Protokoll der Sitzung vom 14.10.2015

Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Guten Morgen, Kollege Dr. Brachmann! Guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 97. Sitzung des Landtages von SachsenAnhalt der sechsten Wahlperiode und möchte alle Anwesenden auf das Herzlichste begrüßen.

Ich möchte vor der Feststellung der Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses noch auf das Datum von heute mit der Anmerkung hinweisen, dass vielleicht nicht jeder heute Morgen daran gedacht hat: Der 14. Oktober ist schon ein besonderes Datum, weil er heute vor 25 Jahren ein Sonntag war. Der 14. Oktober 1990 war der Tag, an dem in den neuen Ländern, also in sechs von 16 Ländern, der Landtag gewählt wurde. Hier war es die erste freie, geheime und demokratische Wahl.

Wir hatten vor 25 Jahren an dem Wahlabend 14. Oktober 65,1 % Wahlbeteiligung. Das war verglichen mit der ersten freien Volkskammerwahl, die eine Wahlbeteiligung von 93 % aufwies, und der Kommunalwahl, die eine Wahlbeteiligung von 75 % hatte, schon deutlich weniger. Es wäre heute vermutlich eine hohe Wahlbeteiligung.

Es gab 98 Sitze zu verteilen. Wir haben nach einem Zweistimmenwahlrecht gewählt, das an die Bundestagswahlen, also an das Bundestagswahlrecht, angelehnt war. Am Ende gab es 106 Mandate, die auf das Wahlergebnis von 1990 zurückzuführen waren. Aufgrund dessen fanden sich die CDU mit 39 %, die SPD mit 26 %, die FDP mit 13,5 % - sie lag damit an dritter Stelle -, die PDS mit 12,0 % und Grüne Liste/Neues Forum mit immerhin 5,3 % der abgegebenen Stimmen hier im Landtag wieder.

So mancher, der damals antrat, vermutlich alle, haben nicht gewusst, was sie erwartet. Es war reiner Zufall, dass auf den Listenplätzen 66, 69, 73, 100 und 122 bei der CDU, weil sie bis auf einen alle Wahlkreise gewonnen hatte, Wolfgang Böhmer, Jürgen Scharf, Karl-Heinz Daehre, Thomas Webel und Petra Wernicke auf Platz 122 hier als Abgeordnete einzogen.

(Beifall bei der CDU)

Fünf Monate vor der Wahl ist das hier und dort auch ein Thema. Insofern ist es ganz interessant, sich noch einmal zurück zu erinnern, mit wie viel Leidenschaft und Unerfahrenheit, aber unbedingtem Willen, etwas mit gestalten zu wollen, damals die Kandidaten aller demokratischen Parteien angetreten sind und die Bürger dann entschieden haben; heute vor genau 25 Jahren.

Wir werden in Kürze an die Konstituierung des Landtages vor 25 Jahren erinnern. Dass wir heute zusammenkommen, ist der Tatsache geschuldet,

dass wir so viele Tagesordnungspunkte haben. Aber ich wollte es nicht unerwähnt lassen. Ich wünsche deswegen, vielleicht auch zurückerinnernd an dieses Datum, heute einen guten und interessanten Verlauf und lebendige Debatten in einer angeregten, leidenschaftlichen und fairen Debattenkultur.

Damit das nun ermöglicht wird, stelle ich die Beschlussfähigkeit des Hauses fest und möchte eingangs noch jemandem gratulieren, der

(Herr Borgwardt, CDU: Der ist nicht da!)

nicht da ist,

(Heiterkeit)

aber heute dennoch Geburtstag hat.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Dafür, dass er nicht da ist!)

So sollen ihn die Geburtstagsgrüße ereilen. Der Weg wird sich finden. Der Kollege Herbert Hartung aus der CDU-Fraktion hat heute Geburtstag. Ich gratuliere ihm im Namen des Hohen Hauses und wünsche ihm recht herzlich alles Gute.

(Beifall im ganzen Hause)

Wir kommen zu den Entschuldigungen von Mitgliedern der Landesregierung. Für die 47. Sitzungsperiode sind folgende Mitglieder der Landesregierung zu entschuldigen. Herr Minister Bullerjahn entschuldigt sich am Donnerstag ab 17 Uhr wegen der Teilnahme an der Vorbereitung des Bundesrates in Berlin sowie am Freitag ab 14 Uhr wegen der Teilnahme an der Sitzung des Bundesrates. Frau Ministerin Professor Dr. Kolb entschuldigt sich für Freitag ganztägig wegen der Teilnahme an der Sitzung des Bundesrates in Berlin.

Für die heutige Sitzung liegen folgende Entschuldigungen vor. Herr Minister Bischoff entschuldigt sich ab 13.30 Uhr bis ca. 17 Uhr wegen der Teilnahme an einer Gesprächsrunde mit den Landräten und Oberbürgermeistern zu Fragen der Asyl- und Flüchtlingspolitik im Ministerium für Arbeit und Soziales. Dort soll es unter anderem um das Thema der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge gehen. Es soll dort besprochen werden.

Herr Minister Webel entschuldigt sich ab 16 Uhr als Landesvorsitzender der CDU, weil er Gastgeber der Zukunftskonferenz der CDU Deutschland für die Länderverbände Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg ist.

Herr Ministerpräsident Dr. Haseloff hat sich gangtägig entschuldigt. Herr Ministerpräsident verleiht Herrn Ministerpräsidenten a. D. Herrn Professor Dr. Böhmer den Verdienstorden des Landes Sachsen-Anhalt. Weiterhin nimmt er am Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat in Berlin teil.

Herr Minister Robra entschuldigt sich bis etwa 13 Uhr wegen der Teilnahme an der erwähnten Verleihung des Verdienstordens. - So weit hierzu.

Ich rufe die Tagesordnung für die 47. Sitzungsperiode auf. Sie liegt allen vor. - Herr PGF Borgwardt.

Ja, Herr Präsident, guten Morgen. In diesem Punkt sind sich die PGF einmal - ich sage das, weil sie vorhin Prozente eingeführt haben - 100-prozentig einig. Wir wollen gern die Tagesordnungspunkte 34 und 30 tauschen.

Tagesordnungspunkt 34, Prävention usw., wird getauscht mit

(Herr Borgwardt, CDU: 30!)

Tagesordnungspunkt 30. Tagesordnungspunkt 30 soll heute behandelt werden. Das Thema lautet Waldschutz befördern.

(Herr Borgwardt, CDU: Morgen, meinte ich!)

- Am Donnerstag, genau. Es gibt also den Antrag, den Tagesordnungspunkt 30, der das Thema Waldschutz befördern usw. zum Gegenstand hat, mit dem Tagesordnungspunkt 34 zu tauschen. Da geht es um Prävention usw. - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann kann so verfahren werden. Dann ist das allen so bekanntgegeben worden. Gibt es weitere Änderungswünsche zur Tagesordnung? - Das sehe ich nicht.

Es gäbe noch zu mitzuteilen, dass die Fraktion DIE LINKE fristgemäß ein Thema zur Aktuellen Debatte eingereicht hat, das unter Tagesordnungspunkt 38 in die Tagesordnung aufgenommen wurde und gemäß einer Übereinkunft im Ältestenrat am Freitag an zweiter Stelle behandelt werden soll. Hierzu wurde die folgende Rednerreihenfolge vorgeschlagen: DIE LINKE, CDU, GRÜNE und SPD. Ich denke, es kann dabei bleiben. - Widerspruch sehe ich nicht. Gibt es ansonsten noch Anmerkungen zur Tagesordnung? - Nicht. Dann können wir so verfahren.

Ich komme zum zeitlich Ablauf der 47. Sitzungsperiode. Am Donnerstag findet um 20 Uhr eine parlamentarische Begegnung mit der Liga der Freien Wohlfahrtspflege Sachsen-Anhalts unter dem Motto „Rückblick auf das 25-jährige Bestehen der Liga“ im Roncalli-Haus in der Max-JosefMetzger-Straße 12/13 statt. Die morgige Sitzung beginnt um 9 Uhr.

Für heute möchte ich noch den Hinweis geben und bitte darum, dass die Kolleginnen und Kollegen das auch an die Mitarbeiter ihrer Fraktionsgeschäftsstellen weitergeben. Wegen der bekannten angemeldeten Demonstrationen und der Erfor

dernisse, die sich daraus ableiten lassen, können diejenigen, die eventuell ihren Pkw unmittelbar in der Nähe des Landtages abgestellt haben, ihn vermutlich in der Zeit zwischen 18 und 21 Uhr aufgrund der Einschränkungen von dort nicht wegbewegen. Ich sage das, damit man sich das noch einmal in Erinnerung ruft, gegebenenfalls bedenkt und weitergibt. Weitere Informationen liegen nicht vor.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Beratung

Unterstützung der kommunalen Hochwasservorsorge

Antrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/4451

Für die Einbringerin nimmt Herr Abgeordneter Bergmann das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zweieinhalb Jahre nach der letzten großen Hochwasserkatastrophe in Sachsen-Anhalt wollen wir uns heute noch einmal mit dieser Thematik, heute vielleicht auch einmal aus einem etwas anderen Blickwinkel, beschäftigen.

Im Wesentlichen hatte sich damals der Umweltausschuss der Problematik angenommen. Wir haben nachdem Hochwasser von 2013 keinen Sonderausschuss in irgendeiner Form gebildet und gesagt, das müsste im Umweltausschuss abzuarbeiten sein.

Wir waren vielfach vor Ort. Wir haben - ich denke, das hat auch jeder für sich und jeder so, wie er in seinem Wahlkreis betroffen war, getan - viele Stellen und viele Orte besucht und uns die Probleme angeschaut. Wir haben uns aktiv in die Problematik der Ausgleichszahlungen sowohl für die Privaten als auch die Öffentlichen eingemischt und können, glaube ich, knapp zweieinhalb Jahre später sagen, dass vieles auf das Gleis gesetzt worden ist und vieles in die richtige Richtung läuft, einmal abgesehen davon, dass es immer einige kleine Streitigkeiten gibt. Das ist aber nicht das Entscheidende.

Unabhängig davon wurde uns von kommunaler Ebene viel abverlangt. Es gab viele Forderungen an das Land. Zweieinhalb Jahre danach möchten wir als Land mit einer Aufgabe initiativ werden, von der wir glauben, dass es sinnvoll ist, wenn die Gemeinden sie durchführen würden. Das soll jetzt nicht heißen, dass wir den Spieß umdrehen. So ist es nicht gemeint.

Wir möchten anregen, dass insbesondere in stark betroffenen Hochwasserregionen die Gemeinden

sich dazu durchringen, sich einem Hochwasseraudit zu unterziehen, das heißt, sich bereits sehr früh auf eine eventuelle neue Hochwassersituation einzustellen; denn Präventivmaßnahmen sind in vielen Fällen die wichtigsten.

Ich habe mich davon leiten lassen, was die DWA, die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall, aufgeschrieben hat. Sie hat das Thema inhaltlich bereits sehr gut ausgestaltet. Es gibt ein Merkblatt dazu. Man muss sich nicht danach richten, das will ich auch gleich dazu sagen. Ich habe auch kein Problem damit, wenn der eine oder andere in Sachsen-Anhalt sich das Ganze etwas verändert vorstellt oder einige Dinge ergänzend einbringt. Das ist alles nicht dramatisch. Das ist vielleicht sogar so gewollt. Wichtig aber ist, dass die Kommunen sich jetzt langsam darauf einstellen, wie es in Zukunft, in zehn, 15, 20 oder vielleicht auch erst 80 Jahren sein könnte.

Was beinhaltet ein Hochwasseraudit? - Es geht zum einen um flächenwirksame Vorsorge, also auch darum, wo Flächen noch bereitgestellt werden können, die Retentionsraumcharakter übernehmen können. Wo macht es Sinn, bestimmte Dinge anzusiedeln, und wo nicht? Was führte dazu, dass es eventuell zur erneuten Verengung von Fließgewässerbereichen kommt? Wo werden eventuell durch Baumaßnahmen die Deiche näher an das Wasser gebracht oder weiter weg? Welche strömungsdynamischen Auswirkungen hat das? - All diese Dinge sollen gefragt werden.

Es soll aber auch die Risikovorsoge überprüft werden; denn es gibt für die Gemeinden verschiedene Risiken. Es hängt auch immer davon ab, wo die Gemeinde liegt. Liegt sie direkt am Fluss oder einige Kilometer weit weg - wenn ich an meinen Wahlkreis, den gesamten Elbe-Havel-Winkel, denke, wo viele Leute nie damit gerechnet haben, dass sie einmal Besuch vom Wasser bekommen würden.

Es geht aber auch darum, eine Verhaltensvorsorge zu entwickeln. Was kann die Bevölkerung zu den jeweiligen Zeitpunkten sinnvollerweise tun? Wie bereitet man sich darauf vor, dass man einige wenige Tage nicht einkaufen kann oder nicht versorgt wird? Wie geht man damit um, wenn evakuiert wird? Wer muss vielleicht doch im Ort zurückbleiben - all diese Dinge, die beim letzten Hochwasser teilweise zu Irritationen geführt haben, um das einmal gelinde auszudrücken.

Oder auch im Zusammenhang mit der Bauvorsorge. Wie bekomme ich bestimmte Gebäude hochwassergeschützt? Oder was kann ich tun, damit man - - Kürzlich sind bei einer Überschwemmung im Ausland - ich habe das Land jetzt nicht parat -, Leute in eine Tiefgarage gegangen, um ihre Autos herauszuholen, und dabei ertrunken. Auch so etwas kann passieren. So etwas muss verhindert

werden. All diese Dinge gehören dazu, wenn man ein kommunales Hochwasseraudit durchführt.

Wir stellen uns vor und möchten das im Umweltausschuss mit der Landesregierung besprechen, dass man so etwas über Modellprojekte anschiebt. Man kann sich nach einigen Jahren - hier muss der Landtag dann dranbleiben - Best-practiceBeispiele zeigen lassen. Ich bin insbesondere immer wieder darauf gestoßen - um nicht zu sagen, darauf gestoßen worden -, als ich die Kollegen in Halle besuchte. Frau Dr. Pähle hat einige Besuche initiiert. Ich denke, einige Kollegen aus der CDU auch. Der Wunsch gerade in Halle war, solch ein kommunales Hochwasseraudit auf die Beine zu stellen. Es wäre schön, wenn eine der beiden größten Städte in Sachsen-Anhalt hierbei vorangeht.