Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Keine Frage, die Rahmenbedingungen erfordern eine Anpassung der Struktur der Polizei in unserem Land und eine Optimierung der Arbeitsprozesse. Wir brauchen eine Neuausrichtung der Polizei, um die Struktur zukünftig handlungs-, leistungsfähig und auch bürgernah zu erhalten.
Wir brauchen diese strukturelle Anpassung dringender denn je. Wir haben uns dieser Aufgabe in der letzten Wahlperiode gestellt und tun das in dieser wieder, ganz gleich, ob es Minister Hövelmann war oder nun Minister Stahlknecht ist. Diese konstruktive und partnerschaftliche Zusammenarbeit fordern wir auch ein.
Meine Damen und Herren! Der derzeitige Zustand erfordert ein strategisches Handeln. In diesem Sinne ist Minister Stahlknecht die Reform angegangen. Nach der Unterrichtung des Kabinetts über den Strukturerlass wurde der Innenminister durch die Landesregierung beauftragt, eine den Vorgang abschließende Vorlage ins Kabinett einzubringen.
Basis für diese Vorlage sind die Erhebungen der eigens hierfür eingesetzten Arbeitsgruppe. Von Beginn an waren alle polizeilichen Behörden und Einrichtungen unseres Landes eingebunden. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe wurden vom Ministerium für Inneres und Sport in zwei Regionalkonferenzen und insgesamt 14 Workshops in allen Landkreisen und kreisfreien Städten vorgestellt, weiterentwickelt und auch im Innenausschuss eingehend beraten. Meine Fraktion hat sich frühzeitig mit dem Thema einer zukunftsfähigen Polizeistruktur befasst und sich entsprechend eingebracht. Wir haben die Vorschläge der Projektgruppe beraten, auch unter intensiver Einbindung aller Polizeigewerkschaften.
Zur Beteiligung der Gewerkschaften nur so viel: Das Ministerium hat mit den Gewerkschaften der Polizei zahlreiche Gespräche geführt. Gewerkschaften und Polizeihauptpersonalrat sind mehrfach gebeten worden, sich in den Prozess durch eigene konstruktiv-kritische Vorschläge einzubringen. Die Kabinettsvorlage wurde den drei Gewerkschaften und dem Polizeihauptpersonalrat vorgestellt und mit diesen erörtert.
Von einer Umstrukturierung gegen Gewerkschaften und Personalvertretungen kann somit keine Rede sein. Die Polizeigewerkschaften werden an der Reform konstruktiv und partnerschaftlich beteiligt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stimme der Aussage der antragstellenden Fraktion ausdrücklich zu, dass eine Polizeistrukturreform den Erhalt und den Ausbau einer angemessenen Präsenz der Polizei in der Fläche gewährleisten
muss. Es ist daher auch der richtige Weg, losgelöst vom Problemschwerpunkt Personal die Anzahl der Polizeidienststellen zu reduzieren und die Organisationsstruktur in der Fläche durch den Erhalt der Polizeireviere zu gewährleisten.
Eine hohe polizeiliche Präsenz, Ansprechbarkeit und Bürgernähe werden durch die Einführung von Regionalbereichsbeamten und durch das Agieren in Streifenkreisen erreicht werden. Zusätzliche Ansprechpartner in den Kommunen - das ist der Wunsch unserer Bürgerinnen und Bürger.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kommen wir nun zum Problemschwerpunkt Personal. Die Polizei hat seit vielen Jahren, insbesondere bedingt durch den Personal- und Stellenabbau, die Aufgabenzuwächse und die ständigen Personalverlagerungen, ein Personalproblem. Die für das Jahr 2016 avisierte Personalstärke ist jedoch im Hinblick auf den demografischen Wandel in unserem Land realistisch und fand auch die Zustimmung der Gewerkschaften.
Ich bin aber auch der Auffassung, dass der Stellenabbau bei der Polizei bei Erreichung der Zielzahl im Jahr 2016 gebremst werden muss. Die im Personalentwicklungskonzept für das Jahr 2020 vorgesehene Zahl von 4 919 Polizeivollzugsbeamten halte ich schlichtweg für unrealistisch. Mit knapp 5 000 Polizisten kann man die Sicherheit in einem Flächenland nicht gewährleisten.
Gemäß der Verständigung des Kabinetts und der Fraktionsspitzen vom gestrigen Tage, die einer zentralen Forderung der Innenpolitiker meiner Fraktion entspricht, können nun noch 50 zusätzliche Polizeianwärter zum 1. September eingestellt werden. Die Gesamtzahl der möglichen Neueinstellungen im Jahr 2014 beträgt damit 200.
Der vorgesehene Neueinstellungskorridor wird für die Umsetzung der Polizeistrukturreform dringend benötigt und ist auch ein klares Signal dafür, dass man die Personalaufwendungen für die innere Sicherheit nicht pauschal auf den Bundesdurchschnitt festsetzen kann. Der Einstellungskorridor muss auf die Bedürfnisse der inneren Sicherheit ausgerichtet sein. Das Kabinett und die regierungstragenden Fraktionen, meine Damen und Herren, sind in diesem wichtigen Politikfeld handlungsfähig.
Zu dem von der antragstellenden Fraktion im Antragstext geforderten Aufgabenerledigungskonzept nur so viel: Ich warne davor, durch eine Aufgabenkritik zu prüfen, welche polizeifremden Aufgaben - so es sie denn gibt - derzeit durch die Landespolizei wahrgenommen werden und gegebenenfalls zukünftig nicht mehr erbracht werden sollen. Das kann zu unbefriedigenden Ergebnissen führen, zum Beispiel im Bereich der Begleitung von Schwerlasttransporten oder auch bei leichten Verkehrsunfällen. Unsere diesbezügliche Position ist
Ich bitte Sie abschließend um Ihre Zustimmung zur Überweisung des Antrages in den Innenausschuss. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und dafür, dass ich meine Redezeit ein wenig überschreiten durfte.
Vielen Dank, Herr Kollege Kolze. Der Kollege Gallert möchte Ihre Redezeit gern erweitern. - Bitte schön, Herr Fraktionsvorsitzender.
Herr Kolze, Sie haben darauf verwiesen, dass die Koalition und die Fraktionsspitzen mit ihrer Entscheidung zur Erweiterung der Neueinstellungskorridore in den nächsten Jahren einer Forderung der Innenpolitiker Ihrer Fraktion entsprochen haben. Da wir im Rahmen der Haushaltsberatungen 2014 entsprechende Anträge gestellt haben und die Artikulation dieses Wunsches der Innenpolitiker damals leider nicht hören konnten, frage ich Sie: Können Sie mir einmal sagen, wann und wo die Innenpolitiker Ihrer Fraktion das bisher vertreten haben?
Sehr geehrter Herr Gallert, es ist wie im richtigen Leben. Der Herr Innenminister hat, glaube ich, heute schon einmal in ähnlicher Weise geantwortet. Wir überlegen uns zunächst intern, wo wir hinwollen,
und leiten dann entsprechende Schritte ein. Genauso ist das hier gelaufen. Wir werden doch nicht den Fehler machen und unsere Vorstellungen unnötigerweise dort platzieren, wo sie nicht hingehören, nämlich in der Öffentlichkeit.
- Lassen Sie mich doch einfach ausreden. Sie können mir gleich eine weitere Frage stellen, Herr Gallert.
Wir werden das in gewohnt-geübter Praxis mit unserem Koalitionspartner dort besprechen, wo es hingehört: in unseren Gremien. In diesen Gremien haben wir uns regelmäßig darauf verständigt, dass es unser Ziel sein muss, Entwicklungen, die dahin führen, dass unsere Polizei handlungsunfähig werden könnte, zu begegnen. Da war es immer eine Forderung von uns, darüber nachzudenken, diese Neueinstellungen zu ermöglichen.
Ich denke, das ist ein guter Schritt in die richtige Richtung. Auch an dieser Stelle noch einmal mein
herzliches Dankeschön an unseren Finanzminister, der das mit seiner Haltung ein Stück weit ermöglicht hat.
Vielen Dank. - Jetzt nimmt der Kollege Gallert Ihr Angebot an und fragt nach. Dann hat sich der Kollege Hövelmann noch gemeldet.
Ich will jetzt bloß noch sagen - das können Sie auch als Intervention werten -: Zu Ihrer Aussage, dass diese Überlegungen und Forderungen an die richtige Stelle gehören, sage ich einmal ganz klar: Die richtige Stelle für die Frage, wie groß ein Neueinstellungskorridor im Haushaltsjahr 2014 sein soll und wie viel Geld man dafür einplant, wären die Haushaltsberatungen für das Jahr 2014 gewesen. Da hätte es hingehört und nicht in eine Kaffeerunde parallel zur Landtagssitzung.
Kollege Kolze, Sie möchten auf die Intervention nicht antworten. Aber der Kollege Hövelmann möchte Ihnen noch eine Frage stellen.
Vielen Dank. - Ich habe eine Frage, Herr Kollege Kolze, die sich auf Ihre Empfehlung bezieht, nicht darüber zu reden, ob wir die Polizei von sogenannten polizeifremden Aufgaben befreien können, um damit eine Entlastung im polizeilichen Alltag zu erreichen.
Ich will Sie fragen, ob es nicht unser gemeinsames Ziel sein könnte, die Kommunen darin zu stärken und zu befähigen, ihre originären Aufgaben im Bereich Ordnungsrecht und Gefahrenabwehr - ich bringe mal die Beispiele der Behebung ruhestörenden Lärms, der freilaufenden Hunde und ähnliche Dinge - wahrzunehmen, für die heute regelmäßig die Polizei geholt wird, obwohl sie dafür nicht originär, sondern nur subsidiär zuständig ist. Die Kommunen haben diese Aufgabe zu erfüllen, können oder wollen sie in dieser Form aber nicht erfüllen.
Die zweite Aufgabe, die ich nennen will - ein völlig anderer Bereich -: Wir haben heute die Situation, dass bei den von Ihnen angesprochenen Bagatellunfällen nur aus einem Grunde die Polizei hinzugezogen wird, nämlich damit man der Versicherung gegenüber mit einer Tagebuchnummer belegen kann, dass es tatsächlich einen Unfall gegeben hat. Das bindet, wenn man das auf das Land Sachsen-Anhalt hochrechnet, enorme polizeiliche Kräfte. Meine Frage ist, ob wir uns nicht gemein
sam daran machen könnten, genau diese Probleme zu diskutieren und zu schauen, ob wir eine Entlastung für die Polizei hinbekommen.
Zur Frage Nr. 1, Herr Kollege Hövelmann. Natürlich wissen wir alle, dass das die Aufgaben der Kommunen sind. Sie können oder wollen diese nicht in der Form erfüllen, in der sie aufgrund des SOG dazu verpflichtet wären. Auch das ist ein Stück Wahrheit. Ich glaube aber nicht, dass der Landesgesetzgeber in die kommunalen Selbstverwaltungsangelegenheiten derart eingreifen kann, um dort verpflichtend zu regulieren, was de facto im SOG steht.
Im Grunde genommen hat der Hauptverwaltungsbeamte einer Stadt schlichtweg dafür zu sorgen, dass er einen qualifizierten Ordnungsdienst hat, der in der Lage ist, zum Beispiel das Gesetz zum Schutz vor von Hunden ausgehenden Gefahren durchzusetzen, ruhestörenden Lärm zu beseitigen usw. Sie haben die Aufgaben alle aufgezählt.
Aber was wäre im Umkehrschluss, wenn die Polizei diese Aufgaben nicht mehr wahrnehmen würde? - Wir könnten zwar mit dem Finger auf die Kommunen zeigen, hätten aber einen Zustand, den keiner von uns in diesem Hohen Hause will. Davon bin ich fest überzeugt.
Zu den Themen Versicherungen und Bagatellunfälle. Die Polizei ist ein Stück weit Dienstleister der Bevölkerung, der Menschen, die in dem Moment, wo ein Unfall passiert - das ist nicht jeden Tag der Fall - diese Hilfe in Anspruch nehmen möchten und sollen, auch für die Zukunft. Aber wir sollten schon darüber nachdenken, ob die Versicherung, wenn sie diese Tagebuchnummer fordert, in angemessener Form an einem solchen Polizeieinsatz zu beteiligen wäre. Kollege Hövelmann, darüber sollten wir uns einmal unterhalten.
Ich wollte noch auf die Ausführungen des Kollegen Gallert reagieren, der Überlegungen angestellt hat, wo etwas hingehört oder nicht hingehört. Für die CDU-Landtagsfraktion war sehr zeitig klar - ich bin dankbar, dass wir uns in der Koalition darüber verständigt haben -, dass wir auf der Basis des jetzigen Aufgabenbestandes der Polizei eine Strukturreform machen wollen. Bevor eine Landesregierung das im Kabinett beschließt, ist sie gut beraten, darüber nachzudenken, ob sie das für eine zu beschließende Reform notwendige Personal zur Verfügung hat.
Was den Haushalt betrifft, ist es völlig klar, dass im Haushaltsvollzug 2014 die entsprechenden Bedarfe zu erwirtschaften und beim Aufstellungsverfahren für den Doppelhaushalt 2015/2016 entsprechend zu berücksichtigen sind. Hierbei ist die Steuerungsfunktion im Haushalt völlig eindeutig und sie kann auch nicht durch das Schwadronieren über Kaffeerunden in Misskredit gebracht werden. Es gab übrigens Wasser und es war ein Arbeitsgespräch.
Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender. - Wir beenden jetzt die Debatte mit dem Redebeitrag der Fraktion DIE LINKE. Frau Tiedge hat erneut das Wort. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schröder, die jetzige Aufgabenstruktur war schon bei den Haushaltsberatungen bekannt. Wir haben hoch und runter darüber debattiert und erklärt, dass mit dem jetzt vorhandenen Personal die Aufgaben bei der Polizei nicht mehr wahrgenommen werden können. Wir haben dazu konkrete Vorstellungen gebracht und wir haben Anträge dazu gestellt, wie viel Personal eingestellt werden muss.
Nichts hat sich seit diesem Zeitpunkt geändert. Sie haben die Anträge lediglich zunächst abgelehnt und mit einem Mal, innerhalb von 24 Stunden haben Sie dazu eine andere Meinung.
Wir haben heute eigentlich erwartet, dass wir vom Innenminister ganz klare Vorstellungen gesagt bekommen, wie die Struktur fortgesetzt werden soll, wie sie konkret aussehen soll. Das geschah leider nicht. Was wir gehört haben, war Empörung; Empörung darüber, dass wir nichts anderes gemacht haben, als zu erzählen, wie die Wirklichkeit bei den Polizeibeamtinnen und -beamten in diesem Land ist. Das ist schlimm genug.