließt sich eigentlich nahtlos an das vorherige Gesetz an; denn auch hierin geht es wieder um Daten von Bürgerinnen und Bürgern und um deren Schutz.
Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht über den Datenschutz geredet, geschrieben oder debattiert wird. Leider geht es dabei oftmals um schwerwiegende Verletzungen. Wir müssen empört zur Kenntnis nehmen, dass die NSA mehr über uns weiß als wahrscheinlich wir selbst.
Die Empörung bei den Verantwortlichen in der Bundespolitik hält sich aber arg in Grenzen. Außer dem bemerkenswerten Satz der Bundeskanzlerin, dass sich so etwas unter Freunden nicht gehört, ist nicht viel an Protesten oder Gegenmaßnahmen ergriffen worden. Das hat die USA sicherlich nur zu einem müden Lächeln veranlasst; denn die Schnüffelei geht weiter. Nun wird das mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht verhindert werden können. Es ist aber zumindest so viel erreicht worden, dass die Rechtsstellung des Datenschutzbeauftragten ansatzweise verbessert wird.
Es ist allerdings zu kritisieren, dass zwar die Unabhängigkeit des Landes-Datenschutzbeauftragten bezüglich Disziplinarverfahren verbessert wurde, eine nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes geforderte völlige Unabhängigkeit
aber nach wie vor nicht gegeben ist. So bleibt es dabei, dass der Landesbeauftragte sowohl in dienstrechtlicher als auch in haushaltswirtschaftlicher Hinsicht nicht unabhängig agieren kann. Man hat damit eine Chance verpasst, europarechtlichen Vorgaben zu entsprechen.
Meine Damen und Herren! Die bei der ersten Lesung von uns geäußerte Kritik an den Wildkameras ist berücksichtigt worden. Wir können nunmehr damit leben.
Kritik wurde bei der Anhörung von der Datenschutzbeauftragten von Brandenburg und von anderen geübt hinsichtlich § 8 Abs. 1 des Gesetzentwurfes, der regelt, dass der Auftraggeber für die Verarbeitung der Daten in vollem Umfang verantwortlich ist, und zwar für den Fall, dass er verschlüsselte Daten an einen Auftragnehmer weitergibt. Die Folge soll sein, dass die Sicherungsvorschriften zur Auftragsverarbeitung künftig nicht mehr gelten. Auch hierbei gilt wieder: Die NSA wird es freuen.
Meine Damen und Herren! Wir werden uns bei der Abstimmung der Stimme enthalten, weil wir es wieder einmal erleben müssen, dass europäische Rechtsprechung, aus welchen Gründen auch immer, nicht umgesetzt wurde. - Ich danke.
Herr Minister, zunächst eine Zwischenintervention und dann eine Frage.
Sie haben den Vergleich mit dem Pathologen bemüht. Darin muss ich Ihnen widersprechen. Den überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit verbringt ein Pathologe damit, Untersuchungen an lebenden Patienten durchzuführen und nicht an Toten.
Das heißt im Umkehrschluss, dass der Aufsichtsrat sehr wohl die ganzen Jahre hätte untersuchen müssen und nicht erst im Jahr 2014.
Meine Frage. Es ist nicht meine Lieblingsfrage aus dem Untersuchungsausschuss - keine Angst -; darauf bekomme ich sowieso keine richtige Antwort. Vielmehr lautet meine Frage: Wie viele der von Ihnen genannten Unternehmen sind zwischenzeitlich in Insolvenz gegangen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst vorausschicken, dass dieses Gesetz zu jenen gehört, die im Eilzugtempo, um nicht zu sagen, im Schweinsgalopp durch die Ausschüsse gejagt wurden.
Auch wenn die Landesregierung unter Druck steht und die Legislaturperiode nun bald zu Ende ist, ist das keine zu akzeptierende Arbeitsweise.
Es war genug Zeit, um die Gesetzentwürfe einzubringen. Aber nein, alles ballt sich jetzt zum Jahresende bzw. zum Ende der Legislaturperiode. Das brachte und bringt nicht nur uns als Mitglieder des Ausschusses in Schwierigkeiten, sondern vor allem auch den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst, der dann aus verständlichen Gründen zu den ersten Beratungen im Ausschuss natürlich keine Synopse vorlegen konnte, wobei wir - das muss ich an dieser Stelle auch betonen - uns des Eindruckes nicht erwehren können, dass der GBD immer mehr zur Verbesserung der Gesetzesvorlagen der Landesregierung missbraucht wird.
So wurde dieses Gesetz ohne Synopse in einer Art allgemeinen Aussprache besprochen und unverändert in die mitberatenden Ausschüsse über
wiesen, die dann natürlich auch keine andere Beratungsgrundlage hatten. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, eine solche Beratung ist eigentlich eine Farce.
Meine Damen und Herren! Der Hauptkritikpunkt an diesem Gesetz ist wieder einmal die aus unserer Sicht vorliegende Verletzung des Konnexitätsprinzips. In der schriftlichen Anhörung haben dies bereits die kommunalen Spitzenverbände kritisiert. Im Innenausschuss wurde dazu lediglich erklärt, dass keine neue Aufgabe übertragen werde, sondern nur Regelungen für die Art und Weise der Umsetzung von Verwaltungsvorgängen getroffen würden und dass deshalb kein Kostenausgleich zu erfolgen habe. - Das ist nicht richtig.
Das Landesverfassungsgericht hat festgestellt, dass auch bei einer Standarderhöhung ein Kostenausgleich zu erfolgen hat. Genau das liegt hier vor. Die Begründung des Innenministeriums, dass eine konkrete Kostenermittlung gegenwärtig nicht möglich sei und man deshalb dazu nichts in das Gesetz geschrieben habe, ist nicht zu akzeptieren.
Da ist zwar eine Evaluierungsvorschrift ein kleines Trostpflaster. Aber wieder einmal werden die Kommunen sozusagen zur Vorkasse gebeten
und keiner sagt ihnen, wie sie das noch stemmen sollen.
Insbesondere aus diesem Grund haben wir uns bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf der Stimme enthalten. - Ich danke Ihnen.
Das dauert jetzt auch ein bisschen. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf die Rede von Herrn Rotter möchte ich nicht weiter eingehen. Dazu ist mir meine Redezeit zu schade.
Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der heute vorliegt, passt gut zu der zuvor geführten Aktuellen Debatte zum 70. Jahrestag der Befreiung; denn es gibt viele Parallelen. Es geht wieder um Krieg. Es geht um Not. Es geht um Elend, Vertreibung und Flucht.
Gestern trafen sich die Chefs der Mitgliedstaaten der EU, um über die furchtbaren Flüchtlingsdramen auf dem Mittelmeer und anderswo zu debattieren. Einmal davon abgesehen, dass das schon seit Langem überfällig war, ist das erst einmal zu begrüßen. Doch was war das Ergebnis? - Sieben von zehn beschlossenen Punkten zielen darauf ab, die Abwehrmaßnahmen gegen Flüchtlinge zu verstärken. So soll es zum Beispiel eine bessere Finanzierung der Grenzüberwachungsprojekte Triton und Poseidon geben. Flüchtlinge sollen mit Fingerabdrücken erfasst werden. Illegale sollen schneller zurückgeschickt werden usw.
Kein Wort wurde über die eigene Verantwortung verloren. Wer hat denn eine Grenze nach der anderen geschlossen, um Europa abzuschotten? - Es war die Europäische Union. Wer hat zum Beispiel die Visa-Vergabe an Syrer abgeschafft? - Es war Deutschland. Wer hat mit Waffenlieferungen in all die Krisenstaaten mit dafür gesorgt, dass dort Bürgerkrieg, Elend und Vertreibung herrschen? - Es waren die europäischen Staaten und insbesondere auch Deutschland.
Da wundert man sich, dass Schleuserbanden in diesen Ländern Menschen finden, die bereit sind, sich ihnen anzuvertrauen, wohl wissend, dass ihnen ihr Leben völlig egal ist und sie nur an dem Geld interessiert sind. Sie sind eigentlich nur der Ausfluss dessen, was Europa und die Welt diesen Ländern antut.
Wieder einmal sucht die EU nach Lösungen. Wieder einmal ist man sich nicht einig darüber, was mit den geretteten Menschen passieren soll. Geld geben ja, aber Menschen aufnehmen nein. Das hat zum Beispiel der Premierminister von Großbritannien unmissverständlich klargemacht. Was für ein Armutszeugnis für dieses reiche Europa. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, dass ich unter diesen Gesichtspunkten die Debatten, die gestern geführt wurden, für mehr als verlogen halte.
Meine Damen und Herren! Deutschland ist ein Einwanderungsland. Das ist gut so. Über diese Erkenntnis wird häufig jedoch lediglich unter dem Aspekt der Nützlichkeit für den Arbeitsmarkt diskutiert. Dafür hat uns Herr Rotter heute ein gutes Beispiel geliefert.
Der hier eingereichte Antrag plädiert dafür, Einwanderung als Chance zu sehen, die in einem neuen Einwanderungsgesetz geregelt werden soll. Generell gilt jedoch, dass für die zu mehr als drei Vierteln aus Europa und insbesondere aus der Europäischen Union stammenden Migrantin
nen und Migranten kein Einwanderungsgesetz greift, da für sie in Europa sowieso Freizügigkeit gilt und deren Bewegung nicht zu steuern ist.
Es geht also um sogenannte Drittstaatenangehörige, um Menschen, die nicht aus den EU-Staaten kommen. Tatsächlich bedarf es einer modernen und humanen Perspektive im Umgang mit Einwanderinnen und Einwanderern. DIE LINKE akzeptiert es aber nicht, dass Menschen nach Qualifikation und Arbeitsmarktlage in nützliche und nicht nützliche oder in erwünschte und unerwünschte eingeteilt werden.
Quoten, Kontingente und Punktesysteme, wie sie in der Diskussion über das sogenannte kanadische Modell verbreitet wurden, sind Instrumente einer menschenverachtenden, selektiven Einwanderungspolitik. Vielmehr muss die Einbürgerung erleichtert werden. Doppelte Staatsbürgerschaften müssen grundsätzlich möglich sein. Darüber hinaus sollten alle Kinder, die hier geboren werden und deren Eltern in Deutschland leben, die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten können.
Der Familiennachzug muss sowohl Kindern als auch gleich- und andersgeschlechtlichen Lebenspartnerinnen und -partnern sowie Familienangehörigen zweiten Grades möglich sein. Ein Bleiberecht benötigen auch länger hier lebende, bislang jedoch nur geduldete Personen.
Wenn nun in dem vorliegenden Antrag der demografische Wandel und die damit verbundene sinkende Zahl von Menschen, die in der Lage sind, Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten, sowie der gleichzeitig wachsende Fachkräftebedarf als Begründung herangezogen werden, ist dies zwar formal nicht falsch. Es bedient aber genau diesen Blick auf die Verwertbarkeit von Einwanderinnen und Einwanderern.
Bei der Aufnahme von Flüchtlingen dürfen wirtschaftliche Gesichtspunkte keine Rolle spielen, heißt es in dem vorgelegten Antrag. Gleichzeitig wird in der Bundesratsinitiative des Landes Rheinland-Pfalz „Einwanderung gestalten - Einwanderungsgesetz schaffen“, auf die hier Bezug genommen wird und der sich angeschlossen werden soll, formuliert - ich zitiere -:
„Für die Sicherung des Wohlstandes unseres Landes ist es unerlässlich, dass der Wirtschaft auch zukünftig die benötigten Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.“
Noch deutlicher wird die in der Bundesratsinitiative vorgenommene Einteilung in erwünschte und unerwünschte Einwanderinnen und Einwanderer, wenn
es dort heißt, eine gesteuerte Einwanderung macht es aber auch erforderlich, bei abgelehnten Asylbewerbern eine konsequente Rückführung zu gewährleisten. Nur so können die erforderlichen Freiräume für humanitäre Aufnahmeaktionen aus den Krisengebieten dieser Welt erhalten bleiben.
DIE LINKE jedoch will die Rechte und Chancen einer Migrantinnen und Migranten stärken. Menschen, die vor Menschenrechtsverletzungen, Kriegen und politischer Verfolgung geflohen sind, dürfen nicht abgewiesen und abgeschoben werden.
Ausgrenzung und Benachteiligungen im Schul-, Ausbildungs- und Arbeitsbereich müssen überwunden werden. Im Ausland erworbene Qualifikationen sind unkompliziert anzuerkennen und notwendige Zusatzausbildungen aktiv anzubieten. Der Zugang zu Bildungseinrichtungen muss unabhängig vom Aufenthaltsstatus gewährt werden. Benachteiligende Regelungen und Gesetze wie das Asylbewerberleistungsgesetz, die Residenzpflicht und Arbeitsverbote müssen aufgehoben werden.
DIE LINKE richtet ihre Flüchtlingspolitik nach Humanität und Menschenrechten aus, sodass der Schutz von Menschen in Not im Vordergrund steht und nicht ordnungspolitische oder ökonomische Überlegungen.
Auch wenn es grundsätzlich zu begrüßen ist, dass die Notwendigkeit einer breit angelegten Debatte zu Migration und Einwanderung gesehen wird, greift der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unter den genannten Gesichtspunkten letztlich zu kurz. Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung der Stimme enthalten. - Ich danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, ich kann Ihnen folgende einleitende Worte meiner Rede nicht ersparen und, ehrlich gesagt, will ich es auch gar nicht. Wir hätten heute nicht schon wieder über eine Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des
Landes Sachsen-Anhalt debattieren müssen, wenn Sie auf uns, wenn Sie auf die klaren, kritischen und eindringlichen Worte der Opposition gehört hätten.
Aber man muss erst einmal dazu bereit sein, über den eigenen Schatten der Ignoranz gegenüber den Positionen der Opposition zu springen. Diese Hürde war Ihnen jedoch zu hoch.
Wenn Sie uns schon nicht Glauben schenken wollten, dann hätten Sie den zahlreichen Bedenken und kritischen Äußerungen der vielen und vor allem kompetenten Fachleute in der zu dem Gesetzentwurf durchgeführten Anhörung Folge leisten sollen. Aber auch hierfür waren Ihre Ohren taub.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hätten Sie die dort vorgebrachten Warnungen, dass im Entwurf vorgesehene gesetzliche Regelungen verfassungswidrig sein könnten,
doch ernst genommen und nicht ignoriert, dann hätte das Landesverfassungsgericht von SachsenAnhalt ein Verfahren zur Entscheidung weniger auf dem Tisch gehabt. Aber nein, wie so oft wurden die Bedenken vom Tisch gewischt und mit Ihrer Mehrheit so beschlossen. Das nennt man dann Ignoranz der Macht bzw. Arroganz der Macht.
So haben Sie uns damit geradezu gedrängt, vor das Landesverfassungsgericht zu ziehen. Meine Damen und Herren! Ich wäre peinlich berührt gewesen, wenn mir das Verfassungsgericht so viele Fehler grundlegender Natur im Urteil bescheinigt hätte, die einer Neuregelung, Bereinigung bzw. Klarstellung bedürfen.
Und verkaufen Sie es bitte nicht als Erfolg, dass bei einigen Regelungen nur - in Anführungsstrichen - nachgebessert werden musste. Fakt ist, dass diese Regelungen ohne entsprechende Nachbesserungen verfassungswidrig und nichtig wären. Das ist wohl fatal genug.
Jetzt zu den beanstandeten Regelungen im Einzelnen. Zu § 16 Abs. 3 wurde seitens des Landesverfassungsgerichts bemängelt, dass der Begriff der Lageerkenntnis dahingehend nicht hinreichend bestimmt sei, wann das Instrumentarium der Bildaufnahmen bei Personen- und Fahrzeugkontrollen angewendet werden darf. Das haben Sie nunmehr mit der Formulierung „tatsächliche Anhaltspunkte“ gelöst und damit eine Forderung des LVG erfüllt. Hierzu muss ich jedoch für meine Fraktion sagen:
Nicht alles, was rechtlich möglich und machbar ist, ist auch politisch gewollt.
§ 17b Abs. 4 des geltenden SOG unterstellt die Durchführung der Überwachungsmaßnahme grundsätzlich einem Richtervorbehalt, der jedoch dann in der weiteren Gesetzesfolge zugunsten einer Eilkompetenz der Polizei relativiert wird. Das hätte zur Folge, dass jeder Polizeibeamte diese Eilentscheidung treffen dürfte. Diese Regelung ist jedoch mit der Verfassung nicht vereinbar. Nunmehr darf diese Entscheidung ausschließlich der Behördenleiter oder eine von ihm benannte Person treffen.
§ 17c wurde für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Ich gehe davon aus, dass Sie das mit Ihrem Gesetzestext auch gemeint haben; denn dort haben Sie den gesamten § 17 gestrichen. Das hätte uns zwar gefallen,
aber ich gehe zu Ihren Gunsten davon aus, dass Sie § 17c meinen. Sie sollten diesen Fehler schleunigst heilen; dazu hätten Sie ausdrücklich unsere Zustimmung.
§ 41 Abs. 6 SOG regelt die Ermächtigung zur Untersuchungspflicht gegenüber Personen, durch die möglicherweise ein besonders gefährlicher Krankheitserreger auf andere Personen übertragen werden könnte. Diese Ermächtigung bedeutet einen Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und in das Datenschutzgrundrecht. Solche Eingriffe setzen aber zwingend einen Richtervorbehalt voraus. Auch das ist im Vorfeld der Diskussion zum Gesetz immer wieder gefordert worden. Jetzt gibt es die entsprechende Änderung.
Die Regelungen in § 94a Abs. 2 bis 4 SOG sollen nunmehr gestrichen werden, da sie vom LVG für verfassungswidrig und nichtig erklärt wurden. Schon in meiner ersten Rede zur Gesetzesänderung habe ich auf die Absurdität dieser Regelung hingewiesen.
Denn zum einen bringt ein solcher Versuch, den Alkoholkonsum einzudämmen, rein gar nichts. Und zum anderen: Wer sollte kontrollieren, ob eine Person ein Glasgetränkebehältnis, das sich wiederum ausschließlich in einem geschlossenen Behältnis, also in einem zur Aufnahme von Sachen dienenden und sie umschließenden Raumgebilde, befinden muss, mit sich führen darf. Also, das muss man sich erst einmal einfallen lassen. Ich hatte in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverfassungsgericht ein wenig den Eindruck, dass auch das zuständige Ministerium diese Regelung
nicht so richtig verstanden hat und nicht erklären konnte.
Meine Damen und Herren! Nun habe ich aufgrund meiner schon einige Jahre währenden Zugehörigkeit zum Parlament noch immer die vielleicht naive Vorstellung, dass eine Landesregierung, wenn sie ein Gesetz oder eine Gesetzesänderung vorlegt, zuallererst prüft, ob die Regelungen verfassungskonform sind. Ich wurde eines Besseren belehrt. Erst das Landesverfassungsgericht musste angerufen werden und musste entscheiden. Das halte ich, gelinde gesagt, für mehr als blamabel.
Meine Fraktion wird der Überweisung des Gesetzentwurfes heute zustimmen. Aber eines muss ich deutlich sagen: Der Gesetzentwurf ist rein formal, ausschließlich unter dem juristischen Aspekt betrachtet, korrekt. Inhaltlich und politisch können wir auch heute und in Zukunft diesen Regelungen in keiner Weise zustimmen. Denn polizeiliche Befugnisse werden immer mehr auf Kosten der elementaren Grund- und Bürgerrechte erweitert. Das lehnen wir entschieden ab. - Danke.
Herr Minister, seit Monaten ist bekannt, dass im Mai keine Landtagssitzung stattfindet. Zum Zeitpunkt der Unterschrift unter die Vereinbarung haben Sie das auch ganz genau gewusst. Nun frage ich Sie: Wie wollten Sie eine Mehrheitsentscheidung des Landtags herbeiführen, um diese Vereinbarung durch den Landtag absegnen zu lassen? Wollten Sie eine Sondersitzung des Landtages einberufen, um diesen Vertrag zu ermöglichen? Wie wollen Sie agieren, wenn der Antrag heute vielleicht doch eine Mehrheit bekommt? Gibt es von Ihnen dann die definitive Aussage, dass Sie den Vertrag nicht unterzeichnen werden?
Herr Minister, wir haben bereits des Öfteren im Innenausschuss darüber reden müssen. Zumindest im Jahr 2014 sah es noch so aus, dass das Finanzministerium sehr restriktiv darauf bestanden hat, die Mietverträge nicht zu kündigen, weil man ansonsten Schwierigkeiten im Einzelplan 20 bekommen würde, weil die Mieteinnahmen fehlen. Das fanden wir damals und finden es auch heute sehr absurd; denn der Finanzminister wollte, dass die Anzahl der Polizisten reduziert wird. Und damit werden weniger Räume benötigt.
Im April 2014 wurde, wie bereits erwähnt, gesagt, dass es eine gemeinsame Arbeitsgruppe zwischen MF und MI zur Entwicklung eines Liegenschaftskonzeptes für die Landespolizei geben sollte. Meine Frage ist: Gab es diese Arbeitsgruppe? Ist das neue kooperative Zusammenwirken zwischen MI und MF Ergebnis dieser Arbeitsgruppe?
Gibt es das Konzept? - Wenn ja, würden wir es gern im Innenausschuss zur Kenntnis bekommen.
Die Abgeordnete Eva von Angern stellte in der Drs. KA 6/8591 eine Kleine Anfrage an die Landesregierung zum „Täter-Opfer-Ausgleich bei Jugendlichen und Heranwachsenden in SachsenAnhalt“. Die Antwort der Landesregierung liegt mit Datum vom 8. Januar 2015 in der Drs. 6/3730 vor.
In den Vorbemerkungen der Antwort heißt es unter anderem: